Power of Love

POWER OF LOVE

Power of Love

POWER OF LOVE

In POWER OF LOVE beleuchtet Regisseur Jonas Rothlaender das fragile Gleichgewicht einer (fast) ganz normalen Liebesbeziehung.

Ab 03. Oktober 2024 im Kino

Männer haben es nicht leicht, das wissen wir spätestens seit Jonas Rothlaenders Dokumentation Das starke Geschlecht“. Doch keine Sorge, den Frauen geht es auch nicht besser. In seinem neuen Film POWER OF LOVE wirft der Regisseur einen interessanten Blick auf die Dynamiken einer modernen Paarbeziehung. 

Power of Love

Saara (Saara Kotkaniemi), eine erfolgreiche Forscherin, und ihr deutscher Freund Robert (Nicola Perot) leben in Finnland. Während er den Haushalt schmeißt, bringt sie das Geld nach Hause – eine ganz normale, moderne Rollenverteilung. Doch im Schlafzimmer brodelt es unter der heilen Oberfläche: Immer wieder testen die beiden in Sadomasospielen ihre Grenzen aus. Während einer Urlaubsreise spitzt sich dann die Lage zu: Saara überkommen Zweifel an der ungesunden Balance zwischen Abhängigkeit und Unabhängigkeit.

Power of Love

Man kann sich POWER OF LOVE irgendwo zwischen einem psychologischen Erotikthriller a la Fifty Shades of Grey und einer wissenschaftlichen Versuchsanordnung vorstellen. Allerdings rascheln zwischendurch immer wieder die Drehbuchseiten. Die Figuren sind weniger individuelle Charaktere als Stellvertreter moderner Geschlechterrollen, was dem Film bisweilen etwas Künstliches verleiht. Nach der x-ten „fessel mich, schlag mich, lieb mich“-Szene hat man es dann auch verstanden. Ob das über 105 Minuten trägt und dabei fasziniert oder befremdet, kann jeder für sich selbst entscheiden.

INFOS ZUM FILM

Deutschland / Finnland 2023
105 min
Regie Jonas Rothlaender

Power of Love

alle Bilder © missingFILMs

JETZT ZUM NEWSLETTER ANMELDEN

Element of Crime in Wenn es dunkel und kalt wird in Berlin

ELEMENT OF CRIME IN WENN ES DUNKEL UND KALT WIRD IN BERLIN

Element of Crime in Wenn es dunkel und kalt wird in Berlin

ELEMENT OF CRIME IN WENN ES DUNKEL UND KALT WIRD IN BERLIN

Schauspieler Charly Hübner ist Fanboy: Mit WENN ES DUNKEL UND KALT WIRD IN BERLIN macht er Element of Crime eine Liebeserklärung.

Ab 01. Oktober 2024 im Kino

Framerate nimmt seinen Bildungsauftrag ernst, deshalb hier ein paar schlaue Fakten: Element of Crime wurde 1985 in West-Berlin gegründet. Der Bandname ist inspiriert vom Debütfilm des dänischen Regisseurs Lars von Trier. Wer hätte es gewusst? Anfangs war die Band deutlich englisch geprägt, sowohl in ihren Texten als auch musikalisch und orientierte sich stark am britischen Gitarrenrock. 1991 wechselte sie mit dem Album Damals hinterm Mond zur deutschen Sprache. Dieser Schritt markierte einen Wendepunkt: Element of Crime fand ihren unverkennbaren Stil, geprägt von lakonischen, teils sarkastischen Texten, melancholischen Melodien und Sven Regeners charakteristischen Trompetenklängen.

Element of Crime in Wenn es dunkel und kalt wird in Berlin

Element of Crime kann man nicht nebenher hören“, sagt Musikerin Nora Stein. „Man muss den wunderschönen Texten zuhören.“ Sven Regener, Gitarrist Jakob Ilja und Schlagzeuger Richard Pappik haben mit ihren Songs viele junge Musiker beeinflusst. Das ist dann auch die schönste Idee von Regisseur Hübner: Er begleitet die Band nicht nur auf ihrer kleinen Tour durch Berlin, interviewt die Musiker und Weggefährten, streut Archivbilder der geteilten Stadt ein (alles so schön grau hier), sondern bietet auch den Nachfolgern der Elements eine Bühne. Von Wegen Lisbeth, Steiner & Madlaina, Isolation Berlin – die Jungen sind mindestens so aufregend wie ihre Vorbilder.

Element of Crime in Wenn es dunkel und kalt wird in Berlin

WENN ES DUNKEL UND KALT WIRD IN BERLIN ist vor allem ein Musikfilm: Ein Großteil der 90 Minuten besteht aus Konzertmitschnitten. Das sollte man wissen – Wer mit der Musik von Element of Crime nichts anfangen kann, wird wenig Freude an Hübners Film haben. Fans werden es dagegen lieben. Frontmann Sven Regener, der auch als Autor des Romans Herr Lehmann bekannt wurde, prägt die Band durch seine einzigartige Art, das alltägliche Scheitern und die bittersüßen Momente des Lebens zu besingen. Dabei schwingt stets ein ironisches Augenzwinkern mit – ganz nach dem Motto: Das Leben ist zwar tragisch, aber oft auch sehr komisch.

INFOS ZUM FILM

Deutschland 2024
95 min
Regie Charly Hübner

Element of Crime in Wenn es dunkel und kalt wird in Berlin

alle Bilder © DCM

JETZT ZUM NEWSLETTER ANMELDEN

Never let go

NEVER LET GO

Never let go

NEVER LET GO

Schmarrn, der: [Schmárrn] Unsinn, der bedeutungslos, minderwertig, ohne künstlerische Qualität ist.

Ab 26. September 2024 im Kino

Momma, gespielt von Halle Berry, wohnt mit ihren Zwillingssöhnen (Percy Daggs IV & Anthony B. Jenkins) in einer einsamen Hütte im Wald. Dort ernährt sich die Kleinfamilie von erlegtem Tier, Fröschen und Baumrinde. Eine ungewöhnliche Naturdiät, die nicht ganz freiwillig ist, denn einfach Shoppen im Supermarkt geht nicht mehr: Das Böse hat die Weltherrschaft übernommen, die Menschheit ist verloren. Zum anderen muss man sich jedesmal an ein dickes Seil binden, um die Hütte überhaupt verlassen zu können. Das ist unpraktisch und schränkt die Beweglichkeit ein, soll aber der einzig wirksame Schutz gegen das Böse sein. 

Welcher Drehbuchautor denkt sich so was aus? Die Geschichte von NEVER LET GO ist so hanebüchen und unnötig kompliziert, man könnte meinen Trashkönig M. Night Shyamalan hätte seine unbegabten Finger im Spiel gehabt. 

Never Let Go

Abgesehen von der albernen Story hat NEVER LET GO auch ein paar wenige Pluspunkt: Regisseur Alexandre Aja und sein Kameramann bauen in stimmungsvollen Sets und düsteren Bildern eine schön unheimliche Atmosphäre auf. Man möchte sich gar nicht vorstellen, was für ein besserer Film das mit einem vernünftigen Drehbuch geworden wäre. Zudem sind Halle Berry und vor allem die beiden Kinderschauspieler richtig gut. Schade um das vergeudete Talent. Insgesamt ein schnell zu vergessender Horrorfilm, der bis auf ein paar wenige Jumpscares sein Hauptziel verfehlt: gruselig zu sein. 

INFOS ZUM FILM

Originaltitel „Never Let Go“
USA 2024
104 min
Regie Alexandre Aja

Never Let Go

alle Bilder © LEONINE Studios

JETZT ZUM NEWSLETTER ANMELDEN

Megalopolis

MEGALOPOLIS

Megalopolis

MEGALOPOLIS

In MEGALOPOLIS feiert das antike Rom seine Wiedergeburt im modernen New York. Ist Coppolas Monumentalfilm ein Kunstwerk oder der Flop des Jahres?

Ab 26. September 2024 im Kino

In einer futuristischen Metropole soll das Alte dem Schönen und Neuen weichen. Architekt Cesar, gespielt von Adam Driver, träumt von einer Stadt, in der Menschen auf Wasserpfaden transportiert werden, jeder Erwachsene seinen eigenen Garten hat und die Häuser aus Blütenkelchen bestehen. Biene Maja gefällt das. Doch wie immer gibt es Neider und Hater: Cesars Gegenspieler, der korrupte Bürgermeister Franklyn Cicero (Giancarlo Esposito), will am status quo festhalten und versucht den jungen Träumer auszubremsen. Und wie sich das seit William Shakespeare gehört, steht zwischen den beiden Männern eine Julia (Nathalie Emmanuel), die Tochter des Bürgermeisters, deren Liebe zu Cesar und Loyalität zu ihrem Vater die Situation weiter verkompliziert.

Megalopolis

Weil MEGALOPOLIS als visionärer Science-Fiction-Film vermarktet wird, hat Cesar neben dem Bauen schöner Häuser noch ein weiteres Talent – er kann die Zeit anhalten. Warum das so ist, bleibt das Geheimnis des Drehbuchs. Unfreiwillig komisch, aber mit tiefstem Ernst deklamiert Adam Driver dazu den Satz „Time! Stop!“, was sie dann auch tut. Überhaupt Adam Driver: Wenn er im Verlauf der Geschichte blutspuckend und wie ein verrücktes Kind Grimassen schneidend overacted, hätte man schon gerne gewusst, wo genau die Regie während dieser Aufnahmen war – wohl kaum am Set.

Megalopolis

Interessant ist vor allem die Entstehungsgeschichte von MEGALOPOLIS. Für Coppola ist der Film eine Herzensangelegenheit. Ursprünglich in den frühen 1980er-Jahren geschrieben, verkaufte der Regisseur in den 2010er-Jahren Teile seines Weinbaugebiets, um das Budget von rund 100 Millionen US-Dollar aufzubringen. Wer weiß, was für ein Film MEGALOPOLIS vor 40 Jahren geworden wäre. Seit der ersten Idee hat sich die Tricktechnik um Lichtjahre weiterentwickelt, trotzdem wirken die Bilder unglaublich künstlich. Als hätte sich Ben Hur in das von Baz Luhrmann inszenierte Showreel eines Architekturbüros verirrt. Aber das ist wohl Absicht, denn Coppola hatte schon in früheren Werken eine Schwäche fürs Artifizielle.

Man muss dem mittlerweile 85-Jährigen zugutehalten, dass er mit seinen Visionen nicht zum Arzt geht, sondern sie ohne Rücksicht auf Erfolg verwirklicht. Egal, ob das Publikum es versteht oder nicht – sein Film ist ein Spektakel, aber keins, das die Massen in die Kinos locken wird. Einen gewissen Unterhaltungswert kann man diesem rauschhaften Fiasko mit Ausschweifungen ins Geniale nicht absprechen. Wenn man sich einfach fallen lässt und das komplett überholte Frauenbild ignoriert, ist das schräge „Römisches Imperium trifft THE DARK KNIGHT trifft SUCCESSION“-Mashup sogar auf eine unerklärliche Weise interessant. Während der Pressevorführung wollte jedenfalls keiner den Saal verlassen.

INFOS ZUM FILM

Originaltitel „Megalopolis“
USA 2024
138 min
Regie Francis Ford Coppola

Megalopolis

alle Bilder © Constantin Film

JETZT ZUM NEWSLETTER ANMELDEN

The Substance

THE SUBSTANCE

The Substance

THE SUBSTANCE

Der David-Cronenbergigste Film, den David Cronenberg nie gemacht hat. THE SUBSTANCE ist ein Body-Horror-Schocker kombiniert mit scharfer Gesellschaftskritik.

Ab 19. September 2024 im Kino

Die Handlung ist ebenso bizarr wie faszinierend: Eine mysteriöse Flüssigkeit namens „The Substance“ ermöglicht es dem Ex-Star Elisabeth Sparkle (Demi Moore), eine jüngere, schönere Version ihrer selbst aus dem Rücken zu „gebären“ (und das ist durchaus wörtlich zu verstehen). Doch diese makellose neue Doppelgängerin, Sue (Margaret Qualley), kommt mit einem Haken: Das alte und das neue Ich müssen sich die Zeit teilen: genau eine Woche im einen Körper, dann eine Woche im anderen – falls die Zeit überschritten wird, hat das fatale Konsequenzen.

The Substance

In einer Welt, in der nur Jugend und gutes Aussehen zählen, haben Krähenfüße und schlaffe Haut nichts verloren. Die Botschaft ist klar: Alles ist vergänglich, besonders weibliche Schönheit. THE SUBSTANCE ist eine bitterböse Satire, die einen starken Anfang und ein noch stärkeres Ende hat. Dazwischen wiederholen sich die Szenen von suppenden Wunden, Nadeln in Armen und ultra straffen Hinterteilen, bis es irgendwann leicht ermüdend wird. Ja, im Showbiz ist jung hui und alt pfui. Danke, der Holzhammer ist nicht nötig.

The Substance

Trotz dieser Längen überzeugt THE SUBSTANCE auf vielen Ebenen. Regisseurin Coralie Fargeat zitiert Klassiker des Genres wie SHINING, THE THING und vor allem THE FLY und erschafft dabei ein eigenes Gesamtkunstwerk. Fast könnte man meinen, David Cronenberg habe selbst von der Substance genascht und mit Coralie Fargeat eine weibliche, jüngere Version seiner selbst erschaffen. Die exzellenten Soundeffekte und der präzise Schnitt tragen zur intensiven Atmosphäre bei, während auf CGI fast völlig verzichtet wird – eine bewusste Entscheidung, die die Effekte wunderbar grauenhaft analog macht.

The Substance

Schön auch die Doppeldeutigkeit: Die immer wieder runderneuerte Demi Moore brilliert als alternde Ex-Schauspielerin, die verzweifelt versucht, den körperlichen Verfall aufzuhalten. Mit 61 Jahren geht sie mutig ans Limit, zeigt in ihrem Comeback die beeindruckendste schauspielerische Leistung ihrer Karriere. Dennis Quaid verkörpert als schmieriger TV-Produzent das abstoßende Bild des männlichen Unterdrückers, für solche wie ihn wurde #MeToo erfunden.

THE SUBSTANCE ist 80er-Jahre-Horror mit Aussage: ein durchgeknalltes Gleichnis über weiblichen Selbsthass und den unerbittlichen Druck, Schönheitsnormen zu entsprechen. Auch wenn der Film seine Botschaft gelegentlich etwas plump vermittelt, trifft er doch ins Schwarze und hat das Zeug zum modernen Klassiker des Genres.

INFOS ZUM FILM

Originaltitel „The Substance“
UK / USA / Frankreich 2024
140 min
Regie Coralie Fargeats

The Substance

alle Bilder © MUBI

JETZT ZUM NEWSLETTER ANMELDEN

Die Fotografin

DIE FOTOGRAFIN

Die Fotografin

DIE FOTOGRAFIN

Biopic über die legendäre Kriegsfotografin Lee Miller mit einer großartigen Kate Winslet in der Hauptrolle.

Ab 19. September 2024 im Kino

Eine Frau sitzt in der Badewanne. Vor ihr stehen zwei dreckverschmierte Stiefel. Sie hält einen Waschlappen an die Schulter und blickt nach rechts oben. Auf dem Badewannenrand steht ein Bild von Adolf Hitler. Dieses Foto, aufgenommen nach Hitlers Tod in dessen Privatwohnung in München, ist das wohl bekannteste Werk von Elisabeth „Lee“ Miller, der amerikanischen Fotografin und Fotojournalistin, die während des Zweiten Weltkriegs für die Vogue arbeitete. Sie dokumentierte unter anderem die Befreiung von Paris und die Grauen der Konzentrationslager Dachau und Buchenwald.

Die Fotografin

Filmstudenten aufgepasst: Welche drei Möglichkeiten gibt es, ein Biopic zu strukturieren? Antwort A: Das gesamte Leben von der Geburt bis zum Tod zeigen. Nachteil – Selbst bei einem dreistündigen Film bleiben hier und da Lücken. Antwort B: Nur einen kleinen Ausschnitt darstellen, zum Beispiel die entscheidenden zehn Jahre. Aber was ist mit dem Rest? Oder Antwort C: Die Geschichte in ein Interview einbetten, so hat man zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen. Immer wenn es nicht weitergeht, kann der Reporter eine Frage stellen, worauf die nächste Rückblende folgt.

Die Fotografin

Regisseurin Ellen Kuras hat auf der Filmhochschule gut aufgepasst und sich für die Varianten B und C entschieden. Der einzige Kritikpunkt an ihrem ordentlich gemachten Biopic über die außergewöhnliche Lee Miller ist, dass ihr Film genau das nicht ist. Gut gedreht, gut ausgestattet – aber alles andere als außergewöhnlich. Hervorzuheben sind dagegen die Schauspieler, besonders Kate Winslet, die als eigenwillige Freidenkerin Lee Miller herausragend ist. Neben ihr glänzt Andy Samberg als sympathischer Time-Life-Fotograf David E. Scherman. Selten sah man das Ex-Saturday-Night-Live-Mitglied so zurückhaltend und überzeugend.

DIE FOTOGRAFIN (im Original schlicht LEE) ist vielleicht kein Meisterwerk. Aber ein gut gemachter Film mit Starbesetzung und einem überraschenden Ende. Deshalb: sehenswert.

INFOS ZUM FILM

Originaltitel „Lee“
GB 2023
116 min
Regie Ellen Kuras

Die Fotografin

alle Bilder © STUDIOCANAL

JETZT ZUM NEWSLETTER ANMELDEN

Speak No Evil

SPEAK NO EVIL

Speak No Evil

SPEAK NO EVIL

Das dänische Original ist einer der besten Horrorthriller der letzten Jahre. Lohnt sich das US-Remake?

Ab 19. September 2024 im Kino

Gäbe es den dänischen Film GÆSTERNE (auf deutsch: Gäste) nicht, würde die US-Version von SPEAK NO EVIL als solider Horrorthriller durchgehen. Man könnte sich am schön durchgedrehten Spiel von James McAvoy erfreuen, fände die zufällige Ferienbekanntschaft zweier Familien, die sich zu einem Albtraum entwickelt, originell und mal was anderes. Und wäre von der Handlung vielleicht schockiert oder zumindest überrascht.

Speak no Evil

Doch es gibt das Original. Und das ist um Klassen besser. Alles, was sich da ganz natürlich oder vielmehr zwingend entwickelt, fühlt sich im Remake forciert an. So leidet zum Beispiel Paddy, einer der Familienväter, von James McAvoy gespielt, unter dem SHINING-Problem. Bei der Verfilmung seines gleichnamigen Romans bemängelte Stephen King, dass die von Jack Nicholson gespielte Hauptfigur „von Anfang an so verrückt wie eine Scheisshausratte ist“. Zitat Ende. Ihm fehle die Entwicklung vom Normalo zum Psychopathen. Ähnlich verhält es sich bei McAvoy: Zu früh merkt man, dass hinter seiner stets gut gelaunten Fassade Düsternis lauert – und wenn es sich dann bestätigt, überrascht das kaum. Da hat das Original die Spannung langsamer und wirkungsvoller aufgebaut.

Zudem fehlt den US-Produzenten der Mut, das extrem düstere Ende der Dänen beizubehalten. So viel Hoffnungslosigkeit wollte man dem breiten Publikum wohl nicht zumuten. Wer das Original nicht kennt, wird das Remake vielleicht in Ordnung finden. Doch die Empfehlung lautet: Lieber die dänische Version schauen, denn die ist ein kleines Meisterwerk des modernen Horrors.

INFOS ZUM FILM

Originaltitel „Speak No Evil“
USA 2024
110 min
Regie James Watkins

Speak no Evil

alle Bilder © Universal Pictures International Germany

JETZT ZUM NEWSLETTER ANMELDEN

38. Fantasy Filmfest

38. FANTASY FILMFEST

38. Fantasy Filmfest

38. FANTASY FILMFEST

Gestern endete das 38. Fantasy Filmfest in Berlin. In diesen sechs Städten kann sich aber noch weiter gefürchtet werden: Hamburg, München, Nürnberg und Stuttgart vom 11. bis zum 18. September, Frankfurt und Köln ab dem 18. bis 25. September. Hier ein kleines Best- und Worst-of:

The Substance

THE SUBSTANCE

THE SUBSTANCE ist 80er-Jahre-Horror mit Aussage: ein durchgeknalltes Gleichnis über weiblichen Selbsthass und den unerbittlichen Druck, Schönheitsnormen zu entsprechen. Auch wenn der Film seine Botschaft gelegentlich etwas plump vermittelt, trifft er doch ins Schwarze und hat das Zeug zum modernen Klassiker des Genres zu werden. Die ausführliche Kritik zu Demi Moores Comeback-Film erscheint zum Kinostart am 18. September auf Framerate.

GB / USA / Frankreich 2024
140 min
Regie Coralie Fargeat

Maldoror

MALDOROR

Im Jahr 1995 wird Belgien durch das Verschwinden zweier junger Mädchen tief erschüttert. Der Fall zieht eine beispiellose mediale Aufmerksamkeit auf sich. Paul Chartier, ein idealistischer junger Polizist, schließt sich der geheimen Operation „Maldoror“ an, die zur Überwachung eines vorbestraften Verdächtigen, des berüchtigten Pädophilen Marcel Dedieu, dient. Der Thriller MALDOROR von Fabrice Du Welz ist alles andere als Fantasy, sondern beruht lose auf den fehlerhaften Ermittlungen im Fall des belgischen Mörders und Sexualstraftäters Marc Dutroux. Der langsam erzählte Kriminalfilm macht vor allem wütend auf das Versagen der Polizei. Hervorragend gespielt und atmosphärisch dicht, wenn auch mindestens eine halbe Stunde zu lang.

Belgien / Frankreich 2024
155 min
Regie Fabrice du Welz

Blood Star

BLOOD STAR

Ein psychopathischer Sheriff jagt junge Frauen durch die Wüste von New Mexico. Normalerweise schwafeln Filmkritiken (auch hier bei Framerate) ja immer was von „bis in die kleinste Nebenrolle hervorragend besetzt“ oder so ähnlich. Nun, bei BLOOD STAR ist es umgekehrt. Gerade die Nebenrollen sind hier unterirdisch schlecht besetzt. Bei einem Film, der sich mitunter zieht wie Kaugummi, unter ewig langen, uninteressanten Dialogen erstickt und eine ausgesprochen unsympathische Hauptfigur hat, ist das vielleicht das geringste Problem. Ja, dies ist ein Low-Budget, independent, in nur 10 Tagen gedrehtes Erstlingswerk. Das entschuldigt aber nicht all die Logikfehler und das Fehlen jeder Spannung. Erschreckend ist hier höchstens das dämliche Verhalten der Figuren. Bis auf ein paar wenige Szenen zu Beginn und am Ende gibt’s dafür höchstens anderthalb blutige Punkte.

GB 2024
97 min
Regie Lawrence Jacomelli

Humanist Vampire seeking consenting suicidal person

HUMANIST VAMPIRE SEEKING CONSENTING SUICIDAL PERSON

Sasha, eine junge Vampirin, hat ein großes Problem: Sie ist zu sensibel, um zu töten. Als ihre genervten Eltern sie vor die Tür setzen, droht sie zu verhungern. Doch dann trifft sie auf Paul, einen einsamen jungen Mann, der mit Selbstmordgedanken spielt und bereit ist, sein Leben für Sasha zu opfern. Der Titel bringt die ganze Geschichte schön auf den Punkt: „Feinfühlige Vampirin sucht williges, lebensmüdes Opfer.“ Trotz der ernsten Themen wie Selbstmord, Einsamkeit und Mobbing bleibt Ariane Louis-Seizes Film überraschend leicht und humorvoll. Die Coming-of-Age-Erzählung, gepaart mit schwarzem Humor, macht diesen Vampirfilm zum charmanten Highlight des Festivals.

Kanada 2023
92 min
Regie Ariane Louis-Seize

THINGS WILL BE DIFFERENT

Wer sich bei drei Staffeln DARK unterfordert fühlt, für den dürfte THINGS WILL BE DIFFERENT genau das Richtige sein. Ob sich Regisseur und Drehbuchautor Michael Felker von der deutschen Kultserie inspirieren ließ? Gewisse Parallelen sind nicht zu verleugnen. Die verschachtelte Zeitreisestory über zwei Geschwister, die sich in einem geheimnisvollen Haus plötzlich in der Vergangenheit wiederfinden, wirft mehr Fragen auf, als sie beantwortet. Trotz Verwirrung überzeugt THINGS WILL BE DIFFERENT mit durchgehender Spannung und gutem Cast. Muss ja nicht immer alles Sinn machen.

USA 2024
102 min
Regie Michael Felker

Sleep

SLEEP

Tagsüber ist er ein netter Ehemann. Nachts wird er zur mörderischen Bedrohung. Klingt wie der hundertste Jeckyll and Hyde-Aufguss, ist aber eine koreanische Geistergeschichte. SLEEP sollte besser SLEEPWALKER heißen, denn Hyun-su macht im Tiefschlaf beunruhigende Dinge. Zunächst murmelt er nur seltsame Sätze, bald darauf kratzt er sich die Backe blutig. Als ihn seine Frau schlafwandelnd rohes Fleisch verschlingend vor dem Kühlschrank findet, packt sie das blanke Entsetzen. Ist ihr Mann von einem bösen Geist besessen? Der gekonnt zwischen Komödie und Horror changierende Film SLEEP hat eine tragische Hintergrundgeschichte: Hauptdarsteller Lee Sun-kyun, hierzulande vor allem aus PARASITE bekannt, nahm sich Ende 2023 das Leben. SLEEP war sein vorletzter Film.

Südkorea 2023
95 min
Regie Jason Yu

Strange Darling

STRANGE DARLING

Es ist zwar ein ausgelutschtes Kompliment, aber STRANGE DARLING weckt Erinnerungen an den frühen Tarantino. Der Film ist in sechs Kapitel unterteilt, die aber nicht chronologisch ablaufen. Die nonlineare Erzählweise macht die Handlung komplett unvorhersehbar. Es beginnt mit Kapitel 3, springt zu 5, zu 2 usw.. Ohne zu viel zu verraten: Es gibt zahlreiche Wendungen und Überraschungen, sodass es keine Sekunde langweilig wird. Dabei ist das Ganze extrem brutal, empfindliche Zuschauer seien gewarnt. Wer es aushält, wird mit einem der fesselndsten Thriller des Jahres belohnt.

USA 2023
96 min
Regie JT Mollner

A different Man

A DIFFERENT MAN

Schauspieler Edward leidet unter einer starken Gesichtsdeformation. Dank eines neuen Medikaments sieht er bald wie Hollywoodstar Sebastian Stan aus. Äußerlich ändert sich einiges in seinem Leben, und doch bleibt im Grunde alles gleich. A DIFFERENT MAN hat ein paar hübsche schräge Ideen, mit Adam Pearson einen sehr charmanten scene-stealer und eine ganze Reihe Probleme. Die platte Message „Was nützt die schönste Fassade, wenn die inneren Werte nicht stimmen“ wird mit dem Holzhammer transportiert. Dazu führt das unausgewogene Tempo zu langatmigen Szenen, während der Wechsel zwischen Psycho-Drama und Möchtegern-Thriller auf Dauer anstrengt. Regisseur Aaron Schimberg präsentiert dem Zuschauer haufenweise Indie-Klischees und wenig Subtilität.

USA 2024
112 min
Regie Aaron Schimberg

Plastic Guns

PLASTIC GUNS

Sie sind zum Glück selten – aber es gibt sie doch: Filme, die einen ab der ersten Szene nerven. PLASTIC GUNS ist eine größtenteils unlustige Komödie über einen Serienkiller, der von zwei Hobbyermittlerinnen, einem Profidetektiv und der Polizei gejagt wird. Das Ganze ist ohne komödiantisches Timing mit einem knallchargierenden Ensemble inszeniert. Öde.

Frankreich 2024
96 min
Regie Jean-Christophe Meurisse

Sayara

SAYARA

Zitat aus dem Pressetext: „Mit BASKIN katapultierte Can Evrenol 2015 die Türkei auf die Horrorfilm-Landkarte. Mit diesem erbarmungslos-intensiven Thriller legt er nach und in Sachen Brutalität ordentlich zu. Hier zertrümmern Fäuste Leiber, spalten Klingen Schädel und tropft Hirnmasse von Kampfstiefeln“. Nur für Fans von ultrabrutalen Gewaltpornos zu empfehlen. Not my cup of blood.

Türkei 2024
90 min
Regie Can Evrenol

The Wasp

THE WASP

Und noch ein Film voller Twists und Turns. Das Beste an Guillem Morales‘ spannendem Thriller sind Naomie Harris und Natalie Dormer. Die knisternde Spannung zwischen den beiden Freundinnen/Feindinnen macht die etwas vorhersehbaren Wendungen wett. Zum Abschluss noch einmal solide Kost auf dem 38. Fantasy Filmfest.

GB 2024
95 min
Regie Guillem Morales

Alle Bilder ©️ Fantasy Filmfest

JETZT ZUM NEWSLETTER ANMELDEN

Ezra

EZRA

Ezra

EZRA

EZRA ist eine authentische RAIN MAN-Variante mit Stand Up-Comedy und Kind.

Ab 12. September 2024 im Kino

Stand-up-Comedian Max Bernal (Bobby Cannavale) lebt gemeinsam mit seinem Vater (Robert De Niro) und seinem 11-jährigen autistischen Sohn Ezra (William Fitzgerald) unter einem Dach. Der Junge hat Probleme in der Schule und soll auf eine Sonderschule geschickt werden – ein Vorschlag, den Max vehement ablehnt. Stattdessen beschließt er, mit Ezra auf einen Roadtrip quer durchs Land zu gehen. Die Reise, eigentlich wegen eines Auftritts in einer Late Night Talkshow angetreten, entwickelt sich zur Chance, eine tiefere Verbindung zu Ezra aufzubauen.

Ezra

EZRA handelt von den manchmal komplizierten Beziehungen zwischen Vätern und Söhnen. Bobby Cannavale spielt den unberechenbaren, aber tief hingebungsvollen Vater, der trotz seiner persönlichen und beruflichen Rückschläge alles daran setzt, seinen Sohn zu unterstützen. Robert De Niro bringt als Max‘ Vater Stan eine stille Würde in seine Rolle. Genau wie sein Sohn versucht er, Fehler der Vergangenheit wiedergutzumachen. Auch wenn seine Leistung hier nicht oscarreif ist, erinnert De Niros zurückhaltendes Spiel daran, warum er mal als einer der besten Schauspieler der Welt galt.

Ezra

Der junge William Fitzgerald  ist eine Entdeckung. Seine Performance ist bewegend und verleiht dem Film Tiefe. Als Autist bringt er eine Empfindsamkeit in seine Rolle, die den Film außergewöhnlich macht. Wie schon im letzte Woche gestarteten WAS IST SCHON NORMAL? scheinen die Zeiten, in denen sich „normale“ Schauspieler als Behinderte verstellten, zum Glück vorbei zu sein.

EZRA ist ein Film, der trotz ein paar erzählerischer Schwächen viel Herz und vor allem eine herausragende Besetzung hat. Unbedingt bis zum Abspann bleiben, um die beste Szene nicht zu verpassen.

INFOS ZUM FILM

Originaltitel „Ezra“
USA 2023
101 min
Regie Tony Goldwyn

Ezra

alle Bilder © TOBIS FILM

JETZT ZUM NEWSLETTER ANMELDEN

Immer wieder Dienstag

IMMER WIEDER DIENSTAG

Immer wieder Dienstag

IMMER WIEDER DIENSTAG

Die brennendsten Fragen zu IMMER WIEDER DIENSTAG sind nicht, ob der Film gut ist oder ob sich ein Kinobesuch lohnt (nein und nein) - sondern: Von wann und warum ist das?

Ab 12. September 2024 im Kino

Immer wieder Dienstag

Die Idee, einen Spielfilm mit integriertem Foodporn zu machen, scheint neun Jahre nach der ersten CHEF‘S TABLE-Staffel komplett aus der Zeit gefallen. Beziehungsweise schon an die hundert Male ausgelutscht. Nun also noch eine Variante, diesmal aus Schweden.

Immer wieder Dienstag

Regisseurin Annika Appelin räumt mit dem Vorurteil auf, aus Skandinavien kämen nur kluge und künstlerisch anspruchsvolle Filme. IMMER WIEDER DIENSTAG muss man sich als TV-gerechte Komödie vorstellen. Wie in BOOK CLUB oder DANCING QUEENS, oder jedem beliebigen Diane Keaton-Film aus den letzten Jahren, tut sich auch hier eine Gruppe Frauen jenseits der 50 zusammen, um irgendeinen Club zu gründen. Auf dem Weg zum eigenen Cateringunternehmen häufen sich die Klischees, als hätte TRAUMSCHIFF-Produzent Wolfgang Rademann persönlich den Kochlöffel geschwungen.

Immer wieder Dienstag

Ein Großteil des Budgets scheint bei dieser Produktion für das Fooddesign draufgegangen zu sein: Zwischen übertrieben werblichen Bildern von kulinarischen Leckereien entwickelt sich eine vorhersehbare Wohlfühl-Geschichte über alte Beziehungen und neue Lieben. Am Ende hat jedes Töpfchen sein Deckelchen gefunden und alle sind satt und happy. Meh.

INFOS ZUM FILM

Originaltitel „Tisdagsklubben“
Schweden 2022
102 min
Regie Annika Appelin

Immer wieder Dienstag

alle Bilder © 24 Bilder

JETZT ZUM NEWSLETTER ANMELDEN

Sad Jokes

SAD JOKES

Sad Jokes

SAD JOKES

SAD JOKES - Fabian Stumms zweiter Spielfilm ist eine unaufgeregte Dramödie mit tollem Cast.

Ab 12. September 2024 im Kino

Wie nennt man einen traurigen Kaffee? Depresso.

Regisseur Joseph (gespielt von Fabian Stumm) plant eigentlich, eine Komödie zu drehen. Doch mit Kalauern wie diesem wird das nichts. Kein Wunder, dass sein Produzent Gero (Godehard Giese) wenig begeistert ist. Aber wie soll man auch lustig sein, wenn das eigene Leben so kompliziert ist?

Sad Jokes

Joseph ist schwul und zieht mit seiner besten Freundin Sonya (Haley Louise Jones) den gemeinsamen Sohn groß. Während der Regisseur und Drehbuchautor an seinem nächsten Projekt arbeitet, kämpft Sonya mit einer schweren Depression, die sie zu einem Klinikaufenthalt zwingt. Und dann ist da noch Ex-Freund Marc (Jonas Dassler), der auch drei Jahre nach der Trennung weiterhin in Josephs Gedanken herumspukt.

Sad Jokes

Komplizierte Familienstrukturen und psychische Probleme müssen nicht automatisch großes Drama bedeuten. SAD JOKES behandelt schwierige Themen auf unaufgeregte Weise, ohne dabei in Betroffenheit zu verfallen. Regisseur Stumm verlässt sich wie schon bei seinem ersten Film KNOCHEN UND NAMEN auf ein eingespieltes Ensemble und seine erprobte Crew. Die hervorragende Kamera mit ihren symmetrisch kadrierten, langen Einstellungen hat erneut Michael Bennet geführt. In kleinen und großen Rollen sind wieder Marie-Lou Sellem, Anne Haug, Knut Berger und Anneke Kim Sarnau mit dabei.

Fabian Stumm wirft in seiner Komödie mit dramatischen Elementen einen scharfsinnigen Blick auf die Absurditäten und Spannungen des Lebens. SAD JOKES ist eine poetische und ganz ungewohnte Tragikomödie mit einem herausragenden Ensemble. Sehenswert.

INFOS ZUM FILM

Deutschland 2024
96 min
Regie Fabian Stumm

Sad Jokes

alle Bilder © Salzgeber

JETZT ZUM NEWSLETTER ANMELDEN

Das Gullspang Geheimnis

DAS GULLSPÅNG GEHEIMNIS

Das Gullspang Geheimnis

DAS GULLSPÅNG GEHEIMNIS

Dokumentarfilm aus Schweden über ein schier unglaubliches Familiengeheimnis.

Ab 12. September 2024 im Kino

Da denkt man jahrzehntelang, die eigene Familienchronik mit unauffindbarem Großvater, in Moskau aus dem Fenster gesprungenem Onkel und anderen Dramen sei was besonders. Und dann muss man aus einem schwedischen Dokumentarfilm erfahren, dass das alles Petitessen sind. DAS GULLSPÅNG GEHEIMNIS erzählt eine Familiengeschichte, die klingt, als hätte die AKTENZEICHEN XY-Redaktion beschlossen, einen schwarzhumorigen Mystery-Thriller zu drehen.

Das Gullspang Geheimnis

Es beginnt fast märchenhaft: Die Schwestern May und Kari, tief in ihrem Glauben verwurzelt, stoßen bei einer Wohnungsbesichtigung auf ein Gemälde, das ihnen wie ein göttliches Zeichen erscheint – eine kitschige Stillleben-Komposition aus Obst und Kürbis, nach der sie schon lange gesucht haben. Doch die wirkliche Offenbarung folgt, als sie die Verkäuferin treffen. Denn Olaug sieht ihrer verstorbenen Schwester Astrid, die vor 30 Jahren Selbstmord begangen hat, nicht nur erschreckend ähnlich, sie teilt auch deren Geburtstag und wurde als Kind „Lita“ genannt – Astrids Spitzname. Ein DNA-Test bringt erstaunliche Ergebnisse, und die Schwestern beschließen, die schwedische Regisseurin Maria Fredriksson mit der Dokumentation dieses „Wunders“ zu betrauen.

Das Gullspang Geheimnis

Was zunächst wie eine glückliche Wiedervereinigung klingt, entwickelt sich schnell zu einem True-Crime-Drama voller Lügen, Geheimnisse und Naziverbrechen. Regisseurin Fredriksson hat eine Dokumentation gedreht, bei der man immer wieder denkt: Das kann nicht sein. Das ist inszeniert. Das sind Schauspieler. Aber nein, es ist eine wahre Geschichte. Und eine, die bis zum Schluss fesselt. Der einzige Wermutstropfen? DAS GULLSPÅNG GEHEIMNIS wirft nach all den verrückten Wendungen am Ende mehr Fragen auf, als es beantwortet.

INFOS ZUM FILM

Originaltitel „Miraklet i Gullspång“
Schweden / Norwegen / Dänemark 2023
110 min
Regie Maria Fredriksson

Das Gullspang Geheimnis

alle Bilder © mindjazz pictures

JETZT ZUM NEWSLETTER ANMELDEN

Die Ironie des Lebens

DIE IRONIE DES LEBENS

Die Ironie des Lebens

DIE IRONIE DES LEBENS

Michael Mittermeier, Chris Tall, Mario Barth. Drei Comedians, die eins gemeinsam haben: Sie sind nicht lustig.

Ab 05. September 2024 im Kino

Die Ironie des Lebens

Genau wie der von Uwe Ochsenknecht gespielte Edgar. In seinem Bühnenprogramm macht er sich mit flachwitzigen Sprüchen wie „Was ist das Geheimnis eines langen Lebens? Nicht sterben!“ über das Älterwerden lustig oder stichelt immer wieder gegen seine Ex-Frau. Das Publikum feiert ihn dafür. Doch dann, als ob auch das Leben einen miesen Sinn für Humor hätte, taucht Eva nach 25 Jahren Trennung plötzlich im Backstagebereich auf. Sie hat schlechte Nachrichten: Bei ihr wurde Bauchspeicheldrüsenkrebs festgestellt, behandeln lassen möchte sie sich nicht mehr. Edgar ist entsetzt.

Die Ironie des Lebens

Vielleicht wäre DIE IRONIE DES LEBENS ohne den krampfigen Comedy-Teil ein besser Film geworden. Doch Drehbuchautor Oliver Ziegenbalg hat Edgar ausgesprochen lahmes Material in den Mund geschrieben. Uwe Ochsenknecht, nach wie vor der Unpeinlichste seines Familien-Clans, gibt sein Bestes, die leisen Töne spielt er gut, nur Stand-up ist definitiv nicht sein Ding. Die Rolle der todkranken, grundsympathischen Eva ist für Corinna Harfouch keine Herausforderung, das spielt sie auf Autopilot und ist trotzdem herausragend.

Die Ironie des Lebens

Regisseur Markus Goller hat ein ausgeprägtes Faible für Parallelmontagen. Immer wieder kombiniert er das unwitzige Bühnenprogramm mit Szenen des einsamen Künstlers. Untermalt wird das Ganze mit sensibler Gitarren-Popmusik. Das soll dann wohl melancholisch sein.

DIE IRONIE DES LEBENS schafft es selten, wirkliche Tiefe zu erreichen. Ein Film aus der Rubrik: Kann man sich anschauen, muss man aber nicht.

INFOS ZUM FILM

Deutschland 2024
109 min
Regie Markus Goller

Die Ironie des Lebens

alle Bilder © Warner Bros. Pictures Germany

JETZT ZUM NEWSLETTER ANMELDEN

Was ist schon normal?

WAS IST SCHON NORMAL?

Was ist schon normal?

WAS IST SCHON NORMAL?

Bemerkenswerte französische Komödie über und mit behinderten Menschen.

Ab 05. September 2024 im Kino

Was ist schon normal?

Nach einem missglückten Raubüberfall befinden sich der Kleinganove Paulo (Artus) und sein Vater (Clovis Cornillac) auf der Flucht vor der Polizei. In ihrer Not steigen sie in einen Bus voller Behinderter, die auf dem Weg in ein Ferienlager sind. Um unerkannt zu bleiben, geben sich die beiden als ein fehlender Mitreisender und dessen Betreuer aus.

Was ist schon normal?

„Un p’tit truc en plus“ (übersetzt etwa: Ein kleines Extra) überzeugt durch seine einfühlsame Darstellung von Menschen mit geistigen und körperlichen Behinderungen. Die Komödie findet genau den richtigen Ton und kommt ganz ohne Peinlichkeiten aus. Jeder Mensch hat seine eigenen Stärken und sein kleines „Extra“, das ihn einzigartig und wertvoll macht – so die positive Aussage.

Was ist schon normal?

Regisseur Artus verzichtet bewusst auf alles, was Mitleid erwecken könnte, und stellt die Figuren als sympathisch und authentisch dar. Ein positives Bild, das viel zu selten in Filmen zu finden ist. Das sensible Thema „Behinderung“ wird hier ohne jeden Pathos, aber mit respektvoller Leichtigkeit behandelt. In Frankreich ist die herzerwärmende Komödie mit fast 10 Millionen Zuschauern ein sensationeller Erfolg.

INFOS ZUM FILM

Originaltitel „Un p’tit truc en plus“
Frankreich 2024
99 min
Regie Artus

Was ist schon normal?

alle Bilder © SquareOne Entertainment

JETZT ZUM NEWSLETTER ANMELDEN

Alles Fifty Fifty

ALLES FIFTY FIFTY

Alles Fifty Fifty

ALLES FIFTY FIFTY

ALLES FIFTY FIFTY – Eine deutsche Komödie, die ihren Titel vielleicht etwas zu wörtlich nimmt.

Ab 29. August 2024 im Kino

Milan (Valentin Thatenhorst) ist ein modernes Scheidungskind. Und wie das heutzutage so ist, wächst er weder bei Mutter (Laura Tonke) noch Vater (Moritz Bleibtreu) auf, sondern bei beiden abwechselnd. Eine Woche hier, eine Woche da. Das ist zwar praktisch für die Eltern, aber (womöglich) schädlich für die zarte Kinderpsyche. Um den eingespielten Rhythmus nicht zu unterbrechen, beschließt die dysfunktionale Kleinfamilie die Ferien miteinander zu verbringen. Im schönen Apulien, der neuen Toskana. Mit dabei: Muttis neuer Lover (David Kross). Das kann nur schief gehen, oder?

Alles Fifty Fifty

ALLES FIFTY FIFTY ist zugleich Titel und Leitmotiv dieser deutschen Komödie. Die Gags, oder besser gesagt ganze Szenen sind teils wirklich gelungen, haben Tempo und witzige Dialoge. Da kann auch der Nichtfan des Genres herzlich lachen. Und dann – als hätten die Produzenten kalte Füße bekommen, denn wer will schon in Deutschland eine durchweg intelligente Komödie sehen? – gibt es wieder doofen Klamauk und haufenweise Klischees. Hit and Miss. Fifty Fifty eben.

Alles Fifty Fifty

Das gleiche gilt für die Besetzung: Moritz Bleibtreu kann richtig schlecht sein. Aber eben auch richtig gut – wenn er will. Hier hatte er scheinbar halbwegs Lust auf das Projekt, spielt zurückgenommen und mit gutem Timing. Und dann sind da noch die Ausnahmen zur vermeintlichen 50-50-Regel: Laura Tonke und David Kross sind einfach immer zu 100 % gut, egal was sie machen. Ebenso das Kind: Valentin Thatenhorst sieht ein bisschen wie der sehr junge Tom Schilling aus, ähnlich talentiert scheint er auch zu sein. Das könnte noch interessant werden, sollte er weiterhin als Schauspieler arbeiten. 

Um den Gag bis zum Ende durchzuziehen, müsste der Film die Hälfte der möglichen Punktzahl bekommen: 2,5. Aber nein, drei sind es mindestens, denn FIFTY FIFTY überrascht und ist besser als gedacht.

INFOS ZUM FILM

Deutschland 2024
109 min
Regie Alireza Golafshan

Alles Fifty Fifty

alle Bilder © LEONINE Studios

JETZT ZUM NEWSLETTER ANMELDEN

Blink Twice

BLINK TWICE

Blink Twice

BLINK TWICE

Der Elevator Pitch zu BLINK TWICE: GET OUT meets THE WHITE LOTUS

Ab 22. August 2024 im Kino

Zoë Kravitz ist nicht nur Schauspielerin (BIG LITTLE LIES) und Tochter eines Rockstars, sondern jetzt auch noch Regisseurin. Und zwar eine erstaunlich versierte. Mit BLINK TWICE startet heute ihr Regiedebüt in den deutschen Kinos.

Tech-Milliardär Slater King (Channing Tatum) lebt umgeben von Freunden und Bediensteten auf einer luxuriösen Privatinsel. Die junge Nageldesignerin Frida (Naomi Ackie) und ihre Freundin Jess (Alia Shawkat) können ihr Glück kaum fassen, als sie nach einem kurzen Partyflirt in dieses Paradies eingeladen werden. Privatjet, Chillen am Pool, exquisite Abendessen, teure Kleidung und Drogen – die jungen, schönen Menschen genießen das Leben in vollen Zügen. Doch nach einigen Tagen beschleicht Frida ein beunruhigendes Gefühl: „Alle lächeln ständig, wie Stewardessen aus den 1960er-Jahren.“ Irgendetwas stimmt hier nicht. Warum verschwimmen die Tage zu einem endlosen Loop? Woher kommt der Dreck unter ihren Nägeln? Und warum nennt die Putzfrau sie ständig „Red Rabbit“? Die Antworten kommen langsam – und sie sind schmerzhaft.

Blink Twice

BLINK TWICE ist ein ausgesprochen effektiver Psychothriller mit Botschaft, der zudem noch richtig gut aussieht. Die leuchtenden Farben im Inselsetting bilden einen schönen Kontrast zur immer brutaler werdenden Geschichte. David Lynch lässt grüßen. Neben Naomi Ackie (zuletzt als Whitney Houston in I WANN DANCE WITH SOMEBODY zu sehen) stehen Channing Tatum, Christian Slater, Kyle MacLachlan und die lange nicht mehr gesehene Geena Davis vor der Kamera.

Blink Twice

Ein Missbrauchs- und Rache-Film, der Humor mit Elementen der #MeToo-Debatte verknüpft – eine Kombination, die es so noch nicht gegeben hat. Lange bleibt unklar, wohin die Reise geht, und BLINK TWICE erzeugt einen wunderbaren Schwebezustand, wie zwischen Traum und Erwachen. Diese ambivalente Stimmung hat Zoë Kravitz meisterhaft eingefangen. Wenn schließlich die Masken fallen, schlägt die somnambule Stimmung in brutalen Horror um – der Tagtraum wird zum Albtraum. Ein cleveres, ungewöhnlich gut gemachtes Regiedebüt – eine Empfehlung.

INFOS ZUM FILM

Originaltitel „Blink Twice“
USA 2024
104 min
Regie Zoë Kravitz

Blink Twice

alle Bilder © Warner Bros. Pictures Germany

JETZT ZUM NEWSLETTER ANMELDEN

ADIEU CHÉRIE - TRENNUNG AUF FRANZÖSISCH

ADIEU CHÉRIE – TRENNUNG AUF FRANZÖSISCH

ADIEU CHÉRIE - TRENNUNG AUF FRANZÖSISCH

ADIEU CHÉRIE – TRENNUNG AUF FRANZÖSISCH

Ein Hauch von SEX AND THE CITY weht durch Paris. Très charmant.

Ab 22. August 2024 im Kino

Es ist ständig zu heiß, der Job in der Redaktion langweilig, in der Ehe ist die Luft raus. Diane (Karin Viard) steckt mitten in einer heftigen Midlife-Crisis – oder sind es die Hormone?

In der putzigen französischen Komödie ADIEU CHÉRIE (im Original: „Nouveau Départ“ – Neubeginn) versucht eine Mittfünfzigerin, durch eine erfundene Affäre mit ihrem jüngeren Chef neue Leidenschaft in ihr Leben zu bringen. Zunächst klappt das hervorragend: Plötzlich darf sie statt über dröge Haushaltsgeräte Artikel über Sextoys schreiben, ihre Kolleginnen und Kollegen sehen sie mit neuen Augen und laden sie sogar in die beliebte WhatsApp-Partygruppe ein. Doch ihr Ehemann Alain (Franck Dubosc), ein Berufspianist, ist verständlicherweise wenig begeistert. Denn er liebt seine Frau über alles; die Krise ist nur einseitig.

ADIEU CHÉRIE – TRENNUNG AUF FRANZÖSISCH

Die Irrungen und Wirrungen der Ü-50-Jährigen kennt man glattgefiltert aus AND JUST LIKE THAT (der missglückten Fortsetzung zu SEX AND THE CITY). Das können die Franzosen besser. Natürlich ist ADIEU CHÉRIE in erster Linie eine Komödie, da müssen Dinge vereinfacht und übertrieben werden, trotzdem atmet Philippe Lefebvres Film genau die richtige Portion Realismus, die die Figuren und ihre Probleme nahbar macht.

ADIEU CHÉRIE – TRENNUNG AUF FRANZÖSISCH

Ein französisches Paar, die Kinder aus dem Haus, ein Spaziergang an der Seine, ein Gläschen Weißwein, ein Kinobesuch: ADIEU CHÉRIE wäre genau der passende Film dazu. Leichte französische Kost mit charmanter Besetzung – perfekt für einen lauen Sommerabend.

INFOS ZUM FILM

Originaltitel „Nouveau Départ“
Frankreich 2022
100 min
Regie Philippe Lefebvre

ADIEU CHÉRIE – TRENNUNG AUF FRANZÖSISCH

alle Bilder © Happy Entertainment

JETZT ZUM NEWSLETTER ANMELDEN

Horizon

HORIZON

Horizon

HORIZON

Der erste Teil einer geplanten vierteiligen Spielfilmsaga.

Ab 22. August 2024 im Kino

Unsere kleine Farm reloaded – das ist Kevin Costners gar nicht mal so epische Western-Saga in einem Satz zusammengefasst. HORIZON wirkt wie eine ordentlich produzierte TV-Serie, die mitten in der ersten Staffel endet. Erstaunlich wenig Cinemascope, dafür viele Medium- und Naheinstellungen, der Film scheint mehr für den Bildschirm als die große Leinwand gemacht.

Horizon

HORIZON schildert die Geschichte weißer Amerikaner, die auf ihrem Weg nach Westen die Gebiete der Apachen besiedeln. Diese wehren sich natürlich gegen die Invasion ihres Landes. Die klassischen Westernzutaten sind alle da: rachsüchtige Indianer, edle Siedler, Mord, Verrat und Rache. Doch gerade diese soapige Anhäufung von Klischees macht den Film so mittelmäßig. Musik, Kamera und Schauspiel sind gehobener Durchschnitt, weder weltbewegend noch innovativ. Wenn überhaupt, dann gibt es hier und da Ausrutscher nach unten. Immerhin: Langweilig ist das nicht. Costner weiß, wie man Spannung erzeugt und die Zuschauer emotional einbindet. 

Horizon

Mit ein bisschen Konzentration lässt sich sogar verstehen, wer wer ist und wie die Figuren zusammenhängen, was nicht einfach ist, da in 181 Minuten ein ganzes Regiment an Charakteren einführt wird. Neben Kevin Costner sind Sienna Miller und Sam Worthington in weiteren Hauptrollen zu sehen. Am Ende gibt ein Teaser einen Ausblick auf die kommenden Teile. Das verwirrt allerdings noch mehr, da Figuren gezeigt werden, die bisher noch gar nicht aufgetaucht sind. Uff.

Es bleibt abzuwarten, wann die nächsten Teile in die Kinos kommen oder ob Costner mit seinem Herzensprojekt schon in den Startlöchern steckengeblieben ist. HORIZON CHAPTER 1 war zumindest in Amerika ein veritabler Flop. Vielleicht kann es ja das europäische Publikum noch retten.

INFOS ZUM FILM

Originaltitel „Horizon – An American Saga – Chapter 1“
USA 2024
181 min
Regie Kevin Costner

Horizon

alle Bilder © TOBIS

JETZT ZUM NEWSLETTER ANMELDEN

Sonnenplätze

SONNENPLÄTZE

Sonnenplätze

SONNENPLÄTZE

Familienkomödie mit Tiefgang. Aaron Arens überzeugt mit seinem Spielfilmdebüt.

Ab 22. August 2024 im Kino

Ganz schlecht: Sam (Julia Windischbauer) hat gerade ihren ersten Roman vollendet, doch ihre hippe Verlegerin zeigt kein Interesse. Als dann noch ihr Freund höflich um eine Auszeit bittet, klaut sich Sam entnervt die Schlüssel zum Familienferienhaus auf Lanzarote. Mit im Schlepptau, ihr hochbegabter Pianistenbruder Frederick (Jeremias Meyer). Zu ihrer großen Überraschung treffen die Geschwister vor Ort ihren Vater (Niels Bormann), kurz darauf kreuzt auch noch ihre Mutter (Juliane Köhler) mit ihrem jungen Liebhaber auf – Die Familienaufstellung kann beginnen.

Sonnenplätze

Wie schon Anna Gavalda wusste: Gemeinsam ist man weniger allein. Doch Gesellschaft kann auch gehörig nerven – besonders die der eigenen Familie. Und noch mehr, wenn sich die Eltern wie pubertierende Teenager benehmen. Das Erwachsenwerden ist eben in jedem Alter eine Herausforderung.

Sonnenplätze

Das Regiedebüt des Schweizers Aaron Arens, der gemeinsam mit Lukas Loose das Drehbuch geschrieben hat, ist eine kleine Perle. Der Film hat gut geschriebene Dialoge, Scharfsinn und Witz. Und vermeidet die üblichen Klischees, die den Zuschauern bei diversen Sonntags-, Mittwochs- oder Freitagsfilmen auf den öffentlich-rechtlichen Sendern serviert werden. Mit Ausnahme von Juliane Köhler sind die Schauspieler weitgehend unbekannt, was den Film noch frischer und authentischer macht. Gut.

INFOS ZUM FILM

Deutschland 2023
92 min
Regie Aaron Arens

Sonnenplätze

alle Bilder © Filmwelt Verleihagentur

JETZT ZUM NEWSLETTER ANMELDEN

More than strangers

MORE THAN STRANGERS

More than strangers

MORE THAN STRANGERS

Kammerspiel auf kleinstem Raum: Fünf Fremde unterschiedlicher Nationalitäten in einem Auto unterwegs von Berlin nach Paris.

Ab 22. August 2024 im Kino

Wer zu Mauerzeiten von Westdeutschland nach Berlin wollte oder umgekehrt und finanziell eingeschränkt war, nutzte bevorzugt die Mitfahrt in einem Pkw mit Fremden. Dazu gab es (passenderweise) in einem U-Bahnhof die sogenannte „Mitfahrzentrale“, die Älteren erinnern sich. In meist schrottigen Autos saß man dann viele Stunden zu dritt auf die Rückbank gequetscht und hoffte, dass der Herr bald Abend werden ließe.

Diese besondere Reiseform ist dank Deutschlandticket und Billigfliegern zwar aus der Mode gekommen, aber sie existiert noch, vor allem als Konzept in der Filmwelt. Denn die Kombination aus Roadmovie und Kammerspiel ist für Drehbuchautoren und Regisseure zu verlockend.

More than strangers

In MORE THAN STRANGERS geht die Fahrt von Berlin nach Paris in einer – die Zeiten ändern sich – brandneuen Audi-Elektro-Limousine. Das Ziel der Reise ist dabei von untergeordneter Bedeutung. Wichtiger ist, wie sich unterwegs die Dynamik innerhalb einer bunt zusammengewürfelten Zwangsgemeinschaft entwickelt.

More than strangers

Hier treffen fünf Charaktere unterschiedlicher Nationalitäten aufeinander: Die Griechin Sophia (Smaragda Karydi) will weg von ihrem Mann, Julia (Julie Kiefer) hat Stress im Job. Der Fahrer Patrick (Cyril Gueï) soll das Auto nach Paris überführen und versucht, rechtzeitig bei seiner hochschwangeren Freundin zu sein. George (Léo Daudin) ist ein DJ auf der Flucht vor der Polizei, der entspannte Kiffer Chris (Samuel Schneider) versucht die Gruppe mit seiner Sozialkompetenz zusammenzuhalten. Im beengten Wageninneren prallen die unterschiedlichsten Bedürfnisse und Meinungen aufeinander. Kein Wunder, dass die Harmonie nicht lange hält. 

More than strangers

Das Interessanteste an Sylvie Michels zweitem Langfilm ist der Sprachmix der verschiedenen Nationen; die Konflikte und Missverständnisse der Protagonisten sind dagegen weniger aufregend oder allzu interessant. Dazu kommt ein anstrengender Soundtrack, der die Ohren quält – man wünscht sich, der Fahrer möge den Sender wechseln. So hat MORE THAN STRANGERS vor allem eins mit den Mitfahrgelegenheiten von früher gemein: Man ist froh, wenn die Reise endlich vorbei ist.

INFOS ZUM FILM

Deutschland / Griechenland 2023
100 min
Regie Sylvie Michel

More than strangers

alle Bilder © W-FILM

JETZT ZUM NEWSLETTER ANMELDEN

Alien: Romulus

ALIEN: ROMULUS

Alien: Romulus

ALIEN: ROMULUS

Alien-Fans können sich freuen: Mit ROMULUS kehrt der Horror in den Weltraum zurück.

Ab 15. August 2024 im Kino

Alien: Romulus

Für ALIEN: ROMULUS müsste fast ein neues Genre erfunden werden. Oder wie nennt man einen Film, der in einer Reihe nach dem Original, aber vor der Fortsetzung spielt? „Pequel“ vielleicht? Für alle, die die letzten 45 Jahre unter einem Stein gelebt haben (ja, ALIEN kam tatsächlich 1979 in die Kinos), hier eine kurze Zusammenfassung:

ALIEN (1979): In Ridley Scotts Sci-Fi-Horror-Klassiker empfängt die Crew des Raumfrachters Nostromo ein Notsignal von einem fremden Planeten. Dort entdeckt sie ein Ei, aus dem ein tödlicher Xenomorph schlüpft. Die Kreatur dezimiert die gesamte Besatzung, bis nur noch Ellen Ripley übrig bleibt. ALIEN überzeugt noch heute durch seine unheimliche Atmosphäre und das ikonische Creature-Design von H.R. Giger.

ALIENS (1986): In James Camerons Fortsetzung erwacht Ripley nach 57 Jahren aus dem Kälteschlaf und wird mit einer Gruppe Marines auf eine Rettungsmission geschickt. Diesmal muss sie gegen eine ganze Horde Aliens kämpfen, inklusive Alien-Queen. Manche halten die Fortsetzung für besser als das Original.

Und nun bringt ROMULUS die Geschichte zwischen diesen beiden Filmen, jedoch ohne Ellen Ripley, auf die Leinwand. Vergessen wir die missglückten Fortsetzungen ALIEN 3 und ALIEN – DIE WIEDERGEBURT und auch Ridley Scotts Prequels PROMETHEUS und COVENANT, die ohnehin keiner verstanden hat. ROMULUS – und das ist die wirklich gute Nachricht – kehrt zu den Wurzeln zurück: Der Film ist ein spannendes Mashup aus den ersten beiden Teilen  und hat ein paar wirklich böse Überraschungen in petto.

Alien: Romulus

Die Computerbildschirme sehen aus wie in den 70er-Jahren, das vertraute Sounddesign ist wieder da, und sogar der Vorspann könnte direkt aus dem Original stammen – alles schön analog. Passend dazu sieht das Monster (oder besser: die Monster) wieder schrecklich echt aus, auf künstlich wirkende CGI-Effekte wird weitgehend verzichtet.

Alien: Romulus

Unter den drei ernstzunehmenden Alien-Filmen reiht sich ROMULUS als der drittbeste nach ALIEN und ALIENS ein. Auf Regisseur Fede Álvarez ist Verlass. Wie schon in seinem gelungenen EVIL DEAD-Reboot (2023) findet er die perfekte Balance zwischen Fanservice und frischen Ideen. Ihm gelingt es, das totgeglaubte Franchise mit einer packenden Story und tollen Effekten wieder aufregend zu machen. Ein Muss für Fans.

INFOS ZUM FILM

Originaltitel „Alien: Romulus“
USA 2024
119 min
Regie Fede Alvarez

Alien: Romulus

alle Bilder © Walt Disney Company Germany

JETZT ZUM NEWSLETTER ANMELDEN

Nur noch ein einziges Mal

NUR NOCH EIN EINZIGES MAL

Nur noch ein einziges Mal

NUR NOCH EIN EINZIGES MAL

Kein Mord, keine Verfolgungsjagd, keine Schießerei? Das kann nur eins bedeuten: Es ist Chick-Flick-Zeit.

Ab 15. August 2024 im Kino

Frauen und ihr unguter Hang zu bad boys: In IT ENDS WITH US (Originaltitel) beginnt Lily (Blake Lively) nach einer schwierigen Kindheit mit einem gewalttätigen Vater ein neues Leben in Boston. Als sie sich in den charmanten Ryle (Justin Baldoni, der auch Regie führt) verliebt, bemerkt sie, dass sie vom Regen in die Traufe kommt. Der Kreislauf der Gewalt setzt sich fort. Die gefährliche Mischung aus Begehren, Eifersucht und Gewalt eskaliert, als Lily zufällig ihrer ersten Liebe Atlas (Brandon Sklenar) über den Weg läuft.

Das war jetzt ganz schön viel Text für die Inhaltsangabe einer Edel-Schmonzette. Kürzer gesagt: Schöne Menschen in schöner Umgebung mit unschönen Problemen.

Nur noch ein einziges Mal

NUR NOCH EIN EINZIGES MAL entführt in eine Welt, wie es sie nur in den USA gibt: Frauen, die sich gerade kennengelernt haben, sind nach wenigen Tagen beste Freundinnen. Heiße Typen mit Waschbrettbauch sind reich, charmant und Neurochirurgen. Damit man kapiert, dass Ryle zwar gut aussieht, aber eine kurze Zündschnur hat, zerdeppert er gleich in seiner ersten Szene einen unschuldigen Gartenstuhl. Wenigstens ist die Welt, in der die papierdünnen Charaktere leben, visuell ansprechend: Lilly heißt mit Nachnamen Bloom und hat – richtig – einen Blumenladen. Und der sieht wie der ultimativ feuchte Boho-Traum eines Floristen aus.

Nur noch ein einziges Mal

Da Blake Livelys real-life-husband Ryan Reynolds heißt und gerade das Sommerblockbusterkino mit DEADPOOL & WOLVERINE rettet, versucht die US-Presse schon eine Neuauflage von „Barbenheimer“ herbeizuschreiben. Wieder kämpfen ein „Männerfilm“ und ein „Frauenfilm“ um die Spitze der Kinocharts. Nur mit dem Unterschied, dass keiner der beiden diesjährigen Kandidaten auch nur in die Nähe einer Oscarnominierung gelangen dürfte.

NUR NOCH EIN EINZIGES MAL ist okay gemacht, leidlich unterhaltsam und richtet sich in erster Linie an ein weibliches Publikum oder wenigstens an die innere Frau im Mann. Ein Liebesdrama, das sich am besten beim Bügeln wegschauen lässt.

INFOS ZUM FILM

Originaltitel „It ends with us“
USA 2024
131 min
Regie Justin Baldoni

Nur noch ein einziges Mal

alle Bilder © Sony Pictures Germany

JETZT ZUM NEWSLETTER ANMELDEN

Gagarin

GAGARIN

Gagarin

GAGARIN

Ein französischer Heimatfilm der anderen Art

Ab 15. August 2024 im Kino

Text: Anja Besch

Einst Prestige-Projekt des sozialen Wohnungsbaus der 1960er, verelendet die mittlerweile marode Pariser Vorortsiedlung „Cité Gargarine“ (benannt nach dem ersten Mann im All) durch Asbest, Betonkrebs und Spekulantentum.

Ein glühender Bewunderer des sowjetischen Kosmonauten und eine wahre Lichtgestalt unter den Bewohnern ist der 16-jährige Yuri (Alséni Bathily). Ob beim Sonnenfinsternis-Hoffest, Perforieren von Fensterläden oder Reparieren der kaputten Flurbeleuchtung mit Lampen vom Schrotthändler (Denis Lavant). Trotz seiner Bemühungen und der seiner Nachbarn – dem Roma-Mädchen Diana (Lyna Khoudri), der patenten Fari (Farida Rahouad) und dem Kleinganoven Dali (Finnegan Oldfield) – den staatlichen Inspektoren Funktionalität vorzutäuschen, wird der Abriss des gigantischen Häuserblocks entschieden. Während der Countdown zur Sprengung läuft, denkt Youri in seiner selbstgetüftelten Raumstation partout nicht daran, als letzter das Licht auszumachen.

Endlich einmal kein freudloses Sozialdrama als Zwangsresultat einer Jugend in der Platte. Was unter der Regie von Fanny Liatard und Jérémy Trouilh (basierend auf ihrer Doku von 2014) entstand, ist eine der berührendsten Verfilmungen von „es war nicht alles schlecht“ seit langen. Um Erwachsenwerden, Zusammenhalt und Hoffnung. Mit träumerischen Weltraumsequenzen und echtem Astro-Archivmaterial, einer neorealistischen Kulisse und einem fulminanten Finale.

INFOS ZUM FILM

Originaltitel „Gagarine“
Frankreich 2020
95 min
Regie Fanny Liatard & Jérémy Trouilh

Gagarin

alle Bilder © Polyfim Verleih

JETZT ZUM NEWSLETTER ANMELDEN

LONGLEGS

LONGLEGS

LONGLEGS

LONGLEGS

Horror mit Nicolas Cage zum Einschlafen.

Ab 08. August 2024 im Kino

Longlegs

Schon die Grundidee löst heftiges Augenrollen aus: FBI-Agentin Lee (Maika Monroe) verfügt über hellseherische Fähigkeiten. So weit, so doof. Ihr Chef betraut sie mit dem Fall eines verrückten Serienmörders, der sich aus Gründen, die niemand versteht (auch der Zuschauer nicht), „Longlegs“ nennt und ganze Familien mit Töchtern, die denselben Geburtstag wie Lee haben, massakriert. Natürlich – so sind die Regeln des Serienkillergenres – soll Lee sein nächstes Opfer werden.

Longlegs

Der Film klaut schamlos: DER ROTE DRACHE, ZODIAC, DAS SCHWEIGEN DER LÄMMER – die Liste ist lang. Ein Mix aus recycelten Ideen kann ja ganz unterhaltsam sein, LONGLEGS ist es nicht. Das liegt vor allem am valiumösen Spiel der Hauptdarstellerin. Der Vergleich zu Jodie Foster als Clarice Starling drängt sich auf, doch fehlt Maika Monroe jeglicher Charme und inneres Feuer. Longlegs selbst wird von Nicolas Cage in Drag mit schlechter Maske und weißer Perücke gespielt. Der Ausnahmeschauspieler ist in der Rolle nicht nur völlig unterfordert, sondern – und das ist das größere Problem – schlicht nicht besonders furchterregend.

Longlegs

Vollkommen unverständlich, weshalb ein Großteil der US-Presse den Film in den höchsten Tönen lobt und sogar vom „besten Horrorfilm des Jahres“ spricht. Regisseur und Drehbuchautor Oz Perkins (Sohn von PSYCHO-Star Anthony Perkins) verwechselt TRUE DETECTIVE-Coolness mit quälender Langeweile. Einzig die Kamera und die unheimliche Grundstimmung machen den Film halbwegs sehenswert. Ansonsten: Skip.

INFOS ZUM FILM

Originaltitel „Longlegs“
USA 2024
101 min
Regie Oz Perkins

Longlegs

alle Bilder © DCM

JETZT ZUM NEWSLETTER ANMELDEN