EINE MILLION MINUTEN
Zufall oder Absicht? EINE MILLION MINUTEN zeigt auffallende Parallelen zu WOCHENENDREBELLEN - ist aber der bessere Film.
Ab 01. Februar 2024 im Kino
Die Geschichte kommt einem bekannt vor: Vater ist viel unterwegs, macht Karriere. Mutter kümmert sich um Kinder und Haushalt, ist frustriert. Opa wird von Joachim Król gespielt. Eines der Kinder hat eine leichte Behinderung. Nix Garstiges, irgendwas, was man fast nicht sieht. ADHS oder so. Und weil keine Therapie anschlägt und das Kind es sich abends beim Zubettgehen so sehr wünscht, fasst die Familie einen verrückten Plan: Sie fahren gemeinsam durch sämtliche Fußballstadien Deutschlands. Nein, das war der andere Film. Sie machen eine Weltreise für 1.000.000 Minuten (entspricht knapp zwei Jahren). Und weil Kinder nicht nur im Prenzlberg an der Macht sind, dürfen sie den Verlauf der Tour bestimmen. Kurz mit dem kleinen Finger auf den Globus getippt – und los geht’s. Doch dass man, egal wohin man reist, seine Probleme immer wie einen schweren Koffer mit sich trägt, ist eine Binsenweisheit.
Das Leben ist der beste Autor
Ohne jeden Zynismus kann man sagen, dass hier die Probleme von extrem privilegierten Menschen thematisiert werden. So hält sich das Mitleid in Grenzen, wenn die Familie bei ihrem Selbstfindungstrip in fantastischen Häusern mit direktem Meerzugang residiert und das größte Problem eine instabile Internetverbindung ist. Darauf ein kühles Bier am Strand.
Dass EINE MILLION MINUTEN um Klassen besser als sein Doppelgänger WOCHENENDREBELLEN ist, hat mehrere Gründe: Zum einen sieht er besser aus. Kameramann Andreas Berger hat den Film fürs Kino gedreht und vermeidet kleinliches TV-Format. Zum anderen beweist Regisseur Christopher Doll bei der Besetzung der Hauptrollen mit Karoline Herfurth und Tom Schilling ein glückliches Händchen. Den beiden ist es zu verdanken, dass EINE MILLION MINUTEN keine banale deutsche Komödie mit Herz-Schmerz-Elementen geworden ist. Ganz im Gegenteil. Abgesehen von den etwas nervigen „Bilder einer glücklichen Familie mit gefälliger Popmusik unterlegt“-Sequenzen hat der Film viele erstaunlich ernste und berührende Momente.
Das Leben ist eben doch der beste Autor: Wie WOCHENENDREBELLEN basiert auch EINE MILLION MINUTEN auf einer wahren Geschichte. Die Buchvorlage stammt von Wolf Küper, der mit seiner Familie nach Stationen in Australien, Neuseeland und Asien inzwischen in Kapstadt lebt. Christopher Doll liefert mit der Verfilmung eine emotionale und wohltuend untypisch deutsche Tragikomödie ab – sehenswert.
INFOS ZUM FILM
Deutschland 2024
123 min
Regie Christopher Doll
alle Bilder © Warner Bros. Pictures Germany