MILLA MEETS MOSES

Wenn eines Tages Außerirdische das kulturelle Erbe der Menschheit durchforsten, werden sie sich wundern, weshalb es so viele Bücher und Filme über sterbenskranke Teenager gibt. „Milla meets Moses“ ist der nächste Beitrag zum Thema „Jugend und Tod“.

Die 16-jährige Milla verliebt sich in den kleinen Drogendealer Moses. Ihren Eltern gefällt das zunächst gar nicht. Doch die seltsame Beziehung beschert dem schwerkranken Mädchen neue Lebensfreude. Als die Eltern merken, dass Moses ihrer Tochter sichtlich guttut, nehmen sie ihn trotz aller Bedenken bei sich auf. Durch den ungewöhnlichen Familienzuwachs werden sie unfreiwillig mit ihren eigenen Schwächen konfrontiert.

Die australische Regisseurin Shannon Murphy variiert das Thema mit einer neuen, erfrischenden Erzählweise. „Babyteeth“ (so der Originaltitel) ist ganz im Sinne des „modern cinemas“ spontan und authentisch inszeniert und damit weit entfernt von thematisch vergleichbaren Filmen, wie „Das Schicksal ist ein mieser Verräter“ oder der letzte Woche gestarteten deutschen Produktion „Gott, Du kannst ein Arsch sein“.

„Milla meets Moses“ schafft es, deprimierende Themen wie Krankheit, Sucht und psychische Probleme unkonventionell und unverkrampft anzusprechen. Die Regisseurin findet dafür einen leichten, einfühlsamen und humorvollen Ton. Guter Film – gute Schauspieler: Eliza Scanlen und Toby Wallace überzeugen als körperlich, beziehungsweise seelisch kaputte Teenager. Ganz fabelhaft auch Essie Davis und Ben Mendelsohn, die in ihren Rollen als Eltern zugleich neurotisch, gebrochen und komisch sind.

FAZIT

Unkitschige, berührende Coming-of-Age-Geschichte über das Sterben.

Originaltitel „Babyteeth“
Australien 2020
118 min
Regie Shannon Murphy
Kinostart 08. Oktober 2020

alle Bilder © X Verleih

GOTT, DU KANNST EIN ARSCH SEIN

Alles schnafte: Steffi ist 16, hat einen schnuckligen Freund, will demnächst ihre Ausbildung bei der Polizei beginnen. Doch dann erfährt sie, dass sie unheilbar an Krebs erkrankt ist und nur noch kurze Zeit zu leben hat. Bei solchen Nachrichten verschieben sich die Prioritäten. Eigentlich wollte sie auf der bevorstehenden Klassenfahrt nach Paris ihr erstes Mal erleben, aber die besorgten Eltern verbieten die Reise und drängen, besser gleich mit der Chemotherapie zu beginnen. Steffi weigert sich – die letzten Wochen ihres Lebens will sie selbst bestimmen und brennt kurzerhand mit dem coolen Zirkusjungen Steve durch. Bei ihrem tragikomischen Roadtrip nach Frankreich verlieben sich die beiden ineinander.

Boy meets girl, girl get’s sick, girl dies, boy is sad.
Keine neue Geschichte und seit „Love Story“ ein beliebtes Thema für Tearjerker-Filme. Der deutschen Produktion „Gott, Du kannst ein Arsch sein“ hätte es gutgetan, ein paar Kalendersprüche weniger ins Dialogbuch zu schreiben: „Der Weg ist das Ziel“ – wirklich? Ein seichter Mainstream-Pop-Soundtrack, der wie eine Dauerschleife aus dem Privatradio klingt, macht die Sache auch nicht erträglicher. Wenn dann noch Til Schweiger mitspielt, setzen instinktiv Fluchtreflexe ein. Ist so, kann man nix gegen machen. Auch Filme können ein Arsch sein.

Was die RTL-Produktion rettet, ist seine tolle weibliche Besetzung: Heike Makatsch als zwischen Trauer und Hoffnung hin- und her gerissener Mutter, Jasmin Gerat als herzenswarme Barfrau und vor allem Sinje Irslinger in der Hauptrolle – authentisch und mit jeder Menge Witz und Charme gibt sie dem Film die nötige Erdung und bewahrt „Gott, Du kannst ein Arsch sein“ davor, eine allzu glatte Teenie-Schmonzette zu werden.

Liest sich wie eine Bravo-Lovestory, doch Zynismus ist fehl am Platz: der Film basiert auf den Tagebucheinträgen der 15-jährigen Stefanie, die 296 Tage nach ihrer Krebs-Diagnose starb.

Deutschland 2020
97 min
Regie André Erkau
Kinostart 01. Oktober 2020