THE GREEN KNIGHT

THE GREEN KNIGHT

Eine neue Erfahrung: Ins Kino gehen und nichts über den Film wissen, der da gleich läuft. Keinen Trailer gesehen, keine Inhaltsangabe gelesen. Völlige Unkenntnis über Darsteller, Regie und Genre. Ist „Der Grüne Ritter“ ein Ökothriller? Ein Superhelden-Epos? Ein Vogel? Unbelastet durch Ignoranz.

Hier die Auflösung: „The Green Knight“ ist ein Mittelalter-Abenteuer-Märchen-Fantasyfilm. David Lowery führt Regie, und wenn man dieses Jahr einen Mittelalter-Abenteuer-Märchen-Fantasyfilm sehen sollte, dann diesen. Als hätten die Macher von Game of Thrones, Terry Gilliam und Peter Greenaway (lebt übrigens noch – hat nur seit sechs Jahren keinen Film mehr gemacht) beschlossen, ihre Talente zu vereinen. In düsteren und geheimnisvollen Bildern erzählt der Film die Geschichte von Sir Gawain (Dev Patel), König Arthurs Neffen, der sich auf die Reise zum Grünen Ritter begibt, einem bedrohlichen Wurzelwesen. Unterwegs trifft Gawain auf Geister, Riesen und geköpfte Maiden.

In den Händen eines minder begabten Regisseurs wäre dieser Stoff leicht zu einem bunten CGI-Spektakel mit „witzigen“ onelinern geworden. Doch Drehbuchautor und Regisseur David Lowery hat mit „The Green Knight“ etwas seltsam Schräges und Schönes erschaffen. Sehr atmosphärisch, ohne Anbiederung an den modernen Publikumsgeschmack – ein verwunschenes Märchen für Erwachsene.

INFOS ZUM FILM

Originaltitel „The Green Knight“
USA / Irland 2020 
125 min
Regie David Lowery
Kinostart 29. Juli 2021

alle Bilder © Telepool

DAVID COPPERFIELD – EINMAL REICHTUM UND ZURÜCK

Charles Dickens besaß ein überragendes Talent, die Ängste von Kindern in seinen Romanen anschaulich zu beschreiben. Das 600-Seiten-Werk „David Copperfield or The Personal History, Adventures, Experience and Observation of David Copperfield the Younger of Blunderstone Rookery (Which He Never Meant to Publish on Any Account)“, wie das Buch im Originaltitel heißt, ist neben „Oliver Twist“ sein bekanntester Roman. Die autobiografisch geprägte Geschichte vom verarmten Waisenkind, das zum gefeierten Schriftsteller im viktorianischen England aufsteigt, ist – typisch Dickens – angefüllt mit herrlich schrulligen Figuren. Regisseur Armando Iannucci hat für seine Neuverfilmung eine entsprechend beherzt aufspielende Besetzung versammelt: Als David Copperfield überzeugt der Oscar-nominierte Dev Patel („Slumdog Millionaire“), in Nebenrollen sind unter anderem Ben Whishaw als verschlagener Uriah Heep und Tilda Swinton als schön exzentrische Tante Betsey Trotwood zu sehen. Ein echter scene-stealer ist der immer brillante Hugh Laurie („Dr. House“) als Mrs. Trotwoods Untermieter.

Erwähnenswert ist die unbefangene Besetzung von klassisch weißen Rollen mit Schauspielern jeglicher Hautfarbe. Da haben blasse englische Kinder schwarze Eltern und der eigentlich weiße David wird von einem Inder gespielt. Das alles ist dem Film wunderbar gleichgültig – eine als Tatsache behauptete farbenblinde Multikulti-Welt. Man gewöhnt sich schnell an diesen Kunstgriff, den schon das Musical „Hamilton“ erfolgreich eingesetzt hat.

Das Drehbuch setzt auf Tempo und bisweilen schenkelklopfenden Humor. Eine schöne Idee ist das Spiel mit Handlungs- und Zeitebenen: So beobachtet der erwachsene David seine eigene Geburt und Kindheit, kommentiert immer wieder das Geschehen und schreibt, wenn es sein muss, Figuren auch mal aus der Geschichte, um ihre Abwesenheit zu erklären. Das sind nette Ideen, die den stellenweise etwas theaterhaften Film davor bewahren, allzu sehr ins komödienstadelhafte abzurutschen.

FAZIT

Farbenfrohe Neuverfilmung des unverwüstlichen Klassikers von 1850.

Originaltitel „The Personal History of David Copperfield“
116 min
Großbritannien / USA 2019
Regie Armando Iannucci
Kinostart 24. September