Halbzeit. Unvorstellbar, dass vor einem Jahr noch Hundertschaften maskenloser Menschen im Kino saßen und gemeinsam gehustet haben. Früher war eben doch nicht alles besser. Bleibt die Hoffnung, dass sich das Virus bis zum Sommer verzogen hat. Husch, husch.
WETTBEWERB
PETITE MAMAN
Schräge Idee: Nach dem Tod ihrer Großmutter hilft Nelly ihren Eltern beim Ausräumen des Hauses. Beim Spielen im Wald lernt sie die gleichaltrige Marion kennen, die sich als ihre Mutter im Kindesalter entpuppt. Vergangenheit trifft Gegenwart. „Petite Maman“ wirkt wie eine zarte, sehr französische Antwort auf die Netflixserie „Dark“. Der neue Film von Céline Sciamma erzählt vom Erwachsenwerden, von Trauerbewältigung und Abschiedsschmerz. Schön.
Frankreich 2021
72 min
Regie Céline Sciamma
WETTBEWERB
RENGETEG – MINDENHOL LÁTLAK
Die nervös verwackelte Kamera bleibt konsequent nah auf den Gesichtern und Händen der Protagonisten. Es passiert fast nichts im neuen Film von Bence Fliegauf, dafür wird unendlich viel geredet. „Rengeteg – Mindenhol Látlak“ ist eine Soap-Opera in Hörspielform. Visuell eher quälend, bereitet es doch ein voyeuristisches Vergnügen, den Gesprächen zu lauschen.
Die poetischere Beschreibung steht wie immer im Pressetext:
„Ein Mann spricht mit dem Kleiderschrank – weshalb? Wenn Menschen Sphären sind, können sie sich je begegnen?“
Englischer Titel „Forest – I See You Everywhere“
Ungarn 2020
112 min
Regie Bence Fliegauf
WETTBEWERB
RAS VKHEDAVT, RODESAC CAS VUKUREBT?
Was wir sehen, wenn wir zum Himmel schauen, bleibt bis zum Ende ungeklärt – Blau vielleicht? Schwarz sieht der Zuschauer, wenn er den eingeblendeten Anweisungen in diesem Film folgt: ein erster Glockenton signalisiert, man solle die Augen schliessen, ein zweiter, wann man sie wieder öffnen darf. So viel Interaktion war selten. Nach fünf Minuten wandert der Blick zur Uhr und es stellt sich die bange Frage, wie man die noch folgenden 145 überstehen soll. Schön, dass es auch mittelmässige Studentenfilme in das Wettbewerbsprogramm schaffen. Gewinnt bestimmt den Goldenen Bären.
Deutscher Titel „Was sehen wir, wenn wir zum Himmel schauen?“
Deutschland / Georgien 2021
150 min
Regie Alexandre Koberidz
BERLINALE SPEZIAL
LIMBO
Ein Jungpolizist und sein erfahrener Partner sind einem obsessiven, besonders brutalen Frauenmörder auf der Spur. Müll, abgetrennte Hände und überall Schmeißfliegen – Hongkong zeigt sich hier von seiner schmutzigsten Seite.
Der neue Film von Soi Cheang (Dog Bite Dog) ist ein stylisher, in schwarz-weiß gedrehter Cop-Thriller – spannend bis zuletzt und teils exzessiv brutal. Das schreit nach US-Remake: Russell Crowe und Joseph Gordon-Levitt bitte für die Hauptrollen besetzen.
Hongkong, China / Volksrepublik China 2021
118 min
Regie Soi Cheang
Vielen Dank für die Kritiken und frischen Kommentare. Es ist dieses Jahr wieder sehr toll. Besonders, wenn man wegen der vielen Arbeit keine Zeit zum Schauen hat. Sonnige Grüße an die Freunde des bewegten Bildes.
Schön scharf und treffend!
Framerate beißt wieder….
Liebster Oberschlumpf,
das Warten hat ein Ende: Du versüßt mir den Tag mit Deinen erfrischenden Filmkritiken. Wie immer ein großes Lesevergnügen! Freue mich jeden Morgen drauf. T’embrasse, Dein ks