ZWISCHEN UNS

Kinostart 16. Juni 2022

Mundwinkel hoch heißt Freude.
Mundwinkel runter heißt Trauer.
Eva und ihr Sohn Felix üben das vor dem Spiegel.
Ist ja nicht so schwer normalerweise. Für den autistischen Jungen hingegen schon, denn Emotionen zu lesen ist für ihn ein Ratespiel.

In Max Feys Drama „Zwischen uns“ geht es um einen 13-jährigen Jungen mit Asperger-Syndrom. Dessen Mutter Eva versucht alles Menschenmögliche, ihren Sohn zu integrieren, doch immer wieder kommt es zu Problemen in der Schule. Nur beim Nachbarn, dem Fischhändler Pelle, blüht Felix auf.

Wenn es um das sehr begrenzte Genre „gestörte Terrorkinder“ geht, hat „Systemsprenger“ die Latte vor drei Jahren sehr hoch gehängt. Nicht zu Unrecht durfte die geniale Hauptdarstellerin Helena Zengel anschließend sogar mit Tom Hanks drehen.

Neben einer wunderbaren Liv Lisa Fries, die hier endlich mal ihr 20er-Jahre Berlingören-Image ablegen darf und dem grundsympathischen Thure Linhardt spielt Jona Eisenblätter die Hauptrolle. Vielleicht fehlt Regisseur Fey bei seinem Debütfilm noch die nötige Erfahrung, Kinder richtig zu inszenieren. Vielleicht gibt es aber auch wenige Jungschauspieler, die eine so schwierige Rolle meistern können. Richtig glaubwürdig ist die Darstellung des autistischen Kindes zwischen schmollendem Starren und Schreianfällen jedenfalls nicht. So bleibt „Zwischen uns“ nur dank seiner zurückhaltend spröden Inszenierung und der erwachsenen Darsteller sehenswert.

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Deutschland 2022
86 min
Regie Max Fey

alle Bilder © Wild Bunch Germany

MIT HERZ UND HUND

Kinostart 09. Juni 2022

Es ist mehr als nur eine urbane Legende, dass so manche Zweibeiner-Liebe beim Gassigehen ihren schnuppernden Anfang nahm. Selbst im Zeitalter von Tinder und Parship werden immer noch – alte Hundeschule – schwanzwedelnd die besten Kontakte geknüpft. Wie bei Dave und Fern, zwei Londoner Ü60-Rentnern, deren Romanze ab dem 9. Juni in dreiundzwanzig Spaziergängen ihren Lauf mit Hindernissen nimmt. „23 Walks“ – Auf Deutsch wie üblich verniedlicht „Mit Herz und Hund“.

Der naturliebende, freimütige Pensionär Dave mit seiner ebenso unangeleinten Schäferhündin erregt zunächst eher den Unmut der resoluten Fern und ihres Yorkshire-Terriers. Bei zwangsläufigen Wiederbegegnungen in den örtlichen Auslaufgebieten bemerkt die Scheidungsgeschädigte jedoch bald, dass der Ex-Krankenpfleger über viel Herz und andere Qualitäten verfügt. Anders als die gewohnt treue Zuneigung des tierischen Ersatzpartners verursacht menschliches Begehren jenseits der Lebensmitte ein unverhofftes Gefühlschaos von mopsfidel bis hundeelend.

Bevor es zum finalen Walk kommt, durchlebt der Zuschauer mit Herrchen und Frauchen, ihrem menschlichen Anhang und den beiden Wuffkes eine universelle Liebesgeschichte, die überall in der ersten Welt spielen könnte. Von Regisseur Paul Morrison launig-liebenswert inszeniert und dank der harmonierenden Performance von Alison Steadman und Dave Johns eine empfehlenswerte Coming-of-Best-Age Tragikomödie, die Lust macht, den inneren Schweinehund zu überwinden.

Anja Besch

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Originaltitel „23 Walks“
Großbritannien 2020
97 min
Regie Paul Morrison

alle Bilder © Weltkino Filmverleih

FRANCE

Kinostart 09. Juni 2022

„France“ ist peinlich. Es fängt schon furchtbar an: In einer Montage aus inszeniertem Material und einer echten Pressekonferenz fragt die Starjournalistin France de Meurs den französischen Präsidenten, ob er achtlos oder hilflos sei. Während Macron geduldig antwortet, blödeln France und ihre Produzentin mit obszönen Beckenbewegungen und Züngeleien derart hemmungslos, dass man sich kurz nach der Seriosität von „Dumm und Dümmer“ sehnt.

„France“ ist nicht lustig. Ein ganz banaler Verkehrsunfall: France fährt einen jungen Mann über den Haufen, anschließend entdeckt sie, dass ihre Tränendrüsen funktionieren. Fortan weint sie in fast jeder Szene. Gegen ihre aufgewühlten Emotionen hilft nur eine Kur im Sanatorium. Dort, im Liegestuhl auf die Berge blickend, folgt das nächste Highlight der „genialen Mediensatire“: Eine völlig überdrehte Juliane Köhler schnattert sich über die Anwesenheit der deutschen Bundeskanzlerin in Rage, nur deren Namen will ihr partout nicht einfallen. Es ist – SPOILER – Angela Merkel.

„France“ hat auch ein paar gelungene Szenen. Die zeigen France als überambitionierte Kriegsreporterin, die ihr Kamerateam und sich für die perfekte Einstellung in Lebensgefahr bringt. Wag the dog – Wenn die Realität zu harmlos aussieht, schubst die Journalistin schon mal aufständische Einheimische durchs Bild, bis die Dramatik passt. Paul Ronzheimer gefällt das.

„France“ kann man sich sparen. Zum Thema „Journalismus im Film“ gibt es unzählige Werke, aber mit Sicherheit war keines so schlecht gemacht und unrealistisch wie dieses. Satirisch ist daran gar nichts, höchstens unfreiwillig komisch. Die pseudomoralische Metamorphose von der kalten Journalistin zum empathischen Menschenkind ist komplett unglaubwürdig. Nicht mal eine bessere Schauspielerin hätte das retten können. Schon gar nicht Léa Seydoux, die sich hier auf einen einzigen Gesichtsausdruck beschränkt – wahlweise mit und ohne Tränen. Ca vaut pas la peine!

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Originaltitel „France“
Frankreich / Deutschland / Belgien / Italien 2021
133 min
Regie Bruno Dumont

alle Bilder © MFA+ FilmDistribution

RISIKEN UND NEBENWIRKUNGEN

Kinostart 09. Juni 2022

Pilateslehrerin Kathrin braucht eine neue Niere. Ihr egozentrischer Mann Arnold käme als Spender infrage, quält sich aber keine eindeutige Zusage ab. Ganz anders der gemeinsame Freund Götz. Aus dem dicken Bauch heraus erklärt er sich bereit, Kathrin eine seiner Nieren abzutreten. Diese Großzügigkeit stößt seiner Frau Diana sauer auf.

Sollte man der Ehefrau eine Niere spenden, obwohl das ein großes gesundheitliches Risiko bedeuten könnte? Wäre es nicht besser, auf einen verstorbenen Spender zu warten oder gar eine Niere im Darknet zu kaufen? Highlight des Films ist Samuel Finzi als handlungsgehemmter Gatte: Er würde, hätte, wollte – und macht dann doch nicht.

Michael Kreihsls Komödie basiert auf einem Theaterstück und das merkt man ihm deutlich an. Auf der Bühne auf vier Personen beschränkt, wurden fürs Kino noch unnötige Nebenrollen hinzugefügt, die vom eigentlichen Kern der Geschichte ablenken. Die mäßig lustige Komödie ist nach gut einer Stunde auserzählt,  wird aber durch eine wenig glaubwürdige Wendung noch weiter in die Länge gestreckt. Die Schauspieler geben ihr bestes, doch gegen die biedere TV-Inszenierung kommen sie nur schwer an. Boulevardkomödie, die aus ihrem Thema zu wenig macht.

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Österreich 2021
93 min
Regie Michael Kreihsl

alle Bilder © Filmwelt Verleihagentur GmbH

EIN GROSSES VERSPRECHEN

Kinostart 09. Juni 2022

Juditha und Erik planen ihren erfüllten gemeinsamen Lebensabend, denn mit der Pensionierung des engagierten Universitätsprofessors soll endlich Zeit für die schönen Dinge sein. Tanzen im Garten, Vögel füttern und mit dem Segelboot fahren – so was halt. Doch Juditha leidet unter MS, und gerade jetzt macht die tückische Nervenkrankheit einen heftigen Schub. Ungut auch, dass sie die sturste Frau auf Gottes Erden ist. Hilfe, egal von wem, lehnt sie rigoros ab. Das macht das Zusammenleben nicht gerade einfach. Erik bedrückt die häusliche Enge zusehends, und dass die beiden sich immer noch lieben, macht es nur noch schlimmer. Denn wer will seine Liebe schon leiden sehen?

Dazu muss man in Stimmung sein: Wendla Nölles Drama macht wenig Hoffnung, von schlimm wird es nur noch schlimmer. Stellt sich zwischen den Depressionsschüben, die man als Zuschauer erleidet, die Frage: Warum soll man sich das anschauen? Nichts gegen schicksalshafte Geschichten über andere Menschen, aber der immer bockiger werdenden Juditha und ihrem hilflos leidenden Erik beim gemeinsamen Untergang zuzuschauen ist quälend.

Sehenswert machen den offensichtlich für das Fernsehen gedrehte Film – die klassische 90-Minuten Laufzeit und der NDR als Produzent lassen keinen Zweifel, dass „Ein großes Versprechen“ schon bald am FilmMittwoch um 20.15 Uhr im Ersten laufen wird – die fabelhaften Schauspieler. Der bei uns vor allem als Kurt Wallander bekannte Rolf Lassgård überzeugt als sensibler, aber gänzlich überforderter Ehemann und die ohnehin immer famose Dagmar Manzel rührt und nervt gleichermaßen als an ihrer Krankheit zugrunde gehende Juditha.

Harte Kost, aber der Film hütet sich vor Rührseligkeiten und bietet eine ehrliche, beeindruckend gespielte Auseinandersetzung mit der Angst vor Krankheit und Vereinsamung im Alter, getragen von zwei hervorragenden Schauspielern.

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Deutschland 2021
90 min
Regie Wendla Nölle

alle Bilder © Filmperlen

ERWARTUNG – DER MARCO EFFEKT

Kinostart 02. Juni 2022

„Erwartung – Der Marco-Effekt“ ist ein ganz offensichtlich fürs Fernsehen (Co-Produzent ist das ZDF) gedrehter Thriller, der nun bei uns in den Kinos landet. Ein bisschen mehr cineastische Größe und etwas weniger biedere TV-Stangenware hätte es schon sein dürfen. Jede Einstellung atmet hier Fernsehen, trotz des oscarprämierten Regisseurs. Ein typischer Sonntag-Abend-Krimi, nur dass es hier nicht nach 90 Minuten vorbei ist – Die dünne Story voller Zufälle dehnt sich auf über zwei Stunden.

Kurt Wallander heißt jetzt Carl Mørck und kommt aus Dänemark. Wie sein schwedisches Vorbild wandelt auch dieser Kommissar stets am Rande einer Depression. Eines trüben Morgens landet ein seit Jahren abgeschlossener Fall auf seinem Schreibtisch. Der Reisepass eines seit vier Jahren verschwundenen Familienvaters wurde im Besitz des 14-jährigen Roma-Jungens Marco gefunden, als dieser illegal über die dänische Grenze wollte. Kommissar Mørck und sein Team kommen einer finsteren Verschwörung auf die Spur, die bis ganz nach oben reicht – und deren unfreiwillige Schlüsselfigur der junge Marco ist. 

Harry, fahr den Wagen vor. „Erwartung – Der Marco-Effekt“ ist konventionelle, einigermaßen solide gemachte Unterhaltung, ohne Tränensäcke und ohne große Überraschungen. Den Todesstoß besorgt wie immer die deutsche Synchronisation. Für Dutzendware wie diese lohnt nicht der Weg ins Kino, so was läuft auch ständig in den Öffentlich Rechtlichen. Schrott-Krimiautor Jussi Adler-Olsen liefert die Vorlage, dies ist bereits der fünfte Film, der auf seiner Romanserie basiert.

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Originaltitel „Marco effekten“
Dänemark / Deutschland / Tschechien 2021
125 min
Regie Martin Zandvliet

alle Bilder © Koch Films

DER SCHLIMMSTE MENSCH DER WELT

Kinostart 02. Juni 2022

In einer der schönsten Szenen in diesem an schönen Szenen reichen Film knipst Julie einen Lichtschalter um, und plötzlich bleibt die ganze Welt (oder zumindest Oslo) stehen. Julie kann ungehindert durch die Straßen zu dem Mann laufen, den sie liebt und ihn küssen. Hach. Liebe. Überhaupt – die Liebe! „Der schlimmste Mensch der Welt“ ist einer der besten Liebesfilme der letzten Jahre, wenn nicht gar… Und wer sich als Zuschauer nicht unsterblich in die Hauptdarstellerin Renate Reinsve verliebt, der trägt ein Herz aus Stein in der Brust.

Regisseur Joachim Trier erzählt die Geschichte einer jungen Frau, die versucht, ihren Platz im Leben zu finden. Gar nicht so einfach, denn Julie, die gerade 30 Jahre alt geworden ist, stürzt sich mit großer Begeisterung in immer neue Berufsziele und Beziehungen. Medizinstudium? Zu körperlich. Psychologiestudium? Zu geistig. Fotografin? Warum nicht? Oder doch lieber in einem Buchgeschäft arbeiten? Mit dem 14 Jahre älteren Comiczeichner Aksel lebt sie einigermaßen glücklich zusammen, doch mit dessen „erwachsenen“ Freunden wird sie nicht warm. Eines Tages schleicht sie sich heimlich auf eine Hochzeitsparty und lernt dort den lebenslustigen, gleichaltrigen Eivind kennen.

„Der schlimmste Mensch der Welt“ ist ein wunderbarer norwegischer Film, der alles in sich vereint, was einen Film sehenswert macht: Grandiose Schauspieler, eine zu Herzen gehende Geschichte, Ernsthaftigkeit, Menschlichkeit und Fantasie. In einen Prolog, 12 Kapitel und einen Epilog unterteilt, zeigt der Film Schlüsselmomente in Julies Leben – Momente, die über ihren weiteren Weg entscheiden, auch wenn sie das in diesem Augenblick selbst noch nicht realisiert.

Joachim Trier, der gemeinsam mit Eskil Vogt (Regisseur von „The Innocent“ – noch so ein großartiger skandinavischer Film) das Drehbuch geschrieben hat, umschifft gekonnt alle gängigen Liebesfilm-Klischee-Klippen und bleibt von der ersten bis zur letzten Szene wahrhaftig. Eine kluge, charmante Komödie, eine erotische Romanze, ein bittersüßes Drama – so viel Film fürs Geld. Wenn es die deutsche Synchronisation nicht wieder kaputtmacht, schon jetzt einer der besten Filme des Jahres.

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Originaltitel „Verdens verste menneske“
Norwegen 2021
121 min
Regie Joachim Trier

alle Bilder © Koch Films

DAS STARKE GESCHLECHT

Kinostart 26. Mai 2022

Männer haben’s schwer, nehmen’s leicht
Außen hart und innen ganz weich

Zugegebenermaßen kein besonders origineller Ansatz, den 80er-Jahre-Hit für eine Filmkritik über einen Männerfilm zu zitieren. Aber hat Herbert Grönemeyer damals nicht schon alles Wissenswerte über das starke Geschlecht in seinem Lied gesagt?

Der Ablauf ist immer der gleiche: acht Männer – alle sitzen vor neutral schwarzem Hintergrund – werden in Einzelinterviews zu ihrer Sexualität befragt. Dazu müssen sie zunächst einen Text lesen, in dem andere Männer (anonym befragt) über ihre sexuellen Wünsche und Erlebnisse berichten. Da geht es unter anderem um Vergewaltigungsfantasien, Unterwerfung und Ähnliches. Ein Zwitter aus Dokumentarfilm und Versuchsanordnung: Die Kamera zeigt zunächst die Reaktion der acht Männer auf das Gelesene. Danach tragen sie den Text vor und werden anschließend vom Regisseur (der nur als Stimme aus dem Off zu hören ist) zu ihren eigenen Erfahrungen befragt. Unsicher, was Frauen wirklich wollen, sind sie alle, so viel sei schon mal gespoilert.

Ein leichter Beigeschmack von „bisschen zu gespielt“ stellt sich zwischendurch ein. Die Redner sind ungewöhnlich souveräne Selbstdarsteller, die sich ohne viele „ähs“ in druckreifer Sprache ausdrücken können. Eine Googlesuche ergibt: alle acht Männer sind entweder Schauspieler, Regisseure, Autoren oder zumindest medienerfahren. Möglicherweise fanden sich schlicht keine verunsicherten Normalos, die das Ausloten ihrer männlichen Seele in verständliche Worte fassen konnten.

Interessant wäre zu erfahren, wer sich für diesen Film ein Kinoticket kauft: Mehr Männer oder mehr Frauen? Es werden hoffentlich viele sein. Endlich mal eine Dokumentation, die keine Drohnenflüge über exotische Landschaften oder das Paarungsverhalten ausgestorbener Pandabären zeigt, sondern ein aufschlussreiches Experiment wagt. Das sollte an der Kinokasse belohnt werden.

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Deutschland 2021
102 min
Regie Jonas Rothlaender

alle Bilder © missingFILMs

DIE TÄUSCHUNG

Kinostart 26. Mai 2022

„Die Täuschung“ hat im Original den schön schrulligen Titel „Operation Mincemeat“. Mincemeat? Klingt widerlich, ist es auch. Wikipedia weiß: „Mincemeat ist eine Mischung aus klein gehacktem Trockenobst, Weinbrand und Gewürzen, die manchmal auch Rindernierenfett, Rindfleisch und Wildbret enthält.“ Ja, das hört sich nicht besonders lecker an. Aber warum sollte eine Aktion, bei der eine verweste Wasserleiche die Hauptrolle spielt, auch einen appetitlichen Namen haben?

Während des Zweiten Weltkriegs entwickeln die beiden Geheimdienstoffiziere Ewen Montagu und Charles Cholmondeley einen raffinierten Plan:  Ein an der spanischen Küste angeschwemmter Toter soll „geheime“ Dokumente bei sich tragen, in denen ein bevorstehender Angriff der Alliierten über Griechenland erwähnt wird. Die Papiere sollen den Nazis in die Hände gelangen, um vom tatsächlichen Angriffsort Sizilien abzulenken und so die Deutschen auf die falsche Fährte zu locken.

Der Spaß an diesem wahnwitzigen Täuschungsmanöver ist die Vorbereitung: Der Tote wird aufwendig mit einer erfundenen Biografie ausgestattet, Fotos und Briefe von seiner nicht existenten Freundin stecken in der Innentasche seines Jacketts. Wenn die schon sehr mitgenommene Leiche in Uniform für ein Passfotoshooting in Pose gesetzt wird, dann hat das „Weekend with Bernie“-Qualität. Die Top Secret Unterlagen, die unbedingt in die Hände der Deutschen gelangen sollen, werden wasserdicht in einer Aktentasche verstaut, die dem Toten ans faulige Handgelenk gekettet wird. Dass der in Wahrheit ein depressiver Selbstmörder war, der sich Wochen zuvor mit Rattengift umgebracht hatte, muss natürlich unter allen Umständen geheim bleiben.

Was soll da schon schief gehen? Ein feist produzierter britischer Spionagethriller, based on a true story – und dann noch mit Colin Firth in der Hauptrolle. „Die Täuschung“ ist angenehm altmodische, perfekt gemachte Kino-Unterhaltung.

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Originaltitel „Operation Mincemeat“
GB 2021
128 min
Regie John Madden

alle Bilder © Warner Bros.

TOP GUN: MAVERICK

Kinostart 26. Mai 2022

36 Jahre später setzt sich Tom Cruise noch einmal die Ray-Ban auf die Nase, bleckt die Zähne und steigt – pünktlich zu Christi Himmelfahrt – mit seinem Kampfjet in die Stratosphäre auf.

Der ewige Testpilot Pete „Maverick“ Mitchell wird nach einem Streit mit seinem Vorgesetzten an seine alte Ausbildungsstätte strafversetzt. Dort soll er die zehn besten Top-Gun-Absolventen auf eine gefährliche Spezialmission vorbereiten. Angriff auf den Todesstern: Für ihren Einsatz müssen die Piloten eine langgezogene Schlucht in einer maximalen Höhe von 30 Metern durchfliegen, um dann ein unterirdisches Uranlager in die Luft zu jagen, und zwar schnell genug, bevor irgendjemand sie bemerkt und abschießt.

Nach mehreren covidbedingten Verschiebungen ist „Top Gun: Maverick“ endlich startklar und enttäuscht nicht. Cheesy 80er-Jahre-Synthiepop (Harold Faltermeyer hat den Soundtrack komponiert), echte Helden (plus eine Quotenheldin) und großes Pathos – die verbesserte Kopie des Originalfilms hat alles, was die Fans begehren.

Marvel-Superhelden-Filme seien „wie ein Besuch im Vergnügungspark“ , meckerte Martin Scorsese vor Kurzem – diese vermeintliche Kritik trifft hier ins Schwarze: „TG:M“ ist eine 130 Minuten lange Achterbahnfahrt mit jeder Menge Nervenkitzel und Adrenalin. Die Geschichte ist zwar vorhersehbar – das Uranlager ist nur ein klassischer MacGuffin, um möglichst spektakuläre Actionszenen zu rechtfertigen – und natürlich sieht das ganze zackige Salutieren wie ein Werbeporno für die US-Navy aus, doch das tut dem Spaß keinen Abbruch.

Alles richtig gemacht, „Top Gun: Maverick“ ist ein klassischer Actionfilm nach alter Schule. Wenn schon Sequels, dann bitte schön so. Selbst eingefleischte Pazifisten dürften an der waghalsigen Luftnummer ihre Freude haben.

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Originaltitel „Top Gun: Maverick“
USA 2021
130 min
Regie Joseph Kosinski

alle Bilder © Paramount Pictures Germany

ONE OF THESE DAYS

Kinostart 19. Mai 2022

Nichts Geringeres als das in der US-amerikanischen Verfassung verankerte Streben nach Glück („Pursuit Of Happiness“) steht im Mittelpunkt einer Produktion, die – Corona sei schuld – erst zwei Jahre nach ihrem Berlinale-Erfolg ins reguläre Kino kommt: „One Of These Days“ – ein eindringliches Filmdrama um eine kuriose Kompetition, das auf wahren Begebenheiten basiert.

Alle Jahre wieder veranstaltet ein Autohaus in der texanischen Provinz seinen beliebten Ausdauerwettbewerb, bei dem zwanzig Menschen buchstäblich Händchen halten müssen – mit einem Pick-up. Der Gewinn ist zum Greifen nah, denn eben dieser Truck gebührt dem Ausdauerndsten, was dubiose Glücksritter anzieht, Späthippies oder verzweifelte Underdogs wie den jungen Familienvater Kyle (Joe Cole). Ein klassischer Antiheld, der im Durchhalten um jeden Preis seine einzige Chance auf ein vermeintlich besseres Leben sieht.

Die deutsch-amerikanische Ko-Produktion ist spätestens dann mehr als nur statisches Kammerspiel auf einem Parkplatz, wenn die Kamera die Protagonisten auch in ihre Pinkelpausen begleitet oder ins traute Heim. Wie das von Mittfünfzigerin Joan Riley (Carrie Preston), die als unermüdliches Missing Link zwischen Teilnehmern und Publikum des PR-Rummels fungiert – und in jeglicher Hinsicht als rechte Hand ihres verheirateten Chefs.

Mit einem hervorragend besetzten Ensemblefilm zeigt Wahlamerikaner Bastian Günther in Realityformat menschliche Tragödien von grenzenloser Gier und Sozialdarwinismus im Stil von „Nur Pferden gibt man den Gnadenschuss“. Zunächst chronologisch erzählt, springt die Handlung zuletzt in die jüngere Vorvergangenheit zurück, was dem Unhappy Ending des Films eine bitter-süße Note verleiht und die abgedroschene Weisheit, der Weg sei das Ziel, unwiderruflich ad absurdum führt.

Anja Besch

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Originaltitel „One Of These Days“
Deutschland / USA 2022
120 min
Regie Bastian Günther

alle Bilder © Weltkino Filmverleih

DOG

Kinostart 19. Mai 2022

Channing Tatum legt mit „Dog“ seine erste Regiearbeit vor. Besonders mutig ist er dabei nicht, denn sein Film ist ein simpel gestricktes Roadmovie.

Ex-Army Ranger Jackson Briggs (Tatum) und Lulu (ein belgischer Schäferhund) haben es eilig, sie müssen es rechtzeitig zur Beerdigung eines Kameraden und Lulus Herrchen schaffen. Die beiden haben ohnehin nichts Besseres vor: Briggs ist arbeitslos, leidet unter den Folgen einer Kriegsverletzung und Lulu steht kurz davor, eingeschläfert zu werden. Die für Kriegseinsätze trainierte Hündin hat sich seit dem Tod ihres Herrchens in ein beißwütiges Ungeheuer verwandelt, das am besten mit Maulkorb in einen Käfig gesperrt bleibt. Briggs und Lulu gehen sich – wie es sich für eine klassische Romcom gehört – zunächst gehörig auf die Nerven. Während ihrer Reise treffen die beiden dann auf allerlei skurrile Mitmenschen, die einer nach dem anderen dazu beitragen, dass sich Hündin und Herrchen näher kommen. SPOILER: Am Ende des Roadtrips sind die beiden zu unzertrennlichen best buddies geworden.

„Dog“ erzählt die Geschichte zweier vom Krieg traumatisierter Lebewesen. Doch das unausgewogene Drehbuch wird dem Thema nicht gerecht. Besonders störend ist der oft unangebrachte Humor. Channing Tatum überzeugt zwar mit jeder Menge Charme, doch die Story bleibt zu oberflächlich und zu allem Übel hat Hund Lulu trotz des Namens keinerlei Lobi-Qualitäten.

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Originaltitel „Dog“
USA 2021
97 min
Regie Channing Tatum & Reid Carolin

alle Bilder © Leonine

X

Kinostart 19. Mai 2022

„Lustig!“ ist vielleicht nicht die Antwort, die die Mitarbeiterin des Verleihs auf ihre Frage, wie der Film gefallen habe, hören wollte. Vielleicht: Schockierend? Unheimlich? Düster? All das ist „X“ natürlich auch. Aber wenn sehr alte Menschen während eines Pornodrehs zu blutrünstigen Killern werden, dann ist das eben auch lustig.

Texas, Ende der 1970er-Jahre. Ein Independent-Filmteam will auf einer abgeschiedenen Farm in the middle of nowhere einen Film für Erwachsene drehen: „The Framer’s Daughter“. Doch schon die Begrüßung vor Ort fällt ausgesprochen feindselig aus: Mit geladenem Gewehr zeigen die greisen Vermieter deutlich ihre Abneigung gegen die „Städter“. Als das unheimliche Ehepaar dem pornographischen Treiben seiner Gäste auf die Spur kommt, hat das blutige Konsequenzen.

„X“ ist sowohl eine Hommage als auch eine gelungene Neuinterpretation klassischer Slasher- und Horrorfilme mit einer gehörigen Prise Arthouse. Dank zurückgenommenem Erzähltempo kann sich die Spannung immer weiter aufbauen, bevor das unvermeidliche Gemetzel beginnt. Die Gewaltszenen sind zwar blutig, aber nicht so widerlich, dass sensible Zuschauer schreiend den Saal verlassen müssen. Immer wieder gibt es Momente der Komik, was den Film wohltuend von den üblichen Schlachteplatten des Genres abhebt. Wem der Sinn nach gut gemachtem Retrosplatter steht, sollte sich „X“ nicht entgehen lassen.

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Originaltitel „X“
USA 2022
105 min
Regie Ti West

alle Bilder © Capelight Pictures

STASIKOMÖDIE

Kinostart 19. Mai 2022

Es sind schon mehr als drei Jahrzehnte vergangen, seit in Berlin-Lichtenberg die Akten geschreddert wurden. Zeit genug, sich über die Stasi lustig zu machen? Ja, doch, durchaus – findet Leander Haußmann und beendet (hoffentlich) seine durchwachsene DDR-Trilogie, die er mit „Sonnenallee“ und „NVA“ vor über 20 Jahren begann.

Ludger ist ein gewissenhafter junger Mann. Wenn das Ampelmännchen Rot zeigt, dann heißt das: Warten. Auch wenn weit und breit kein Auto am Leninplatz zu sehen ist. Dass das Beachten der Verkehrsregeln ein Gehorsamstest der Stasi ist, ahnt Ludger an diesem sonnigen Morgen noch nicht. Er soll als verdeckter Ermittler in die Künstlerszene am Prenzlauer Berg eingeschleust werden. Aushorchen, unterwandern und seinen Vorgesetzten Bericht erstatten – so sein Auftrag. In einer Rahmenhandlung erinnert sich der ältere Ludger – mittlerweile ein erfolgreicher Schriftsteller – an seine Vergangenheit und muss entscheiden, wie viel Wahrheit seine Familie verträgt.

Aus heutiger Sicht sind „Sonnenallee“ und „NVA“ Klamotten mit guten Darstellern – mehr nicht. Immerhin hat Theatermann Haußmann ein Händchen fürs Visuelle, auch „Stasikomödie“ lässt Staunen: Sagenhaft, wie echt das alles aussieht. Man fühlt sich glatt ins Ostberlin der 1980er versetzt, natürlich in eine künstlerisch verklärte Version der ehemaligen Hauptstadt der DDR. Der Trabbi knattert durch die Dunckerstraße, vorbei an unsanierten Altbauten und im Hintergrund erhebt sich der Wasserturm im Abendlicht. Besetzung, Ausstattung, Kostüme, Setbau – da gibt’s nichts zu meckern.

Schauspieler gut, Bilder gut – was also stimmt nicht? Es ist wie immer Haußmanns unangebrachter Hang zum Volkstheater-Humor. Die alberne Witzigkeit ist zum Fremdschämen. 🎶 Dou-liou Dou-liou Dou-liou Saint-Tropez – Haußmann stellt seine Stasioffiziere zwar als genauso große Volltrottel wie Louis de Funès und seine Flics dar, doch mit der schrecklichen Wahrheit hat das nichts zu tun. Fatales Resümee: Am Ende war alles halb so schlimm, und wir sind doch alle ein bisschen Stasi.

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Deutschland 2022
116 min
Regie Leander Haußmann

alle Bilder © Constantin Film

SUN CHILDREN

Kinostart 05. Mai 2022

Ali und seine Freunde schuften den lieben langen Tag, um sich und ihre Familien zu ernähren. Der Alltag ist von Gelegenheitsjobs und kleinen Gaunereien bestimmt – Hauptsache, schnelles Geld verdient. Eines Tages wird Ali vom lokalen Drogenbaron mit einer eher ungewöhnlichen Mission beauftragt: Unter der Sun School soll sich ein Schatz verbergen, den es zu finden und zu heben gilt. Der 12-Jährige rekrutiert seine Jungs (in dem Fall wörtlich zu nehmen: Die drei sind echte Milchbubis), schreibt sich in der Schule ein und beginnt, in den Unterrichtspausen im Kellergewölbe unter dem Gebäude zu buddeln. Doch die illegalen Aktivitäten bleiben nicht unbemerkt.

Das Interessanteste an Filmen wie „Sun Children“, ist der Einblick, den sie in fremde Kulturen gewähren. Diesmal erfährt der Zuschauer einiges über Kinderarbeit und das iranische Schulsystem. Wieder was gelernt. Regisseur Majid Majidi widmet seinen Film den Millionen Kindern, die weltweit als illegale Arbeitskräfte eingesetzt werden. Lobenswert, dass er das nicht mit erhobenem Zeigefinger macht: die Geschichte erinnert an den Coming-of-Age-Klassiker „Goonies“ aus den 80er-Jahren. Majidi verbindet die Abenteuerstory mit einem ernsten Thema und schafft so eine überraschend unterhaltsame Erzählung mit Anspruch für Kinder und Erwachsene.

„Sun Children“ plädiert für das Recht auf Bildung, unabhängig von Herkunft und finanziellem Background. Da dies keine Hollywoodproduktion ist, lösen sich die vielfältigen angedeuteten Sozialprobleme nicht in Wohlgefallen auf. Jeder Funken Hoffnung verglimmt, der Film beginnt genauso düster wie er endet. Kein Happy End.

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Originaltitel „Khorshid“
Iran 2020
99 min
Regie Majid Majidi

alle Bilder © MFA+ FilmDistribution

DOWNTON ABBEY II

EINE NEUE ÄRA

Kinostart 28. April 2022

Mal ehrlich, kann sich noch irgendwer erinnern, was genau in Downton Abbey passiert ist? Um wieder in die komplizierten Verstrickungen der adligen Familienbande samt ihrer Dienerschaft einzusteigen, empfiehlt sich dieses zehnminütige Video auf youtube:

Einen großen Teil des eskapistischen Charmes der Serie macht aus, dass Menschen viel Zeit mit Gesprächen über Nichtigkeiten verbringen und dabei frisch gebügelte Kostüme in unrealistisch gutem Wetter durch britische Szenerien spazieren führen. Doch TV und Kino funktionieren nicht nach den gleichen Regeln. So enttäuschte die erste Fortsetzung des britischen Serienphänomens 2019 mit ihrer auf zwei Stunden gedehnten belanglosen Langeweile. Die Lieblingsfiguren upstairs und downstairs waren zwar alle dabei, doch es plätscherte so nichtig wie ein 5 o’clock tea vor sich hin. Die Freude über ein weiteres Kinoabenteuer des Crawley-Clans hält sich also in Grenzen. Und die erste halbe Stunde des neuen Films lässt das Schlimmste befürchten, denn es passiert wieder so gut wie nichts, untermalt von übertrieben jubilierendem Geigenschmalz.

Höchste Zeit für Drama: Eine Hollywood-Filmcrew bringt den gediegenen Tagesablauf auf Downton Abbey durcheinander. Die adlige Familie ist zunächst not amused, doch mit der üppigen Gage ließe sich das marode Dach des Anwesens reparieren. Während Lady Mary die Dreharbeiten überwacht, reist der Rest der Familie an die französische Côte d’Azur. Grandma Violet hat dort eine Traumvilla von einem längst verflossenen Verehrer geerbt. Dessen Witwe ist über die neuen Hausherren alles andere als begeistert.

„Downton Abbey II“ ist eine Soap-Opera mit Stil. Uneingeweihte werden vielleicht nicht jeden Handlungsstrang verstehen, doch das tut dem Vergnügen keinen Abbruch. Mit einer Laufzeit von über zwei Stunden und einer abwechslungsreichen Handlung fühlt sich der Film fast wie eine komplette neue Staffel an – Binge Watching im Kino sozusagen. Ist die neue Ära eine Empfehlung? I’d rather not say, Milord, aber es ist nette Unterhaltung und tut keinem weh – gegen ein weiteres Kinokapitel ist also nichts einzuwenden. Noch besser wäre allerdings eine Fortsetzung der Serie.

INFOS ZUM FILM

Originaltitel „Downton Abbey: A New Era“
GB 2022
125 min
Regie Simon Curtis

alle Bilder © Universal Pictures International Germany

RABIYE KURNAZ GEGEN GEORGE W. BUSH

Kinostart 28. April 2022

Wer oder was ist Rabiye Kurnaz? Rabiye Kurnaz ist eine Frau aus Bremen, für die das Adjektiv „patent“ erfunden wurde. Außerdem hat sie ganz nebenbei die Vereinigten Staaten von Amerika vor dem obersten Gerichtshof der USA verklagt. Auf diesem Weg wollte sie die Freilassung ihres Sohns aus Guantánamo erreichen. Nach den Anschlägen von 9/11 und der damaligen politischen Stimmung im Land ein eigentlich aussichtsloses Unterfangen.

Eine wahre  Geschichte: Murat Kurnaz wurde ohne Anklage 5 Jahre lang in dem berüchtigten Gefangenenlager auf Kuba festgehalten. Dass er entlassen wurde, hat er seiner Mutter und dem Menschenrechtsanwalt Bernhard Docke zu verdanken. Der mahnt bis heute, dass sich die damals politisch Verantwortlichen von der rot-grünen Bundesregierung nie für ihre Versäumnisse entschuldigt oder Murat gar eine Entschädigung gezahlt haben.

Kann man ein so schweres Thema in eine Komödie verpacken? Andreas Dresen erzählt seine dramatische Geschichte unterhaltsam leicht, zwischendurch rutscht er gefährlich nah an harmlosen Ulk. Das sei so gewollt, sagt der Regisseur, denn der Film erzähle schließlich aus der Perspektive der Mutter. Und die hat im wahren Leben eben einen ausgeprägten Sinn für Humor.

Alexander Scheer stand zuletzt als „Gundermann“ für Dresen vor der Kamera. In „Rabiye Kurnaz gegen George W. Bush“ überzeugt das Chamäleon unter Deutschlands Schauspielern nun erneut als unangepasster, sehr norddeutscher Menschenrechtsanwalt. Das wahre Ereignis und liebenswerter Mittelpunkt des Films ist Meltem Kaptan. Die Kölner Komödiantin und Moderatorin geht mit viel Herz und emotionaler Intelligenz in ihrer Rolle als Muttertier auf. Dafür gab es in diesem Jahr einen  Silbernen Bären bei der Berlinale.

INFOS ZUM FILM

Deutschland / Frankreich 2022
119 min
Regie Andreas Dresen

alle Bilder © Pandora Film

THE LOST CITY

Kinostart 21. April 2022

Sympathisch, sexy und etwas verpeilt erscheint Sandra Bullock seit Jahrzehnten in vorwiegend romantisch-komödiantischen, gelegentlich auch genreabweichenden Rollen, bedankt mit einem Dauerstatus als Everybody‘s Darling und 2010 sowohl einem Oscar® als auch der Goldenen Himbeere. Umso größer das Erstaunen, als sie unlängst ihren Abschied von der Leinwand verkündete, um sich als Vollzeitmutti neuen Herausforderungen zu stellen. Ihren Schwanengesang gibt es ab 21. April zu sehen: „The Lost City – das Geheimnis der verlorenen Stadt“.

Der Inhalt der Actionkomödie ist schnell erzählt: Erfolgreiche Autorin von Historienschnulzen wird von bemacktem Milliardär gekidnappt, um auf exotischer Insel antiken Schatz zu suchen. Mit dabei ein pinker Pailletten-Jumpsuit, Mörder-Highheels und das ebenso dschungeluntaugliche Buchcovermodel Alan – gespielt von Channing Tatum.

Wo in „Magic Mike“ noch Schamtücher die Männlichkeit bedeckten, fallen unter der Regie von Adam und Aaron Nee alle Hüllen, wenn Sandra Bullock in peinlichen Posen ihrem Co-Darsteller Blutegel vom gestählten Körper pult. Zwar macht die 57-Jährige dabei eine mindestens ebenso knackige Figur, doch möchte man vor lauter Fremdscham kaum noch auf die Leinwand sehen.

Neben einem wenig zauberhaften Daniel Radcliffe verstärkt Brad Pitt in einem vorbeigehuschten Auftritt den Cast, was das Spektakel auch nicht mehr retten kann. Leider ist die vorhersehbare Klamotte keine Persiflage aufs Genre, sondern nur ein 112-minütiges Déjà-vu. Bleibt zu hoffen, dass dieses unwürdige Karrierefinale Sandra Bullock zu einem baldigen Wiedergutmachungs-Comeback bewegt.

Anja Besch

INFOS ZUM FILM

Originaltitel „The Lost City“
USA 2022
112 min
Regie Adam & Aaron Nee

alle Bilder © Paramount Pictures Germany

IN DEN BESTEN HÄNDEN

Kinostart 21. April 2022

„Julie! JULIE!“ Raphaela fällt vor Wut aus ihrem Krankenhausbett. Die Comiczeichnerin hat sich bei einem Sturz den Ellbogen gebrochen, liegt nun in einer Pariser Notaufnahme und brüllt nach ihrer Freundin. Die beiden sind seit zehn Jahren ein Paar, doch in den letzten Monaten gab es viel Streit, ihre Beziehung scheint am Ende. Derweil tobt draußen auf den Straßen das Chaos. Bei einer Demonstration der Gelbwesten geht die Polizei mit äußerster Brutalität vor. Die diensthabenden Ärzte und Schwestern sind am Limit. Unterbesetzt, zu wenig Material und dann auch noch ein nicht abreißender Strom an Verletzten. Als der angeschossene LKW-Fahrer Yann zu Raphaela ins Zimmer verlegt wird, prallen Vorurteile und Wutbürgertum aufeinander.

Catherine Corsini legt den Finger in die Wunde und das soll bekanntermaßen wehtun. „In den besten Händen“, im Original passender La Fracture – erzählt nicht nur vom gebrochenen Ellbogen, sondern vom Bruch, der die Gesellschaft spaltet. Pflegenotstand, soziale Ungerechtigkeit, Klassen-Ressentiments –  Corsini packt brennende Themen in ihre Geschichte und scheut sich nicht, ihre Figuren ganz lebensecht, auch mal enervierend und unsympathisch sein zu lassen. Dabei wechselt sie gekonnt zwischen komödiantischem und dramatischem Ton.

Mit Valeria Bruni Tedeschi und Marina Foïs, sowie Aissatou Diallo Sagna, die auch im wirklichen Leben als Krankenschwester arbeitet, ist „In den besten Händen“ ein anstrengendes, aber berührendes Drama geworden. Der französische Film ist für 6 Césars nominiert und gewann bei den Filmfestspielen in Cannes 2021 die „Queer Palm“.

INFOS ZUM FILM

Originaltitel „La Fracture“
Frankreich 2021
98 min
Regie Catherine Corsini

alle Bilder © Alamode Film

HAUTE COUTURE

DIE SCHÖNHEIT DER GESTE

Kinostart 21. April 2022

Ein französischer Film mit der großartigen Nathalie Baye in der Hauptrolle, der hinter die Kulissen der Pariser Modewelt blickt – was kann da schon schief gehen, fragen Sie? Leider einiges. Drehbuchautoren aufgepasst, so konstruiert man zum Beispiel keine gute Geschichte: Esther leitet im Modehaus Dior ein Atelier für die Haute-Couture-Kollektion. Durch ihre Hände gleiten die erlesensten Stoffe, sie sorgt dafür, dass die Entwürfe der Designer als perfekt genähte Unikate auf dem Laufsteg gezeigt werden können. So weit, so interessant. Eines schönen Tages wird ihr in der Metro die Handtasche geklaut. Die Diebin ist Jade, ein Mädchen mit Migrationshintergrund. Da die junge Araberin ihre Tat zwar nicht bereut, aber von ihrer Komplizin auf einen guilt trip geschickt wird (Geld klauen ist ok, aber eine goldene Kette mit Davidstern – das geht gar nicht!), bringt sie die Tasche samt Inhalt der Bestohlenen zurück. Die ist darüber so empört, dass sie die Diebin in ein Restaurant einlädt (?) und ihr ein Praktikum in ihrer erlauchten Nähstube anbietet (??). Dort wird Jade von den Kolleginnen teils herzlich, teils mit Verachtung in Empfang genommen.

Muss noch erwähnt werden, dass sich Jade, obwohl sie nicht einmal weiß, was eine Stecknadel ist („Sind das die mit den Köpfen?“) als Wunderkind entpuppt, deren Hände wie geschaffen sind zum Nähen? Mal vom komplett unrealistischen Verhalten der Figuren abgesehen, benimmt sich die junge Frau in ihrer Ausbildungszeit dermaßen zickig und unverschämt, dass sie in der wahren Welt schon nach 2 Minuten des Hauses verwiesen worden wäre. Hier allerdings folgt eine neue Chance auf die nächste, bald versteht man gar nicht mehr, warum sich nach dem letzten großen Streit plötzlich alle schon wieder lieb haben.

Wie es der Drehbuchzufall so will, hat Esther ein gestörtes Verhältnis zu ihrer eigenen Tochter, während Jades Mutter seit Jahren depressiv zu Hause rumsitzt. Neben der Glucke-Küken-Annäherung geht es in erster Linie wieder mal um einen gebildeten (weißen) Mentor, der einen ungeschliffenen Rohdiamanten unter seine Fittiche nimmt.

Mit einem besseren Autoren und einem Regisseur mit einer klareren Vision hätte „Haute Couture“ ein wunderbarer Film werden können. Denn die Story und das Setting haben Potenzial, die Charaktere sind interessant, die Szenen, die die Herstellung der Edelroben zeigen, sind toll. Aber es gelingt nicht, den Figuren trotz der grandiosen Besetzung echtes Leben einzuhauchen. Dem Film mangelt es an Struktur, einzelne Handlungsfragmente wirken verloren, fügen sich nie zu einer harmonischen Geschichte zusammen. Und so schaffte es „Haute Couture“ über weite Strecken nicht, emotional zu berühren. Da nützt auch der wahllose Einsatz von Popsongs nichts. Schade drum.

INFOS ZUM FILM

Originaltitel „Haute Couture – La Beauté du geste“
Frankreich 2021
101 min
Regie Sylvie Ohayon

alle Bilder © Happy Entertainment

DIE WUNDERSAME WELT DES LOUIS WAIN

DIE WUNDERSAME WELT DES LOUIS WAIN

Kinostart 21. April 2022

Choupette wäre entsetzt. Unvorstellbar für Lagerfelds elegante Weggefährtin, doch es gab eine Zeit in der Menschheitsgeschichte – lange nach dem alten Ägypten, nicht so lange vor den süßesten YouTube-Katzenvideos – da waren Miezen Nutztiere, in Haus und Hof bestenfalls zur Mäuse- und Rattenjagd geduldet.

Heutzutage können Katzen selbstverständlich Whiskas kaufen, und dass es so weit kam, haben sie einem eigenwilligen Künstler aus Großbritannien zu verdanken: Louis Wain fabrizierte unzählige Gemälde, in denen er die schnurrenden Samtpfoten in menschlicher Pose darstellte. Seinerzeit ein echter Verkaufshit. Die faszinierenden Bilder tragen Ende des 19. Jahrhunderts dazu bei, die Wahrnehmung von Katzen in der Öffentlichkeit zu verändern. Doch typisch Künstler: Louis ist als Maler begnadet, aber ein lausiger Geschäftsmann. Er vergisst, sich das Copyright seiner Bilder zu sichern – so werden viele Menschen reich mit seiner Kunst, nur er selbst nicht. Und das trifft die Familie hart. Denn im viktorianischen England kann nur der Mann im Haus das Geld verdienen – Louis hat aber noch eine Mutter und fünf Schwestern – und die wollen versorgt werden.

„The Electrical Life of Louis Wain“ erzählt die wahre Geschichte eines neurotischen und äußerst talentierten Künstlers, wunderbar exzentrisch von Benedict Cumberbatch gespielt. Auch visuell ist die elektrisierende Lebensgeschichte ungewöhnlich umgesetzt: immer wieder verwandeln sich die Sets in wie gemalt aussehende Kunstwerke, die an die Arbeiten Wains erinnern.

Die ersten 30 Minuten sind schrullig nette Unterhaltung, aber bald wandelt sich die Geschichte von niedlich zu ziemlich düster. Einziger Lichtblick ist die Liebe Wains zu Emily (Claire Foy), der Gouvernante seiner Schwestern. Doch das Glück ist von kurzer Dauer. Kein Happy End: Wain verliert zusehends den Verstand – die Bildsprache wird dem verfallenden Geist entsprechend immer psychedelischer – das Leben des Künstlers endet in einer Anstalt.

„Die wundersame Welt des Louis Wain“ ist ein Film über einen außergewöhnlichen Mann, von dem die meisten wahrscheinlich noch nie gehört haben, der aber nachhaltig Eindruck hinterlassen hat. Der Schriftsteller H.G. Wells sagte 1927 in einer Radiosendung: „Katzen, die nicht so aussehen wie Katzen von Louis Wain, sollten sich was schämen.“ Miau.

INFOS ZUM FILM

Originaltitel „The Electrical Life of Louis Wain“
GB 2021
111 min
Regie Will Sharpe

alle Bilder © STUDIOCANAL

RED ROCKET

RED ROCKET

Kinostart 14. April 2022

Man sollte einen Film nie nach seinem Plakat beurteilen. Trotz des dümmlichen Motivs (siehe unten) ist „Red Rocket“ keinesfalls Popcornkino für Menstrip-Groupies und Fans neckischer Beziehungskomödien – auch mit Waschbrettbäuchen lassen sich durchaus andere Geschichten erzählen.

Mikey Saber (Simon Rex) ist ein Mann im besten Alter, was in der Erwachsenenfilmbranche so viel bedeutet wie Frührentner. Pleite und perspektivlos kehrt er nach Jahrzehnten in seine texanische Heimatstadt zu Noch-Ehefrau Lexi (Suzanne Son) zurück. Dort übernimmt er flugs die örtliche Drogenversorgung und kommt mithilfe kleiner blauer Pillen seinen ehelichen Pflichten nach. Auch bei der minderjährigen Donut-Verkäuferin „Strawberry“ (Bree Elrod) macht der Mittvierziger einen auf dicke Hose und träumt langfristig von einem Film-Comeback als Agent des frühreifen Naturtalents.

Nach dem oscarnominierten Werk „The Florida Project“ kehrt Indie-Regisseur Sean Baker auch mit seinem neuesten Film wieder an den Rand der Gesellschaft zurück. In 16-mm-Aufnahmen im Stil der 70er kommt die fast schon dokumentarische Inszenierung größtenteils ohne Sozialromantik aus. Poppig untermalt mit Musik von *NSYNC, dazu aufschlauende Fakten aus der Pornoindustrie und Wissenswertes über Donut-Toppings.

Absoluter Besetzungscoup ist Hauptdarsteller Simon Rex, dessen eigene Karriere Pate für die Story gestanden haben könnte. Nicht zuletzt dank seiner chronisch gut gelaunten Unbekümmertheit ist „Red Rocket“ keine der üblichen Milieustudien des White Trashs, vielmehr eine post-pornografische Tragikomödie ohne sittliche Ansprüche. Denn die Moral von der Geschicht? Es gibt sie nicht.

INFOS ZUM FILM

Originaltitel „Red Rocket“
USA 2021
130 min
Regie Sean Baker

alle Bilder © Universal Pictures International Germany

EINGESCHLOSSENE GESELLSCHAFT

EINGESCHLOSSENE GESELLSCHAFT

Kinostart 14. April 2022

Sönke Wortmann ist Deutschlands fleißigster Komödienregisseur. Nach „Der Vorname“, „Contra“ und demnächst „Der Nachname“ kommt jetzt „Eingeschlossene Gesellschaft“ in die Kinos. Bei der eingeschlossenen Gesellschaft handelt es sich um sechs Lehrer, die von einem genervten Vater unter Waffengewalt gezwungen werden, die seiner Meinung nach ungerechte Benotung seines Sohns zu überdenken. Dem Junior fehlt genau ein Punkt, um sich fürs Abi zu qualifizieren.

Solcherart Ensemblefilme leben von Klischees. Das war bei den Schülern in „Fack ju Göhte“ so und ist bei den Lehrern nicht anders. Florian David Fitz spielt den dauerjugendlichen Sportlehrer, Anke Engelke die verbitterte Hexe, Justus von Dohnanyi den überkorrekten, humorlosen Pauker, Nilam Farooq die junge, selbstbewußte Referendarin und so weiter. Die Figurenzeichnung hat sich da seit Opas Kino aus den 1960er-Jahren nicht groß weiterentwickelt. Fragt sich nur: Gibt es so was heutzutage wirklich noch? Und wenn ja, wo? Möglicherweise hat Sönke Wortmann (Jahrgang 1957) seine eigenen traumatischen Schulerinnerungen aufgearbeitet. 

Ein bisschen zu simpel auch die Rollenverteilung: Die Jungen sind modern, die Älteren sind verknöcherte Despoten, die nicht mal wissen, dass es HipHop und nicht HipHip oder HopHop heißt. Na ja. Trotzdem findet der Film immer wieder den richtigen Ton. Denn er stellt die richtigen Fragen: Wer entscheidet da eigentlich über die Zukunft unserer Kinder? Sind Lehrer nicht genauso fehlbar wie der Rest der Menschheit? So entwickelt sich die Geschichte zwischendurch fast zum brechtschen Drama, wenn über Wohl und Wehe eines Schülers gerichtet wird. „Eingeschlossene Gesellschaft“: eine gelungene Mischung aus Ulk und Ernsthaftigkeit.

INFOS ZUM FILM

Deutschland 2022
101 min
Regie Sönke Wortmann

alle Bilder © Leonine

WO IN PARIS DIE SONNE AUFGEHT

WO IN PARIS DIE SONNE AUFGEHT

Kinostart 07. April 2022

Oh lala, Paris – Stadt der Liebe: Eiffelturm, Champs-Élysées, Baguette und Rotwein. Dass Jacques Audiards Drama-Komödie mit diesen ausgelutschten Frankreich-Klischees nichts gemein hat, wird schon in der ersten Einstellung klar: Ein Flug über triste Fassaden – Paris kann auch anders: grau und anonym. „Les Olympiades“, so der Originaltitel, ist nach den im 13. Arrondissement erbauten Hochhäusern benannt.

Mittendrin: Vier Millennials und ihre Probleme mit der Liebe. Émilie ist zu schnell für diese Welt. Ihren Job im Callcenter verliert sie, weil sie ihre Zunge nicht im Zaum halten kann. Also braucht sie anderswoher Geld: Der Lehrer Camille zieht als Untermieter bei ihr ein. Jung, attraktiv und single, keine Überraschung, dass die beiden umgehend im Bett landen. Doch die kurze, stürmische Affäre ist nach ein paar Tagen schon wieder vorbei. Und dann ist da noch Nora: Die Jurastudentin hat das große Pech, dem Pornostar Amber Sweet zum Verwechseln ähnlich zu sehen. Das verleitet ihre Kommilitonen dazu, ihr obszöne Anträge zu machen. Nora findet ihre Doppelgängerin im Netz und verliebt sich in das selbstbewusste Cam-Girl.

Der in atmosphärischem Schwarz-Weiß gedrehte Film erinnert an eine zeitgemäße, sehr französische Version von Woody Allens „Manhattan“. Fast unglaublich, dass Regisseur Audiard schon 69 Jahre alt ist, so modern und frisch wirkt sein Film (was unter anderem an dem hervorragenden Elektroscore von Rone liegt).

„Wo in Paris die Sonne aufgeht“ ist eine raue, lebensnahe, großartige Komödie über die Liebes-Irrungen und Wirrungen junger Großstädter in all seinen Schattierungen. Cinquante nuances de Grey. Wer das fröhlich-bunte Paris aus den Reiseführern bevorzugt, sollte sich besser das Netflix-Klischeefest „Emily in Paris“ anschauen.

INFOS ZUM FILM

Originaltitel „Les Olympiades“
Frankreich 2021
106 min
Regie Jacques Audiard

alle Bilder © Neue Visionen Filmverleih