JAMES BOND – KEINE ZEIT ZU STERBEN

JAMES BOND – KEINE ZEIT ZU STERBEN

Sag zum Abschied leise Servus. Daniel Craig hat die Schnauze voll, dies ist unwiderruflich sein letzter Bond. Mit etwas Glück wird aus dem Abschiedsschmerz im Laufe der Zeit Vermissen und dann eine schöne Erinnerung. Durch die zahlreichen Verschiebungen hatten die Bond-Fans knapp anderthalb Jahre Zeit, innerlich Abschied zu nehmen. Ursprünglich sollte es bereits im April 2020 geschüttelte Martinis geben. Wenigstens für Daniel Craig eine Erlösung, denn der wollte sich nach seinem letzten Auftritt in „Spectre“ „lieber die Pulsadern aufschneiden, als noch einmal als Bond vor der Kamera zu stehen“. Erst schmale 50 Millionen Pfund Gage konnten ihn überzeugen, ein allerletztes Mal die Walther PPK zu zücken.

Hat sich das lange Warten gelohnt? Großes JA und kleines nein. Es ist natürlich ein Erlebnis, den Film im Kino zu sehen. Die ersten zwei Drittel sind auch wirklich toll. Es gibt zahlreiche charmante Hinweise auf die letzten 24 Filme, der Humor stimmt, Bilder und Musik sind groß. Alles noch besser als erwartet. Nur das letzte Drittel ist, wie schon bei „Spectre“, der Schwachpunkt des Films und macht ihn gefühlte 45 Minuten zu lang.

Zum Inhalt nur so viel: James Bond kommt einem geheimnisvollen Bösewicht auf die Spur, der im Besitz einer brandgefährlichen neuen Technologie ist. Die Welt muss ein weiteres Mal gerettet werden. 

Fast drei Stunden Zeit nimmt sich Regisseur Cary Joji Fukunaga, die Geschichte von Bond zu Ende zu erzählen. Daniel Craig, der die Rolle des Superspions anfangs mit düsterer Brutalität gespielt hat, nähert sich auf seine alten Tage erfrischenderweise der gehobenen Augenbrauen-Ironie von Roger Moore an. Im 25. Kapitel der Filmreihe hat neben einem wenig überzeugenden Rami Malek als Ober-Schurke auch der in „Spectre“ sträflich unterforderte Christoph „Blofeld“ Waltz einen Kurzauftritt. Die Locations sind wie immer atemberaubend, die Stunts irrwitzig, die Bond-Frauen schön (dass sie nicht mehr Bond-Girls heißen, ist Mit-Drehbuchautorin Phoebe Waller-Bridge zu verdanken) und die Sprüche gewohnt lässig. In einer Top 5 der Craig-Bonds würde „Skyfall“ immer noch Platz 1 belegen. Silber für „Casino Royale“ und „No Time to Die“ direkt dahinter. Insgesamt ein fulminanter und würdiger Abschied aus dem Geheimdienst ihrer Majestät.

INFOS ZUM FILM

Originaltitel „James Bond – No Time To Die“
GB / USA 2020
163 min
Regie Cary Joji Fukunaga
Kinostart 30. September 2021

alle Bilder © Universal Pictures International

DER GEHEIME GARTEN

Niemand mag arrogante Klugscheißer. Das muss auch die 10-jährige Mary Lennox (Dixie Egerickx) erkennen. Obwohl sie gerade beide Eltern verloren hat, bringt kaum jemand Mitgefühl für die hochnäsige Waise auf. Ihr einziger Verwandter ist der trübsinnige Onkel Archibald (Colin Firth), der als Witwer mit seinem kränklichen Sohn ein düsteres Landgut in Yorkshire, England bewohnt. Um der gestrengen Aufsicht von Haushälterin Mrs. Medlock (Julie Walters) zu entfliehen, erkundet Mary die neblig-graue Moorlandschaft rund um das Anwesen auf eigene Faust. Dabei stößt sie zufällig auf einen verwunschenen „geheimen“ Garten. Gemeinsam mit ihrem Cousin und ihrem neugewonnen Freund Dickon entdeckt sie dort eine magische Welt, die nicht nur ihr eigenes Leben komplett verändert.

Das 1911 erschienene Buch „The Secret Garden“ von Frances Hodgson Burnett wurde schon unzählige Male verfilmt. Diese Version von Marc Munden ist eine interessante Mischung aus Hitchcocks Gothic-Horror-Klassiker „Rebecca“ und kunterbuntem Schlumpfhausen-Film geworden. Eine Mixtur mit ein paar Schwächen: Die zickige Mary nervt zu Beginn sehr und der jauchzende Geigen-Score hätte auch ein paar Gänge zurückschalten können. Aber visuell ist „Der geheime Garten“ ein Rausch, die farbenprächtigen Bilder wirken wie lebendig gewordene Gemälde. Besonders die prachtvoll üppigen Gartenszenen erwecken umgehend den Wunsch nach einer eigenen grünen Parzelle (schöner Traum).

FAZIT

Angenehm ernsthafter Kinderfilm um Verlust, Trauer und Magie. 

Originaltitel „The Secret Garden“
Großbritannien 2019
100 min
Regie Marc Munden
Kinostart 15. Oktober 2020

THE GENTLEMEN

„Aladdin“ war zwar ein an der Kinokasse erfolgreicher, aber kein besonders guter Film. Diese Scharte wetzt Regisseur Guy Ritchie nun mit „The Gentlemen“ wieder aus. Willkommen zurück in der Welt der coolen Gangster und Ganoven! 

Der Amerikaner Mickey Pearson (Matthew McConaughey) hat in England ein hochprofitables Marihuana-Imperium aufgebaut. Als bekannt wird, dass er sich aus dem Geschäft zurückziehen will, überbieten sich seine Konkurrenten mit Erpressungen, Überfällen und Morddrohungen, um sich ihren Teil des Kuchens zu sichern.

Die Geschichte ist – typisch für diese Art Film – unsinnig kompliziert. Wer hier wen hintergeht, hat man bis zum Schluss nicht kapiert. Überraschende Handlungstwists, interessante Charaktere und eine sehr dynamische Inszenierung lassen die Story aber ohnehin zur Nebensache werden. „The Gentlemen“ ist klassischer Guy Ritchie-Style. Das gab es natürlich so ähnlich schon vor Jahren in „Lock, Stock and Two Smoking Barrels“ oder „Snatch“ – schließlich bedient sich der Regisseur seit den 90ern der mehr oder weniger gleichen Bildsprache – doch „The Gentlemen“ macht trotzdem Freude. Und bei sich selbst zu klauen ist ja erlaubt. Zwischendurch gibt’s ein paar kleinere Durchhänger, aber die Top-Besetzung hatte sichtlich Spaß beim Dreh und versprüht eine gehörige Portion Selbstironie. Insbesondere Collin Farrell und Hugh Grant stehlen dem eigentlichen Hauptdarsteller McConaughey die Show.

FAZIT

Nichts weltbewegend Neues, dafür ausgesprochen kurzweilig.

Originaltitel „The Gentlemen“
GB 2019
113 min
Regie Guy Ritchie
Kinostart 27. Februar 2020

BLINDED BY THE LIGHT

England, 1987: Massive Arbeitslosigkeit, keine Zukunftsperspektive; Margaret Thatchers Politik spaltet das Land. Das Leben des britisch-pakistanischen Teenagers Javeds ändert sich schlagartig, als ihm ein Freund zwei Kassetten mit der Musik von Bruce Springsteen leiht. Die Texte des Bosses inspirieren ihn so sehr, dass er beschließt, nicht mehr nach den Erwartungen seines gestrengen Vaters zu leben, sondern seine Zukunft selbst in die Hand zu nehmen. Die Vorlage liefert die Biografie des Guardian-Journalisten Sarfraz Manzoor, der auch das Drehbuch mitgeschrieben hat.

Ein Coming-of-Age-Film mit der Musik von Bruce Springsteen – was kann da schon schiefgehen?
Einiges. „Blinded by the Light“ ist kein Biopic à la „Bohemian Rhapsody“, sondern verwendet die Songs und Texte Springsteens lediglich als Inspirationsquelle. Doch statt sie als stimmungsvolle Begleitung eines 80er-Jahre Lebensgefühls einzusetzen, versucht Regisseurin Gurinder Chadha („Kick It Like Beckham“) die Musik krampfhaft zu visualisieren und in die Geschichte zu integrieren.
Das sieht dann zum Beispiel so aus: Während ein heftiger (Windmaschinen)-Sturm durch die nächtliche Szene weht, agiert Jared mit dramatischen Stummfilmgesten vor einer Hauswand, auf die die Songtexte eines Springsteen Hits projiziert werden. So was gab es zuletzt in 80er-Jahre-Low-Budget-Musikvideos zu sehen. Oder ist das retro-ironisch gemeint? 

Immer wieder wird die Handlung von Musical-Szenen unterbrochen, die so unbeholfen inszeniert sind, dass sich statt guter Laune eher Fremdschämen einstellt. Und auch Jarveds ungute Obsession, bei jeder Gelegenheit die Texte Springsteens als Lebensweisheiten zu zitieren, nervt auf Dauer sehr. 

FAZIT

Charmante Story, bemühte Umsetzung. Not on fire.

Originaltitel „Blinded by the Light“
GB 2019
117 min
Regie Gurinder Chadha
Kinostart 22. August 2019

Trautmann

Was fällt einem Briten spontan ein, wenn man ihn zu Deutschland befragt?
Fußball und Nazis – allerdings nicht zwingend in dieser Reihenfolge. Zum Glück schreibt das Leben die schönsten Geschichten. Bert Trautmann ist in dieser Hinsicht die perfekte Mischung: ein fußballspielender Ex-Nazi.

Bert Trautmann? Nie gehört? Selbst größte Kickerfans müssen da erst mal nachdenken. Der Deutsche gerät während des Zweiten Weltkriegs in englische Gefangenschaft. Nach Kriegsende bleibt er in England und wird bei Manchester City zum erfolgreichsten Torhüter seiner Zeit. Er verliebt sich in Margaret, die Tochter seines Trainers, die beiden heiraten und werden Eltern dreier Söhne. Als er 1956 im Pokalfinale trotz gebrochenen Halswirbels weiterspielt und so seinem Team den Sieg sichert, wird er zum englischen Nationalhelden.

Ein Film wie ein Überraschungsei: Trautmann ist interessantes Historiendrama, spannende Sportlerbiografie und berührende Liebesgeschichte. Natürlich wurde für den Film das wahre Leben etwas gepimpt und unpassende Details wurden ausgespart. So hatte der echte Bernhard Trautmann schon eine gescheiterte Beziehung hinter sich und war Vater einer Tochter, bevor er Margaret kennenlernte. Und auch diese Ehe hielt nur bis Ende der 1960er Jahre. Aber egal, Film ist Illusion und es ist Regisseur Marcus H. Rosenmüller zu verdanken, dass Trautmann trotz Geschichtsglättung nicht zu einem kitschigen Feelgood-Movie geworden ist. David Kross ist als Titelheld ein Glücksfall, denn er spielt die Rolle des von inneren Dämonen gepeinigten Mannes angenehm zurückhaltend und ist obendrein ein begabter Fußballer.

FAZIT

Ohne Erwartungen gesehen, positiv überrascht. Schöner Film, trotz deutscher Synchronfassung.

Deutschland/GB 2019
120 min
Regie Marcus H. Rosenmüller
Kinostart 14. März 2019

Christopher Robin

FAST OOOOOOOOH!

Christopher Robin (Ewan McGregor), der einst mit seinen Stofftieren jede Menge Abenteuer im Hundertmorgenwald erlebte, ist erwachsen geworden. Sein schlecht bezahlter Job macht ihn unglücklich. Ehefrau Emily (Hayley Atwell) und Tochter Madeline (Bronte Carmichael) fühlen sich zusehends vernachlässigt. Obendrein ist sein Chef Keith Winslow (Mark Gatiss) ein gemeiner Ausbeuter, der ihn zur Wochenendarbeit zwingt. Weil er deshalb einen Familienausflug absagen muss, ist Christopher am seelischen Tiefpunkt angelangt. Doch plötzlich, nach über 30 Jahren, steht sein sprechender Stoffbär Winnie Puuh (Stimme im Original: Jim Cummings) wieder vor ihm. Zunächst glaubt Christopher, er habe den Verstand verloren. Doch je mehr er sich auf seinen alten Freund einlässt, desto glücklicher und befreiter wird er. Der Honig liebende Bär erinnert Christopher mit seinen schlichten aber wahren Weisheiten daran, wie schön die scheinbar endlosen Tage der Kindheit waren.

MACHART

Der Anfang ist vielversprechend: In kurzen, sehr hübsch inszenierten Buchkapiteln, wird noch während des Vorspanns das bisherige Leben von Christopher Robin erzählt. Danach ist’s erstmal mit der Niedlichkeit vorbei. Denn so, wie aus dem unbeschwerten Kind ein verlorener Erwachsener geworden ist, so verliert auch der Film in diesem ersten Drittel seinen Schwung. Erst durch das Auftauchen von Tigger, I-Ah, Ferkel und all den anderen Freunden, kommt die Leichtigkeit und die nötige Portion Humor zurück. „Christopher Robin“ ist nicht unbedingt ein Kinderfilm geworden. Eher ein Gleichnis für Erwachsene, die sich ein Herz für Stofftiere bewahrt haben. Das 50er-Jahre Setting ist liebevoll ausgestattet und die Animation der Tiere technisch perfekt. Genauso würde es wohl aussehen, wenn Teddybären zum Leben erwachen würden. Trotzdem, das letzte Quäntchen Herz fehlt. Paddington 2 hat das letztes Jahr irgendwie besser hinbekommen.

FAZIT

Fast der ganz große Familienfilm 2018. Aber etwas fehlt. Hätte die Lobi AG (www.lobiag.com) diesen Film produziert, wäre er womöglich DEUTLICH niedlicher und herzerwärmender geworden.

USA, 2018
Regie Marc Forster
104 min
Kinostart 16. August 2018