Avengers – Infinity War

ERSTE HALBZEIT

Die Handlung kann man nicht wirklich wiedergeben. Es sei denn, man hat alle, alle Marvelfilme seit Iron Man gesehen, verstanden und in Erinnerung behalten.

In Kürze geht es um den ultimativen Bösewicht Thanos (Josh Brolin), der irgendwelche Infinity-Mumpitzsteine zusammensuchen und dadurch das mächtigste Wesen des Universums werden will. Um dann, auf einer Bank sitzend, in den Sonnenuntergang zu schauen. Da bei diesem teuflischen Plan auch noch gleich die Hälfte aller lebenden Wesen (inklusive der gefühlt 30 Superhelden) getötet, beziehungsweise in Luft aufgelöst werden soll, muss das natürlich mit vereinten Superkräften verhindert werden.

MACHART

Wer hätte das gedacht? Eine echte Überraschung. Ausgesprochen unterhaltsam, kurzweilig, witzig und ideenreich umgesetzt. Einer der besten Marvelfilme bis dato.

Obwohl so viele Köche den Brei hätten verderben können, behält man Dank der souveränen Inszenierung der Russo Brüder stets den Überblick. Die Figuren sind mittlerweile alle hinlänglich bekannt, das spart Zeit und die Geschichte kann direkt durchstarten.

Wäre das tatsächlich der letzte Avengersfilm, würde man wohl depressiv das Kino verlassen. Aber da es ja schon nächstes Jahr weitergeht, ahnt man, dass die recht hohe Sterblichkeitsrate der Helden wohl eher vorübergehend ist.

FAZIT

Grosses Unterhaltungsspektakel.

USA, 2018
Regie Anthony und Joe Russo
149 min

7 Tage in Entebbe

SOLIDES DRAMA

1976 – eine mit 248 Passagieren besetzte Air France Maschine wird auf dem Weg von Tel Aviv nach Paris von Terroristen entführt. In Entebbe, Uganda, gelandet, werden zunächst die nicht-jüdischen Passagiere freigelassen. Mit den übriggebliebenen jüdischen Passagieren soll die Freilassung von inhaftierten Palästinensern erzwungen werden. Der Plan – 40 Jahre alter Spoiler – geht nach 7 Tagen schief, die Terroristen sterben, die Geiseln kommen frei.

Die Befreiungsaktion wurde übrigens damals von Yonatan Netanjahu geleitet, dem älteren Bruder des amtierenden israelischen Premierministers Benjamin Netanjahu. Sogar noch was gelernt.

MACHART

Daniel Brühl gibt zur Abwechslung mal wieder den schmallippigen, humorbefreiten Deutschen, Rosamund Pike die eiskalte Terroristin.

Sehr ungewöhnlich ist der Kunstgriff, die Terrorszenen mit einer israelischen Tanztheateraufführung zu unterschneiden. Klingt absurd, funktioniert aber überraschenderweise gut.

FAZIT

Ist solide inszeniert und einigermaßen spannend, aber am Ende nicht mehr als ein ganz guter TV-Film. Hat man alles irgendwie schonmal gesehen.

USA/GB, 2018
Regie José Padilha
107 min

Rampage – Big meets Bigger

RIESEN QUATSCH

Eine Raumstation stürzt auf die Erde und setzt dabei grünes Giftgas frei. Kurz darauf mutieren ein Gorilla, ein Wolf und ein Alligator zu riesengroßen Monstern, die drohen, Chicago zu zerstören. Nur der Affenfachmann Davis Okoye (Dwayne Johnson) kann retten, was zu retten ist. Als Stichwortgeber stehen ihm dabei der schwer unterforderte Jeffrey Dean Morgan (bekannt aus „The Walking Dead“) und Naomie Harris als Gen-Forscherin zur Seite.

MACHART

Liebes 12-jähriges Ich, heute möchte ich Dir einen Film empfehlen, der ganz nach Deinem Geschmack sein dürfte: „Rampage“. Es geht um Monster und fiese Wissenschaftler. Der Humor ist ein bisschen pubertär und zotig, aber auch entwaffnend selbstironisch. Bei den Spezialeffekten wirst Du aus dem Staunen nicht mehr heraus kommen. Schon toll, was heutzutage alles möglich ist. Und ganz bestimmt besser als „King Kong vs. Godzilla“ von 1962, den Du Dir neulich in der Sonntags-Matinee angeschaut hast. Na gut, wenn man ganz genau hinschaut – die Szenen, in denen die menschlichen Charaktere mit den Monstern interagieren, sehen ein bisschen fake aus, aber sonst…Zum Glück gibt’s auch keine nervige Liebesgeschichte (Augenroll), außer der zwischen „The Rock“ und seinem Albinoaffen.

Eins noch: Die „Bösen“ (Malin Akerman und Jake Lacy als Geschwisterpaar) sind in „Rampage“ wirklich schlecht. Charakterlich und schauspielerisch. Die beiden chargieren, als ob sie in einer sehr miesen 80er-Jahre Soap mitspielen würden.

Ansonsten: Großer Unsinn, großer Spaß!

FAZIT

Bloss nicht nach Logik fragen, einfach unterhalten lassen.

USA, 2018
Regie Brad Peyton
107 min

3 Tage in Quiberon

INTENSIVES PSYCHODUELL

1981 gab Romy Schneider, schwer alkohol- und tablettenabhängig, im südfranzösischen Quiberon dem Magazin Stern eines ihrer selten gewordenen Interviews.  Der Film zeigt die Begegnung zwischen der Schauspielerin und dem Reporter als spannungsgeladenes Psychoduell. Somit kein klassisches Biopic, mit artig abgehandelten Lebensstationen, sondern ein auf drei Tage komprimierter Ausschnitt aus dem Leben Romy Schneiders.

Journalist Michael Jürgs (Robert Gwisdek) macht dabei keine gute Figur. Seine extrem persönlichen Fragen sind quälend indiskret, man windet sich geradezu.  Sensationsgeil, arrogant und manipulativ: die zerbrechliche, manisch-depressive Romy Schneider (Marie Bäumer) ist ihrem Gegenüber anfangs kaum gewachsen. Zwischen den beiden stehen der Fotograf Robert Lebeck (Charly Hübner) sowie Romys Jugendfreundin Hilde (Birgit Minichmayr).

MACHART

„3 Tage in Quiberon“ hält sich stilistisch an die damals im Stern erschienenen, legendären Fotos. Das Schwarzweiß-Drama zitiert die Schlüsselmomente der Reportage, gibt aber gleichzeitig einen tiefen Einblick in das Seelenleben Romy Schneiders. Man fühlt mit ihr, hat das Bedürfnis, sie zu retten, weiß aber, dass das traurige Ende nahe ist. Drei Monate nach dem Interview starb ihr Sohn, im Jahr darauf sie selbst.

FAZIT

Zwei Worte: Herausragendes Ensemble! Vor allem Marie Bäumer in der Rolle ihres Lebens. Sehr empfehlenswertes, dicht erzähltes Kammerspiel. 10 Nominierungen beim Deutschen Filmpreis.

Deutschland/Frankreich, 2018
Regie Emily Artef
116 min

Maria by Callas

FÜR FANS

Ein Dokumentarfilm über die Jahrhundertsopranistin Maria Callas. Der Film erzählt ihre skandalträchtige Lebensgeschichte anhand von Interviews, Auftritten und bisher unbekannten Privataufnahmen.

MACHART

Die internationale Presse jubelt: „Fantastisch! Ein Schmuckstück! Große Kunst“

Ja, das ist schon interessant, aber bisweilen auch recht zäh. Wegen der braven chronologischen Erzählung, Schwerpunkt liegt auf den 50er und 60er Jahren, fragt man sich irgendwann: Wann ist die Callas nochmal gestorben? Beziehungsweise: wie lange dauert der Film wohl noch? Ob der zahlreichen Livemitschnitte und Interviews setzt irgendwann gepflegte Langeweile ein.
Vielleicht ermüdet aber auch die Vignettensammlung des Regisseurs Tom Volf: beinahe jede Szene ist in ein anderes Super 8, 16 mm oder 35 mm Fensterchen gepackt, mal mit dekorativem Staubfussel, mal mit flackerndem Zahlencode. Das nervt nach einer Weile nur noch als zu gewolltes Stilmittel.
Rote Fäden des Films sind ein 1970 von David Frost geführtes Interview mit der Diva, sowie Auszüge aus Briefen, die Maria Callas an Freunde verfasst hat – im Original von Fanny Ardant, in der deutschen Synchronfassung von Eva Mattes vorgelesen.

FAZIT

Faszinierende Person, unsterbliche Sängerin, zu langer Film.

Frankreich, 2017
Regie Tom Volf
113 min

Breathe – Solange ich atme

INSPIRIERENDE LIEBESGESCHICHTE

England, 50er Jahre. Der junge, gutaussehende Robin Cavendish (Andrew Garfield) verliebt sich in die junge, gutaussehende Diane (Claire Foy). Die beiden heiraten, sie wird schwanger, er todkrank. Kinderlähmung, damals noch ein Todesurteil. Vom Hals abwärts gelähmt, soll Robin den Rest seiner Tage, an ein Beatmungsgerät angeschlossen, im Krankenhaus vegetieren. Dieses deprimierende Schicksal will er nicht akzeptieren. Zusammen mit seiner Frau und ihren Freunden findet er einen Weg zu einem erfüllten Leben, außerhalb des Krankenhauses. Und das alles nach einer wahren Geschichte!

MACHART

Wäre man zynisch, könnte man „Breathe“ als Kitschschmonzette abtun. Aber tatsächlich ist der Film wunderschön anzusehen (Kamera Robert Richardson), perfekt ausgestattet, hervorragend gespielt (neben den beiden Hauptdarstellern seien noch Hugh Bonneville und Tom Hollander in einer Doppelrolle erwähnt), hat Humor und geht zu Herzen.
Produziert hat das Ganze der Sohn des echten Robert, Jonathan Cavendish.
Regie führte Andy Serkis. Wer? Der Australier ist bisher vor allem als performance -capture-Darsteller bekannt: unter anderem war er der Gollum in „Der Herr der Ringe“, King Kong und Caesar in der „Planet der Affen“-Trilogie. Zuletzt sah man ihn im viel gelobten „Black Panther“, da allerdings als Mensch aus Fleisch und Blut (plus Metallarm).
„Solange ich atme“ ist Serkis erste Regiearbeit, derzeit ist er mit der Postproduktion seines zweiten Films „Jungle Book“ beschäftigt.

FAZIT

Wem die Stephen Hawking Biografie „The Theory of Everything“ gefallen hat, sollte hier auch reingehen. Schöner Film.

GB, 2017
Regie Andy Serkins
118 min

Elle – Nach einer wahren Geschichte

TIEFGRÜNDIGER THRILLER

Romanautorin Delphine (Emmanuelle Seigner) hat scheinbar alles zum Glücklichsein: ihr letztes Buch ist ein Bestseller, die vor allem weiblichen Leser stehen Schlange für ein Autogramm, Verleger umwerben sie.
Nun warten alle auf das nächste große Ding. Aber Delphine sitzt vor der sprichwörtlich ersten leeren Seite und hat eine Schreibblockade.
Aus dem Nichts tritt da die attraktive Elle (Eva Green) in ihr Leben. Anfangs noch charmant umwerbend, wird Elle immer übergriffiger und mischt sich mehr und mehr in das Leben ihrer neuen Freundin ein,. Sie liest Delphines Post, beantwortet in ihrem Namen Mails, und gibt sich sogar auf einer Lesereise für die Autorin aus. Aber passiert das alles wirklich, oder bildet sich Delphine die neue Freundin nur ein?

MACHART

„Nach einer wahren Geschichte“ spielt zwar im Frankreich der Jetztzeit, könnte aber genausogut ein Hitchcock-Thriller aus den 40er Jahren sein.
Regisseur Roman Polanski, mittlerweile 84 Jahre alt und immer noch auf der Höhe seines Schaffens, erzählt in „Elle“ (so der französische Originaltitel) vom perfiden Spiel um Erotik, Macht und – sehr aktuell – von Identitätsverlust.
Musik, Ausstattung, Schnitt und Kamera schaffen eine etwas theaterhafte, aber durchweg spannende Atmosphäre.

FAZIT

Ein echter Franzose!  Perfekt inszeniert, top Schauspieler, sehr lohnenswert. Psychothriller für Fans von „Single White Female“ und Hitchcocks „Suspicion“.

Frankreich, 2018
Regie Roman Polanski
100 min

Das Flüstern des Wassers – The Shape of Water

FANTASTISCH BERÜHREND

„Shape of Water“ erzählt die Geschichte von Eliza (Sally Hawkins), einer stummen Putzfrau, die ihren Seelenverwandten in Form eines Amphibienmenschen (Doug Jones) in einem amerikanischen Geheimlabor der 50er Jahre trifft.

MACHART

Regisseur des Films ist Guillermo del Toro, dessen Oeuvre zwischen genial (Pans Labyrinth) und unerträglich (Pacific Rim) schwankt.

Ausstattung, Effekte, Musik. Hier ist alles perfekt. Der Amphibienmensch ist eine überzeugende Mischung aus „Schauspieler im Kostüm“ und unaufdringlichem CGI-enhancement.

FAZIT

Der Film ist menschlich, wunderschön anzusehen und sehr lustig, vor allem, sobald Richard Jenkins eine Szene stiehlt.

Der schönste Liebesfilm seit Jahren. Zurecht ein vierfacher Oscargewinner.

USA, 2017
Regie Guillermo del Toro
123 min

In den Gängen

SCHÖN DEPRIMIEREND

Christian spricht nicht viel. Da ist sein neuer Job in der Getränkeabteilung eines Großmarkts genau das Richtige für ihn. Den ganzen Tag mit dem Gabelstapler durch die Gänge fahren und der attraktiven, aber unerreichbaren Kollegin Marion hinterher schmachten – dazu bedarf es nicht vieler Worte. Einen Freund findet er in seinem Kollegen Bruno, der schnell zum Vertrauten und Ersatzvater wird.

MACHART

Es ist eine Freude, dem starken Schauspielerensemble um Franz Rogowski, Sandra Hüller und Peter Kurth zuzuschauen. Und neben „Transit“ liefert „In den Gängen“ einen weiteren Beweis für die schauspielerische Kraft von Rogowski.

FAZIT

Der leise Film behandelt unaufdringlich und sehr authentisch die Themen Alltag im Osten und Einsamkeit. Klar, eigentlich ist die Geschichte deprimierend, die präzise eingefangene Stimmung und der leise Humor machen den Film aber extrem sehenswert.

Deutschland, 2018
Regie Thomas Stuber
125 min

Dunkirk

GROSSES KINO

1940, die Stadt Dünkirchen an der französischen Kanalküste – eingekesselt von der feindlichen deutschen Armee. Hunderttausende Soldaten sitzen in der Falle, abgeschnitten von ihrer Heimat. Gefangen. Verloren.

Die britischen und französischen Truppen befinden sich auf verlorenem Posten. Der Fluchtweg ist abgeschnitten durch das Meer.

Bis zur größten Rettungsaktion des 20. Jahrhunderts: Codename „Operation Dynamo“. Alle verfügbaren Kräfte, auch zivile Boote, werden mobilisiert. Ein entscheidender Moment im 2. Weltkrieg.

MACHART

„Dunkirk“ ist großes Hollywoodkino – inszeniert von Blockbuster Regisseur Christopher Nolan.

Nolan erzählt die Geschichte aus drei Blickwinkeln: aus der Luft, zu Wasser, an Land. Interessanterweise nicht chronologisch, sondern in den Zeitebenen verschachtelt. Was an Land ein paar Tage gedauert hat, geschieht in der Luft in zwei Stunden, und an Bord der Schiffe einen Tag. Dadurch kann man der Geschichte zwar nicht leicht folgen, es hält aber die Spannung über die gesamte Laufzeit. Und offensichtlich hat er für seine Inszenierung das historische Filmmaterial genau studiert.

Musik, Sound, Kamera, Ausstattung, das ist kaum zu toppen und sollte man sich unbedingt in der IMAX-Version anschauen.

FAZIT

„Dunkirk“, so packend wie bombastisch. Ein Actionmovie – ein Heldenepos – hoch dramatisch. Krieg als das größte aller Abenteuer. Schon vor dem Kinostart wird der Film als Oscar Kandidat gehandelt.

USA, 2017
Regie Christopher Nolan
106 min