Cocaine Bear

COCAINE BEAR

Cocaine Bear

COCAINE BEAR

Ab 13. April 2023 im Kino

Hält, was der Titel verspricht: Ein Bär auf Koks

Kokain bewirkt im Zentralnervensystem eine Stimmungsaufhellung, ein Gefühl gesteigerter Leistungsfähigkeit sowie das Verschwinden von Hunger- und Müdigkeitsgefühlen. Weiss Wikipedia.

Trash mit Budget

Alles soweit richtig. Nur das mit dem Verschwinden des Hungergefühls stimmt nicht ganz. Schließlich zernagt der zugekokste Titelheld in Elisabeth Banks Horror-Creature-Komödie reihenweise Opfer. Eine wahre Geschichte: 1985 schmeißt Andrew Carter Thornton säckeweise Koks aus einem Flugzeug, die wertvolle Fracht landet zwischen Fauna und Flora in den Wäldern Georgias. Eine Bande Drogenschmuggler macht sich auf die Suche nach dem weißen Pulver – nicht ahnend, dass ihnen ein Schwarzbär zuvorgekommen ist und bereits Geschmack an der Droge gefunden hat. Völlig druff tobt er durch den Wald und beißt nieder, was sich ihm und seiner neuen Sucht in den Weg stellt.

Hält, was der Titel verspricht: COCAINE BEAR ist ein Trashfilm – aber mit Budget. Vollkommen blödsinnig, gerade deshalb unterhaltsam. Und immerhin mit Ray Liotta in einer seiner letzten Rollen. Vor allem für die Szenen, in denen der (von Weta computeranimierte) Bär mitspielt, lohnt sich der Spaß. Das ist herrlich blutig und besonders ein Gemetzel in einem Krankenwagen ist zum Einrollen schrecklich. Noch lustiger wäre das Ganze wahrscheinlich nur, wenn man sich selbst vorher eine fette line gelegt hätte.

INFOS ZUM FILM

Originaltitel „Cocaine Bear“
USA 2021
95 min
Regie Elisabeth Banks

alle Bilder © Universal Pictures International Germany

SCREAM VI

SCREAM VI

Kinostart 09. März 2023

Ein Klassiker! Also nicht SCREAM VI, aber der Versuch, einer bis zum letzten Blutstropfen auserzählten Geschichte mit einem Locationwechsel, neues Leben einzuhauchen. Diesmal verbreitet Ghostface sein Unwesen nicht im beschaulichen Woodsboro, sondern in der Stadt, wo Udo Jürgens noch niemals war. Schade nur, dass das New Yorker Setting im Grunde keine Rolle spielt. Das redundante Abschlachten könnte ebenso gut in Frankfurt (Oder) stattfinden.

SCREAM ist ein Spiel mit Metaebene

Die fiktiven Charaktere des Horrorfilms SCREAM schauen in ihrer Freizeit STAB-Horrorfilme und machen sich über das Verhalten der darin agierenden Figuren lustig. Warum rennt die doofe Blondine in den ersten Stock? Warum geht sie ans Telefon? Warum macht sie die Tür auf? Klar, dass die Scream-Charaktere früher oder später selbst in ähnlich ausweglose Situationen geraten. Dazwischen wird über Sequels und Requels, sowie (Achtung: Ironie) über das eigene Franchise gefachsimpelt. Das ganze Spiel mit Metaebenen soll clever sein, ist  es aber schon lange nicht mehr.

SCREAM VI setzt die Geschichte um die vier Überlebenden des letzten Teils fort. Nachdem David Arquette das Zeitliche segnen musste und Neve Campbelle entweder keine Lust hatte oder auf ihr großes Comeback in SCREAM 7 wartet, ist diesmal von der Originalbesetzung nur Courteney Cox dabei, deren Gesicht mittlerweile fast so fratzenhaft wie das des Serienkillers aussieht.

Es gibt ein paar Schockmomente,  reichlich Blut und auf doofe Art unterhaltsam ist das Ganze irgendwie auch. Weshalb sich die Geschichte aber auf über zwei Stunden strecken muss? Zumal der geschulte Zuschauer relativ bald ahnt, wer diesmal der, die, das Böse ist. Das größte Rätsel bleibt bis zum Ende ungelöst: Warum können Figuren, denen gerade minutenlang riesige Fleischermesser in den Bauch gestoßen wurden, schon kurz darauf mit frischer Frisur und Verband putzmunter in die Geschichte zurückkehren? Vielleicht ist ja wirklich alles nur meta – ein Film im Film im Film…

INFOS ZUM FILM

Originaltitel „Scream VI“
USA 2022
125
Regie Matt Bettinelli-Olpin und Tyler Gillett

alle Bilder © Paramount Pictures Germany

KNOCK AT THE CABIN

KNOCK AT THE CABIN

Kinostart 09. Februar 2023

Das schwule Elternpaar Eric und Andrew (Jonathan Groff und Ben Aldridge) plant mit Töchterchen Wen eine Auszeit vom Alltag. In einer einsam gelegenen Holzhütte will die Kleinfamilie ein paar unbeschwerte Tage verbringen. Doch dann tauchen vier unheimliche Fremde auf und verlangen eine unmögliche Entscheidung: Eines der Familienmitglieder müsse durch ein anderes getötet werden. Sollten sie sich weigern, werde „die Welt enden“.

Shyamalan holt aus Schauspielern oft das Schlechteste heraus

Das Presseheft sagt: „Das Einzige, dessen man sich sicher sein kann, wenn man für einen neuen Film von M. Night Shyamalan ins Kino geht, ist, dass man nicht weiß, was einen erwartet“. Das ist so nicht richtig, denn meist erwartet einen etwas sehr, sehr Schlechtes. Deshalb ist das Erstaunlichste an KNOCK ON THE CABIN, dass er vergleichsweise gar nicht mal so übel ist.

Shyamalan ist seit THE SIXTH SENSE ein Regisseur der ewigen Hoffnung. Doch wieder und wieder hat der einstige „nächste Spielberg“ enttäuscht. Er holt aus Schauspielern oft das Schlechteste heraus (Marc Wahlberg kann davon ein Lied singen) und nervt mit an Haaren herbeigezogenen Handlungstwists. Wer sich durch die letzten Werke des Ed Woods der Neuzeit quälen musste (OLD, GLASS, THE HAPPENING, AFTER EARTH – die Liste des Grauens ist lang) und deshalb auf das Schlimmste gefasst ist, wird von KNOCK AT THE CABIN positiv überrascht.

Natürlich ist auch dieser Horror-Mystery-Film ein Schmarren in Reinstform. Vier apokalyptische Reiter in einer Waldhütte, die den Weltuntergang prophezeien – also bitte! Trotzdem punktet der Thriller mit Atmosphäre und einer überzeugend spielenden Besetzung (unter anderem David Bautista). Auch wenn es gegen Ende wieder höchst albern wird – die ersten zwei Drittel von KNOCK AT THE CABIN sind gut gemachtes, halbwegs spannendes Unterhaltungskino.

INFOS ZUM FILM

Originaltitel „Knock at the Cabin“
USA 2021
100 min
Regie M. Night Shyamalan

alle Bilder © Universal Pictures International Germany

M3GAN

M3GAN

Kinostart 12. Januar 2023

Spielzeugentwicklerin Gemma steht unter Druck. Der Markt ist hart umkämpft, etwas Neues muss her. Als die alleinstehende junge Frau unerwartet zum Vormund ihrer verwaisten Nichte Cady wird, nimmt sie die Hightech-Puppe M3GAN (Model 3 Generative Android) mit nach Hause. Warum nicht zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen: dem trauernden Mädchen eine Spielgefährtin zur Seite stellen und gleichzeitig den Prototyp vor Markteinführung in Aktion testen?

Diese Woche bei „Shopping Queen“: Kombiniere ein zeitloses Outfit rund um das angesagte It-Piece Ringelshirt. Mit dabei: Chucky, Annabelle und als erste Kandidatin M3GAN. Doch die macht alles falsch: ein altbackenes Kleid über weißen, blickdichten Strumpfhosen, dazu schwarze Lackschuhe. Als Krönung ein überdimensionierter Schlupf, der das matronenhafte Outfit endgültig zum modischen Super-GAU macht. Das tut nichts für sie! Ganz lieb gemeinte 0 Punkte.

Aber wie soll eine Roboter-Puppe auch Sinn für Fashion haben? Obwohl M3GAN sonst so ziemlich alles kann: Zuhören, trösten, lachen, ans Händewaschen nach dem Toilettengang erinnern, Gefühle erkennen. Und wenn es sein muss, auch morden.

Anders als die von bösen Geistern besessene Mörderpuppen-Konkurrenz ist M3GAN eine Art Androide, bei dem die Sicherungen durchbrennen. Zwar ist ihre Geschichte nicht besonders überraschend erzählt und voller Logikbrüche, aber was soll’s? Gerard Johnstone Horrorfilm ist sich in jeder Sekunde bewusst, dass er hochgradig albern ist. Und genau das macht ihn so unterhaltsam. Die grundböse Killer-Puppe, die zum Einschlafen mit metallischer Stimme Lieder von SIA singt und sich im Angriffsmodus besorgniserregend verrenken kann, bereitet trotz gruseligen Modegeschmacks mörderischen Spaß.

INFOS ZUM FILM

Originaltitel „M3GAN“
USA 2023
102 min
Regie Gerard Johnstone

alle Bilder © Universal Pictures International Germany

TERRIFIER 2

TERRIFIER 2

Kinostart 08. Dezember 2022

„Zuschauer mussten ohnmächtig aus dem Kino getragen werden“, verkündet das Presseheft voller Stolz. Abgebrühten Splatterfans mag da nur ein müdes Lächeln übers Gesicht huschen. Alle anderen seien hiermit gewarnt.

Schnipp, schnapp, Rübe ab

„Terrifier 2“ ist Hardcore-Trash in Vollendung. Das ist jetzt bitte nicht abwertend gemeint. Denn Regisseur Damien Leone hat eine echte Perle des Slashergenres geschaffen. „Terrifier 2“ pfeift auf Halloween-Retroromantik und geht noch zehn Schritte weiter. Der Film spielt zwar in der Jetztzeit (es gibt Handys), sieht aber aus und klingt (dank des Soundtracks von Paul Wiley) wie ein Independentmovie, das 1975 in einem heruntergekommenen New Yorker Grindhouse zur Mitternachtsmatinee gezeigt wird. Deshalb aufgepasst: „Terrifier 2“ läuft bei uns nur für kurze Zeit in ausgewählten Kinos. Je später die Vorstellung und je abgeranzter die Location, desto stilechter. 

Wie alle guten Horrorfilme hat auch „Terrifier 2“ einen besonders garstigen Bösewicht. Der stumme „Art the Clown“ ist eine wahre Ausgeburt der Hölle. Unsterblich wie Mike Myers und Jason hat er im Gegensatz zu seinen killenden Kollegen richtig Freude an der sadistischen Arbeit. Ulkige Grimassen schneidend befördert er ein Opfer nach dem anderen auf möglichst brutale Art und Weise ins Jenseits. Schnipp, schnapp, Rübe ab. Ein echter Künstler seines Fachs.

Die Geschichte um ein Teenagermädchen und ihren Bruder tut nichts zur Sache, denn Hauptsache, die Gore-Effekte haben es in sich. Regisseur Damien Leon setzt dabei komplett auf physische Tricks, keine glatte CGI-Optik, das Blut spritzt hier noch handgemacht und ist daher umso wirkungsvoller. Wer sich also für ausgerissene Augen, mit dem Hammer zu Brei zerschlagenes Hirn oder heraushängendes Gedärm begeistert: Hier ist euer Schocker des Jahres. Uncut.

INFOS ZUM FILM

Originaltitel „Terrifier 2“
USA 2022
137 min
Regie Damien Leon

alle Bilder © 24 Bilder

BONES AND ALL

Kinostart 24. November 2022

Das Rückgrat geknickt,
Die Knochen zerknackt,
Die Schenkel gespickt,
Die Lebern zerhackt.

Joachim Ringelnatz beschreibt in seinem Gedicht „Silvester bei den Kannibalen“ genau wie’s geht. Derlei Anleitung könnte auch Maren gut gebrauchen, denn sie ist seit Kindesbein scharf auf Menschenfleisch. Als sich pünktlich zu ihrem 18. Geburtstag ihr Vater aus dem Staub macht, begibt sie sich auf die Suche nach ihrer verschollen geglaubten Mutter – ein Roadtrip quer durch die Vereinigten Staaten der Reagan-Ära. Unterwegs trifft sie Gleichgesinnte (man kann sich gegenseitig erschnuppern) und findet im Wild Boy Lee ihre erste große Liebe. Liebe unter Kannibalen. Schön.

Regisseur Luca Guadagnino ist ein Meister der Stimmung

„Bones and All“ würde in der modernen Gastronomie wohl „Nose to Tail“ heißen. Denn in der Adaption von Camille Deangelis’ Jugendroman geht es (auf den ersten Blick) genau darum: das Verspeisen von Menschen mit Haut und Haar. Regisseur Luca Guadagnino hat sich dafür erneut Timothée Chalamet vor die Kamera geholt und der macht, was er am besten kann: mit niedlichem Hundeblick unter der Lockenfrisur hervorschauen und sexuelle Ambivalenz verströmen. Sehr putzig auch Oscarpreisträger Mark Rylance als gruselig-irrer Körperfresser mit Prinzipien: Ihm kommen nur bereits Verstorbene auf den Teller. Die Hauptrolle ist mit Taylor Russell besetzt, die schon im sträflich vom Publikum ignorierten Coming-of-Age-Drama „Waves“ begeistern konnte.

Was dem Immobilienmakler „Locatio, Location, Location“, ist für Luca Guadagnino „Mood, Mood, Mood“. Die Filme des italienischen Regisseurs sind in erster Linie perfekt eingefangene Atmosphäre, weniger klassisch erzählte Geschichte. Wer wollte nach „Call Me by Your Name“ nicht sofort die Koffer packen und einen sonnenflirrend verliebten Urlaub im Süden verbringen? Ein Meister der Stimmung also. Mit „Bones and All“ hat er nun einen – sich selbst vielleicht etwas zu ernst nehmenden – romantischen Arthousefilm mit Horrorelementen gedreht. Top besetzt, zwischendurch mit Längen, aber insgesamt sehenswert.

INFOS ZUM FILM

Originaltitel „Bones and All“
Italien / USA 2022
131 min
Regie Luca Guadagnino

alle Bilder © Warner Bros. Pictures (international)

HALLOWEEN ENDS

Kinostart 13. Oktober 2022

Zeit heilt alle Wunden und wenn Du nicht darüber sprechen willst, dann zünde einen Kürbis an oder schreib ein Buch. Gesagt, getan. Die ewige Screamqueen Laurie (Jamie Lee Curtis) verarbeitet ihre fast 45 Jahre währende Geschichte mit Michael Myers in selbstgetippten Memoiren, Bestseller garantiert. Vier Jahre nach den Ereignissen von „Halloween Kills“ scheint der maskierte Serienkiller spurlos verschwunden zu sein. Doch als der junge Babysitter Corey versehentlich einen kleinen (und ausgesprochen nervigen) Jungen tötet (Es war ein UNFALL, euer Ehren!), zeigt das Städtchen Haddonfield seine hässliche Fratze. Corey wird trotz Freispruchs gemobbt, wo er geht und steht. Was all das mit Michael Myers zu tun hat? Berechtigte Frage, denn es dauert eine ganze Weile, bis der in die Handlung zurückfindet und wieder das Metzelmesser schwingen darf.

Was man dem Film anrechnen muss: Trotz unzähliger Persiflagen und Kopien in den letzten Jahrzehnten ist „Halloween Ends“ ein überraschend gut funktionierendes, effektvolles Stück Horrorkino geworden. Als trashiger Slasherfilm hat er alle Zutaten, die man von diesem Genre erwarten darf: ausreichend Schockmomente, ein bisschen selbstironischen Humor, nostalgische Flashbacks auf die Anfänge der Halloween-Saga und viel, viel Blut. Auch wenn sich die Geschichte vor allem in der ersten Hälfte weit vom klassischen Halloween-Franchise entfernt und sich dabei großzügig bei allerlei anderen Horrorklassikern bedient, ist es doch erfrischend, mal einer originellen Handlung zu folgen, die mehr als das typische Abarbeiten des „Zehn kleine Jägermeister“-Klischees zu bieten hat.

Am Ende (SPOILER!) ist Michael Myers dann aber wirklich und endgültig tot. Oder?

INFOS ZUM FILM

Originaltitel „Halloween Ends“
USA 2022
111 min
Regie David Gordon Green

alle Bilder © Universal Pictures International Germany

NOPE

Kinostart 11. August 2022

Schon wieder drei Sterne! Lang-wei-lig!! Aber wie sonst soll Freude über die erste und zunehmender Frust über die zweite Hälfte eines Films bewertet werden? Irgendwas zwischen zwei und vier? Eben.

Worum es geht, verrät bereits der Trailer, der ein einziger großer Spoiler ist. Kurz gefasst: OJ und seine Schwester Emerald betreiben eine Farm, auf der sie Pferde für Hollywoodproduktionen trainieren. Eines Tages macht OJ eine beunruhigende Entdeckung am Himmel. So weit, so „Unheimliche Begegnung der dritten Art“.

„Nope“ nimmt sich viel Zeit, Spannung aufzubauen. Unwohlsein und die Ahnung, dass gleich etwas Entsetzliches passieren wird, kriechen den Nacken hoch. Problematisch nur, wenn all die aufgebaute Spannung immer wieder verpufft.

Jordan Peele gehört zu den interessantesten neuen Regisseuren Hollywoods, droht mit seinem dritten Spielfilm aber einen ähnlichen Weg wie der einstmals gefeierte M. Night Shyamalan einzuschlagen. Peeles Filme sind zwar um Längen cooler und besser inszeniert als beispielsweise „Old“ (oder fast alle anderen Filme Shyamalans), aber das Einzelkämpfertum – Drehbuch, Produktion und Regie aus einer Hand – tut der Sache nicht immer gut. Vor allem der Story hätten noch ein bisschen Feintuning und Straffung nicht geschadet. Zu Anfang gibt es eine besonders schön schreckliche Szene mit einem Schimpansen im Fernsehstudio. Diese und eine spätere Rückblende darauf sind für sich genommen schockierende Szenen mit echtem Horror. Im Gesamtfilm wirken sie aber wie ein Fremdkörper und haben nur sehr bedingt mit der restlichen Handlung zu tun.

So lässt „Nope“ mit gemischten Gefühlen zurück: Lob für die originelle Idee, die Besetzung und den tollen IMAX-Look. Doch das teils unausgegorene Drehbuch und das schwache Ende trüben den Spaß. Eine Empfehlung mit Einschränkung.

INFOS ZUM FILM

Originaltitel „Nope“
USA 2022
130 min
Regie Jordan Peele

alle Bilder © Universal Pictures

HATCHING

Kinostart 28. Juli 2022

Eine Krähe fliegt ins Wohnzimmer. Wie mit Absicht fegt sie sämtliche Vasen vom Regal, schmeißt Lampen um und lässt zu guter Letzt sogar den Kristalllüster auf den Glastisch stürzen. Die Strafe folgt auf den Fuß: Mutter zerquetscht dem Federvieh den Kopf mit bloßen Händen. Der Kadaver wird fachgerecht in der Biotonne entsorgt. Doch am nächsten Morgen ist er verschwunden. Die 12-jährige Tochter Tinja findet den jämmerlich krächzenden Vogel im Wald. Daneben liegt ein verwaistes Ei im Nest, das das Mädchen mit nach Hause nimmt und zur Brut unter ihren Stoffbären legt. Nach ein paar Tagen ist das Ei auf Gymnastikballgröße angewachsen. Etwas Ungeheuerliches bricht sich durch die Schale.

Der Debütfilm der finnischen Regisseurin Hanna Bergholm ist ein schräges kleines Creature-Feature. Aus dem Ei schlüpft ein gruselig anzusehender Vogelmensch, eine monströse Schimäre, die die unterbewussten Gedanken des Mädchens mit brutaler Gewalt in die Tat umsetzt. Die Blutgier steigert sich: Zunächst muss der bellende Hund der Nachbarn dran glauben, anschließend steht Tinjas nerviger kleiner Bruder auf der Abschussliste.

Doch das wahre Monster in „Hatching“ ist Tinjas Mutter. Bitte recht freundlich – in ihrem Videoblog „Lovely Everyday Life“ spielt die blonde Perfektionistin ihren Followern eine heile Welt vor, die es in Wahrheit nicht gibt. Ihren Mann betrügt sie vor dessen Nase, für ihren Sohn empfindet sie keine Liebe und Tinja muss als gepeinigte Profiturnerin die unerfüllten Träume ihrer Mutter ausleben. Ein düsterer Blick auf die Gesellschaft – so widerlich ist es, wenn Mutti Influencerin spielt.

Visuell macht „Hatching“ großen Spaß: Die Effekte sind schön analog, erinnern an Jim Hensons Figuren aus „The Dark Crystal“. Das animatronische Monster wird ausgesprochen wirkungsvoll eingesetzt, und auch die langsame Verwandlung vom skelettartigen Vogel zur menschlichen Doppelgängerin des Mädchens ist mit viel Liebe zum ekligen Detail realisiert.

Body-Horror meets Coming-of-Age: Die Fabel von der Vogelbrut und dem pubertierenden Menschenmädchen hat viele gute Momente, wenn auch das Drehbuch etwas zu plump die Metaphernkeule schwingt. Das aus Liebe und Wut erschaffene Monster als Symbol für den Groll der Tochter gegenüber der emotionalen Missachtung ihrer Mutter – oder so ähnlich. Echter Horror will sich da nicht einstellen, aber ein permanentes Gefühl von Bedrohung und ein paar wahrlich abscheuliche Überraschungen hält „Hatching“ bereit.

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Originaltitel „Pahanhautoja“
Finnland / Schweden 2022
87 min
Regie Hanna Bergholm

alle Bilder © Capelight Pictures

X

Kinostart 19. Mai 2022

„Lustig!“ ist vielleicht nicht die Antwort, die die Mitarbeiterin des Verleihs auf ihre Frage, wie der Film gefallen habe, hören wollte. Vielleicht: Schockierend? Unheimlich? Düster? All das ist „X“ natürlich auch. Aber wenn sehr alte Menschen während eines Pornodrehs zu blutrünstigen Killern werden, dann ist das eben auch lustig.

Texas, Ende der 1970er-Jahre. Ein Independent-Filmteam will auf einer abgeschiedenen Farm in the middle of nowhere einen Film für Erwachsene drehen: „The Framer’s Daughter“. Doch schon die Begrüßung vor Ort fällt ausgesprochen feindselig aus: Mit geladenem Gewehr zeigen die greisen Vermieter deutlich ihre Abneigung gegen die „Städter“. Als das unheimliche Ehepaar dem pornographischen Treiben seiner Gäste auf die Spur kommt, hat das blutige Konsequenzen.

„X“ ist sowohl eine Hommage als auch eine gelungene Neuinterpretation klassischer Slasher- und Horrorfilme mit einer gehörigen Prise Arthouse. Dank zurückgenommenem Erzähltempo kann sich die Spannung immer weiter aufbauen, bevor das unvermeidliche Gemetzel beginnt. Die Gewaltszenen sind zwar blutig, aber nicht so widerlich, dass sensible Zuschauer schreiend den Saal verlassen müssen. Immer wieder gibt es Momente der Komik, was den Film wohltuend von den üblichen Schlachteplatten des Genres abhebt. Wem der Sinn nach gut gemachtem Retrosplatter steht, sollte sich „X“ nicht entgehen lassen.

INFOS ZUM FILM

Originaltitel „X“
USA 2022
105 min
Regie Ti West

alle Bilder © Capelight Pictures

THE INNOCENTS

THE INNOCENTS

Kinostart 14. April 2022

Die kleine Ida ist mit ihren Eltern in eine trostlose Hochhaussiedlung vor den Toren der Stadt gezogen. In der Familie dreht sich alles um ihre größere Schwester Anna, eine Autistin, die nicht spricht und die volle Aufmerksamkeit der Eltern verlangt. Ida fühlt sich vernachlässigt, reagiert trotzig-wütend. Beim Stromern durch die neue Nachbarschaft lernt sie Ben kennen, einen von seiner Mutter misshandelten Jungen mit ganz besonderen Fähigkeiten. Per Gedankenkraft kann er Objekte bewegen und sogar den Willen anderer Menschen manipulieren. Bald darauf begegnen die Kinder Aisha, einem Mädchen, das mit der autistischen Anna eine mentale Verbindung herstellen kann. Das anfangs eher kindlich-unschuldige Ausprobieren der neu entdeckten Fähigkeiten nimmt nach einem Streit schnell brutale und lebensgefährliche Züge an.

Klingt wie eine Kinderversion von „X-Men“, ist aber ein grandioser Horrorthriller aus Norwegen. Eskil Vogt, der sich bisher als Drehbuchautor einen Namen gemacht hat, gelingt mit seinem zweiten Langfilm ein ausgesprochen irritierendes Genrestück. Seine ruhige, fast hypnotische Erzählweise verleiht „The Innocents“ einen spröden Realismus, der weit weg ist von dem, was man an Horrorklischees aus US-amerikanischen Produktionen kennt. 

Oft reicht ein simpler Farbwechsel oder ein subtil eingesetztes Geräusch. „The Innocents“ erzielt mit einfachen Mitteln größtmögliche Wirkung. Keine computergenerierte Künstlichkeit, die Effekte (ja, es gibt welche) wirken real, der analoge Look erhöht ihre Wirkung.

„The Innocents“ ist durch und durch unheimlich und steigert seine düstere Atmosphäre immer weiter. Zum permanent unterschwelligen Unwohlsein trägt auch die lauernd sanfte Musik von Pessi Levanto bei. Ganz zu schweigen von der Besetzung: Man fragt sich, wo der Regisseur all diese unglaublich gut und natürlich spielenden Kinderdarsteller gefunden hat. „The Innocents“ hat das Zeug zu einem modernen Klassiker und ist seit „Let the right one in“ und „Midsommar“ der verstörendste Horrorfilm aus Skandinavien.

INFOS ZUM FILM

Originaltitel „De uskyldige“
Norwegen 2021
117 min
Regie Eskil Vogt

alle Bilder © Capelight Pictures

THE SADNESS

THE SADNESS

Kinostart 03. Februar 2022

Die Welt wird von einer Pandemie beherrscht. Ernst nimmt das schon lange keiner mehr, die Warnungen der Wissenschaft werden ins Lächerliche gezogen. Nur ein harmloser Schnupfen, alles Panikmache. Was wie eine Ist-Beschreibung des Jahres 2022 klingt, ist die Prämisse für den taiwanesischen Horrorfilm „The Sadness“.

Ein Tag wie jeder andere in Taipeh. Kat macht sich auf den Weg ins Büro, während ihr Freund Jim auf seinem Motorroller ziellos durch die Stadt fährt. Als er gerade auf seinen Coffee to go wartet, schüttet plötzlich eine alte Frau dem Verkäufer siedend heißes Öl über den Kopf. In der Bahn muss sich Kat währenddessen gegen einen aufdringlichen Geschäftsmann wehren. Ein junger Mann mit Sonnenbrille betritt den Zug und beginnt wahllos mit dem Messer auf andere Fahrgäste einzustechen. Der gerade noch harmlose Virus ist mutiert, die neue Variante greift das Gehirn an, die Menschen werden verrückt. Kat kann dem Blutbad entkommen, doch der Wahnsinn breitet sich wie ein Lauffeuer aus und die Stadt versinkt in gewalttätigem Chaos.

„Der wohl brutalste Zombiefilm aller Zeiten“, heisst es auf dem Filmplakat. Doch mit Zombies haben die Infizierten (außer ihrem Appetit auf Menschenfleisch) wenig gemeinsam. Während Untote meist wie ausgeknipst durch die Gegend stolpern, sind hier die Menschen zu tollwütigen Bestien mutiert. Wenig untot ist dabei auch ihr unbändiger Sexdrang. Der Sinn steht ihnen nach Vergewaltigung, Folter und Mord. Wenn der Begriff vom „Torture Porn“ mal passt, dann hier. „The Sadness“ ist ein aggressiver, verstörender Schocker, der die Grenzen des Geschmacks bewusst überschreitet. Der Film zeigt den Zusammenbruch einer Gesellschaft in ihrer schlimmsten Form. Irritierend sind nicht nur die ultrabrutalen Blutbäder, sondern auch die rasende Geschwindigkeit, mit der das ganz normale Leben aus den Fugen gerät. Splatterfans dürften an diesem Genrefilm ihren Spaß haben.

INFOS ZUM FILM

Originaltitel „Ku bei“
Taiwan 2021
100 min
Regie Rob Jabbaz

alle Bilder © capelight pictures

SCREAM

SCREAM

Kinostart 13. Januar 2022

Großes Spoilerverbot, denn das ist wirklich mal eine Spitzenidee für einen Horrorfilm: Ein Typ mit schwarzem Umhang und weißer Faschingsmaske verkleidet, ermordet scheinbar wahllos Teenager. Am Ende stellt sich heraus, es waren sogar zwei Killer, die noch dazu aus dem engsten Freundeskreis der Opfer stammen. Was? Die Idee gab es schon? In vier Teilen und einer Fernsehserie sagen Sie? Das kann nicht sein.

Der fünfte „Scream“ ist ein Requel, also ein Film, der irgendwo zwischen einer Fortsetzung, einem Neustart und einem Remake angesiedelt ist. Andere Beispiele für Requels sind „Ghostbusters: Legacy“, „Jurassic World“ oder „Mad Max: Fury Road“.

Noch genauer wird das von den Darstellern im Film erklärt, denn – wie kann es heutzutage anders sein – alles ist extrem meta und ironisch. Überraschend nur, dass die Schauspieler nicht unentwegt in die Kamera zwinkern: Wir sind Teil eines kultigen Franchises und uns dessen voll bewusst.

Wie zuletzt im gründlich misslungenen Matrix-Requel „Resurrections“ ist „Scream“ in erster Linie Fanservice. Und dazu gehört das Wiedersehen mit bekannten Gesichtern. Manchen steht das Alter besser, andere haben ein bisschen zu intensiv versucht, die Spuren der Zeit zu beseitigen. Um die Veteranen versammelt sich eine Schar austauschbarer TV-Serien-Gesichter. Das Lösen des Whodunit macht einigermaßen Spaß, große Spannung will dabei aber nicht aufkommen. Am Ende dieser x-ten Neuauflage einer komplett ausgekauten Idee fragt man sich: Wozu das Ganze?

INFOS ZUM FILM

Originaltitel „Scream“
USA 2021
115 min
Regie Matt Bettinelli-Olpin und Tyler Gillett

alle Bilder © Paramount Pictures Germany

LAST NIGHT IN SOHO

LAST NIGHT IN SOHO

Huch, you didn‘t see that coming: „Last Night in Soho“ ist Mode trifft Zeitreise trifft Horror. Dorfkind Eloise kommt nach London, um Fashion Design zu studieren (was auch sonst 2021?). Ihr erstes eigenes Zimmer bezieht sie zur Untermiete bei Miss Collins. Die Einrichtung im 60er-Jahre-Stil ist ganz nach ihrem Geschmack, denn Ellie lebt eindeutig im falschen Jahrhundert. Nachts träumt sie von Sandy, einer Sängerin im London der Swinging Sixties: die Kleider sind von Mary Quant, im Kino läuft James Bond mit Sean Connery und der berühmte Nachtklub „Café de Paris“ ist gleich um die Ecke. Doch als sich Traum und Wirklichkeit immer mehr vermischen, gerät Ellie in große Gefahr.

Wäre Alfred Hitchcock 75 Jahre später zur Welt gekommen, würde er heute vielleicht ähnliche Filme wie Edgar Wright drehen. Der britische Regisseur schuf 2004 mit „Shaun of the Dead“ einen modernen Klassiker und begeisterte 2017 mit „Baby Driver“ sowohl Kritiker als auch Publikum. Sein neues Werk ist eine wilde Mischung aus Zeitreise-Fantasy, Love Story und düsterem Psychothriller. Man fragt sich – vor allem gegen Ende – ob das nun alles vollkommen absurd oder absolut genial ist. Von ein paar Längen abgesehen, bietet „Last Night in Soho“ vor allem tolles 60er-Jahre-Feeling. Und wie die Geschichte von harmlos-nett zu waschechtem Horror mutiert, das ist ungewöhnlich und höchst unterhaltsam.

INFOS ZUM FILM

Originaltitel „Last Night in Soho“
USA 2021
117 min
Regie Edgar Wright
Kinostart 11. November 2021

alle Bilder © Universal Pictures International Germany

ANTLERS

ANTLERS

Wie kommt es, dass Kinder-Zeichnungen in Filmen oft wie abstrakte expressionistische Meisterwerke aussehen? Auch der erst 12-jährige Lucas malt seitenweise künstlerisch Hochwertiges in sein Schulheft. Die blutigen Bilder sind Ausdruck seiner Ängste, denn zu Hause verbirgt er ein entsetzliches Geheimnis. Dass er einerseits niemandem etwas davon verraten will, andererseits ausführliche Storyboards dieses Geheimnisses malt – das Drehbuch will es so. Seine Lehrerin Julia macht sich große Sorgen und bittet ihren Bruder Paul, den örtlichen Sheriff, der Sache nachzugehen.

Ein Feuilletonist würde jetzt irgendwas von „atmosphärisch dicht“ schwadronieren – aber das ist ja schließlich Framerate hier. Also kurz und knapp gesagt: „Antlers“ fängt gut an, verliert sich aber schnell in langweiligen Klischees.
„Let the right one in“, „Twin Peaks“, „Alien“, „The Thing“ – die Reihe der zitierten Klassiker ließe sich beliebig fortsetzen. Dazu noch ein alter Indianer, der geheimnisvolles Zeug von mythologischen Kreaturen nuschelt, ein bisschen Gesellschaftskritik und verdrängte Traumata aus der Kindheit. Zuviel des Guten. Nur Humor geht dem Arthouse-Horror komplett ab. Dafür nimmt er sich selbst viel zu ernst.

„Antlers“ ist ein großes Gewurschtel. Es entsteht der Eindruck, als hätte der Film eine verlustreiche Testscreeningschlacht verloren. Ganze Sequenzen wurden scheinbar entfernt oder nachträglich umgestellt. Das Stückwerk führt dazu, dass die Geschichte nie richtig in Fahrt kommt.
Am gelungensten sind die Szenen zwischen der besorgten Lehrerin Julia und ihrem schwer verstörten Schüler Lucas (sehr gut: Jeremy T. Thomas). Das hätte ein schön düsteres Drama über Missbrauch werden können, doch leider ist es nur ein durchschnittlicher Horrorfilm geworden.

INFOS ZUM FILM

Originaltitel „Antlers“
USA 2021
99 min
Regie Scott Cooper
Kinostart 28. Oktober 2021

alle Bilder © Walt Disney Studios Motion Pictures Germany

HALLOWEEN KILLS

HALLOWEEN KILLS

Malus. Peius. Pessimus.

INFOS ZUM FILM

Originaltitel „Halloween Kills“
USA 2021
105 min
Regie David Gordon Green
Kinostart 21. Oktober 2021

alle Bilder © Universal Pictures International Germany

SAW: SPIRAL

SAW: SPIRAL

Detective Ezekiel “Zeke” Banks und sein Partner sollen eine Reihe brutaler Morde aufklären. Im Laufe der Ermittlungen werden die beiden immer tiefer in das morbide Spiel eines rachsüchtigen Killers hineingezogen. Le cochon qui rit ist zurück. „Saw Spiral“ ist bereits Teil 9 der mittlerweile leicht abgestumpften Sägeserie, da tut eine Schleifkur dringend not.

Deshalbt gibt’s auch keine herkömmliche Horrorfilm-Fortsetzung, sondern eher ein Crime-Drama mit Splatterelementen. Das Farbschema hat sich seit „Seven“ nicht verändert: Serienmord trägt auch in diesem Jahr wieder grün-gelb. Und auch sonst sind die Zutaten sehr vertraut. Ein C-Picture mit prominenter Besetzung: Chris Rock kann auch ernst und Samuel L. Jackson ist in zu wenigen Szenen komplett unterfordert.

Wären da nicht die widerlichen Tortureporn-Szenen, in denen Menschen bei lebendigem Leib z. B. die Finger ausgerissen werden (für SAW-Verhältnisse allerdings noch harmlos), könnte „Saw Spiral“ auch als ganz okayes Copmovie durchgehen. Vater-Sohn-Konflikt, korrupte Polizisten, Vertuschung, Mord: Genug Drama für eine ganze Serie neuer Filme wäre vorhanden.

INFOS ZUM FILM

Originaltitel „Spiral: From the Book of SAW“
USA 2020
93 min
Regie Darren Lynn Bousman
Kinostart 09. September 2021

alle Bilder © STUDIOCANAL

ESCAPE ROOM 2 – NO WAY OUT

ESCAPE ROOM 2 – NO WAY OUT

Das mit den Escape-Room-Filmen läuft so: Ein Rätsel – vorzugsweise eine Zahlenkombination – muss geknackt werden, während sich die Zimmerdecke absenkt, der Boden zu einem Abgrund auftut, tödliche Laserstrahlen den Raum durchschneiden oder von irgendwo Wasser einläuft, wahlweise auch Säure von der Decke tropft. Die Suche nach der Lösung unterliegt somit einem gewissen Druck, die Hysterie der (Schau-)Spieler und damit die Lautstärke ihrer geschrienen Dialoge erhöht sich dementsprechend. Der Fluchtweg wird grundsätzlich erst in der letzten Sekunde gefunden.

„Escape Room 2“ unterscheidet sich in keiner Weise von anderen Filmen, die die Worte Escape und Room im Titel tragen. Schauspiel, Drehbuch und Machart sind nicht der Rede wert. Wie bei den Horrorfilm-Reihen „Final Destination“ oder „Saw“ ist das einzig Interessante, auf welche Art und Weise die Figuren zu Tode kommen: je perfider, desto besser. Insofern hat „Escape Room 2“ durchaus Unterhaltungswert. Ob man dem etwas abgewinnen kann, ist reine Geschmacksache. Mache Menschen haben Spaß an Kirmesattraktionen, andere nicht. Da der Film mit einem Cliffhanger endet, dauert es wohl nicht mehr lange bis der dritte Teil erscheint.

INFOS ZUM FILM

Originaltitel „Escape Room: Tournament of Champions“
USA 2021
89 min
Regie Adam Robitel
Kinostart 19. August 2021

alle Bilder © Sony Pictures

A QUIET PLACE 2

A QUIET PLACE 2

Die Fortsetzung (die dankenswerterweise nicht „A Quieter Place“ heißt) knüpft nahtlos an den Überraschungshit von 2018 an. Wobei, nicht ganz: der Film beginnt zunächst mit einem Rückblick auf den ersten Tag der Katastrophe – und der hat es in sich. Selten sah man ein Kinopublikum synchron so in den Sitzen hochschrecken.

Wer bis jetzt nur Bahnhof verstanden hat – hier eine kurze „Was bis jetzt geschah“-Zusammenfassung: Nach der Invasion von außerirdischen Monstern ist die Menschheit stark dezimiert. Die bitterbösen Viecher töten jeden, der ihnen in die Quere kommt. Ihr extrem gut ausgeprägter Gehörsinn ist Fluch und Segen zugleich. Einerseits darf niemand, der überleben will, einen Mucks machen, andererseits lassen sich die Monster mit hochfrequenten Tönen halbwegs in Schach halten. Familie Abott – Vater, Mutter, zwei gehörlose Kinder – sind auf der Flucht. Ganz leise versteht sich. Am Ende des ersten Teils hat die Mutter – in einer nervenzerreißend stillen Szene – ein Baby zur Welt gebracht und ein Familienmitglied musste sein Leben lassen.

„A Quiet Place 2“ steht dem ersten Teil in nichts nach. Drehbuchautor und Regisseur John Karsinski (im wahren Leben der Ehemann von Hauptdarstellerin Emily Blunt) ist ein extrem spannender Film geglückt. Thriller inszenieren kann er. Was ihm nicht so liegt, sind Dialogszenen. Die sind in ihrer tranigen Labrigkeit ermüdend, da hängt der Film durch. Zum Glück gibt’s davon nicht allzu viele und der nächste Jump-Scare lauert schon um die Ecke.

FAZIT

Mehr Monster, mehr Stille, mehr Spannung. Gelungene Fortsetzung.

INFOS ZUM FILM

Originaltitel „A Quiet Place 2“
USA 2020
100 min
Regie John Krasinski
Kinostart 24. Juni 2021

alle Bilder © Paramount Pictures Germany

MALASAÑA 32 – HAUS DES BÖSEN

MALASAÑA 32 – HAUS DES BÖSEN

„Malasaña 32 – Haus des Bösen“ hat alles, was ein echter Haunted-House-Thriller braucht: dunkle Korridore, knarzende Schaukelstühle, schrill klingelnde Telefone und natürlich einen bösen Geist.

Im Jahr 1976 ziehen die Olmedos von ihrem Heimatdorf in die spanische Hauptstadt Madrid. Die Familie kauft ein möbliertes Apartment in der begehrten Calle de Manuela Malasaña. Dort hoffen die Sechs auf einen Neuanfang. Doch schon bald müssen sie feststellen, dass in ihrer neuen Wohnung etwas ganz und gar nicht stimmt.

Inszenatorisch ist das alles kein Neuland: Die oft gesehenen Versatzstücke kennt man aus „Amityville Horror“ und vor allem der „Conjuring“-Serie. Der 5-jährige Rafa sieht als erster Gespenster – Kinder haben für so was Antennen, das weiß man spätestens seit “Poltergeist”. Originell geht anders. „Malasaña 32“ ist trotz Drehbuchschwächen und zu vieler Jumpscares ein stimmungsvoller Horrorfilm: Die Kulissen, die Farbgebung, die Kameraführung – visuell ist der Film herausragend und erinnert an eine Guillermo del Toro-Produktion.

FAZIT

Eine kleine Prise Extragrusel gibt es obendrauf: Angeblich basiert die Geschichte auf wahren Begebenheiten.

INFOS ZUM FILM

Originaltitel „Malasaña 32“
Spanien 2019
104 min
Regie Albert Pintó
Kinostart 17. Juni 2021

alle Bilder © STUDIOCANAL

SCHLAF

Flugbegleiterin Marlene leidet unter wiederkehrenden Albträumen. Irgendwann schnappt sie über, verfällt in eine Art Schockstarre. Ihre Tochter Mona will helfen und macht sich auf die Suche in die Vergangenheit ihrer Mutter. In einem 70er-Jahre Dorfhotel namens Sonnenhügel findet sie irritierende Antworten.

In diesem Film wird viel gewürgt. Männer würgen Frauen, Frauen würgen Männer und manchmal würgen sich Menschen auch ganz alleine selbst. Klingt ein bisschen wie ein Edgar-Wallace-Streifen aus den 60ern. Für das verschwurbelte ZDF-Kleine-Fernsehspiel entschädigen nur die Schauspieler: Sandra Hüller als Marlene ist wie immer gut, hat hier jedoch fast nichts zu tun. Gro Swantje Kohlhof überzeugt als Tochter am Rande des Nervenzusammenbruchs. Marion Kracht und August Schmölzer spielen die Hotelbesitzer zwar schön zwielichtig, scheinen sich aber aus einem ganz anderen Film hierher verirrt zu haben.

Endlich mal wieder ein Vorurteil bestätigt: Deutsche können keine gescheiten Horrorfilme drehen! Es ist schon eine Kunst, einen Brei zu versalzen und gleichzeitig fade schmecken zu lassen. Das heillos überfrachtete Drehbuch bedient sich großzügig bei allerlei Genreklassikern wie „The Conjouring“ und „The Shining“, ohne etwas aufregend Neues daraus zu machen.

FAZIT

Heimathorror im Provinzhotel.

Deutschland 2020
102 min
Regie Michael Venus
Kinostart 29. Oktober 2020

alle Bilder © Edition Salzgeber

THE MORTUARY – JEDER TOD HAT EINE GESCHICHTE

Rechtzeitig zu Halloween kommt nicht nur eine 4K-Abtastung des George A. Romero-Zombie-Klassikers „Dawn of the Dead“ in die Kinos, sondern auch diese erfrischend altmodisch gemachte Horror-Anthologie. Vier gruselige Kurzgeschichten, von einer Rahmenhandlung eingefasst, in der ein furchterregender Leichenbestatter einem jungen Mädchen von den schaurigsten Todesfällen der vergangenen Jahrzehnte erzählt.

„The Mortuary“ steigert seinen Horror effektvoll von Episode zu Episode und sieht dabei auch noch fabelhaft aus. Regisseur und Drehbuchautor Ryan Spindell siedelt seine Geschichten in den 1950er bis 1980er-Jahren an: Was Set-Design, Kamera und Kostümbild hier aus einem überschaubaren Budget rausgeholt haben, ist wirklich phänomenal. Der Film verzichtet dabei dankenswerterweise auf den Einsatz von CGI, erzielt eine ungleich stärkere Wirkung mit analogen, handgemachten Effekten. Ein positiver Trend, der schon „Scary Stories to Tell in the Dark“ sehenswert gemacht hat.

Fun-Fact: Ryan Spindell führte 2015 bei dem 20-minütigen Film „The Babysitter Murders“ Regie. Da Kurzfilme selten Zuschauer finden und bestenfalls ein Festival-Dasein fristen, hat er seine liebevolle Hommage an die 1980er-Slasher-Filme nun in seinen ersten Langfilm „The Mortuary“ integriert. Eine Zweitverwertung sozusagen, die clever mit den anderen Geschichten verwoben, in einem überraschenden Twist endet – was will man zum Kürbisgruselfest mehr, außer vielleicht dem Rezept für eine leckere Suppe?

KÜRBISSUPPE

1 kindskopfgroßer Hokkaidokürbis
2 Zwiebeln
3 Knoblauchzehen
1 Dose Kokosmilch
1 Liter Gemüsebrühe
1 Stück Ingwer
Butter, Öl
Kürbiskerne, Kürbiskernöl
Salz, Pfeffer, Zucker

Den Kürbis waschen (Hokkaido muss nicht geschält werden) und mit einem großen Messer vierteln.
Die widerlichen Eingeweide (Kerne und Fasern) mit einem Löffel auskratzen.
Den Kürbis in daumengroße Stücke zerteilen.
In einem großen Topf die geschälten, in grobe Stücke zerschnittenen Zwiebeln und den Knoblauch im Butter/Ölgemisch andünsten. Den Kürbis dazugeben, kurz mitbraten. Dann den geschälten und geschnittenen Ingwer dazugeben.

Mit der Brühe (frisch ist gut – aus dem Glas oder als aufgelöster Brühwürfel geht auch) ablöschen.
Bei geschlossenem Deckel köcheln lassen. Nach ca. 15 Minuten die Kokosmilch dazugeben.
Noch mal 5 Minuten köcheln lassen.

In der Zwischenzeit eine halbe Folge einer Serie schauen (z. B. „The Boys“ Season 2) oder die Kürbiskerne (aus der Tüte, nicht die schleimigen aus dem gerade zerschnittenen Hokkaido) ohne Öl in der Pfanne rösten.
Die fertig gekochte Suppe (die Kürbisstücke sollten beim Gabeltest weich sein) mit dem Rührstab rücksichtslos pürieren. Mit Salz, Pfeffer und ggfs. einer Prise Zucker abschmecken.
Die Suppe in tiefen Tellern mit einem Schuss Kürbiskernöl verzieren und ein paar geröstete Kerne draufgeben. Mahlzeit!

Originaltitel „The Mortuary Collection“
USA 2019
111 min
Regie Ryan Spindell
Kinostart 22. Oktober 2020

alle Bilder © Capelight Pictures

THE BEACH HOUSE

Wenn sich der Zuschauer weder um die Handlung noch um die Charaktere schert, dann ist das keine glückliche Kombination. „The Beach House“ ist eine Super-Low-Budget-Produktion, die aussieht, als hätten sich ein paar Freunde übers Wochenende in einem Ferienhaus getroffen und spontan beschlossen, einen Horrorfilm zu drehen, ohne zu wissen, wie man so was macht.

Die „Geschichte“: Randall will mit seiner Highschoolfreundin Emily ein paar romantische Tage im Strandhaus seines Vaters verbringen. Dort treffen sie auf die Turners, Freunde von Randalls Vater. Die vier beschließen, einen gemütlichen Abend miteinander zu verbringen. Zum Essen gibts Austern und Haschisch-Schokolade. Später zieht dichter Nebel auf, Schleim tropft aus den Wasserhähnen und alle werden zu Zombies außer Emily, denn die mag keine Meeresfrüchte. Ende.

Die Infizierten können sich vor lauter Kotzattacken kaum von der Stelle bewegen – was ihre Bedrohlichkeit stark minimiert – und nach der endgültigen Zombifizierung werden ihre Augen ganz milchig. Warum außerdem überdimensionale Dumplings am Strand rumliegen und Emily sich einen langen Wurm aus dem Fuß zieht, bleibt ebenso unerklärt wie die Frage, weshalb dieser wirre Cocktail aus „Invasion of the Body Snatchers“, „The Fog“ und „Dawn of the Dead“ produziert wurde. Macht alles keinen Sinn.

Originaltitel „The Beach House“
USA 2019
88 min
Regie Jeffrey A. Brown
Kinostart 22. Oktober 2020

alle Bilder © koch films

FOLLOW ME

Nein, „Follow me“ ist leider kein Biopic über die Dali-Muse Amanda Lear und ihren größten Hit von 1978, sondern nur ein mittelmäßiger Horror-Thriller aus den USA.
Nach „Escape Room“ von 2017 und „Escape Room“ von 2019, kommt nun ein weiterer Film zum Thema „Rätselräume“ ins Kino. Der Ablauf wie gehabt: Ein paar Freiwillige – diesmal die nervigste Spezies Mensch überhaupt: Influencer – müssen diverse Rätsel lösen, um sich aus gefährlichen Situationen zu befreien. Regisseur Will Wernick bedient sich dabei einer ungewöhnlichen Herangehensweise: Alle Protagonisten sind ausnahmslos unsympathisch – das erschwert das Mitleiden.

Der vermeintlich coole Social-Media-Star Cole macht sich mit vier Freunden auf den Weg nach Russland und schon der Flug dorthin erweist sich als Belastungsprobe für den Zuschauer. So viel dummes Gepose in die Selfiekamera hat man zuletzt im Mauerpark beim Schulausflug einer achten Klasse aus Mannheim gesehen. In Moskau angekommen, erwartet die Freunde dann das ultimative, perfekt auf sie zugeschnittene Escape-Room-Spiel. Natürlich wird aus anfänglichem Spaß bald blutiger Ernst. Hier nimmt die konstruierte Geschichte endlich ein bisschen Fahrt auf, doch am (von David Finchers „The Game“ geklauten) Ende bleiben viele, viele Fragen offen.

FAZIT

Gebremster Torture-Porn im Stil von „Saw“ und „Hostel“ – trotz aller Logikfehler stellenweise spannend.

Originaltitel „Follow Me“
USA 2019
92 min
Regie Will Wernick
Kinostart 20. August 2020