NATHALIE – ÜBERWINDUNG DER GRENZEN
Zahme Schweizer Politkomödie zum Thema Flüchtlingskrise.
Ab 30. Mai 2024 im Kino
Nathalie Adler (Isabelle Carré) arbeitet für die Europäische Union und soll für den französischen Präsidenten Macron und die deutsche Bundeskanzlerin Merkel einen Besuch in einem Flüchtlingslager auf Sizilien organisieren. Aber weil es da viel zu ordentlich aussieht, werden für den dramatischen Effekt hektisch marode Zelte aufgebaut und Schmutz verteilt. Während der Arbeiten trifft Nathalie ihren Sohn wieder, den sie vor neun Jahren verlassen hatte.
Kurios wird es, als die Delegierten aus Berlin und Paris einen ausgewählten Vorzeigeflüchtling kritisieren, weil er zu eloquent spricht. Besonders sein fließendes Französisch wird beanstandet. „Bitte etwas zögerlicher reden“ wird ihm nahegelegt, um vor den Fernsehkameras mehr Mitgefühl zu erzeugen. Von zynischem Humor wie diesem hätte der Film gut mehr vertragen, der Rest ist für eine politische Satire überraschend zahm.
Nathalies Sohn Albert (Théodore Pellerin) hingegen ist wütend und stellt die gesamte Politik an den Pranger. Als engagiertes Mitglied einer NGO gibt der Einundzwanzigjährige einer kritischen Journalistin vertrauliche Informationen zur europäischen Asylpolitik weiter, vor allem, um damit seiner verhassten Mutter zu schaden. Die hatte ihn im Alter von 12 beim Vater zurückgelassen und war mit einer Frau durchgebrannt. Neben Hauptdarstellerin Isabelle Carré ist der junge Kanadier Théodore Pellerin das andere Highlight des Films: eine Entdeckung. Demnächst ist er in der Disney+-Serie BECOMING LAGERFELD als dessen große Liebe Jacques de Bascher zu sehen.
Flüchtlingskrise, Boatpeople, Mutter-Sohn-Konflikt, lesbische Liebe, Politik: Regisseur Lionel Baier packt zu viel in 84 Minuten. NATHALIE – ÜBERWINDUNG DER GRENZEN bietet einige gute Momente und starke schauspielerische Leistungen, aber insgesamt bleibt die Mischung aus Familiendrama und Politsatire zu harmlos.
INFOS ZUM FILM
Originaltitel „La Dérive des continents (au sud)“
Schweiz / Frankreich 2022
84 min
Regie Lionel Baier
alle Bilder © W-FILM / Les Films du Losange