Köln 75

KÖLN 75

Köln 75

KÖLN 75

Es ist das meistverkaufte Soloalbum eines Jazzmusikers: The Köln Concert von Keith Jarrett. Vor genau 50 Jahren entstand die legendäre Aufnahme, die in keinem gut sortierten Intellektuellenhaushalt fehlen darf. Nun bringt der Spielfilm KÖLN 75 unter der Regie von Ido Fluk die Geschichte hinter dem Konzert auf die Leinwand – oder besser gesagt: das, was davor geschah.

Ab 13. März 2025 im Kino

Wer sich allerdings auf Szenen des eigentlichen Konzerts freut, wird enttäuscht: Statt entrückter Klavierklänge gibt es nur die turbulenten Vorbereitungen und jede Menge Beinahekatastrophen zu sehen. Denn von Jarretts Köln Concert hört man im gesamten Film genau: nichts. Stattdessen dreht sich alles um die schier endlosen Herausforderungen, die die 18-jährige Veranstalterin Vera Brandes (Mala Emde) bewältigen muss.

Köln 75

Gegen den ausdrücklichen Willen ihres Vaters (Ulrich Tukur) und auf eigenes Risiko wagt sich Vera an die Mammutaufgabe, ein Konzert des Jazzgenies Keith Jarrett (John Magaro) in der Kölner Oper zu organisieren. Doch alles, was schiefgehen kann, geht schief. Anstelle des geforderten Bösendorfer Imperial Konzertflügels steht ein kleiner, verstimmter Stutzflügel bereit – mit klemmendem Pedal und kaputten Tasten. Jarrett droht mit Absage.

Köln 75

Der Film erzählt letztlich zwei (fast wahre) Geschichten. Die erste, die von Vera, bietet solides Unterhaltungskino – konventionell inszeniert, mit stellenweise etwas zu aufdringlich ausgestatteten 70er-Jahre-Kulissen. Die zweite, über den Ausnahmekünstler Keith Jarrett, ist deutlich spannender. Jarrett, pleite und von Rückenschmerzen geplagt, tourt mit seinem Manager in einem klapprigen Auto durch Europa. Begleitet wird er vom amerikanischen Journalisten Michael Watts (Michael Chernus), der unbedingt ein Interview führen möchte.

Köln 75

Besonders eindrucksvoll: eine fulminante Szene, in der Watts die vierte Wand durchbricht und im Schnelldurchlauf den Zuschauern erklärt, was „Jazz“ eigentlich ist – und warum Keith Jarrett ein absolutes Genie ist. Allein für diese Sequenz lohnt sich der Film.

KÖLN 75 schwankt zwischen zwei unterschiedlichen Tonlagen. Trotz der stilistischen Unentschlossenheit: sehenswert.

INFOS ZUM FILM

Deutschland / Belgien / Polen 2024
116 min
Regie Ido Fluk

Köln 75

alle Bilder © Alamode Film

JETZT ZUM NEWSLETTER ANMELDEN

STELLA. EIN LEBEN.

STELLA. EIN LEBEN.

Ab 25. Januar 2024 im Kino

Blondiert, elegant und skrupellos - Stella Goldschlag verrät während des Zweiten Weltkriegs jüdische Mitbürger, um ihre eigene Haut zu retten.

Berlin 1940: Sie lebt und liebt Jazz. Der große Traum vom Engagement in New York wird sich nicht erfüllen, denn Stella und ihre Freunde sind Juden. Sie kann zwar zunächst untertauchen, doch 1943 wird sie verhaftet. Um sich und ihre Eltern zu retten, arbeitet sie im Auftrag der Gestapo, sucht nach jüdischen Mitbürgern und denunziert sie. 

War Stella Goldschlag ein Monster?

Zwischen 600 und 3.000 Juden verrät Stella Goldschlag und stürzt sie damit ins Verderben. Nach Kriegsende will sie sich als „Opfer des Faschismus“ anerkennen lassen, später konvertiert sie zum Christentum und wird bekennende Antisemitin. Paula Beer spielt die ambivalente Figur gewohnt facettenreich, doch als Zuschauer bleibt man distanziert. Es fällt schwer, irgendeine Form von Sympathie oder Mitgefühl (trotz brutaler Folter durch die Gestapo) für eine Kollaborateurin zu entwickeln, die sich derart skrupellos verhält. Wie sie gemeinsam mit ihrem Freund, dem Passfälscher Rolf Isaaksohn, nicht nur überteuerte Ausweispapiere an Juden verkauft, sondern sich bald einen genussvollen Sport daraus macht, sogar enge Freunde zu verraten – das ist schon ganz und gar widerlich.

Den Kudamm der 40er-Jahre hat Set-Designer Albrecht Konrad kurzerhand an der Frankfurter Allee nachgebaut. Das sieht täuschend echt aus und ist eine Wohltat gegenüber den sonst üblichen, im Computer generierten Kulissen. STELLA. EIN LEBEN. besticht immerhin durch tolle Ausstattung. Doch sowohl in der Besetzung als auch in der Bildsprache ist der Film eigenartig modern. Zu keinem Moment glaubt man ernsthaft, Jannis Niewöhner oder Damian Hardung seien Menschen aus der damaligen Zeit. Kameramann Benedict Neuenfels zoomt und wackelt dazu durch die Geschichte, als würde er einen Jason-Bourne-Film in den 2000er-Jahren drehen – auch das wirkt angestrengt und fehl am Platz.

Ein zwiespältiger Film über eine (mehr als) zwiespältige Frau. War Stella Goldschlag ein Monster? Darüber zu urteilen, fällt schwer. Über allem steht die ewige Frage: „Was hätte man selbst getan?“ Stella Goldschlag war Täterin und Opfer zugleich. STELLA. EIN LEBEN. hat inszenatorische Schwächen, erzählt aber eine hochinteressante und gleichzeitig verstörende wahre Geschichte.

INFOS ZUM FILM

Deutschland 2023
115 min
Regie Kilian Riedhof

alle Bilder © MAJESTIC

JETZT ZUM NEWSLETTER ANMELDEN

MOTHERLESS BROOKLYN

Lionel Essrog (Edward Norton) ist ein Privatdetektiv, der unter dem Tourette Syndrom leidet. Eine Krankheit, die immer für einen schnellen Lacher TITTEN! FICKEN! gut ist.  „Motherless Brooklyn“ folgt Essrog bei seinem riskanten Vorhaben, den Mord an seinem Mentor und Freund Frank Minna (Bruce Willis) aufzuklären. Beim Kampf gegen Gangster und Korruption deckt Lionel streng gehütete Geheimnisse der New Yorker Politszene auf.

Die simple Formel lautet: Die besten Chancen, einen Oscar zu gewinnen, haben Schauspieler in der Rolle eines Todkranken oder Behinderten. „Motherless Brooklyn“ wäre gerne ein cooler Film noir im Stile von „L.A. Confidential“. Doch all die Musik-Szenen in verrauchten Jazzclubs und all die lässigen, Hut tragenden Detektive nützen nichts – herausgekommen ist nur ein um Stil bemühter, stellenweise unfreiwillig komischer, vermurkster Egotrip Edward Nortons. Denn statt zu vieler Köche hat hier ein einziger Koch in zu vielen Rollen den Brei verdorben. Der Oscar-Kandidat fungiert als Regisseur, Hauptdarsteller, Produzent und Drehbuchautor. Und scheinbar hat Regisseur Norton einen Narren an seinem Hauptdarsteller Norton gefressen. So bleiben Szenen ganz verliebt immer ein bisschen zu lange auf seinem Gesicht geschnitten. Das tut dem Film nicht gut, denn das ganze Gezucke und Geschimpfe nervt schon nach wenigen Minuten. Auch die anderen Schauspieler sind nicht in Höchstform. Willem Dafoe gibt mal wieder den am Rande des Wahnsinns Wandelnden und Alec Baldwin schafft es nicht, als oberkorrupter Politiker seine Figuren als SNL-Trump oder Jack Donaghy aus „30 Rock“ vergessen zu machen. Regisseur Norton lässt sich und seine Schauspieler an der zu langen Leine, was zu gnadenlosem Overacting führt.

FAZIT

Ein paar gute Momente hat der Film. Ansonsten ist „Motherless Brooklyn“ eine langatmige, eitle Oscarbewerbung.

Originaltitel „Motherless Brooklyn“
USA 2019
145 min
Regie Edward Norton
Kinostart 12. Dezember 2019