MEGALOPOLIS
In MEGALOPOLIS feiert das antike Rom seine Wiedergeburt im modernen New York. Ist Coppolas Monumentalfilm ein Kunstwerk oder der Flop des Jahres?
Ab 26. September 2024 im Kino
In einer futuristischen Metropole soll das Alte dem Schönen und Neuen weichen. Architekt Cesar, gespielt von Adam Driver, träumt von einer Stadt, in der Menschen auf Wasserpfaden transportiert werden, jeder Erwachsene seinen eigenen Garten hat und die Häuser aus Blütenkelchen bestehen. Biene Maja gefällt das. Doch wie immer gibt es Neider und Hater: Cesars Gegenspieler, der korrupte Bürgermeister Franklyn Cicero (Giancarlo Esposito), will am status quo festhalten und versucht den jungen Träumer auszubremsen. Und wie sich das seit William Shakespeare gehört, steht zwischen den beiden Männern eine Julia (Nathalie Emmanuel), die Tochter des Bürgermeisters, deren Liebe zu Cesar und Loyalität zu ihrem Vater die Situation weiter verkompliziert.
Weil MEGALOPOLIS als visionärer Science-Fiction-Film vermarktet wird, hat Cesar neben dem Bauen schöner Häuser noch ein weiteres Talent – er kann die Zeit anhalten. Warum das so ist, bleibt das Geheimnis des Drehbuchs. Unfreiwillig komisch, aber mit tiefstem Ernst deklamiert Adam Driver dazu den Satz „Time! Stop!“, was sie dann auch tut. Überhaupt Adam Driver: Wenn er im Verlauf der Geschichte blutspuckend und wie ein verrücktes Kind Grimassen schneidend overacted, hätte man schon gerne gewusst, wo genau die Regie während dieser Aufnahmen war – wohl kaum am Set.
Interessant ist vor allem die Entstehungsgeschichte von MEGALOPOLIS. Für Coppola ist der Film eine Herzensangelegenheit. Ursprünglich in den frühen 1980er-Jahren geschrieben, verkaufte der Regisseur in den 2010er-Jahren Teile seines Weinbaugebiets, um das Budget von rund 100 Millionen US-Dollar aufzubringen. Wer weiß, was für ein Film MEGALOPOLIS vor 40 Jahren geworden wäre. Seit der ersten Idee hat sich die Tricktechnik um Lichtjahre weiterentwickelt, trotzdem wirken die Bilder unglaublich künstlich. Als hätte sich Ben Hur in das von Baz Luhrmann inszenierte Showreel eines Architekturbüros verirrt. Aber das ist wohl Absicht, denn Coppola hatte schon in früheren Werken eine Schwäche fürs Artifizielle.
Man muss dem mittlerweile 85-Jährigen zugutehalten, dass er mit seinen Visionen nicht zum Arzt geht, sondern sie ohne Rücksicht auf Erfolg verwirklicht. Egal, ob das Publikum es versteht oder nicht – sein Film ist ein Spektakel, aber keins, das die Massen in die Kinos locken wird. Einen gewissen Unterhaltungswert kann man diesem rauschhaften Fiasko mit Ausschweifungen ins Geniale nicht absprechen. Wenn man sich einfach fallen lässt und das komplett überholte Frauenbild ignoriert, ist das schräge „Römisches Imperium trifft THE DARK KNIGHT trifft SUCCESSION“-Mashup sogar auf eine unerklärliche Weise interessant. Während der Pressevorführung wollte jedenfalls keiner den Saal verlassen.
INFOS ZUM FILM
Originaltitel „Megalopolis“
USA 2024
138 min
Regie Francis Ford Coppola
alle Bilder © Constantin Film