THE GRUDGE

So fängt das Kinojahr schon gleich ungut an: „The Grudge“ hat es geschafft, beim Bewertungsportal CinemaScore das selten vergebene „F“ zu erlangen. Schlechter geht’s nicht.

„The Grudge“ 2020 ist bereits die dritte Fortsetzung der amerikanischen Neuauflage des japanischen Originals „Ju-On“ von 2002. Wieder geht es um böse Geister, die sich in Häusern samt deren Bewohnern einnisten. Eine junge Mutter schleppt einen solchen Geist unwissentlich von Japan in die USA ein. Bald darauf tötet sie ihre Familie und sich selbst. Detective Muldoon versucht, den brutalen Familienmord aufzuklären. Im Rahmen ihrer Ermittlungen vor Ort betritt sie das verfluchte Haus und wird bald selbst von den Geistern verfolgt. Soweit, so unoriginell.

Regisseur Pesce bemüht sich, seine Geisterbahnfahrt durch verschachtelte Handlungs- und Zeitebenen mit ein wenig Bedeutung und Tiefe aufzuladen. Auch lobenswert: Statt perfekter CGI setzt der Filmemacher auf analoge Effekte. Viel geholfen hat die Mühe jedoch nicht. Der „Spukhaus“- und „Rache aus dem Totenreich“-Geschichte lässt sich als Nichtkenner der Filmserie nur schwer folgen. Da erlahmen das Interesse und die Sorge um die Figuren schnell. Und richtiger Horror will sich auch nicht einstellen: Die immer gleichen Jump-Scares, in denen entstellte Leichen und Geister urplötzlich aus dem Dunkel auftauchen, haben sich rasch abgeschliffen.

FAZIT

Hat ein paar gelungene Momente – alles in allem aber eher fade Gruselkost.

Originaltitel „The Grudge“
USA 2020
93 min
Regie Nicolas Pesce
Kinostart 09. Januar 2020

THE DEAD DON’T DIE

In Centerville, einem verschlafenen Nest irgendwo in den USA, erheben sich eines Nachts die Toten aus ihren Gräbern. Warum das so ist, weiß niemand genau, wahrscheinlich hat es irgendwas mit Fracking am Nordpol und der deshalb verschobenen Erdachse zu tun. Egal, wie nicht anders zu erwarten, fallen die frisch erwachten Toten blutgierig über die Einwohner der Kleinstadt her.

„The Dead Don’t Die“ ist stellenweise ganz putzig in seiner typisch lakonischen Jim Jarmusch-Art, verbunden mit ein bisschen Umweltsünder- und Kapitalismuskritik. Aber Zombies als Synonym für die in stumpfen Konsumrausch verfallene Menschheit zu nutzen, das hat George A. Romero schon vor Jahrzehnten besser (und bissiger) gemacht.

Bill Murray, Adam Driver, Chloë Sevigny, Danny Glover, Tilda Swinton, Tom Waits, Selena Gomez, Steve Buscemi, Carol Kane: viele ausgezeichnete Schauspieler, die wenig bis gar nichts zu tun haben. Die verschwendeten Stars geben sich in teilweise nur sekundenlangen Auftritten die Klinke in die Hand.

Jim Jarmusch taugt nicht zum Mainstream. Der klamottige Film torkelt vor sich hin, im Laufe der Geschichte werden die Ideen zunehmend abstruser, die handelnden Personen verhalten sich immer irrationaler und unglaubwürdiger. Vielleicht hat der Regisseur die letzten Jahre im Tiefschlaf verbracht und nicht realisiert, dass es mittlerweile unzählige (bessere) Zombie-Komödien gibt.

FAZIT

Weder als intelligenter Horrorfilm noch als schräge Komödie befriedigend.

Originaltitel „The Dead Don’t Die“ 
USA 2019
105 min
Regie Jim Jarmusch
Kinostart 13. Juni 2019

MA

„MA – sie sieht alles“. Denn Sue „Ma“ Ann beherrscht Social Media und hat so ihre Opfer stets im Blick. Und das, obwohl sie schon Ü30 ist! Voll lit, die Alte.

Maggie, die gerade mit ihrer Mutter in eine todeslangweilige Kleinstadt nach Ohio gezogen ist, will mit ein paar neuen Freunden Party machen. Da alle unter 21 sind, fragen sie die zufälligerweise des Weges kommende Sue Ann, ob sie wohl so nett wäre, im Supermarkt ein paar Flaschen Schnaps zu kaufen. Die ist selbst mal jung gewesen und über die Maßen erfreut, aushelfen zu können. Sie bietet sogar an, das Saufgelage in ihrem Haus, respektive Keller stattfinden zu lassen. Man ahnt, das nimmt kein gutes Ende.

Jung, hübsch und dauerhorny. Teenager, die für ihre erwachende Sexualität und Feierfreude bestraft werden: Da steht „Ma“ ganz in der Tradition des guten, alten 70/80er Jahre „Freitag der 13.“ und „Halloween“-Horrors. Im Gegensatz zu deren oft zweitklassigen Schauspielern kann „Ma“ mit einer A-Liga Besetzung aufwarten. Juliette Lewis gibt sehr glaubhaft die Whitetrash-Mutti mit Herz. Nur Octavia Spencer ist unter- oder überfordert. Ob es an der Regie von Tate Taylor liegt, oder ob sie ihre Rolle selbst nicht ernst nehmen kann – als durchgedrehte Psychopathin ist die Oscarpreisträgerin wenig überzeugend.

FAZIT

„Ma“ ist ein halbwegs solider Horror-Thriller mit ein paar netten Schockmomenten.

Originaltitel „Ma“
USA 2019
99 min
Regie Tate Taylor
Kinostart 30. Mai 2019

Wir

1987 – ein Vergnügungspark am Strand von Santa Cruz. Die kleine Adelaide läuft ihren Eltern weg und findet sich ganz alleine in einem Spiegelkabinett wieder. Während sie durch das dunkle Labyrinth irrt, entdeckt sie zu ihrem Entsetzen, dass das, was zunächst ihr Spiegelbild zu sein scheint, in Wahrheit ihre Doppelgängerin ist. 

Dreissig Jahre später: Adelaide macht mit ihrem Mann und den beiden Kindern Strandurlaub am Ort ihres Kindheitstraumas. In der Familie herrscht leicht angespannte Atmosphäre, denn Adelaide beunruhigen eine Anhäufung seltsamer Zufälle. Die Stimmung kippt unvermittelt in blanken Horror, als nachts plötzlich vier unheimliche Gestalten in der Einfahrt des Ferienhauses stehen. Die Fremden dringen nicht nur brutal in die heile Welt der Wilsons ein, sondern sehen ihnen auch noch  verstörend ähnlich. Die doppelten Lottchen sind mit Scheren bewaffnet und ihnen steht der Sinn nach Mord.

Wir – oder „US“, wie er schön doppeldeutig im Original heißt, ist ein Film zum Zeitgeist: eine Abrechnung mit dem aktuellen, nicht nur US-amerikanischen Phänomen der geschürten Angst vor den Anderen. Weitgehend funktioniert der intelligente Horror. Besonders bei den nervenaufreibenden Szenen, die sich im Ferienhaus abspielen, erinnert der Thriller an „Funny Games“. Wie Michael Haneke, versteht es auch Jordan Peele meisterhaft, permanente Todesangst und Humor in Balance zu halten.

Aber der Regisseur meint es zu gut und hat noch mehr mitzuteilen. Wir  verlässt sich nicht auf seinen Horror, sondern belastet mit immer ausufernderen Erklärungen: Woher kommen die Doppelgänger? Was ist ihre Vorgeschichte? Warum tun sie, was sie tun? Doch durch zu viel Information verliert der Schrecken seine Kraft.

FAZIT

„Wir selbst sind unsere schlimmsten Feinde“ – dieser Satz entwickelt hier eine ganz neue Dimension.
Der Nachfolgefilm zu Peeles brillanten „Get Out“ ist ein intelligenter, größtenteils unheimlicher und überraschend vielschichtiger Thriller, der aber vor allem gegen Ende unter akuter Erklärwut leidet.

USA, 2019
117 min
Regie Jordan Peele 
Kinostart 21. März 2019

The First Purge

BLUTIGES PREQUEL

„The First Purge“ erzählt, wie die jährlich wiederkehrenden „zwölf Stunden Gesetzlosigkeit“, oder auch  „The Purge“, begannen. Die Partei des ultrarechten US-Präsidenten (nein, das ist kein Dokfilm) verfügt, dass eine Nacht lang alle Gewalttaten straffrei bleiben. Ohne Konsequenzen, mitmachen kann jeder. Damit soll die Verbrechensrate in den USA für den Rest des Jahres gedrückt werden. Für 5.000 $ sollen sich Freiwillige neonblaue Kontaktlinsen mit integrierter Kamera ins Auge einsetzen, damit das Morden live im Fernsehen übertragen werden kann. Die Bevölkerung will zunächst nicht mitspielen und feiert lieber Straßenfest. Deshalb heizt die Regierung die Gewalt durch gezielte Attacken künstlich an. Was als Sozialexperiment im New Yorker Stadtteil Staten Island beginnt, gerät so rasch außer Kontrolle.

MACHART

Ja, auch dieser Film hat seine Momente. Leider sind die zu kurz und zu selten. In erster Linie wird viel erschossen, aufgeschlitzt, verbrannt und erschlagen. Hauptsache blutrünstig. Dabei bleibt die Spannung zugunsten billiger Schockmomente auf der Strecke. Und auch die pseudo-politische Botschaft verpufft in der unglaubwürdigen Geschichte. Wenigstens gibt’s was zu lachen, wenn auch unfreiwillig. Zum Beispiel,  wenn Held Dmitri (Y’lan Noel) unvermittelt Jacke und Hemd ablegt, um im weißen Tanktop – ganz in alter „Die Hard“-Tradition – in die Schlacht zu ziehen. Mit einem Maschinengewehr bewaffnet, fast größer als er selbst. Auch die deutsche Synchronisation sorgt für Erheiterung, will sie sich doch partout nicht zwischen hipper Jugendsprache, Ghettoslang und gestelztem Schriftdeutsch entscheiden.

FAZIT

Insgesamt ganz schön menschenverachtend und daher dröge.

USA, 2018
Regie Gerard McMurray
112 min