AVENGERS: ENDGAME

Letztes Jahr wurde die Hälfte allen Lebens mit einem Fingerschnippen ausgelöscht und damit auch die Familie der Avengers stark dezimiert. Jetzt kommt die heiß ersehnte Fortsetzung von „Avengers: Infinity War“ ins Kino. Nach mittlerweile zweiundzwanzig Filmen werden im großen Finale alle losen Enden miteinander verknüpft und die noch offenen Fragen beantwortet. Das Marvel Cinematic Universe hat sich im Laufe der Zeit zu einem so komplexen Geflecht ausgedehnt, dass nur sehr treue Zuschauer verstehen, warum wer mit wem gegen wen kämpft. Für diese Fans ist das Epos der Regisseurs-Brüder Anthony und Joe Russo die Erfüllung eines Nerdtraums und der Kinohöhepunkt des Jahres.

Natürlich gibt’s auch diesmal die unvermeidliche CGI-Gigantoschlacht am Ende und auf dem Weg dahin viel Pathos und heroisches in die Ferne Gestarre. Doch trotz seiner drei Stunden Lauflänge ist „Avengers: Endgame“ ein erstaunlich kurzweiliger Film, der fast durchweg die richtige Balance aus Humor, Action und Sentimentalität findet.

FAZIT

Ein befriedigendes (vorläufiges) Ende der Superheldensaga, die 2008 mit „Iron Man“ begann.

USA 2019
182 min
Regie Anthony und Joe Russo
Kinostart 24. April 2019

Van Gogh – An der Schwelle zur Ewigkeit

Van Gogh – An der Schwelle zur Ewigkeit  ist ein Film, zu dem man eine Gebrauchsanweisung lesen sollte. Da bei framerate.one der Servicegedanke an erster Stelle steht, bitteschön: Beinahe alle Dialoge werden von den zentral ins Bild gesetzten Schauspielern direkt in die Kamera gesprochen. Warum ist das so? Kameramann Benoît Delhomme wollte damit die Einstellungen wie alte Porträtgemälde aussehen lassen. Gleichzeitig sollte der Bühneneffekt des „Durchbrechens der vierten Wand“, bei dem sich der Schauspieler direkt ans Publikum wendet, derart überstrapaziert werden, dass man sich mit der Zeit daran gewöhnen und es als natürlich empfinden soll. Das gelingt jedoch nicht wirklich.
Normalsterbliche könnten sich auch fragen, warum der Film so verwackelt und hektisch hin und her gerissen aussieht. Die naheliegende Erklärung: Die Kamera sollte sich wie ein Pinsel beim Malen eines impressionistischen Bildes bewegen. Doch auch hier finden Theorie und Praxis nicht zusammen – die Dauerhandkamera nervt gewaltig. Unnötig , weil die Bilder eigentlich schön sein könnten, denn es wurde vor allem an Originalmotiven in Südfrankreich gedreht.

Regisseur Julian Schnabel ist selbst Maler und daher nicht besonders an einem klassisch erzählten Biopic interessiert. Sein Künstlerportrait ist mehr eine Sammlung von improvisierten Szenen und philosophischen Abhandlungen über das „Malersein“ an sich. Wie Vincent van Gogh seinerzeit, ist das Filmteam einfach losgezogen, um die Stimmungen und die berauschenden Farben der lichtdurchfluteten Landschaften einzufangen. Willem Dafoe gibt einen glaubwürdigen Vincent ab, obwohl er mit seinen 63 Jahren deutlich älter als der mit 37 verstorbene Künstler ist. Dank Kostüm und Maske sieht er dem Maler aber nicht nur verblüffend ähnlich, er beherrscht den ganzen Film mit seinem überragenden Spiel.
Zu Recht gab’s dafür eine Oscarnominierung.

FAZIT

Van Gogh vermittelt die Zerrissenheit und den Wahn des Künstlers eindrucksvoll und nachfühlbar. Aber wie das mit Wahnsinn so ist – man muss ihn auch ertragen können. Arthouse Kino, nicht unanstrengend.

USA/Frankreich 2018
111 min
Regie Julian Schnabel 
Kinostart 18. April 2019

Hellboy – Call of Darkness

In der neuen Verfilmung der Comicbuchreihe „Hellboy“ muss der Halbdämon (David Harbour) gegen die Pest verbreitende Hexe Nimue (Milla Jovovich) und einen Haufen anderer Monster und Mutanten kämpfen.

Menschen werden wie Stoffpuppen zerrissen, Kopfhaut wird abgezogen und Leiber werden mit Pfählen aufgespießt. Blutsburger Puppenkiste auf LSD – das klingt allerdings besser, als es tatsächlich ist. Bei der videospielhaft-künstlichen Umsetzung kommt nicht mal gescheites Splatterfeeling auf – oder sonst irgendein Gefühl. Egal, ob gut oder böse – wen interessiert’s? Alle Protagonisten sind gleichermaßen nervig und unsympathisch. Dazu Dialoge, als hätte sie ein 13-Jähriger verfasst: „Scheiße, Mann. Ich hab’ Migräne – das ist wie n Autounfall im Kopf.“

Genau wie dieser Film.

FAZIT

Viel pubertäres Gefluche, blödsinnige Story.
Schlechter Film.

USA 2019
121 min
Regie Neil Marshall
Kinostart 11. April 2019

Christo – Walking on Water

Es ist nicht leicht, Christo zu sein. Unfähige Mitarbeiter und idiotische Bürokraten, egal wo er hinkommt. Warum machen nicht einfach alle, was er sagt? Und dann diese verdammte Technik, neumodische Computerdinger, alles unnützer Schrott!

Christo ist Künstler. Durch und durch. Walking on Water ist eine Dokumentation über seine Installation „The Floating Piers“, die er im Sommer 2016 auf dem Lago d’Iseo in Italien realisiert. Ein drei Kilometer langer, leuchtend gelb bespannter Steg führt quer über den See und ermöglicht es den 1,2 Millionen Besuchern, auf dem Wasser zu laufen. Das Werk existiert nur 16 Tage lang. Es ist gleichzeitig Christos erstes Projekt nach dem Tod seiner Frau Jeanne-Claude. Die Planung hatten die beiden zwar schon 1970 begonnen, aber wie bei allen Kunstwerken des Paares dauert es Jahrzehnte bis zur Verwirklichung. Genehmigungen, Berge von Papieren, fehlende Finanzierungen und nochmals Genehmigungen. Es ist ein Kampf. Aber ist er gewonnen, beschenkt das Ehepaar die Menschheit wieder und wieder mit atemberaubend schönen, poetischen Kunstinstallationen.

Ganz unerwartet ist Walking on Water ein ziemlich rougher Dokumentarfilm. Auf mit elegischer Musik untermalte, epische Drohnenflugaufnahmen wartet man hier vergebens. Regisseur Andrey Paounov hat ein großes Talent, absurde Situationen einzufangen und sie dann gekonnt zu montieren. Sein Enblick in den Wahnsinn hinter den Kulissen der Kunstwelt könnte zwischendurch, nicht nur wegen Christos Ähnlichkeit mit Larry David, glatt eine Folge von „Curb your Enthusiasm“ sein. Ein Treffen mit lokalen Politikern und Polizeioberen wird bei ihm zu einem amüsanten Lehrstück über einschläfernde Marathonsitzungen, in denen viel geredet und nichts gesagt wird. Und ist Christos Kunstwerk endlich vollendet und die Massen strömen, ist die Arbeit noch lange nicht getan. Dann heißt es, die Hände der Schmeichler zu schütteln und mit aufgebrezelten Damen und Herren peinliche Selfies zu machen. Das lächelnd auszuhalten, ist auch eine Kunst.

FAZIT

„Unsere Werke sind alle komplett nutzlos. Wir schaffen sie nur, weil wir sie gerne anschauen möchten“. Christo

Italien / USA 2019
100 min
Regie Andrey M. Paounov
Kinostart 11. April 2019

Friedhof der Kuscheltiere

Dreißig Jahre nach der ersten Verfilmung kommt jetzt eine ebenfalls misslungene Version der unheimlichsten Stephen King-Geschichte ins Kino.

An den Schauspielern liegt es nicht, denn der Thriller ist mit Jason Clarke, John Lithgow, Amy Seimetz und der Newcomerin Jeté Laurence gut besetzt. Aber das beherrschende Thema des Romans, die Urangst, von toten Familienmitgliedern nachts heimgesucht zu werden – schon 1902 das Thema des Gruselklassikers „Die Affenpfote“ – teilt sich kaum mit.

Die Horror-Geschichte vom Vater, der sein tödlich verunglücktes Kind mittels eines alten Indianer-Hokuspokus-Friedhofs wieder ins Reich der Lebenden zurückholt, schleppt sich in dieser Neuverfilmung ohne große Überraschungen dahin. Jeden Schreckensmoment hat man schon allzu oft gesehen – inklusive der kalten Hand, die nach dem Fuß greift, der knarrenden Kellertür und dem stets flackernden Licht. Wenn dann die Leichen in der unheiligen Stätte hinter dem Tierfriedhof verscharrt werden, sieht das unglücklicherweise auch noch wie in einer 60er-Jahre-Studioproduktion der „Hammer Films“ aus: Der Bodennebel kriecht und am Himmel gewittert es. Gruseleffekte aus der Mottenkiste.

Dem Regieteam Kevin Kölsch und Dennis Widmyer gelingt es nur in wenigen Momenten, die bedrohliche Atmosphäre des Romans auf die Leinwand zu übertragen. Der neue Friedhof der Kuscheltiere  ist zwar schön düster, bleibt aber zu vorhersehbar und damit größtenteils langweilig.

FAZIT

Vielleicht lässt sich das Buch einfach nicht fürs Kino adaptieren.  Eine weitere, der unendlich vielen misslungenen Stephen King-Romanverfilmungen.

USA 2019
100 min
Regie Kevin Kölsch und Dennis Widmyer
Kinostart 04. April 2019