Green Visions Potsdam

FILMFESTIVAL FÜR NACHHALTIGES LEBEN

Green Visions Potsdam

FILMFESTIVAL FÜR NACHHALTIGES LEBEN

„Kann Klima Spaß machen? Aber ja.“ -meint Dieter Kosslick. Ja genau, DER Dieter Kosslick. Unter Leitung des ehemaligen Berlinale-Chefs findet noch bis heute erstmals das Filmfestival Green Visions in Potsdam statt.

Klimawandel und Kino – zwei Begriffe, die auf den ersten Blick nicht viel gemeinsam haben. Doch Hollywood hat mehr Einfluss auf unser Umweltbewusstsein, als wir denken. Vom Blockbuster über Dokumentationen bis hin zu dystopischen Zukunftsvisionen - Filme sind ein mächtiges Werkzeug, um die Dringlichkeit der Klimakrise zu vermitteln und die Zuschauer zum Nachdenken anzuregen. Kuratiert von der Amerikanerin Karen Arikian wird in Potsdam eine Auswahl von 18 Spiel- und Dokumentarfilmen rund um die Themen Nachhaltigkeit, Klimaschutz und Ernährung gezeigt. Dazu gibt's erhellende Expertengespräche vor und nach den Vorführungen. Bleibt zu hoffen, dass das noch zarte Pflänzchen „Green Visions Potsdam“ in den kommenden Jahren kräftig Wurzeln schlägt.

LES GARDIENNES DE LA PLANÈTE

LES GARDIENNES DE LA PLANÈTE

Mit Jean-Albert Lièvres LES GARDIENNES DE LA PLANÈTE (WHALE NATION) wurde das Festival am vergangenen Donnerstag eröffnet. Der Mensch bevölkert (und zerstört) die Erde gerade mal seit 2 Millionen Jahren, da kann der Buckelwal nur milde lächeln. Seit über 50 Millionen Jahren schwimmen die gigantischen Tiere durch unsere Ozeane. Lampenöl, Korsetts, Klaviertasten, Kosmetika – Wale wurden in den vergangenen Jahrhunderten fast ausgerottet, nur langsam erholen sich die Bestände wieder. WHALE NATION begleitet die höchst eleganten Meeressäuger auf ihrer Reise rund um den Globus. In Abwandlung von Loriots „Der Hund kann ja gar nicht sprechen“ leiht dabei der britische Schauspieler Richard E. Grant einem der Buckelwal seine sonore Stimme. Vielleicht braucht es diese Vermenschlichung, um sich am Ende selbst wie ein Wal zu fühlen. Poetisch und schön.

INFOS ZUM FILM

Englischer Titel „Whale Nation“
Frankreich 2023
82 Min.
Regie: Jean-Albert Lièvre

The End We Start From

THE END WE START FROM

Apropos Ende: Der Klimawandel wird uns alle zu Flüchtlingen machen. Wer bei dem Thema einen Roland-Emmerich-tauglichen Katastrophenfilm erwartet, wird überrascht. Es pieselt zwar viel, aber einstürzende Dämme und untergehende Großstädte muss man sich vorstellen, gezeigt wird nur eine typisch britische Regenlandschaft. Dazu die bekannten Endzeit-Versatzstücke aus zwischenmenschlichem Chaos und sich neu bildenden Gesellschaftsformen. Trotz guter Kamera (Suzie Lavelle) und hochkarätiger Gastauftritte von Benedict Cumberbatch und Mark Strong bleibt die ganze Angelegenheit insgesamt eher schleppend.

Die ausführliche Kritik ist bereits letzte Woche erschienen, hier zum Nachlesen: THE END WE START FROM

INFOS ZUM FILM

Originaltitel „The End We Start From“
Großbritannien 2023
102 min
Regie Mahalia Belo

FASHION REIMAGINED

FASHION REIMAGINED

Viel besser dagegen der Dokumentarfilm FASHION REIMAGINED aus Großbritannien. Amy Powney ist in ihrer Heimat ein aufstrebender Star. Vor sechs Jahren stellt die Modedesignerin und Inhaberin des Labels Mother of Pearl ihr Unternehmen auf den Prüfstand, gestaltet es daraufhin gründlich um. Bisher auf Gewinn und immer weiter steigende Produktionszahlen fixiert, fühlt sich Powney als Teil des Klimaproblems. Als sie 2017 den British Fashion Council and Vogue Fashion Fund Award gewinnt, nutzt sie das Preisgeld, um ihre Firma umweltfreundlicher zu machen. Die Filmemacherin Becky Hutner begleitet die grundsympathische Powney bei ihrem Versuch, eine komplett nachhaltige Bekleidungskollektion zu entwerfen. Was sich als schwieriger erweist als gedacht.

INFOS ZUM FILM

Originaltitel „Fashion Reimagined“
Großbritannien 2022
100 min
Regie Becky Hutner

FOOD, INC. 2

FOOD, INC. 2

Ein neuer Trend: Dokumentarfilme bekommen, wie bei Blockbustern schon lange üblich, eine Fortsetzung. Demnächst startet DIE UNBEUGSAMEN 2 im Kino, nun also auch das Sequel zur oscarnominierten Doku FOOD, INC. aus dem Jahr 2008. Die Filmemacher Robert Kenner und Melissa Robledo haben ihr erklärtes Ziel verfehlt, aus stumpfen Allesfressern, die jede von der Industrie angerührte processed-food-Pampe schlucken, kritische Konsumenten zu machen. Zwar sind heutzutage sogar Mars-Riegel „Bio“ und an jeder Straßenecke versprechen organische Bauernmärkte gesunde Kost (zu Höchstpreisen), doch der Markt wird weiterhin „von einer Handvoll sehr großer und sehr mächtiger Unternehmen“ bestimmt, so der Produzent des Films. FOOD, INC. 2 beschränkt sich nicht auf Negativbeispiele, sondern zeigt Alternativen: Politiker, Landwirte und Lebensmittelproduzenten, die mit Engagement und Ideenreichtum versuchen, den Menschen eine gesündere Ernährung zu ermöglichen und dabei die Umwelt zu schonen.

INFOS ZUM FILM

Originaltitel „FOOD, INC. 2“
USA 2023
100 min
Regie Robert Kenner, Melissa Robledo

UKJENT LANDSKAP

UKJENT LANDSKAP

Zum Schluss noch ein Abstecher in die Wildnis: UKJENT LANDSKAP (A NEW KIND OF WILDERNESS) ist ein norwegischer Dokumentarfilm, der von einer sechsköpfigen Familie erzählt, die fernab aller Zivilisation als Selbstversorger eine Farm betreibt. Morgens erst mal einen Baum umarmen, das Leben kann wundervoll sein. Doch dann macht die Krebserkrankung der Mutter das schöne, freie Dasein zunichte. Nach ihrem Tod ist die Familie gezwungen, ihr Leben komplett umzustellen. Das Geld reicht nicht, der Vater ist mit der Alleinerziehung überfordert. Auch Regisseurin Silje Evensmo Jacobsen musste ihre ursprüngliche Idee, ein Porträt über die britisch-norwegische Aussteigerfamilie zu drehen, aufgeben. Ihr Film begleitet den Vater und seine Kinder bei ihrem langen und oft schweren Weg aus der Trauer zurück in einen halbwegs funktionierenden und glücklichen Alltag. Die zu Herzen gehende Dokumentation gewann in diesem Jahr den Grand Jury Prize auf dem Sundance Filmfestival.

INFOS ZUM FILM

Originaltitel „A New Kind of Wilderness“
Norwegen 2024
84 min
Regie Silje Evensmo Jacobsen

Festivallogo © Green Visions Potsdam
LES GARDIENNES DE LA PLANÈTE © Goodfellas
THE END WE START FROM © Anika Molnar
FASHION REIMAGINED © Nick Prendeville
FOOD, INC. 2 © River Road and Participant
UKJENT LANDSKAP © A5 Film

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The End We Start From

THE END WE START FROM

The End We Start From

THE END WE START FROM

In England regnet es seit Monaten. Klingt wie ein normaler Wetterbericht der BBC, ist aber die Idee zu einem Katastrophenfilm der etwas anderen Art.

Ab 30. Mai 2024 im Kino

The End We Start From

Der Wasserpegel steigt unaufhörlich. Allerdings nur in der Wanne, denn eine hochschwangere junge Frau (Jodie Comer) gönnt sich erst mal ein Bad. Kurz darauf setzen die Wehen ein. Während die Mutter ihr Kind aus dem Geburtskanal in die Welt presst, brechen Wassermassen über England ein. Land unter. Gemeinsam mit Ehemann R. (Joel Fry) begibt sich die Kleinfamilie auf die Flucht.

Dauertraurig und fast sediert

Den Inhalt von THE END WE START FROM könnte man in zwei Sätzen so zusammenfassen: Während eine Frau von A nach B nach C und dann wieder (Spoiler!) zurück nach A fährt, regnet es. Dazu schreit nonstop ein Baby. Die vor allem als Villanelle in der Serie KILLING EVE liebgewonnene Jodie Comer wird hier ihres größten Talents beraubt. Statt als zynische Spaß-Irre muss sie dauertraurig und fast sediert ihen Roadtrip durch die Apokalypse überstehen. Sad Smiley.

The End We Start From

Der Klimawandel wird uns alle zu Flüchtlingen machen. Wer bei dem Thema einen Roland-Emmerich-tauglichen Katastrophenfilm erwartet, wird enttäuscht. Es pieselt zwar viel, aber einstürzende Dämme und untergehende Großstädte muss man sich vorstellen, gezeigt wird nur eine typisch britische Regenlandschaft. Dazu die üblichen Endzeit-Versatzstücke aus zwischenmenschlichem Chaos und sich neu bildenden Gesellschaftsformen.

Trotz guter Kamera (Suzie Lavelle) und hochkarätiger Gastauftritte von Benedict Cumberbatch und Mark Strong bleibt die ganze Angelegenheit insgesamt eher langweilig bis zäh. Am Ende gibt es noch ein paar hübsche Bilder vom überschwemmten London zu sehen, aber nur für die Zuschauer, die bis dahin durchgehalten haben.

INFOS ZUM FILM

Originaltitel „The End We Start From“
GB 2023
102 min
Regie Mahalia Belo

The End We Start From

alle Bilder © Universal Pictures Germany

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THE LAST DUEL

THE LAST DUEL

Ritter Jean (Matt Damon) und Junker Jacques (Adam Driver) werden zu erbitterten Feinden, nachdem Jeans Frau, Marguerite (Jodie Comer), behauptet, von Jacques brutal vergewaltigt worden zu sein. Der beteuert zwar seine Unschuld, doch Jean glaubt seiner Frau und bringt den ehemaligen Freund vor Gericht. Der Ausgang eines vom König angeordneten Duells soll über Schuld und Unschuld entscheiden.

#metoo im 14. Jahrhundert – Die Drehbuchautoren Matt Damon, Ben Affleck und Nicole Holofcener lassen die Männer im Kettenhemd ausgesprochen schlecht aussehen. Die Handlung wird aus drei Perspektiven gezeigt: der des Ehemanns, der des Vergewaltigers und zuletzt der des Opfers. Den Kunstgriff, die gleiche Geschichte aus verschiedenen Blickwinkeln zu erzählen, kennt man zum Beispiel von der 40 Jahre alten ZDF-Miniserie „Tod eines Schülers“.

Matt Damon, durch eine Vokuhila und einen abscheulichen Kinnbart entstellt, liefert wie immer eine solide Leistung ab – dröge kann er gut. Ganz ausgezeichnet: Jodie Comer als missbrauchte Frau, die sich zur Wehr setzt. Adam Driver bleibt im Star Wars-Modus und gibt erneut den ambivalenten Shakespeare-Schurken, dessen britischer Akzent kommt und geht wie Ebbe und Flut. Die große Überraschung ist der Auftritt des platinblond gefärbten Ben Afflecks, der sich mit seinem losen Mundwerk aus einem lustigeren Film hierher verirrt hat.

Ridley Scotts visuelles Universum bleibt seit „Gladiator“ unverändert und kennt nur zwei Farbstimmungen: stahlblau und kerzenwarm. Auch die immer gleichen Schlachten bei beständig schlechtem Matsche-Wetter kennt man aus zahllosen anderen Abenteuerfilmen. Hundertfach kopiert und zitiert, sieht aber immer noch gut aus.

FAZIT

Ja, so san’s, die alten Rittersleut’ – wenn sie sich nicht gerade die Köpfe einschlagen, gibt es außer Saufen und Schnackseln wenig Freizeitbeschäftigung. „The Last Duel“ bietet nicht viel Neues, ist aber dank seiner Erzählstruktur – wie der Engländer sagen würde – growing on you. Häufig genug, dass bei einer Laufzeit von 2,5 Stunden in der letzten Stunde das große Mopsen einsetzt. Hier aber ist das Gegenteil der Fall: Anfangs ein bisschen zäh, doch je länger es dauert, desto interessanter wird es. Also Geduld, es lohnt sich am Ende.

INFOS ZUM FILM

Originaltitel „The Last Duel“
USA 2021
153 min
Regie Ridley Scott
Kinostart 14. Oktober 2021

alle Bilder © Walt Disney Studios Motion Pictures Germany