HÖR AUF ZU LÜGEN
Ab 16. November 2023 im Kino
Eine traurige, aber unsentimentale Geschichte über die Zwänge der Moral – und deren Überwindung.
„Hör auf zu Lügen“, mahnt seine Mutter ihn. Dabei erfindet der junge Philippe Besson einfach nur gerne Geschichten. Er beobachtet fremde Menschen auf der Straße und fantasiert ihr Leben. Zu lügen hilft ihm, ehrlich zu sich selbst zu sein. Denn Philippe mag Jungs und das ist in einer kleinen französischen Provinz in den 1970er-Jahren ein echtes Problem. Im autobiografischen Roman „Hör auf zu Lügen“ erzählt Philippe Besson von seiner Jugendliebe.
Ein sehenswerter LGBTQ-Film
In Buch und Film heißt das Alter Ego des Schriftstellers Stéphane, ist 17 Jahre alt und schwer verliebt. Er fühlt sich von seinem Klassenkameraden, einem hübschen und bei den Mädchen beliebten Winzerssohn, angezogen und ist mehr als überrascht, als dieser sein Interesse erwidert. Thomas wird seine erste große Liebe. Doch diese Liebe muss im Verborgenen bleiben, denn Thomas verleugnet seine sexuelle Identität. Jahrzehnte später kehrt der inzwischen erfolgreiche Autor Stéphane zum ersten Mal seit seiner Jugend in sein Heimatdorf zurück. Kurz nach seiner Ankunft lernt er Lucas (Victor Belmondo) kennen und erfährt, dass der junge Mann der Sohn seiner großen Liebe Thomas ist. Eine Begegnung, die alte Wunden aufreißt.
Gerade das Buch zu Ende gelesen, schon kommt die Verfilmung in die Kinos. Was natürlich reiner Zufall ist, denn „Hör auf zu Lügen“ („Arrête avec tes mensonges“) hat Philippe Besson schon 2017 veröffentlicht. Wie das immer so ist, wenn die Zeit zwischen Lesen und Filmsehen zu kurz ist – das Buch ist überlegen. Das hat man sich ganz anders vorgestellt – Regisseur Olivier Peyon erfindet Figuren dazu, verzichtet auf eine der drei Zeitebenen und gönnt seiner Hauptfigur mit einer leidenschaftlich vorgetragenen Rede ein unnötig versöhnliches, etwas kitschiges Ende.
Und trotzdem: HÖR AUF ZU LÜGEN lohnt sich. Das liegt vor allem an der zeitlosen, schnörkellos erzählten Geschichte und der Besetzung. Während die beiden jugendlichen Figuren in den Rückblenden eher blass bleiben, sind es besonders Guillaume de Tonquédec als älterer Stéphane Belcourt (aka Philippe Besson) und Victor Belmondo (unverkennbar der Enkel von Jean Paul), die die tragische Liebesgeschichte sehenswert machen. Buch wie Film sind ein Ersatz-Abschiedsbrief für den echten Thomas Andrieu, der sich 2016 das Leben nahm und Familie und Freunde ratlos zurückließ.
INFOS ZUM FILM
Originaltitel „Arrête avec tes mensonges“
Frankreich 2022
98 min
Regie Olivier Peyon
alle Bilder © 24 Bilder