AMBULANCE

AMBULANCE

Kinostart 24. März 2022

Mehr, mehr, immer mehr: Michael Bay liefert mit „Ambulance“ einen weiteren größer-lauter-schneller-Actionfilm ab, der beim Zuschauer nach spätestens 10 Minuten pochenden Kopfschmerz auslöst. „Shut the fuck up“ brüllt die Hauptdarstellerin zweimal während des Films. Leider folgt niemand ihrem Wunsch.

Die ungleichen Brüder Will und Danny planen einen 32-Millionen-Dollar-Bankraub in LA. Der eine braucht das Geld, um seine kranke Frau zu retten, der andere ist Verbrecher aus Leidenschaft. Doch als der Überfall spektakulär schief geht, entführen die beiden einen Krankenwagen mit einem schwer verwundeten Polizisten und der Rettungssanitäterin Cam an Bord. In einer irrwitzigen Verfolgungsjagd versuchen Will und Danny dem massiven Polizeieinsatz zu entkommen.

Bay nutzt seit Jahren die gleichen Zutaten: Heroische Shots von unten, güldenes Sonnenlicht in Spiegelfassaden, markerschütternde Musik zu einfach jeder Szene und eine komplett entfesselte, vom Himmel herabstürzende Kamera. Neben permanentem Wackeln und Zoomen wird auch noch die belangloseste Dialogszene mindestens 670 Millionen Mal unterschnitten. Ein spektakulärer Autocrash folgt auf den nächsten, die immer grotesker werdende Verfolgungsjagd erinnert bald an eine Slapstickszene aus „Die nackte Kanone“ – das ist oft komisch, wenn auch unfreiwillig.

Fast and Furious mit Krankenwagen. Der adrenalingeschwängerte Bilderrausch kaschiert die dünne Story nur mühsam. Besonders enervierend: Die banalen Dialoge werden fast durchweg schreiend vorgetragen – wer nichts zu sagen hat, wird eben laut. Passend dazu schaltet Hauptdarsteller Jake Gyllenhal in full Nicolas Cage-Modus – sein overacting passt zum immer hysterischer werdenden Inszenierungsstil Bays.

INFOS ZUM FILM

Originaltitel „Ambulance“
USA 2021
133 min
Regie Michael Bay

alle Bilder © Universal Pictures Germany

THE BATMAN

THE BATMAN

Kinostart 03. März 2022

Huch, ist schon wieder Batman-Zeit? Der letzte Auftritt ist gerade mal vier Jahre her, da kommt schon die nächste Symphonie in Düsternis ins Kino. Wie alles im Leben ist auch Matt Reeves supergehypte Interpretation der unsterblichen Comicsaga Geschmacksache. Den überstylten Musikvideo-Look muss man mögen. Es regnet unentwegt, die Farben sind entsättigt und die Bilder künstlerisch unscharf. Überhaupt ist Kameramann Greig Fraser ganz verliebt in schlierige Makroshots. Dass der Film zwischen Grungedystopie, „Seven“-Horror und James-Bond-Action schlingert, auch darüber muss man hinwegsehen (wollen). Von der fehlenden Chemie zwischen Robert Pattison und Zoë Kravitz ganz zu schweigen: Selten wirkte eine Kusszene so pflichtschuldig. Meckerblock Ende.

Im Gegensatz zu anderen MCU oder DC-Filmen haben sich die Drehbuchautoren diesmal eine richtige Story ausgedacht. So ist „The Batman“ mehr finstere Detektivgeschichte als hirnloser, computergenerierter Sommerblockbuster. Der Riddler ist auf Rachefeldzug in Gotham City und tötet sich munter durch die städtische Politik- und Polizeiszene. Immer wieder hinterlässt er Grußkarten mit kryptischen Botschaften, die auf das nächste Opfer hinweisen. Zum Glück vermag Batman die Rätsel schneller zu lösen, als Catwoman miau sagen kann. Matt Reeves kaut dankenswerterweise nicht schon wieder die Originstory Batmans durch, sondern fokussiert sich auf dessen Wandlung vom Rächer zum Menschenfreund.

Und sonst? Vorher noch mal aufs Klo gehen, der Film ist fast 3 Stunden lang. Robert Pattison macht seine Sache als brooding Antihero mit vampirhafter Blässe gut – Just staying in character, schließlich gehört eine Fledermaus ja auch zur Gattung der Blutsauger. Die große Überraschung dann im Abspann: Colin Farrell spielt den Pinguin. Kompliment an die Maskenbildner – so unkenntlich, das hätte auch Florian Silbereisen sein können. Die Special-Effects sind State of the Art und halten sich zum Glück halbwegs an physikalische Gesetzte. Alles wirkt überzeugend handgemacht. Sieht gut aus, klingt auch gut: Michael Giacchino setzt bei seinem Soundtrack auf die große Überwältigung, Hans Zimmer lässt grüßen. Vor allem das Catwoman-Thema erinnert stark an einen Bond-Score.

„The Batman“ hat nicht die genreverändernde Kraft der Nolan-Filme. Allerdings liegt die Latte nach dessen Trilogie (bis auf den letzten Teil) sehr hoch und es darf berechtigterweise gefragt werden, ob die Zeit nach dem müden Ben Affleck-Auftritt wirklich schon wieder reif für einen weiteren Fledermausmann ist. Die Aussage des Regisseurs, sein Film sei eine vom DCU entkoppelte, eigenständige Geschichte (ähnlich wie „The Joker“) wird am Ende Lügen gestraft: Im berüchtigten Arkham Asylum lauert schon der nächste Bösewicht. Fortsetzung garantiert.

INFOS ZUM FILM

Originaltitel „Th Batman“
USA 2022
176 min
Regie Matt Reeves

alle Bilder © Warner Bros. Entertainment Inc.

THE 355

THE 355

Hollywood benimmt sich wie ein Hundewelpe, der schon wieder sein Geschäft auf dem Wohnzimmerteppich verrichtet hat. Da hilft nur, ihn kurz mit der Schnauze reinzustupsen, sonst lernt Lobi nie. Wie viele „All Female Reboots“ von erfolgreichen Filmen soll es noch geben, bevor Hollywood begreift: Das will niemand sehen. Fairerweise muss erwähnt werden, „The 355“ ist kein Reboot, sondern eine Zitatensammlung besserer Actionfilme. Die Autoren Theresa Rebeck und Simon Kinberg haben ihr Drehbuch nach dem copy/paste-Prinzip verfasst, ohne jemals die Qualität der zitierten Vorbilder zu erreichen. Vielmehr erinnert das Ganze an eine ungute Nacherzählung von Mission Impossible meets Jason Bourne meets Charlie’s Angels (minus Campfaktor).

Auf der Jagd nach einem klassischen MacGuffin (hier eine Festplatte, mit der man die Welt beherrschen kann) müssen sich eine CIA-Agentin (Jessica Chastain), eine britische Technikspezialistin (Lupita Nyong‘o) und eine deutsche BND-Agentin (Diane Kruger) zusammentun, um besagte Festplatte wiederzufinden und die Menschheit vor dem Untergang zu retten. An ihrer Seite kämpft die seltsam fehl am Platz wirkende Penélope Cruz als chilenische Psychologin mit perfekter Frisur und zu dicker Oberlippe.

Öde nicht nur die Geschichte, „The 355“ sieht trotz exotischer Locations auch noch erstaunlich schäbig aus. Das hätten die Macher vom Traumschiff auch nicht schlechter hinbekommen. Die Kampfszenen sind lahm, die Logikbrüche absurd und die Musik klingt wie ein vom Praktikanten komponierter Restposten. So rechte Lust scheint keiner gehabt zu haben.

Achtung Aluhut-Verschwörungstheorie: Werden Hollywoodstars gezwungen, in miserablen Filmen mitspielen, um Studiogelder zu waschen? Oder warum geben sich Oscarpreisträgerinnen für so einen Schmarren her? Der Name des Regisseurs hätte ihnen Warnung sein sollen: Simon Kinberg hat mit „Dark Phoenix“ schon den schlechtesten Teil der X-Men-Saga zu verantworten. 

INFOS ZUM FILM

Originaltitel „The 355″
China / USA 2022
124 min
Regie Simon Kinberg
Kinostart 06. Januar 2022

alle Bilder © Leonine

THE KING’S MAN – THE BEGINNING

THE KING’S MAN – THE BEGINNING

Kinostart 06. Januar 2022

Reden wir nicht lange um den heißen Brei: „The King’s Man – The Beginning“ ist totaler Schrott. Allerdings extrem unterhaltsamer Schrott. Die Grundidee, ein „Worst of Bösewichter“  – u. a. Rasputin, Mata Hari und Lenin (sic!) – gegen eine Gruppe von britischen Geheimagenten antreten zu lassen, weckt ungute Erinnerungen an den 2003er Flop „The League of Extraordinary Gentlemen“ – ein Film so schlecht, dass Sean Connery danach seinen endgültigen Abschied von der Schauspielerei bekannt gab.

„Kingsman: The Secret Service“ konnte 2014 vor allem mit anarchischer Energie und trockenem Humor überzeugen. „The Golden Circle“, drei Jahre später, war dann die höchst alberne, mit miserablen Computereffekten überladene Fortsetzung. Goodbye Colin Firth & Taron Egerton, Hello Ralph Fiennes. Das Prequel „The Beginning“ springt ein paar Jahrzehnte zurück und erzählt von der Gründung der Kingsman-Agency, Anfang des 20. Jahrhunderts. Dabei werden ganz nebenbei die politischen Verstrickungen aufgedröselt, die Auslöser für den 1. Weltkrieg waren. Die Geschichtsstunde bewegt sich allerdings auf dem Niveau einer Teletubby-Folge – Vereinfachung ist Trumpf.

Matthew Vaughn, der ewige Zweite unter den britischen Action-Regisseuren, bleibt seinem artifiziellen Stil auch im dritten Teil der Agentensaga treu. Wie sein großes Vorbild Guy Ritchie, bemüht er sich zwar in ein paar Szenen um etwas mehr Erdung (die Grabenkämpfe im 1. Weltkrieg erinnern fast an „1917“), doch besonders die Actionsequenzen sind derart übertrieben inszeniert, dass sie oft wie aus einem leicht veralteten Computerspiel aussehen. Die Schauspieler (bzw. ihre digitalen Doppelgänger) schlagen, treten, schießen und fliegen durch die Luft, ohne sich dabei um irgendwelche Gesetze der Physik zu scheren.

Aber was soll’s. „The King’s Man“ ist schließlich eine Comicverfilmung und kann sogar mit ein paar starken emotionalen Momenten aufwarten. Etwas, was in dieserart filmischer Kirmesattraktion angenehm überrascht. Die ehrenwerten Versuche, den Charakteren Leben einzuhauchen und ihnen ein wenig Dreidimensionalität zu verleihen, werden zwar verlässlich von komplett durchgeknallten Drehbuchideen wieder zunichtegemacht, doch wenigstens kommt durch diesen Wundertütenmix keine Langeweile auf. Und gegen zwei Stunden Eskapismus hat im trüben Januar niemand etwas einzuwenden.

INFOS ZUM FILM

Originaltitel „The King’s Man – The Beginning“
USA / GB 2021
131 min
Regie Matthew Vaughn

alle Bilder © Walt Disney Studios Motion Pictures Germany

MATRIX RESURRECTIONS

MATRIX RESURRECTIONS

Kinostart 23. Dezember 2021

2003 sagten Keanu Reeves und die Zuschauer gemeinsam leise Servus. Die Regisseurinnen Lana und Lilly (damals noch Larry und Andy) Wachowski hatten es schlicht übertrieben. Ihre beiden Fortsetzungen des wegweisenden Science-Fiction-Thrillers „Matrix“ von 1999 waren so enervierend und langweilig geraten, dass kaum noch jemand Lust hatte, sich den Mumpitz weiter anzuschauen.

Etwa zur gleichen Zeit ging es den Machern einer anderen Serie ganz ähnlich: Seit dem legendär schlechten PlayStation-1-Wellenritt von James Bond in „Stirb an einem anderen Tag“ (hier geht’s zum Ausschnitt) war auch hier eine Grundsanierung überfällig, wollte man sich bei den Fans nicht weiter zum Gespött machen. Nach einer Erfrischungspause von vier Jahren und einer Neubesetzung begann mit „Casino Royale“ die künstlerisch erfolgreichste und umsatzstärkste Zeit für 007.

Gelingt dem Matrix-Universum mit seiner Mischung aus Bekanntem und Neuem eine ähnlich erfolgreiche Auferstehung wie der Bond-Reihe? Immerhin ist seit dem letzten Kapitel genug Zeit ins Land gegangen, ein brauchbares Script zu schreiben. Kleiner Spoiler: Offensichtlich hätten es noch ein paar Jahre mehr sein dürfen. „Resurrections“ fängt grandios an, scheitert im Mittelteil und berappelt sich halbwegs zum Finale. Selbstreferenzielle Witze auf Kosten der oft kritisierten Unverständlichkeit der Geschichte gibt es reichlich. Alles ist meta und die Macher können nicht widerstehen, unentwegt zu betonen, dass sie sich dessen bewusst sind. Doch auch das kann auf Dauer fad sein. Von den 148 Minuten könnte man locker auf ein Drittel verzichten. Wie schon in den letzten beiden Teilen nerven zu lange Dialogszenen mit pseudopsychologischem Geschwurbel aus dem Küchenkalender.

Neben Inhalt zählt bei Matrix-Filmen natürlich in erster Linie der Look. Die berühmten Bullet Time Effekte waren Ende der 90er-Jahre bahnbrechend, tauchten aber danach zu oft und zu schlecht kopiert in unzähligen Musikvideos und Werbespots auf. Das immerhin hat „Resurrections“ auf der Habenseite: Die Effekte sind größtenteils State of the Art, ein paar Szenen sehen wirklich atemberaubend aus.

FAZIT

Das war nicht schwer: „Resurrections“ ist besser als „Reloaded“ und „Revolutions“. Die visionäre Kraft des Originals bleibt unerreicht.

INFOS ZUM FILM

Originaltitel „The Matrix Resurrections“
USA 2021
148 min
Regie Lana Wachowski 

alle Bilder © Warner Bros. Entertainment Inc.

FAZIT

FAZIT

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SPIDER-MAN: NO WAY HOME

SPIDER-MAN: NO WAY HOME

Kinostart 15. Dezember 2021

Selten wurde im Vorfeld einer Marvel-Produktion so viel um die Besetzung spekuliert wie beim neuen „Spider-Man: No Way Home“. Die große Frage, die alle Fans umtreibt: Gibt es neben Doc Ock, dem Green Goblin und Electro auch ein Wiedersehen mit Tobey Maguire und Andrew Garfield, den beiden Ex-Spiderman-Darstellern? Denn diesmal gerät der freundliche Held aus der Nachbarschaft ins Multiversum, wo diverse Varianten seiner Vergangenheit und eventuell auch seiner selbst auf ihn warten. Ist kompliziert.

Nachdem Peter Parker am Ende von „Far from Home“ enttarnt wurde und nun alle Welt weiß, dass er Spider-Man ist, sucht er Hilfe bei Doctor Strange. Der soll die Zeit zurückdrehen und den Zustand vor der verhängnisvollen Demaskierung wiederherstellen. Doch die Zauberei geht gründlich schief und öffnet ungewollt Tore zu anderen Dimensionen, das Raum-Zeit-Kontinuum gerät aus den Fugen.

Nach allen Regeln der Fortsetzung muss der neueste Teil den vorherigen an Bombast übertreffen. Ob das „Immer noch mehr“ dem Produkt guttut, sei dahingestellt. Gerade das erste Kapitel der Tom-Holland-Trilogie fühlte sich dank Humor und Herz statt übermäßiger CGI-Schlachten erfrischend anders an.

„No Way Home“ ist ein einziger großer Fan-Service: Jon Watts nimmt die losen Enden aller bisherigen Spider-Man-Filme auf und spinnt sie zu einem befriedigenden Finale. Die emotionale Achterbahnfahrt kreuz und quer durch die Vergangenheit hat alles, was das Herz der Spideyasten höher schlagen lässt: Tempo, Witz, Action und so viele Eastereggs, dass dem Lindt-Goldhasen vor Glück das Glöckchen bimmelt.

INFOS ZUM FILM

Originaltitel „Spider-Man: No Way Home“
USA 2021
148 min
Regie Jon Watts

alle Bilder © Sony Pictures

GUNPOWDER MILKSHAKE

GUNPOWDER MILKSHAKE

BAM, BAMM, BAAM
BOING
PAFF,PAFPAF
BUMMMS
PENG, PENG
KLIRRR
AHHHR
URGH
WHOOOM
KA-BOOOOM
ÄCHZ!

Waaas? Der Film basiert NICHT auf einem Comic?

„Gunpowder Milkshake“ ist eine trashig-unterhaltsame Tarantino-John-Wick-Kopie mit schießwütigen Frauen und einer blassen Hauptdarstellerin.

INFOS ZUM FILM

Originaltitel „Gunpowder Milkshake“
USA 2019
114 min
Regie Navot Papushado
Kinostart 02. Dezember 2021

alle Bilder © STUDIOCANAL

ETERNALS

ETERNALS

Marvel wird erwachsen. Und was ist die Definition von erwachsen werden? In erster Linie weniger Spaß, mehr Schwere, mehr Ernsthaftigkeit. Die guten alten Zeiten, in denen ein arroganter Milliardär einen Metallanzug zusammenschweißt, um dann gegen einen anderen Mann in einem Metallanzug zu kämpfen, sind vorbei. Inzwischen ist das Marvel Cinematic Universe ungleich komplexer und verschachtelter geworden.

Indie Darling und Oscarpreisträgerin Chloé Zhao wurde als Regisseurin verpflichtet, doch alle Fans von „Nomadland“ dürften spätestens nach 10 Minuten schreiend das Kino verlassen. Schluss mit Arthouse im Dokustyle, hier kommt Blockbusterkino.
Kann ein Superheldenfilm gigantomanisch, episch und trotzdem langweilig sein? „Eternals“ gibt die Antwort. Die scientologyartige Story erzählt von gottgleichen Wesen, die sich seit 7.000 Jahren unerkannt auf der Erde herumtreiben. Ursprünglich sollten sie die Menschheit vor Deviants (CGI-Drachen ohne Haut) schützen. Nun droht neuer Ungemach, die Eternals müssen sich noch einmal zusammenfinden und gemeinsam kämpfen.

„Eternals“ sieht gut aus (viel Gold, viele echte Locations), ist sehr lang und leidet unter Übervölkerung. Das Drehbuch konfrontiert die Zuschauer mit zehn neuen Charakteren. Das sind ungefähr acht zu viel. Die Geschichte springt willkürlich durch die Jahrhunderte und manche der Figuren sind so uninteressant, dass sie den Film komplett ausbremsen. Auch der Humor will nicht recht zünden, ein Novum im MCU. Am Ende (nach einer naja-Mid- und einer hm-Endcreditszene) heißt es drohend: „Eternals will return“. Dann hoffentlich mit einer strafferen Story.

INFOS ZUM FILM

Originaltitel „Eternals“
USA 2021
157 min
Regie Chloé Zhao
Kinostart 03. November 2021

alle Bilder © Walt Disney Studios Motion Pictures Germany

VENOM: LET THERE BE CARNAGE

VENOM: LET THERE BE CARNAGE

Der Verleih besteht auf Spoiler-Verbot. Aber was soll man schreiben, wenn weder über die Geschichte noch über die überall gehypte Midcreditscene etwas verraten werden darf? Venoms pränormatives Interesse gilt dem Phänomen der Rache in seiner historischen und begriffsgeschichtlichen Genese, seiner ethnologisch und kulturanthropologisch fundierten Ausprägung und seinen Darstellungsformen im Bereich des Imaginären.

ODER ein Zitat aus dem Presseheft:

Venom wird erneut von Tom Hardy verkörpert. Die Regie übernahm Andy Serkis. In weiteren Hauptrollen sind Michelle Williams und Naomie Harris zu sehen. Den Bösewicht Cletus Kasady/Carnage spielt Woody Harrelson (im Woody-Harrelson-Auto-Modus / Anm. d. Red.)

Statt Kritik eine lahme Checklist:
Schauspieler – gut
Geschichte – nicht vorhanden
Effekte – okay
Der ganze Film – naja

Die gute Nachricht: Das blutleere CGI-Blutbad dauert nur 97 Minuten. In den USA hat „Venom: Let there be Carnage“ am Startwochenende 90 Millionen Dollar eingespielt. Beeindruckend. Und erstaunlich.

INFOS ZUM FILM

Originaltitel „Venom: Let there be Carnage“
USA 2021
97 min
Regie Andy Serkis
Kinostart 21. Oktober 2021

alle Bilder © Sony Pictures

THE LAST DUEL

THE LAST DUEL

Ritter Jean (Matt Damon) und Junker Jacques (Adam Driver) werden zu erbitterten Feinden, nachdem Jeans Frau, Marguerite (Jodie Comer), behauptet, von Jacques brutal vergewaltigt worden zu sein. Der beteuert zwar seine Unschuld, doch Jean glaubt seiner Frau und bringt den ehemaligen Freund vor Gericht. Der Ausgang eines vom König angeordneten Duells soll über Schuld und Unschuld entscheiden.

#metoo im 14. Jahrhundert – Die Drehbuchautoren Matt Damon, Ben Affleck und Nicole Holofcener lassen die Männer im Kettenhemd ausgesprochen schlecht aussehen. Die Handlung wird aus drei Perspektiven gezeigt: der des Ehemanns, der des Vergewaltigers und zuletzt der des Opfers. Den Kunstgriff, die gleiche Geschichte aus verschiedenen Blickwinkeln zu erzählen, kennt man zum Beispiel von der 40 Jahre alten ZDF-Miniserie „Tod eines Schülers“.

Matt Damon, durch eine Vokuhila und einen abscheulichen Kinnbart entstellt, liefert wie immer eine solide Leistung ab – dröge kann er gut. Ganz ausgezeichnet: Jodie Comer als missbrauchte Frau, die sich zur Wehr setzt. Adam Driver bleibt im Star Wars-Modus und gibt erneut den ambivalenten Shakespeare-Schurken, dessen britischer Akzent kommt und geht wie Ebbe und Flut. Die große Überraschung ist der Auftritt des platinblond gefärbten Ben Afflecks, der sich mit seinem losen Mundwerk aus einem lustigeren Film hierher verirrt hat.

Ridley Scotts visuelles Universum bleibt seit „Gladiator“ unverändert und kennt nur zwei Farbstimmungen: stahlblau und kerzenwarm. Auch die immer gleichen Schlachten bei beständig schlechtem Matsche-Wetter kennt man aus zahllosen anderen Abenteuerfilmen. Hundertfach kopiert und zitiert, sieht aber immer noch gut aus.

FAZIT

Ja, so san’s, die alten Rittersleut’ – wenn sie sich nicht gerade die Köpfe einschlagen, gibt es außer Saufen und Schnackseln wenig Freizeitbeschäftigung. „The Last Duel“ bietet nicht viel Neues, ist aber dank seiner Erzählstruktur – wie der Engländer sagen würde – growing on you. Häufig genug, dass bei einer Laufzeit von 2,5 Stunden in der letzten Stunde das große Mopsen einsetzt. Hier aber ist das Gegenteil der Fall: Anfangs ein bisschen zäh, doch je länger es dauert, desto interessanter wird es. Also Geduld, es lohnt sich am Ende.

INFOS ZUM FILM

Originaltitel „The Last Duel“
USA 2021
153 min
Regie Ridley Scott
Kinostart 14. Oktober 2021

alle Bilder © Walt Disney Studios Motion Pictures Germany

JAMES BOND – KEINE ZEIT ZU STERBEN

JAMES BOND – KEINE ZEIT ZU STERBEN

Sag zum Abschied leise Servus. Daniel Craig hat die Schnauze voll, dies ist unwiderruflich sein letzter Bond. Mit etwas Glück wird aus dem Abschiedsschmerz im Laufe der Zeit Vermissen und dann eine schöne Erinnerung. Durch die zahlreichen Verschiebungen hatten die Bond-Fans knapp anderthalb Jahre Zeit, innerlich Abschied zu nehmen. Ursprünglich sollte es bereits im April 2020 geschüttelte Martinis geben. Wenigstens für Daniel Craig eine Erlösung, denn der wollte sich nach seinem letzten Auftritt in „Spectre“ „lieber die Pulsadern aufschneiden, als noch einmal als Bond vor der Kamera zu stehen“. Erst schmale 50 Millionen Pfund Gage konnten ihn überzeugen, ein allerletztes Mal die Walther PPK zu zücken.

Hat sich das lange Warten gelohnt? Großes JA und kleines nein. Es ist natürlich ein Erlebnis, den Film im Kino zu sehen. Die ersten zwei Drittel sind auch wirklich toll. Es gibt zahlreiche charmante Hinweise auf die letzten 24 Filme, der Humor stimmt, Bilder und Musik sind groß. Alles noch besser als erwartet. Nur das letzte Drittel ist, wie schon bei „Spectre“, der Schwachpunkt des Films und macht ihn gefühlte 45 Minuten zu lang.

Zum Inhalt nur so viel: James Bond kommt einem geheimnisvollen Bösewicht auf die Spur, der im Besitz einer brandgefährlichen neuen Technologie ist. Die Welt muss ein weiteres Mal gerettet werden. 

Fast drei Stunden Zeit nimmt sich Regisseur Cary Joji Fukunaga, die Geschichte von Bond zu Ende zu erzählen. Daniel Craig, der die Rolle des Superspions anfangs mit düsterer Brutalität gespielt hat, nähert sich auf seine alten Tage erfrischenderweise der gehobenen Augenbrauen-Ironie von Roger Moore an. Im 25. Kapitel der Filmreihe hat neben einem wenig überzeugenden Rami Malek als Ober-Schurke auch der in „Spectre“ sträflich unterforderte Christoph „Blofeld“ Waltz einen Kurzauftritt. Die Locations sind wie immer atemberaubend, die Stunts irrwitzig, die Bond-Frauen schön (dass sie nicht mehr Bond-Girls heißen, ist Mit-Drehbuchautorin Phoebe Waller-Bridge zu verdanken) und die Sprüche gewohnt lässig. In einer Top 5 der Craig-Bonds würde „Skyfall“ immer noch Platz 1 belegen. Silber für „Casino Royale“ und „No Time to Die“ direkt dahinter. Insgesamt ein fulminanter und würdiger Abschied aus dem Geheimdienst ihrer Majestät.

INFOS ZUM FILM

Originaltitel „James Bond – No Time To Die“
GB / USA 2020
163 min
Regie Cary Joji Fukunaga
Kinostart 30. September 2021

alle Bilder © Universal Pictures International

SHANG-CHI AND THE LEGEND OF THE 10 RINGS

SHANG-CHI AND THE LEGEND OF THE 10 RINGS

Dass es Marvel mit dem asiatischen Markt ernst meint, beweist schon die Anfangsszene: Da wird gefühlt 20 Minuten lang ausschließlich Mandarin mit Untertiteln gesprochen. Eine kleine Sensation für einen US-Blockbuster.

„Shang-Chi“ erzählt die Geschichte eines jungen Mannes, der sich dem Einfluss seines Vaters entziehen möchte, einem der mächtigsten Verbrecher der Welt. Es geht um Familie, Trauer und natürlich wie immer bei Marvel um Heldenbildung. So wie zuletzt „Black Panther“ die schwarze, integriert nun „Shang-Chi“ die asiatische Community ins Superhelden-Universum.

Der neue Marvel-Film ist Teil der PHASE IV (Nichtkenner lesen jetzt sowieso nicht weiter) und bläst kräftig frischen Wind ins MCU. „Shang-Chi and the Legend of the 10 Rings“ besticht durch eine wilde Mischung aus Martial-Arts und Fantasy. Die furiosen Kampfszenen (vor allem in einem Bus und später auf einem wackligen Hochhausgerüst) sind perfekt choreografiert und bereiten großen Spaß. „Crouching Tiger, Hidden Dragon“ auf Speed. Wie üblich bei Marvel, ist der dritte Akt mit seiner kopfschmerzerzeugenden CGI-Schlacht der uninteressanteste Teil des Films. Dafür gibt es ein unerwartetes Wiedersehen mit Fuchur, dem Glücksdrachen aus der unendlichen Geschichte … Oder zumindest einem engen Verwandten.

Obwohl die 133 Minuten Laufzeit ein paar Längen haben, ist „Shang-Chi“ visuell aufregendes, äußerst unterhaltsames Überwältigungskino. Und das Sitzenbleiben bis zum Ende des Abspanns lohnt sich: die beiden After-Credit-Szenen machen schon mal Appetit auf die nächsten Marvel-Abenteuer.

INFOS ZUM FILM

Originaltitel „Shang-Chi and the Legend of the 10 Rings“
USA 2021
133 min
Regie Destin Daniel Cretton
Kinostart 02. September 2021

alle Bilder © Marvel Studios

CASH TRUCK

CASH TRUCK

Der Gangsterboss H (Jason Statham) muss mit ansehen, wie sein Sohn bei einem Raubüberfall erschossen wird. Um die Mörder zu finden, heuert er undercover als Sicherheitsmann bei einer Geldtransporter-Firma an.

Hart, härter, Jason Statham. Terminatorgleich metzelt sich der rachsüchtige H durch die ultrabrutale Story. Leider werden die interessanteren Nebenfiguren dabei achtlos entsorgt, die Sterberate ist sehr hoch.
Basiert auf dem französischen Film „Le convoyeur“ aus dem Jahr 2004.

Guy Ritchie ist immer dann am besten, wenn er seinen over the top-Adrenalinstil mit sarkastischem Humor paart. Das hat zuletzt in „The Gentlemen“ wunderbar funktioniert. „Cash Truck“ fehlt diese zweite Ebene – von ein paar Macho-Wortgefechten zwischen den fast ausschließlich männlichen Figuren abgesehen.
Der Film tut cleverer als er in Wahrheit ist. So komplex wie die Inszenierung und der Schnitt behaupten, ist die Geschichte bei weitem nicht. „Wrath of Man“, so der Originaltitel, ist ein solider Thriller mit ein paar Längen, der es vor allem gegen Ende mit der Logik nicht allzu genau nimmt.

INFOS ZUM FILM

Originaltitel „Wrath of Man“
GB / USA 2021
119 min
Regie Guy Ritchie
Kinostart 29. Juli 2021

alle Bilder © STUDIOCANAL

FAST & FURIOUS 9

FAST & FURIOUS 9

Schlechte Schauspieler in Muskelshirts heben die Gesetze der Physik auf.
Höhepunkt: Ein Auto crasht im Weltraum gegen einen Satelliten.

FAZIT

Groteskes Actionspektakel mit schrägem Unterhaltungswert.

INFOS ZUM FILM

Originaltitel „Fast & Furious 9“
USA 2020
143 min
Regie Justin Lin
Kinostart 15. Juli 2021

alle Bilder © Universal Pictures International Germany

Bad Spies

STELLENWEISE KOMISCH

Audrey (Mila Kunis), Anfang 30, jobbt als Kassiererin in einem Supermarkt. Ihre Laune ist eher mäßig, denn ihr langweiliger Freund Drew (Justin Theroux) hat gerade per SMS mit ihr Schluss gemacht. Als sie aber erfährt, dass ihr Ex nicht – wie behauptet – einen Podcast betreibt, sondern in Wahrheit ein CIA-Agent ist, wird ihr Leben auf den Kopf gestellt. Von Bösewichten niedergeschossen, bittet er sie mit letzter Kraft, eine kleine Statue nach Wien zu schaffen und sie dort einem mysteriösen „Vern“ zu übergeben.
Gemeinsam mit ihrer besten Freundin Morgan (Kate McKinnon) macht sich Audrey auf den Weg nach Europa. Dort beginnt, verfolgt von Geheimdiensten und russischen Auftragskillern, eine wilde Katz-und-Maus-Jagd quer über den Kontinent.

MACHART

Hitchcock hat’s erfunden: Unbescholtener Normalbürger wird aus heiterem Himmel in die finstere Welt des Verbrechens katapultiert. Auslöser ist die Jagd nach irgendeinem bedeutungslosen Objekt: dem klassischen McGuffin, in diesem Fall ein USB-Stick.

„Bad Spies“ lebt vom Kontrast zwischen überraschend gut gemachten Action- und teils absurden Comedyszenen. Aber der Film hat Längen. Gerade die eigentlich komischen Szenen finden oft schlicht kein Ende. Da juckt es einen, die Schere anzusetzen.

Die Chemie zwischen den beiden Hauptdarstellerinnen stimmt, besonders Kate McKinnon überzeugt. In Nebenrollen glänzen unter anderem Hasan Minhaj und Sam Heughan als nicht ganz so clevere Agenten, sowie die immer tolle Gillian Anderson als toughe Geheimdienstchefin.

„Bad Spies“ ist von allem ein bisschen: harter Actionfilm, „beste-Freundinnen“-Road-Trip und komplett überdrehte Komödie. Das sind im Grunde keine schlechten Zutaten, nur will es sich in diesem Fall nicht so recht zusammenfügen und lässt den Film oft aus der Balance geraten.

FAZIT

Ganz unterhaltsam. Kürzungen hätten gutgetan, besonders gegen Ende wird’s ermüdend.

USA, 2018
Regie Susanna Fogel
117 min
Kinostart 30. August 2018

Breaking In

KONVENTIONELLER THRILLER

Shaun Russel (Gabrielle Union) besucht mit ihren beiden Kindern Jasmine und Glover das Anwesen ihres verstorbenen Vaters. Dort werden sie von vier Ganoven erwartet. Denen ist es trotz Hightech- Überwachungsanlage gelungen, ins Haus einzubrechen. Denn in einem Safe sollen Millionen Dollar Bargeld versteckt sein, aber nur Shaun weiß, wo der sich befindet. Um sie zum Reden zu bringen, werden die Kinder als Geiseln genommen. Shaun kann entkommen und versucht mit allen Mitteln, ihre Familie zu retten.

MACHART

Das hätte Potential gehabt. Powerfrau macht Bösewichte platt. Leider wurde das in „Panic Room“ schonmal besser und deutlich spannender erzählt. „Breaking In“ ist lieblos gemachte Konfektionsware und weder die Drehbuchautoren noch der Regisseur und seine Darsteller haben sich viel Mühe gegeben. Die Geschichte ist vorhersehbar, klischeehaft oder oft lächerlich übertrieben. So entwickelt sich die Mutter unglaubwürdigerweise im Laufe des Films zu einer Art Rambo. Die teils in Slow Motion gedrehten Actionszenen wirken konzeptlos und stellenweise unfreiwillig komisch. Nicht erwähnenswert ist leider auch der uninspirierte Score von Tom Tykwer-Mitstreiter Johnny Klimek. Ein Übriges trägt (wiedermal) die deutsche Synchronisation bei.

FAZIT

Ohne nennenswerte Überraschungen. Bleibt von Anfang bis Ende mittelmäßig. In jeder Hinsicht ein C-Picture.

USA, 2018
Regie James McTeigue
88 min
Kinostart 16. August 2018
Mission: Impossible - Fallout

Mission: Impossible – Fallout

MISSION ACCOMPLISHED

SPOILER:  Ethan Hunt und sein Team retten auch diesmal die Welt.

Und wie sie das tun! Tom Cruise und Regisseur Christopher McQuarrie haben mit „Mission: Impossible – Fallout“ nochmal einen draufgesetzt. Schön selbstironisch – und trotz 2,5 Stunden Laufzeit keine Sekunde langweilig.

Schon unsere Großeltern wussten: Tom Cruise altert nicht. „Kaum zu glauben, dass der 56-Jährige seine Stunts immer noch selbst macht“ (©BUNTE+GALA). Für den neuen Film hat er nun jedenfalls das Helikopterfliegen gelernt. Also keine Ermüdungserscheinungen in Sicht, ganz im Gegenteil. „M: I – Fallout“ ist der vielleicht gelungenste Teil der Spionagefilmreihe. Wie immer spielt die Story nur eine Nebenrolle, hier geht es in erster Linie um Action und Thrill. Und davon gibt’s reichlich. Allein wegen der fulminanten Verfolgungsjagden quer durch Paris lohnt sich das Anschauen. Das sieht alles extrem echt und gefährlich aus. Nie hat man das Gefühl, die Bilder seien zu Tode manipuliert oder gar komplett im Computer entstanden. Regie und Drehbuch sind straff und auf den Punkt; schließlich ist McQuarrie der einzige Regisseur, der nach „M: I – Rogue Nation“ noch einen weiteren Teil des Franchise inszenieren durfte. Er weiß also, wie’s geht.

FAZIT

Keiner rennt so schön wie Tom. Fast schon beruhigend zu hören, dass er sich bei den Dreharbeiten den Knöchel verletzt hat. Er scheint also doch aus Fleisch und Blut zu sein.

„M: I – Fallout“ ist der bisher beste „klassische“ Actionfilm in diesem Jahr – perfekte Unterhaltung ohne Zeit zum Durchatmen. 007, die Latte liegt hoch.

USA 2018
Regie Christopher McQuarrie
147 min
Kinostart 02. August 2018

Papillon

STIMMUNGSVOLLES FLUCHTDRAMA

Der Film erzählt die wahre Geschichte von Henri „Papillon“ Charrière (Charlie Hunnam), einem Safeknacker aus dem Paris der 30er Jahre. Seinen Brustkorb ziert ein prächtiges Schmetterlingstattoo, daher der Spitzname. Zu Unrecht wegen Mordes verurteilt, wird er nach Französisch-Guayana in eine Strafkolonie deportiert. Wegen der Haie und starken Strömungen gilt die Gefangeneninsel als absolut ausbruchssicher. Trotz dieser Widrigkeiten bleiben sein Überlebens- und Freiheitsdrang ungebrochen. Im Laufe der Jahre versucht er immer wieder, zu entkommen. Zur Seite steht ihm dabei sein Freund, der Fälscher Louis Dega (Rami Malek). Der finanziert die Fluchtversuche Papillons und lässt sich im Gegenzug vor den Angriffen der anderen Häftlinge beschützen.

MACHART

Die Vorlage für den neuen Film des Regisseurs Michael Noer liefern nicht nur die autobiografischen Romane „Papillon“ und „Banco“, sondern auch das Originaldrehbuch von 1973. Damals mit Steve McQueen und Dustin Hoffman kongenial besetzt. Ein Vergleich drängt sich also auf. Dabei kann die Neuauflage zunächst nur verlieren. Aber: blendet man den Klassiker mal aus und lässt sich auf Papillon 2018 unvoreingenommen ein, dann funktioniert das ausgesprochen gut. Sanft modernisiert, zeitgemäßer Look (Kamera Hagen Bogdanski) und hervorragend besetzt. Charlie Hunnam hungerte sich für seine Rolle nicht nur 20 Kilo runter, sondern ließ sich auch noch 8 Tage in eine Zelle einsperren „um eine Ahnung davon zu bekommen, wie sich das für Charrière angefühlt haben muss“.

FAZIT

Spannende, stimmungsvolle Neuinterpretation des Klassikers. Besser als erwartet.

USA, 2018
Regie Michael Noer
119 min
Kinostart 26. Juli 2018

Catch Me!

PUBERTÄT FOREVER!

Jerry (Jeremy Renner) ist der un(ab)geschlagene Held des Spiels „Tag“ (so auch der Originaltitel). Es handelt sich im Grunde um ein „Fang mich“ für Erwachsene. Jedes Jahr im Mai ist „Tag“-Zeit; das bedeutet, frei übersetzt: „Du bist!“-Zeit. Dabei sollen sich die Gegner mit möglichst ausgefallenen Tricks und Verkleidungen gegenseitig überraschen und dann „taggen“. Fünf Freunde (u.a. Ed Helms und Jon Hamm) spielen dieses Spiel seit ihrer Kindheit. Jeder war schonmal dran, außer eben Jerry. Über 30 Jahre hat er es geschafft, nie abgeschlagen zu werden. Als er aber genau im Mai heiratet, sehen die anderen ihre große Chance gekommen, ihn vor dem Traualtar endlich auch mal dranzukriegen. Soweit die „Geschichte“.

MACHART

Wer liest diese Inhaltsangabe und schüttelt dabei nicht ungläubig den Kopf? Erwachsene Männer spielen Fangen. Im Ernst, das ist die ganze Idee. Jerry soll so eine Art Superheld sein, der immer genau weiß, welche Attacken seine Freunde planen und der dementsprechend vorbereitet ist. Das wird dann wieder und wieder, in immer gleich aufgelösten Slowmotionszenen gezeigt. Beim ersten mal vielleicht noch einigermaßen amüsant, wird es durch die ständige Wiederholung rasch ermüdend. Dazwischen wird unglaublich viel geredet. Das bekommt dem Film nicht gut, denn auch die Dialoge sind nur mäßig witzig. Und weil es im Grunde um nichts geht, ist der Ausgang des Spiels am Ende auch egal. Wenigstens scheinen die Schauspieler ihren Spaß beim Dreh gehabt zu haben.

FAZIT

„Catch Me!“ basiert erstaunlicherweise auf einer wahren Geschichte. Wirkt aber wie ein sehr müder Stiefbruder von MTVs „Jackass“, nur ohne jede Gefahr und ohne jeden Biss.

USA 2018
Regie  Jeff Tomsic
100 min
Kinostart 26. Juli 2018

Hotel Artemis

MEMBERS ONLY

2028, auf den Straßen von Los Angeles herrscht Bürgerkrieg. Als ein Banküberfall gründlich schiefgeht, schaffen es die angeschossenen Gangster gerade noch schwerverletzt ins Hotel Artemis. Hinter dessen schäbiger Fassade verbirgt sich eine Art Club für Verbrecher in Not, inklusive moderner Klinik. Die Regeln sind ultrastreng und nur registrierten Mitgliedern wird der Eintritt gewährt. Wer der „Nurse“ (Jodie Foster) keinen Code vorzeigen kann, kommt nicht rein. Egal, ob er (oder sie) gerade verblutet. Im Laufe der Nacht checken immer mehr rachdurstige Schwerverbrecher ins Hotel ein. Die Situation gerät zusehends außer Kontrolle.

MACHART

Ausnahmsweise mal kein Prequel, Sequel oder keine Comicverfilmung, sondern eine eigenständige, originelle Geschichte. Auf alt geschminkt, tippelt  Jodie Foster – wie immer hervorragend – durch die endlosen Gänge des Hotels und hält dabei die Geschichte zusammen. Der Film ist schön düster und schafft vom ersten Bild an eine klaustrophobische Stimmung. Das hätte eigentlich für ein etwas schräges, schönes Stück Genrekino gereicht. Doch selbst der ansehnliche Cast (u.a. Jeff Goldblum, Sofia Boutella, Zachary Quinto) kann nicht verhindern, dass der Film im letzten Drittel kippt. Was zunächst wie ein ganz guter Terry-Gilliam-Film daherkommt, wird leider gegen Ende zu einer ausufernden Gewalt- und Splatterorgie.

FAZIT

Originelle Geschichte, tolle Ausstattung, am Ende unnötig viel Gewalt – trotzdem empfehlenswert.

USA, 2018
Regie Drew Pearce
110 min
Kinostart 26. Juli 2018

Ant-Man and the Wasp

MACHT SPASS!

Scott Lang (Paul Rudd) – aka Ant-Man – langweilt sich zu Tode. Seit fast zwei Jahren ist er mit einer elektronischen Fußfessel ans Haus gekettet. Aber nur noch wenige Tage, dann ist er wieder frei – vorausgesetzt er hält sich an die Auflagen. So lange können Dr. Pym (Michael Douglas) und seine Tochter Hope (Evangeline Lilly) allerdings nicht warten. Sie brauchen seine Hilfe sofort. Denn die seit Jahren im Quantum Realm (bitte nicht fragen…) verschollen geglaubte Mutter von Hope kann gerettet werden. Doch die Zeit ist knapp und Scott der einzige, der mit Janet van Dyne (Michelle Pfeiffer) Verbindung aufnehmen und sie finden kann.

Hope van Dyke ist „The Wasp“. Also im Grunde ein weiblicher Ant-Man. Wie der, hat auch sie ein cooles Outfit, mit dem sie sich (bzw. Fahrzeuge, Salzstreuer, Häuser oder PEZ-Spender) beliebig verkleinern oder vergrößern kann. Außerdem kann sie fliegen – ist ja schließlich eine Wespe – und versteckt ein beachtliches Waffenarsenal in ihrem Anzug. Also eine mehr als ebenbürtige Partnerin. Die Widersacher der Superhelden sind der fiese Geschäftsmann Sonny Burch (Walton Goggins) und Metawesen Ghost (Hannah John-Kamen).

MACHART

Freunde des perfekten Action- und Popcornkinos werden auch an diesem neuesten Werk aus dem MCU ihren Spaß haben. Humor, Geschichte, Cast, Umsetzung – alles passt. Das Sequel ist sogar besser als sein Vorgänger „Ant-Man“ und einer der bislang unterhaltsamsten Marvelfilme überhaupt. Die Chemie zwischen den Darstellern stimmt, die Dialoge sind witzig und Evangeline Lilly hat diesmal sogar eine anständige Frisur (r.i.p. Pagenkopfperücke).

Wie Alice im Wunderland spielt die Geschichte geschickt mit den verdrehten Verhältnissen von groß und klein. Das ist ausgesprochen amüsant und sehr kurzweilig.

FAZIT

Temporeicher Sommerblockbuster mit Herz und Humor.

USA, 2018
Regie Peyton Reed
125 min
Kinostart 26. Juli 2018

The First Purge

BLUTIGES PREQUEL

„The First Purge“ erzählt, wie die jährlich wiederkehrenden „zwölf Stunden Gesetzlosigkeit“, oder auch  „The Purge“, begannen. Die Partei des ultrarechten US-Präsidenten (nein, das ist kein Dokfilm) verfügt, dass eine Nacht lang alle Gewalttaten straffrei bleiben. Ohne Konsequenzen, mitmachen kann jeder. Damit soll die Verbrechensrate in den USA für den Rest des Jahres gedrückt werden. Für 5.000 $ sollen sich Freiwillige neonblaue Kontaktlinsen mit integrierter Kamera ins Auge einsetzen, damit das Morden live im Fernsehen übertragen werden kann. Die Bevölkerung will zunächst nicht mitspielen und feiert lieber Straßenfest. Deshalb heizt die Regierung die Gewalt durch gezielte Attacken künstlich an. Was als Sozialexperiment im New Yorker Stadtteil Staten Island beginnt, gerät so rasch außer Kontrolle.

MACHART

Ja, auch dieser Film hat seine Momente. Leider sind die zu kurz und zu selten. In erster Linie wird viel erschossen, aufgeschlitzt, verbrannt und erschlagen. Hauptsache blutrünstig. Dabei bleibt die Spannung zugunsten billiger Schockmomente auf der Strecke. Und auch die pseudo-politische Botschaft verpufft in der unglaubwürdigen Geschichte. Wenigstens gibt’s was zu lachen, wenn auch unfreiwillig. Zum Beispiel,  wenn Held Dmitri (Y’lan Noel) unvermittelt Jacke und Hemd ablegt, um im weißen Tanktop – ganz in alter „Die Hard“-Tradition – in die Schlacht zu ziehen. Mit einem Maschinengewehr bewaffnet, fast größer als er selbst. Auch die deutsche Synchronisation sorgt für Erheiterung, will sie sich doch partout nicht zwischen hipper Jugendsprache, Ghettoslang und gestelztem Schriftdeutsch entscheiden.

FAZIT

Insgesamt ganz schön menschenverachtend und daher dröge.

USA, 2018
Regie Gerard McMurray
112 min

Ocean’s 8

FEDERLEICHTER GANGSTERFILM

Elf Jahre nach Steven Soderberghs Ocean 11- 13 Trilogie gibt es nun eine Art Fortsetzung, diesmal mit weiblichem Cast: Sandra Bullock spielt Debbie Ocean, die Schwester von George Clooneys Danny. Nach einer 5-jährigen Haft wieder auf freiem Fuß, plant sie einen millionenschweren Raub in der New Yorker Met. Ein Diamantcollier soll von Daphne Klugers (Anne Hathaway) zartem Hals geklaut werden. Dazu benötigt Debbie, genau wie ihr Bruder, eine Crew von Spezialistinnen. Mit dabei als übercoole Freundin: Cate Blanchett. Daneben gibt Sarah Paulson die vermeintlich brave Hausfrau, Rihannna den Technerd und Helena Bonham Carter overacted als überdrehte Modedesignerin.

MACHART

Zwar kein aktueller Kommentar zu #metoo, dafür glitzert es gewaltig: vom Diamantcollier bis zum Teint der Darstellerinnen. Der geplante Raub ist ein Kinderspiel und läuft so reibungslos wie ein Schweizer Uhrwerk ab. Genau das ist das Manko des Films. Alles läuft viel zu glatt und harmonisch. Es gibt keine wirklichen Überraschungen (außer ein paar Twists gegen Ende) und so will auch keine rechte Spannung aufkommen. Was für einen Heist-Film ein Problem ist. Zu federleicht ist die Geschichte inszeniert, die Charaktere werden nur angedeutet, dadurch bleibt es ein oberflächliches Vergnügen.

Bleibt allein die Frage: Was ist mit Sandra Bullocks Gesicht passiert? Sah das schon immer so computeranimiert perfekt aus?

FAZIT

Empfehlenswert für alle, die genug Testosteron-Superhelden in Weltuntergangsschlachten gesehen haben und sich nach leichter Kost für einen lauen Sommerabend sehnen. Ocean’s 8 sieht gut aus, hat eine Topbesetzung und tut niemandem weh. Ein Film wie ein Soufflé.

USA, 2018
Regie Gary Ross
111 min

Isle of Dogs – Ataris Reise

FÜR HUNDEFREUNDE

Der extra gemeine Bürgermeister der japanischen Stadt Megasaki City verdonnert alle Hunde zu Isolationshaft. Angeblich mit einem tödlichen Schnupfenvirus infiziert, müssen des Menschen beste Freunde auf Trash Island vor den Toren der Stadt vegetieren. Als der 12-jährige Atari mit einem Flugzeug auf der Insel abstürzt, retten ihn die dort lebenden Kläffer. Die Herren der Insel, die Alphahunde Boss, Chief, Rex und Duke, helfen Atari bei der Suche nach seinem Hund Spots.

MACHART

Ein Leben ohne Hunde ist möglich, aber sinnlos. Das ist – frei nach Loriot – das Motto dieses Films.

„Isle of Dogs“ ist einfach toll. Und augenscheinlich mit unendlich viel Liebe gemacht. Ein weiteres Meisterwerk von Wes Anderson. Wie schon „The Fantastic Mr. Fox“ in Stop-Motion-Technik hergestellt und mit einem großartigen Voice-Cast (zumindest im Original) gesegnet.

Bryan Cranston, Bill Murray, Jeff Goldblum, Edward Norton und Scarlett Johansson machen die animierten Tiere lebendig und lassen den Zuschauer schnell vergessen, dass es sich „nur“ um einen Puppenfilm handelt. In Wes Anderson-typischen Bildern, alle so schön wie Gemälde, gibt es so viele Details und Kleinigkeiten zu entdecken, dass man den Film auf jeden Fall zweimal anschauen sollte.

FAZIT

Facettenreiche Wundertüte, klare Empfehlung.

USA, 2018
Regie Wes Anderson
105 min