Bitch! Spermarutsche! – Es herrscht ein rauer Umgangston zwischen den Berliner Teenagern Nora (Lena Urzendowsky) und Jule (Lena Klenke). Die beiden Schwestern hängen mit ihrer besten Freundin im Jahrhundert-Sommer 2018 in Kreuzberg ab. Mittendrin, am Kottbusser Tor. Noras und Jules Mutter verbringt die Abende betrunken in der Eckkneipe, die Mädchen sind auf sich alleine gestellt.
Im Sportunterricht, auf dem Schwebebalken: Es gibt für Nora kaum einen ungünstigeren Moment, ihre erste Periode zu bekommen. Während sich die Mitschüler*innen peinlich berührt abwenden, erweist sich „die Neue“, Romy, (Jella Hase) als patente Hilfe. Sie wäscht die blutige Hose kurzerhand aus und bietet dem verunsicherten Mädchen einen Joint „gegen die Schmerzen“ an. Nora ist spontanverliebt. Heimliches Schwimmen nachts im Prinzenbad, Tanzen auf dem CSD, der erste Sex: Unter Romys Einfluss entwickelt sich die schüchterne Nora bald von der grauen Maus zum wilden Mädchen.
Kameramann Martin Neumeyer fängt die sommerliche Kreuzberg-Liebesgeschichte stimmungsvoll ein. Vom Handyhochformat über beengtes 4:3 bis zum – mit der Entdeckung der Liebe einhergehenden – Öffnen ins Breitwandbild: Fast schon ein Muss in jedem neueren Arthousefilm ist auch hier das Spiel mit den verschiedenen Bildformaten. Regisseurin und Drehbuchautorin Leonie Krippendorff hat dabei ein gutes Gehör für authentische Dialoge und inszeniert ihre Darsteller glaubhaft und ohne jede Peinlichkeit. Jella Haase mag für ihre Rolle als bezirzende Schülerin ein paar Jahre zu alt sein – das wird mit einem lakonischen „sie ist zweimal sitzen geblieben“ erklärt – doch das schaut sich weg. Zentrum und Herz des Films ist ohnehin Lena Urzendowsky: eine Entdeckung, die demnächst in der Neuverfilmung von „Christiane F. – Wir Kinder vom Bahnhof Zoo“ zu sehen ist.
FAZIT
Schöne Coming-of-Age-Geschichte über sexuelles Erwachen und die erste große Liebe.
Deutschland 2020
94 min
Regie Leonie Krippendorff
Kinostart 13. August 2020
Klingt gut!