WANDA, MEIN WUNDER

WANDA, MEIN WUNDER

Kinostart 06. Januar 2022

Das ist ja auch eher selten, dass man eine Serie oder einen Film schaut und denkt: Wieso wurde da meine Familiengeschichte verfilmt und ich weiß nichts davon? Zuletzt vielleicht beim „Denver Clan“, aber das ist lange her…
In „Wanda, mein Wunder“ geht es um den wohlhabenden Schweizer Unternehmer Josef, der nach einem Schlaganfall ans Bett gefesselt ist. Mit seiner Frau Elena verbindet ihn nur eine Zweckgemeinschaft, von Liebe ist kaum noch was zu spüren. Sohn Gregi lebt mit unterm elterlichen Dach, die karrierebewusste Tochter Sophie schaut nur selten zu Hause vorbei.
Weil die Familie mit der Pflege und Versorgung des Vaters überfordert ist, wird eine polnische Hilfskraft engagiert – 3.000 Franken im Monat machen’s möglich. Die selbstbewusste Wanda erledigt ihren Job stoisch, aber durchaus liebevoll. Da auch bettlägrige 70-jährige Männer noch Bedürfnisse haben und Wanda das Geld gut gebrauchen kann, geht sie ein folgenschweres Arrangement mit Josef ein…

Die ganze schreckliche Familie mischt irgendwann mit und „Wanda, mein Wunder“ entwickelt sich zu einem handfesten Drama, kippt ins Groteske mit leichter Tendenz ins übertrieben Alberne und findet dann wieder gekonnt die Kurve zurück zu einer berührenden Familiengeschichte. So viel Gefühle fürs Geld!

Regisseurin Bettina Oberli inszeniert etwas unentschieden, besonders ihr Hang zum Volkstheater im Mittelteil schwächen den Film. Ansonsten ist ihr intimer Blick hinter die Fassade einer scheinbar intakten Familie mit viel Charme und Witz erzählt.
Neben der grandiosen Marthe Keller – immer noch eine schöne Frau, wenn auch ein bisschen zu straff um die Augen – spielt die herausragende Birgit Minichmayr die Tochter Sophie wunderbar zickig, gemein und trotzdem verletzlich.

FAZIT

Warmherziges Familiendramedy aus der Schweiz.

INFOS ZUM FILM

Originaltitel “My Wonderful Wanda“
Schweiz 2020
111 min
Regie Bettina Oberli

alle Bilder © X-Verleih

Kirschblüten & Dämonen

Doris Dörrie hat einen Gespensterfilm gemacht, der so unheimlich wie ein Hui Buh-Hörspiel ist.
Die Fortsetzung ihres Erfolgsfilms „Kirschblüten – Hanami“ aus dem Jahr 2008 erzählt vom einsamen Alkoholiker Karl (Golo Euler), Sohn des verstorbenen Ehepaars Rudi (Elmar Wepper) und Trudi (Hannelore Elsner) aus dem ersten Teil. Eines Tages klopft die Japanerin Yu (Aya Irizuki) an seine Tür und stellt sich mit den Worten „I am Yu“ vor – Achtung: doppeldeutig! Sie überredet ihn, gemeinsam aufs Land in sein leer stehendes Elternhaus zu fahren. Dort begegnet Karl nicht nur seinen entfremdeten Geschwistern, sondern auch den Geistern der Vergangenheit.
Kirschblüten & Dämonen erinnert an das Videoprojekt einer Selbstfindungs-Theatergruppe. Alles sehr gewollt, teils unfreiwillig komisch und plump inszeniert. Da Karl zum Beispiel immer wieder an seiner Männlichkeit zweifelt, friert ihm irgendwann der Schwanz ab. Feinsinn sieht anders aus. 
Richtig gut wird der Film nur in den Szenen mit der großartigen Birgit Minichmayr. Leider hat die aber nur einen fünf Minuten-Auftritt.

FAZIT

Regisseurin Dörrie und ihr Kameramann Hanno Lentz wollten beim Dreh möglichst frei und spontan reagieren. Aber Freiheit und Spontanität haben ihren Preis. Man muss schon Fan von Gopro-Videolook sein – Kirschblüten & Dämonen sieht wie ein sehr low-budgetiertes Kleines Fernsehspiel aus und atmet den Geist eines bemühten Experimentalfilms.

Deutschland 2019
110 min
Regie Doris Dörrie
Kinostart 7. März 2019