Mama Ante Portas

MAMMA ANTE PORTAS

Mama Ante Portas

MAMMA ANTE PORTAS

Ab 25. Mai 2023 im Kino

Rentnerkinder mit greisen Eltern - die neue Normalität

Zum Thema alte Kinder mit noch älteren Eltern schreibt Gabriela Herpel im Süddeutsche Zeitung Magazin: Heute verbringen wir 50 bis 60 gemeinsame Jahre mit unseren Eltern oder einem Elternteil, noch zu Beginn des 20. Jahrhunderts waren es 15 bis 20 Jahre. Es ist also eine verdammt lange Beziehung, die wir mit ihnen führen.

Wohl wahr. Dass sich ergraute Rentner mit ihren leicht gebrechlichen, aber immer noch topfitten Eltern beschäftigen müssen, ist heutzutage Normalzustand. Höchste Zeit, einen Film darüber zu machen.

Belanglose Familienkomödie aus Frankreich

Jacqueline ist zwar schon 70, hat aber sehr moderne Probleme: Mit ihrem Verlobten hat sie sich verkracht, ihre Wohnung ist dank fauler Handwerker eine ewige Baustelle. Also zieht sie kurzerhand zu ihrer erwachsenen Tochter Carole und nervt die, wie es nur eine Mutter kann. Die Schale passt nicht zur Kommode, das Essen schmeckt nicht, die Küchenschränke sind falsch eingeräumt und so weiter und so fort. Als dann auch noch die 90-jährige Großmutter auftaucht, bekommt Jacqueline von ihrer eigenen bitteren Medizin zu schmecken.

Ich freue mich über deinen hübschen Anhänger!
Ja, den hat Mutter lange getragen.
Schade, er macht dich so blass …

Ein Dialog wie aus dem Handbuch der Sticheleien. Ausgedacht hat ihn sich Vicco von Bülow 1991 für seinen Film PAPPA ANTE PORTAS. Etikettenschwindel: Von der bitterbösen Genialität des Loriot-Klassikers ist die französische Komödie MAMMA ANTE PORTAS (im Original UN TOUR CHEZ MA FILLE) meilenweit entfernt.

Éric Lavaine vermeidet in seiner Familienaufstellung echte Gemeinheiten, alles bleibt harmlos leicht. Dabei hält das Thema reichlich Konfliktstoff parat. Das hätte ein paar giftigere Dialoge und scharfzüngig ausgetragene Streitereien vertragen, ganz wie im richtigen Leben. Wenn es dann doch mal kracht, ist alles schnell wieder verziehen und die Streithähne liegen sich versöhnt in den Armen. Wer Familienhölle kennt, weiß: so viel Nettigkeit gibt es in der Realität selten. MAMMA ANTE PORTAS vertut seine Chance und bleibt eine unterhaltsame, aber belanglose Komödie.

INFOS ZUM FILM

Originaltitel „Un tour chez ma fille“
Frankreich 2021
85 min
Regie Éric Lavaine

alle Bilder © FILMWELT

The Mule

Ein mexikanisches Drogenkartell will Heroin schmuggeln. Da liegt es nahe, den neunzigjährigen Blumenzüchter Earl zu fragen, ob er eventuell so nett wäre, die Ware von A nach B zu fahren. Schließlich hat er noch nie einen Strafzettel bekommen, das ist Qualifikation genug.
Auftritt Clint Eastwood.
Die Geschichte vom alten weißen Mann, der ganz unvermittelt zum gefragten und gut bezahlten Drogenschmuggler wird, ist leidlich unterhaltsam erzählt. Eine Kurierfahrt folgt auf die Nächste – es plätschert so vor sich hin. Die Entschleunigung passt, denn im Herzen ist The Mule kein Actionfilm, sondern ein Appel an den Familiensinn. Für den altgedienten Korea-Veteran sind die bis unter die Augenbrauen tätowierten Mexikaner-Gangster keine Bedrohung. Sein größter Wunsch ist es, sich auf seine alten Tage mit seiner Tochter auszusöhnen. 

Zum ersten Mal seit Gran Torino (2009) steht Clint Eastwood wieder gleichzeitig vor und hinter der Kamera. Als Regisseur ist der 88-Jährige berühmt dafür, extrem effizient zu arbeiten und Szenen oft nur einmal zu drehen. Das hat über viele Jahre gut funktioniert, erweist sich hier aber als problematisch. Selten wirkten die beiden Oscargewinner Bradley Cooper und Diane Wiest verlorener und haben weniger Eindruck hinterlassen.
Ausser den prominenten, aber blassen Nebendarstellern gibt es noch reichlich Altmännerfantasien zu bewundern: so klebt die Kamera minutenlang genüsslich an den halbnackten Hintern von tanzenden, natürlich jungen Mädchen, die sich begierig an Clint Eastwood reiben. Und – vielleicht zu viel Information – auch der greise Earl hat noch regelmäßig Sex (bevorzugt flotte Dreier).

FAZIT

The Mule ist ein halbgares Alterswerk mit einem unausgereiften, unglaubwürdigen Drehbuch. Nicht gerade ein Highlight in Clint Eastwoods Gesamtwerk.

USA, 2018
117 min
Regie Clint Eastwood
Kinostart 31. Januar 2019