Alter weisser Mann

ALTER WEISSER MANN

Alter weisser Mann

ALTER WEISSER MANN

Das Thema liegt seit Jahren auf der Straße: alte, weiße CIS-Männer, die voll cringe rumboomern. Höchste Zeit, darüber einen Film zu machen.

Ab 31. Oktober 2024 im Kino

Familienvater Heinz Hellmich droht nach einigen ungeschickten Fehltritten in der Firma der Jobverlust. Damit keiner denkt, er sei ein „alter weißer Mann“, lädt er seinen Chef und weitere Gäste (oder heißt es Gäst*innen?!) zu einem Dinner zu sich nach Hause ein. Mitsamt seiner Familie will er sich von seiner besten und politisch korrektesten Seite präsentieren. Doch kaum sitzen alle an einem Tisch, beginnt die mühsam errichtete Fassade der Political Correctness zu bröckeln.

Alter weisser Mann

Wenn man Kunstwerk und Künstler voneinander trennen soll, dann fällt das bei Jan Josef Liefers besonders schwer. Menschlich, als Sänger und in seiner Rolle als Prof. Dr. Dr. Karl-Friedrich Boerne scheint er gleichermaßen unsympathisch. Obwohl das über 10 Millionen Tatort-Zuschauer bestimmt anders sehen. Nun also ein Spielfilm mit Liefers – und der ist überraschend gut. Er überzeugt hier mit einer Mischung aus Charme und Unbeholfenheit. Amüsant dabei zuzuschauen, wie er in immer absurdere Situationen gerät, während sein Versuch, sich als moderner Mann zu präsentieren, ins Chaos führt. Die Interaktionen zwischen ihm und seiner Familie, darunter Nadja Uhl als seine Ehefrau, führen zu einer dynamischen, oft slapstickartigen Komik.

Alter weisser Mann

Regisseur Simon Verhoeven kann was – das hat er zuletzt mit dem sehr gelungenen Milli-Vanilli-Biopic „Girl You Know It’s True“ bewiesen. ALTER WEISSER MANN hat reichlich Herz, gutes Timing und ist auf niedliche Art unterhaltsam. Dazu prominent besetzt: Neben Liefers und Uhl spielen Michael Maertens, Meltem Kaptan und Elyas M’Barek. Ein Highlight ist Friedrich von Thun als Großvater, der mit greiser Sturheit die moderne Wokeness untergräbt.

Alter weisser Mann

Der Film bleibt zugänglich, ohne sich in moralischen Predigten zu verlieren. Verhoeven hat es verstanden, eine Balance zwischen Witz und Ernsthaftigkeit zu finden. In einer Zeit, in der der gesellschaftliche Diskurs um Identität, Diversität und politische Korrektheit nur noch mit Schaum vor dem Mund geführt wird, kommt ALTER WEISSER MANN als versöhnliche, locker-leichte Komödie ins Kino.

INFOS ZUM FILM

Deutschland 2024
114 min
Regie Simon Verhoeven

Alter weisser Mann

alle Bilder © LEONINE STUDIOS

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Thelma

THELMA – RACHE WAR NIE SÜSSER

Thelma

THELMA – RACHE WAR NIE SÜSSER

Aus dem Weg Tom Cruise, ein neuer Actionstar ist in der Stadt.

Ab 10. Oktober 2024 im Kino

Die Komödie THELMA basiert auf genau einer Idee: Was wäre, wenn die Hauptfigur der MISSION: IMPOSSIBLE-Filme nicht Superspion Ethan Hunt alias Tom Cruise (auch schon 62), sondern eine 94-jährige Großmutter wäre. Das ist zwar originell und würde für einen schönen SNL-Sketch reichen, ob es aber für einen ganzen Film taugt, ist eine andere Frage.

Thelma

Natürlich schon sehr putzig, wenn eine leicht pummelige Oma (wunderbar gespielt von June Squib, 94) einen Schurken jagt, der sie mit dem fiesen Enkeltrick um 10.000 Dollar erleichtert hat. Wie Ethan Hunt wird auch sie bei ihrer (fast) unmöglichen Mission von einem Expertenteam unterstützt. Zum Beispiel von Enkel Daniel (Fred Hechinger), einem lebensuntüchtigen Slacker, dessen Computerkenntnisse aber durchaus nützlich sind. Oder Ben (Richard Roundtree), dem alten Freund aus dem Seniorenstift, der dank motorisiertem Rollstuhl die „Jagd“ überhaupt erst möglich macht.

Thelma

Hübsch wie Regisseur Josh Margolin die sehgewohnte Highspeedaction konsequent in seniorenadäquater Langsamkeit erzählt, das Ganze aber trotzdem mit einem treibenden Score unterlegt. Das ist alles niedlich und wenn man könnte, würde man nach dem Film gleich die eigene Oma anrufen und fragen, wie es ihr geht. Perfekt für einen harmlosen Kinonachmittag – ganz ohne Nervenkitzel, aber mit viel Herz.

INFOS ZUM FILM

Originaltitel „Thelma“
USA 2024
99 min
Regie Josh Margolin

Thelma

alle Bilder © Universal Pictures International Germany

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Ezra

EZRA

Ezra

EZRA

EZRA ist eine authentische RAIN MAN-Variante mit Stand Up-Comedy und Kind.

Ab 12. September 2024 im Kino

Stand-up-Comedian Max Bernal (Bobby Cannavale) lebt gemeinsam mit seinem Vater (Robert De Niro) und seinem 11-jährigen autistischen Sohn Ezra (William Fitzgerald) unter einem Dach. Der Junge hat Probleme in der Schule und soll auf eine Sonderschule geschickt werden – ein Vorschlag, den Max vehement ablehnt. Stattdessen beschließt er, mit Ezra auf einen Roadtrip quer durchs Land zu gehen. Die Reise, eigentlich wegen eines Auftritts in einer Late Night Talkshow angetreten, entwickelt sich zur Chance, eine tiefere Verbindung zu Ezra aufzubauen.

Ezra

EZRA handelt von den manchmal komplizierten Beziehungen zwischen Vätern und Söhnen. Bobby Cannavale spielt den unberechenbaren, aber tief hingebungsvollen Vater, der trotz seiner persönlichen und beruflichen Rückschläge alles daran setzt, seinen Sohn zu unterstützen. Robert De Niro bringt als Max‘ Vater Stan eine stille Würde in seine Rolle. Genau wie sein Sohn versucht er, Fehler der Vergangenheit wiedergutzumachen. Auch wenn seine Leistung hier nicht oscarreif ist, erinnert De Niros zurückhaltendes Spiel daran, warum er mal als einer der besten Schauspieler der Welt galt.

Ezra

Der junge William Fitzgerald  ist eine Entdeckung. Seine Performance ist bewegend und verleiht dem Film Tiefe. Als Autist bringt er eine Empfindsamkeit in seine Rolle, die den Film außergewöhnlich macht. Wie schon im letzte Woche gestarteten WAS IST SCHON NORMAL? scheinen die Zeiten, in denen sich „normale“ Schauspieler als Behinderte verstellten, zum Glück vorbei zu sein.

EZRA ist ein Film, der trotz ein paar erzählerischer Schwächen viel Herz und vor allem eine herausragende Besetzung hat. Unbedingt bis zum Abspann bleiben, um die beste Szene nicht zu verpassen.

INFOS ZUM FILM

Originaltitel „Ezra“
USA 2023
101 min
Regie Tony Goldwyn

Ezra

alle Bilder © TOBIS FILM

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Immer wieder Dienstag

IMMER WIEDER DIENSTAG

Immer wieder Dienstag

IMMER WIEDER DIENSTAG

Die brennendsten Fragen zu IMMER WIEDER DIENSTAG sind nicht, ob der Film gut ist oder ob sich ein Kinobesuch lohnt (nein und nein) - sondern: Von wann und warum ist das?

Ab 12. September 2024 im Kino

Immer wieder Dienstag

Die Idee, einen Spielfilm mit integriertem Foodporn zu machen, scheint neun Jahre nach der ersten CHEF‘S TABLE-Staffel komplett aus der Zeit gefallen. Beziehungsweise schon an die hundert Male ausgelutscht. Nun also noch eine Variante, diesmal aus Schweden.

Immer wieder Dienstag

Regisseurin Annika Appelin räumt mit dem Vorurteil auf, aus Skandinavien kämen nur kluge und künstlerisch anspruchsvolle Filme. IMMER WIEDER DIENSTAG muss man sich als TV-gerechte Komödie vorstellen. Wie in BOOK CLUB oder DANCING QUEENS, oder jedem beliebigen Diane Keaton-Film aus den letzten Jahren, tut sich auch hier eine Gruppe Frauen jenseits der 50 zusammen, um irgendeinen Club zu gründen. Auf dem Weg zum eigenen Cateringunternehmen häufen sich die Klischees, als hätte TRAUMSCHIFF-Produzent Wolfgang Rademann persönlich den Kochlöffel geschwungen.

Immer wieder Dienstag

Ein Großteil des Budgets scheint bei dieser Produktion für das Fooddesign draufgegangen zu sein: Zwischen übertrieben werblichen Bildern von kulinarischen Leckereien entwickelt sich eine vorhersehbare Wohlfühl-Geschichte über alte Beziehungen und neue Lieben. Am Ende hat jedes Töpfchen sein Deckelchen gefunden und alle sind satt und happy. Meh.

INFOS ZUM FILM

Originaltitel „Tisdagsklubben“
Schweden 2022
102 min
Regie Annika Appelin

Immer wieder Dienstag

alle Bilder © 24 Bilder

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Sad Jokes

SAD JOKES

Sad Jokes

SAD JOKES

SAD JOKES - Fabian Stumms zweiter Spielfilm ist eine unaufgeregte Dramödie mit tollem Cast.

Ab 12. September 2024 im Kino

Wie nennt man einen traurigen Kaffee? Depresso.

Regisseur Joseph (gespielt von Fabian Stumm) plant eigentlich, eine Komödie zu drehen. Doch mit Kalauern wie diesem wird das nichts. Kein Wunder, dass sein Produzent Gero (Godehard Giese) wenig begeistert ist. Aber wie soll man auch lustig sein, wenn das eigene Leben so kompliziert ist?

Sad Jokes

Joseph ist schwul und zieht mit seiner besten Freundin Sonya (Haley Louise Jones) den gemeinsamen Sohn groß. Während der Regisseur und Drehbuchautor an seinem nächsten Projekt arbeitet, kämpft Sonya mit einer schweren Depression, die sie zu einem Klinikaufenthalt zwingt. Und dann ist da noch Ex-Freund Marc (Jonas Dassler), der auch drei Jahre nach der Trennung weiterhin in Josephs Gedanken herumspukt.

Sad Jokes

Komplizierte Familienstrukturen und psychische Probleme müssen nicht automatisch großes Drama bedeuten. SAD JOKES behandelt schwierige Themen auf unaufgeregte Weise, ohne dabei in Betroffenheit zu verfallen. Regisseur Stumm verlässt sich wie schon bei seinem ersten Film KNOCHEN UND NAMEN auf ein eingespieltes Ensemble und seine erprobte Crew. Die hervorragende Kamera mit ihren symmetrisch kadrierten, langen Einstellungen hat erneut Michael Bennet geführt. In kleinen und großen Rollen sind wieder Marie-Lou Sellem, Anne Haug, Knut Berger und Anneke Kim Sarnau mit dabei.

Fabian Stumm wirft in seiner Komödie mit dramatischen Elementen einen scharfsinnigen Blick auf die Absurditäten und Spannungen des Lebens. SAD JOKES ist eine poetische und ganz ungewohnte Tragikomödie mit einem herausragenden Ensemble. Sehenswert.

INFOS ZUM FILM

Deutschland 2024
96 min
Regie Fabian Stumm

Sad Jokes

alle Bilder © Salzgeber

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Das Gullspang Geheimnis

DAS GULLSPÅNG GEHEIMNIS

Das Gullspang Geheimnis

DAS GULLSPÅNG GEHEIMNIS

Dokumentarfilm aus Schweden über ein schier unglaubliches Familiengeheimnis.

Ab 12. September 2024 im Kino

Da denkt man jahrzehntelang, die eigene Familienchronik mit unauffindbarem Großvater, in Moskau aus dem Fenster gesprungenem Onkel und anderen Dramen sei was besonders. Und dann muss man aus einem schwedischen Dokumentarfilm erfahren, dass das alles Petitessen sind. DAS GULLSPÅNG GEHEIMNIS erzählt eine Familiengeschichte, die klingt, als hätte die AKTENZEICHEN XY-Redaktion beschlossen, einen schwarzhumorigen Mystery-Thriller zu drehen.

Das Gullspang Geheimnis

Es beginnt fast märchenhaft: Die Schwestern May und Kari, tief in ihrem Glauben verwurzelt, stoßen bei einer Wohnungsbesichtigung auf ein Gemälde, das ihnen wie ein göttliches Zeichen erscheint – eine kitschige Stillleben-Komposition aus Obst und Kürbis, nach der sie schon lange gesucht haben. Doch die wirkliche Offenbarung folgt, als sie die Verkäuferin treffen. Denn Olaug sieht ihrer verstorbenen Schwester Astrid, die vor 30 Jahren Selbstmord begangen hat, nicht nur erschreckend ähnlich, sie teilt auch deren Geburtstag und wurde als Kind „Lita“ genannt – Astrids Spitzname. Ein DNA-Test bringt erstaunliche Ergebnisse, und die Schwestern beschließen, die schwedische Regisseurin Maria Fredriksson mit der Dokumentation dieses „Wunders“ zu betrauen.

Das Gullspang Geheimnis

Was zunächst wie eine glückliche Wiedervereinigung klingt, entwickelt sich schnell zu einem True-Crime-Drama voller Lügen, Geheimnisse und Naziverbrechen. Regisseurin Fredriksson hat eine Dokumentation gedreht, bei der man immer wieder denkt: Das kann nicht sein. Das ist inszeniert. Das sind Schauspieler. Aber nein, es ist eine wahre Geschichte. Und eine, die bis zum Schluss fesselt. Der einzige Wermutstropfen? DAS GULLSPÅNG GEHEIMNIS wirft nach all den verrückten Wendungen am Ende mehr Fragen auf, als es beantwortet.

INFOS ZUM FILM

Originaltitel „Miraklet i Gullspång“
Schweden / Norwegen / Dänemark 2023
110 min
Regie Maria Fredriksson

Das Gullspang Geheimnis

alle Bilder © mindjazz pictures

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Die Ironie des Lebens

DIE IRONIE DES LEBENS

Die Ironie des Lebens

DIE IRONIE DES LEBENS

Michael Mittermeier, Chris Tall, Mario Barth. Drei Comedians, die eins gemeinsam haben: Sie sind nicht lustig.

Ab 05. September 2024 im Kino

Die Ironie des Lebens

Genau wie der von Uwe Ochsenknecht gespielte Edgar. In seinem Bühnenprogramm macht er sich mit flachwitzigen Sprüchen wie „Was ist das Geheimnis eines langen Lebens? Nicht sterben!“ über das Älterwerden lustig oder stichelt immer wieder gegen seine Ex-Frau. Das Publikum feiert ihn dafür. Doch dann, als ob auch das Leben einen miesen Sinn für Humor hätte, taucht Eva nach 25 Jahren Trennung plötzlich im Backstagebereich auf. Sie hat schlechte Nachrichten: Bei ihr wurde Bauchspeicheldrüsenkrebs festgestellt, behandeln lassen möchte sie sich nicht mehr. Edgar ist entsetzt.

Die Ironie des Lebens

Vielleicht wäre DIE IRONIE DES LEBENS ohne den krampfigen Comedy-Teil ein besser Film geworden. Doch Drehbuchautor Oliver Ziegenbalg hat Edgar ausgesprochen lahmes Material in den Mund geschrieben. Uwe Ochsenknecht, nach wie vor der Unpeinlichste seines Familien-Clans, gibt sein Bestes, die leisen Töne spielt er gut, nur Stand-up ist definitiv nicht sein Ding. Die Rolle der todkranken, grundsympathischen Eva ist für Corinna Harfouch keine Herausforderung, das spielt sie auf Autopilot und ist trotzdem herausragend.

Die Ironie des Lebens

Regisseur Markus Goller hat ein ausgeprägtes Faible für Parallelmontagen. Immer wieder kombiniert er das unwitzige Bühnenprogramm mit Szenen des einsamen Künstlers. Untermalt wird das Ganze mit sensibler Gitarren-Popmusik. Das soll dann wohl melancholisch sein.

DIE IRONIE DES LEBENS schafft es selten, wirkliche Tiefe zu erreichen. Ein Film aus der Rubrik: Kann man sich anschauen, muss man aber nicht.

INFOS ZUM FILM

Deutschland 2024
109 min
Regie Markus Goller

Die Ironie des Lebens

alle Bilder © Warner Bros. Pictures Germany

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Was ist schon normal?

WAS IST SCHON NORMAL?

Was ist schon normal?

WAS IST SCHON NORMAL?

Bemerkenswerte französische Komödie über und mit behinderten Menschen.

Ab 05. September 2024 im Kino

Was ist schon normal?

Nach einem missglückten Raubüberfall befinden sich der Kleinganove Paulo (Artus) und sein Vater (Clovis Cornillac) auf der Flucht vor der Polizei. In ihrer Not steigen sie in einen Bus voller Behinderter, die auf dem Weg in ein Ferienlager sind. Um unerkannt zu bleiben, geben sich die beiden als ein fehlender Mitreisender und dessen Betreuer aus.

Was ist schon normal?

„Un p’tit truc en plus“ (übersetzt etwa: Ein kleines Extra) überzeugt durch seine einfühlsame Darstellung von Menschen mit geistigen und körperlichen Behinderungen. Die Komödie findet genau den richtigen Ton und kommt ganz ohne Peinlichkeiten aus. Jeder Mensch hat seine eigenen Stärken und sein kleines „Extra“, das ihn einzigartig und wertvoll macht – so die positive Aussage.

Was ist schon normal?

Regisseur Artus verzichtet bewusst auf alles, was Mitleid erwecken könnte, und stellt die Figuren als sympathisch und authentisch dar. Ein positives Bild, das viel zu selten in Filmen zu finden ist. Das sensible Thema „Behinderung“ wird hier ohne jeden Pathos, aber mit respektvoller Leichtigkeit behandelt. In Frankreich ist die herzerwärmende Komödie mit fast 10 Millionen Zuschauern ein sensationeller Erfolg.

INFOS ZUM FILM

Originaltitel „Un p’tit truc en plus“
Frankreich 2024
99 min
Regie Artus

Was ist schon normal?

alle Bilder © SquareOne Entertainment

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Alles Fifty Fifty

ALLES FIFTY FIFTY

Alles Fifty Fifty

ALLES FIFTY FIFTY

ALLES FIFTY FIFTY – Eine deutsche Komödie, die ihren Titel vielleicht etwas zu wörtlich nimmt.

Ab 29. August 2024 im Kino

Milan (Valentin Thatenhorst) ist ein modernes Scheidungskind. Und wie das heutzutage so ist, wächst er weder bei Mutter (Laura Tonke) noch Vater (Moritz Bleibtreu) auf, sondern bei beiden abwechselnd. Eine Woche hier, eine Woche da. Das ist zwar praktisch für die Eltern, aber (womöglich) schädlich für die zarte Kinderpsyche. Um den eingespielten Rhythmus nicht zu unterbrechen, beschließt die dysfunktionale Kleinfamilie die Ferien miteinander zu verbringen. Im schönen Apulien, der neuen Toskana. Mit dabei: Muttis neuer Lover (David Kross). Das kann nur schief gehen, oder?

Alles Fifty Fifty

ALLES FIFTY FIFTY ist zugleich Titel und Leitmotiv dieser deutschen Komödie. Die Gags, oder besser gesagt ganze Szenen sind teils wirklich gelungen, haben Tempo und witzige Dialoge. Da kann auch der Nichtfan des Genres herzlich lachen. Und dann – als hätten die Produzenten kalte Füße bekommen, denn wer will schon in Deutschland eine durchweg intelligente Komödie sehen? – gibt es wieder doofen Klamauk und haufenweise Klischees. Hit and Miss. Fifty Fifty eben.

Alles Fifty Fifty

Das gleiche gilt für die Besetzung: Moritz Bleibtreu kann richtig schlecht sein. Aber eben auch richtig gut – wenn er will. Hier hatte er scheinbar halbwegs Lust auf das Projekt, spielt zurückgenommen und mit gutem Timing. Und dann sind da noch die Ausnahmen zur vermeintlichen 50-50-Regel: Laura Tonke und David Kross sind einfach immer zu 100 % gut, egal was sie machen. Ebenso das Kind: Valentin Thatenhorst sieht ein bisschen wie der sehr junge Tom Schilling aus, ähnlich talentiert scheint er auch zu sein. Das könnte noch interessant werden, sollte er weiterhin als Schauspieler arbeiten. 

Um den Gag bis zum Ende durchzuziehen, müsste der Film die Hälfte der möglichen Punktzahl bekommen: 2,5. Aber nein, drei sind es mindestens, denn FIFTY FIFTY überrascht und ist besser als gedacht.

INFOS ZUM FILM

Deutschland 2024
109 min
Regie Alireza Golafshan

Alles Fifty Fifty

alle Bilder © LEONINE Studios

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More than strangers

MORE THAN STRANGERS

More than strangers

MORE THAN STRANGERS

Kammerspiel auf kleinstem Raum: Fünf Fremde unterschiedlicher Nationalitäten in einem Auto unterwegs von Berlin nach Paris.

Ab 22. August 2024 im Kino

Wer zu Mauerzeiten von Westdeutschland nach Berlin wollte oder umgekehrt und finanziell eingeschränkt war, nutzte bevorzugt die Mitfahrt in einem Pkw mit Fremden. Dazu gab es (passenderweise) in einem U-Bahnhof die sogenannte „Mitfahrzentrale“, die Älteren erinnern sich. In meist schrottigen Autos saß man dann viele Stunden zu dritt auf die Rückbank gequetscht und hoffte, dass der Herr bald Abend werden ließe.

Diese besondere Reiseform ist dank Deutschlandticket und Billigfliegern zwar aus der Mode gekommen, aber sie existiert noch, vor allem als Konzept in der Filmwelt. Denn die Kombination aus Roadmovie und Kammerspiel ist für Drehbuchautoren und Regisseure zu verlockend.

More than strangers

In MORE THAN STRANGERS geht die Fahrt von Berlin nach Paris in einer – die Zeiten ändern sich – brandneuen Audi-Elektro-Limousine. Das Ziel der Reise ist dabei von untergeordneter Bedeutung. Wichtiger ist, wie sich unterwegs die Dynamik innerhalb einer bunt zusammengewürfelten Zwangsgemeinschaft entwickelt.

More than strangers

Hier treffen fünf Charaktere unterschiedlicher Nationalitäten aufeinander: Die Griechin Sophia (Smaragda Karydi) will weg von ihrem Mann, Julia (Julie Kiefer) hat Stress im Job. Der Fahrer Patrick (Cyril Gueï) soll das Auto nach Paris überführen und versucht, rechtzeitig bei seiner hochschwangeren Freundin zu sein. George (Léo Daudin) ist ein DJ auf der Flucht vor der Polizei, der entspannte Kiffer Chris (Samuel Schneider) versucht die Gruppe mit seiner Sozialkompetenz zusammenzuhalten. Im beengten Wageninneren prallen die unterschiedlichsten Bedürfnisse und Meinungen aufeinander. Kein Wunder, dass die Harmonie nicht lange hält. 

More than strangers

Das Interessanteste an Sylvie Michels zweitem Langfilm ist der Sprachmix der verschiedenen Nationen; die Konflikte und Missverständnisse der Protagonisten sind dagegen weniger aufregend oder allzu interessant. Dazu kommt ein anstrengender Soundtrack, der die Ohren quält – man wünscht sich, der Fahrer möge den Sender wechseln. So hat MORE THAN STRANGERS vor allem eins mit den Mitfahrgelegenheiten von früher gemein: Man ist froh, wenn die Reise endlich vorbei ist.

INFOS ZUM FILM

Deutschland / Griechenland 2023
100 min
Regie Sylvie Michel

More than strangers

alle Bilder © W-FILM

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Love lies bleeding

LOVE LIES BLEEDING

Love lies bleeding

LOVE LIES BLEEDING

Ab 18. Juli 2024 im Kino

Kristen Stewart is back with a vengeance. Die Berlinale-Jurypräsidentin 2023 präsentiert mit LOVE LIES BLEEDING ihren sehr speziellen Beitrag zum Thema Girlpower.

Die junge Liebe zwischen Fitnessstudioleiterin Lou und Bodybuilderin Jackie steht unter keinem guten Stern, denn Lous Familie ist ein Haufen gewalttätiger Verbrecher. LOVE LIES BLEEDING hat von allem sehr viel: lesbischen Sex, Muskeln, Blut und heftige Chemie zwischen Kristen Stewart und Katy O’Brian. Regisseurin Rose Glass provoziert ihr Publikum, wo sie nur kann – das ist zwar alles andere als subtil, bereitet aber bis zur letzten Szene großen Spaß.

INFOS ZUM FILM

Originaltitel „Love Lies Bleeding“
USA / GB 2023
104 min
Regie Rose Glass

Love Lies Bleeding

alle Bilder © PLAION PICTURES

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Ein kleines Stück vom Kuchen

EIN KLEINES STÜCK VOM KUCHEN

Ein kleines Stück vom Kuchen

EIN KLEINES STÜCK VOM KUCHEN

Frisch von der Berlinale 2024 kommt diese ungewöhnliche Liebesgeschichte aus dem Iran.

Ab 11. Juli 2024 im Kino

Ein kleines Stück vom Kuchen

Mahin (70) lebt allein in Teheran, ihre Kinder sind ins Ausland gezogen. Eines schönen Tages beschließt sie, dass es genug mit der Einsamkeit ist und ihr Liebesleben einen Neustart braucht. Die Spontanromanze mit einem Taxifahrer entwickelt sich rasch zu einem in vielerlei Hinsicht unvergesslichen Abend.

Zarte Liebesgeschichte mit Humor

Schon Maryam Moghaddams und Behtash Sanaeehas vorheriger Film BALLAD OF A WHITE COW  entwickelte sich zum Publikumsliebling der Berlinale 2021 und wurde nicht nur hier auf Framerate in den höchsten Tönen gelobt. Auch EIN KLEINES STÜCK VOM KUCHEN lief in diesem Jahr im Wettbewerb. Einen Bären gab es zwar nicht, aber immerhin den „Ökumenischen (Trost)-Preis“.

Ein kleines Stück vom Kuchen

Zwei Fremde begegnen sich zufällig, verlieben sich und erleben eine gemeinsame magische Nacht. Die zarte Tragikomödie hat alles, was gutes Kino braucht: eine interessante Story, mit Lily Farhadpour und Esmail Mehrabi zwei herausragende Darsteller und trotz Humor und Leichtigkeit die nötige Tiefe. Das wahre Leben ist dagegen gar nicht lustig: Wegen vermeintlich kritischer Szenen wurde gegen die Filmemacher Maryam Moghaddam und Behtash Sanaeeha ein Ausreiseverbot im Iran verhängt. Ihre Pässe wurden konfisziert, nun droht ihnen ein Gerichtsverfahren.

INFOS ZUM FILM

Originaltitel „Keyke Mahboobe Man“
Iran / Frankreich / Schweden / Deutschland 2024
97 min
Regie Maryam Moghaddam und Behtash Sanaeeha

Ein kleines Stück vom Kuchen

alle Bilder © Alamode Film

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To the Moon

TO THE MOON

To the Moon

TO THE MOON

Screwball-Komödie über eine eventuell gefälschte Mondlandung mit einer bestens aufgelegten Scarlett Johansson.

Ab 11. Juli 2024 im Kino

To the Moon

Kelly Jones (Scarlett Johansson) ist eine notorische Lügnerin. Hauptberuflich als Marketingexpertin unterwegs, ist das nicht unbedingt von Nachteil. Um einen lukrativen Job an Land zu ziehen, schnallt sie sich auch mal einen künstlichen Babybauch um. Denn der vermeintlich werdenden Mutter frisst die durchweg männliche Kundschaft aus den Händen.

Optimistischer Charme

Es ist das Jahr 1969 und die USA stehen unter galaktischem Druck: Die Sowjets hatten schon einen Menschen im All, nun muss Amerika mit dem ersten Mann auf dem Mond nachziehen. Auftritt Moe Berkus (Woody Harrelson). Der zwielichtige Regierungsbeamte engagiert Kelly, um die eingeschlafene Begeisterung der Amis für das NASA-Projekt neu zu entfachen. Bei ihrem Marketingjob bringt sie jedoch den technischen Leiter der Mondmission, Cole Davis (Channing Tatum), gehörig durcheinander. Weil das Weiße Haus unbedingt einen Erfolg sehen will, wird Kelly angewiesen, notfalls eine Mondlandung zu faken.

To the Moon

FLY ME TO THE MOON (Originaltitel) ist eine klassische Screwball-Komödie, wie sie nur Amerikaner drehen können. Scarlett Johansson und Channing Tatum funktionieren gut als modernes Cary-Grant-Katharine-Hepburn-Pendant. Alles von der Ausstattung und den Kostümen bis zur Bildsprache atmet Hollywood. Dazu ein optimistischer Charme, der alle Hindernisse rasch aus dem Weg räumt.

To the Moon

Regisseur Greg Berlanti kennt sich als Produzent zahlloser Fernsehserien (RIVERDALE, THE FLASH, TITANS) vor allem damit aus, wie man auf den nächsten Commercial-Break hinarbeitet. Das merkt man auch TO THE MOON an. Manche Szenen wirken so holprig aneinadergeflanscht, als wäre dazwischen ein Werbeblock geplant gewesen. Elegantes Filmemachen geht anders.

To the Moon

Über solche Schwächen tröstet die spielfreudige Besetzung hinweg. Bis in die kleinsten Nebenrollen (hier stimmt die Phrase ausnahmsweise wirklich) hervorragend besetzt, ist dies vor allem Scarlett Johanssons Film. Dank ihres Megacharmes und ihrer sexy-rauchigen Stimme (zumindest im Original) trägt sie das Ganze. Da verzeiht man auch, dass die Komödie locker 30 Minuten zu lang ist. Obwohl nicht jeder Gag zündet und einige Dialoge Feinschliff vertragen hätten (über die teils grotesk schlechten Greenscreen-Effekte wollen wir schweigen), ist TO THE MOON vergnügliche Unterhaltungsware. Es muss ja nicht immer große Kunst sein – manchmal reicht auch „niedlich“.

INFOS ZUM FILM

Originaltitel „Fly Me to the Moon“
USA 2024
131 min
Regie Greg Berlanti

To the Moon

alle Bilder © Sony Pictures

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Daddio - Eine Nacht in New York

DADDIO – EINE NACHT IN NEW YORK

Daddio - Eine Nacht in New York

DADDIO – EINE NACHT IN NEW YORK

Analysize this! Sean Penn gibt Dakota Johnson Beziehungstipps.

Ab 27. Juni 2024 im Kino

So eine Taxifahrt kann furchtbar sein. Es stinkt, die Musik ist falsch und zu laut, der Fahrer griesgrämig oder eine Labertasche. DADDIO ist eine einzige Taxifahrt. 95 % des Films spielen in einem New Yorker Cab auf dem Weg vom Flughafen nach Midtown. Dass der Film trotzdem kurzweilig und sehenswert ist, liegt an der straffen Inszenierung von Christy Hall, die hier ihren ersten Kinofilm realisiert hat, der ideenreichen Kamera von Phedon Papamichael und der hervorragenden Besetzung.

Daddio - Eine Nacht in New York

DADDIO ist ein intensives Gespräch darüber, wie Männer und Frauen ticken. Ein Kammerspiel, dessen Qualität mit den beteiligten Schauspielern steht und fällt. Die große Überraschung: Dakota Johnson ist gut. Wer hätte das nach den lustlos heruntergespielten SHADES OF GREY-Filmen und ihrem unterirdisch schlechten Auftritt als MADAME WEB gedacht? Man muss der Tochter von Melanie Griffith und Don Johnson zugutehalten, dass sie ihren Ausflug ins Superheldengenre selbst am kritischsten sieht und lakonisch feststellt: „Ich werde wahrscheinlich nie wieder in so etwas mitspielen, weil ich in dieser Welt keinen Sinn mache.“

Das Gegenteil eines Marvel-Comics

Nun also das absolute Gegenteil eines Marvel-Comics: ein tiefgründiger Dialogfilm an der Seite von Sean Penn. Dessen Besetzung als lebenskluger Taxifahrer ist ein genialer Schachzug, denn ob er harmlos ist oder Böses im Schilde führt, entdeckt der Zuschauer erst nach und nach. Geht man ganz und gar unvorbereitet in den Film, weiß man zunächst im wahrsten Sinne nicht, wohin die Reise führt. Penn verströmt eine unterschwellige Creepiness; würde er die junge Frau auf dem Rücksitz entführen oder vergewaltigen, es würde einen nicht überraschen. Doch stattdessen entwickelt sich ein ehrliches Gespräch zwischen den beiden, das bald zum intimen Seelenstriptease wird. Die junge Frau, die ihren Namen nicht preisgibt, ist in eine Affäre mit einem verheirateten Mann, den sie Daddy nennt, verstrickt. Taxifahrer Will – been there, done that – hat jede Menge Ratschläge; wie sich herausstellt, war er selbst vor vielen Jahren in der Rolle des Fremdgängers, er weiß also, wovon er spricht.

Eine packende Geschichte

Am Ende gibt es ein paar gut gemeinte Lebenstipps zu viel, doch Johnson und Penn machen das Zweipersonenstück mit ihrem nuancierten und souveränen Spiel absolut sehenswert. DADDIO zeigt, dass eine Taxifahrt, auch wenn sie manchmal furchtbar sein kann, das Potenzial für eine packende Geschichte hat – vorausgesetzt, man hat die richtigen Passagiere an Bord.

INFOS ZUM FILM

Originaltitel „Daddio“
USA 2023
101 min
Regie Christy Hall

Daddio - Eine Nacht in New York

alle Bilder © LEONINE Studios

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Nathalie - Überwindung der Grenzen

NATHALIE – ÜBERWINDUNG DER GRENZEN

Nathalie - Überwindung der Grenzen

NATHALIE – ÜBERWINDUNG DER GRENZEN

Zahme Schweizer Politkomödie zum Thema Flüchtlingskrise.

Ab 30. Mai 2024 im Kino

Nathalie - Überwindung der Grenzen

Nathalie Adler (Isabelle Carré) arbeitet für die Europäische Union und soll für den französischen Präsidenten Macron und die deutsche Bundeskanzlerin Merkel einen Besuch in einem Flüchtlingslager auf Sizilien organisieren. Aber weil es da viel zu ordentlich aussieht, werden für den dramatischen Effekt hektisch marode Zelte aufgebaut und Schmutz verteilt. Während der Arbeiten trifft Nathalie ihren Sohn wieder, den sie vor neun Jahren verlassen hatte.

Nathalie - Überwindung der Grenzen

Kurios wird es, als die Delegierten aus Berlin und Paris einen ausgewählten Vorzeigeflüchtling kritisieren, weil er zu eloquent spricht. Besonders sein fließendes Französisch wird beanstandet. „Bitte etwas zögerlicher reden“ wird ihm nahegelegt, um vor den Fernsehkameras mehr Mitgefühl zu erzeugen. Von zynischem Humor wie diesem hätte der Film gut mehr vertragen, der Rest ist für eine politische Satire überraschend zahm.

Nathalie - Überwindung der Grenzen

Nathalies Sohn Albert (Théodore Pellerin) hingegen ist wütend und stellt die gesamte Politik an den Pranger. Als engagiertes Mitglied einer NGO gibt der Einundzwanzigjährige einer kritischen Journalistin vertrauliche Informationen zur europäischen Asylpolitik weiter, vor allem, um damit seiner verhassten Mutter zu schaden. Die hatte ihn im Alter von 12 beim Vater zurückgelassen und war mit einer Frau durchgebrannt. Neben Hauptdarstellerin Isabelle Carré ist der junge Kanadier Théodore Pellerin das andere Highlight des Films: eine Entdeckung. Demnächst ist er in der Disney+-Serie BECOMING LAGERFELD als dessen große Liebe Jacques de Bascher zu sehen.

Nathalie - Überwindung der Grenzen

Flüchtlingskrise, Boatpeople, Mutter-Sohn-Konflikt, lesbische Liebe, Politik: Regisseur Lionel Baier packt zu viel in 84 Minuten. NATHALIE – ÜBERWINDUNG DER GRENZEN bietet einige gute Momente und starke schauspielerische Leistungen, aber insgesamt bleibt die Mischung aus Familiendrama und Politsatire zu harmlos.

INFOS ZUM FILM

Originaltitel „La Dérive des continents (au sud)“
Schweiz / Frankreich 2022
84 min
Regie Lionel Baier

Nathalie - Überwindung der Grenzen

alle Bilder © W-FILM / Les Films du Losange

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Von Vätern und Müttern

VON VÄTERN UND MÜTTERN

Von Vätern und Müttern

VON VÄTERN UND MÜTTERN

Eine harmlose Satire aus Dänemark über unmögliche Eltern auf Klassenfahrt.

Ab 23. Mai 2024 im Kino

Von Vätern und Müttern

In VON VÄTERN UND MÜTTERN macht die 6. Klasse einer Privatschule einen Hüttenausflug. Mit dabei sind nicht nur Schüler, Lehrer und der gurugleiche Schulleiter, sondern auch die Eltern. Der Titel legt es nahe: Die Kinder spielen eine eher untergeordnete Rolle, Regisseurin Paprika Steen interessiert sich mehr für die absurden Hahnen- und Hühnerkämpfe der überengagierten Väter und Mütter.

Von Vätern und Müttern

Piv (Katrine Greis-Rosenthal) und Ulrik (Jacob Lohmann) kriechen Schuldirektor Adrian ordentlich in den Arsch, schließlich ist es schon der vierte Schulwechsel für Tochter Hanna. Das Mädchen selbst ist nicht begeistert, wird aber aufgenommen, und vier Wochen später ist es Zeit für den jährlichen Hüttenausflug. Dort kommt es (ganz nach alter „Paukerfilm“-Tradition) zu den üblichen Streitereien, Intrigen und Besäufnissen, nur dass hier die Kinder Statisten im Hintergrund bleiben und stattdessen die Eltern über die Stränge schlagen. Cringe.

Von Vätern und Müttern

Sie sind alle dabei: Die Streberin, der Klassenclown, die Verführerin, der Besserwisser und der unterdrückte Homosexuelle. Ein Figurenkabinett, das so auch in FACK JU GÖHTE auftauchen könnte. Oder im Pilotfilm zu einer neuen Vorabendserie. Die vielen Charaktere bleiben unausgereift, was wohl der kurzen Laufzeit von 97 Minuten geschuldet ist. Es mangelt an zündenden Momenten, der Film bleibt zu harmlos, kommt nicht richtig in Schwung. Erst gegen Ende, wenn die Masken fallen und es zu handfesten Streitereien kommt, gewinnt die Geschichte an Fahrt.

Von Vätern und Müttern

Themen wie Missbrauchskultur, Untreue und Beziehungskrisen werden angerissen, doch eine schärfere Satire über manische Helikoptereltern wäre sicher unterhaltsamer gewesen. Langweilig ist das zwar nicht, aber richtig originell eben auch nicht. Guter Humor lebt von Fallhöhe, und daran mangelt es den Vätern und Müttern. Der Film wird mit „nach dem Vorbild von DAS FEST und DER RAUSCH“ beworben. Doch von deren Genialität ist VON VÄTERN UND MÜTTERN meilenweit entfernt. Paprika Steens Film bietet harmlose Unterhaltung, ohne tiefere Spuren zu hinterlassen.

INFOS ZUM FILM

Originaltitel „Fædre & mødre“
Dänemark 2022
97 min
Regie Paprika Steen

Von Vätern und Müttern

alle Bilder © mindjazz pictures

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What Happens Later

WHAT HAPPENS LATER

What Happens Later

WHAT HAPPENS LATER

30 Jahre nach SLEEPLESS IN SEATTLE kehrt Meg Ryan zu dem Genre zurück, mit dem sie seinerzeit weltberühmt wurde.

Ab 16. Mai 2024 im Kino

What Happens Later

Das Ex-Paar Bill (David Duchovny) und Willa (Meg Ryan) läuft sich zufällig an einem Flughafen in the middle of nowhere über den Weg. Wegen eines Schneesturms sind die beiden gezwungen, die Nacht in der Abflughalle miteinander zu verbringen.

Trifft die falschen Töne

Meg Ryan, die Queen of Romcom, nimmt 25 Jahre nach ihrem letzten großen Erfolg E-M@IL FÜR DICH die Sache selbst in die Hand: In dreifacher Funktion als Drehbuchautorin, Regisseurin und Hauptdarstellerin hat sie das Theaterstück SHOOTING STAR von Steven Dietz adaptiert.

What Happens Later

Eine Komödie mit Americas Sweetheart Meg Ryan – was kann da schon schief gehen? Überraschenderweise fast alles. Was bei einer 22-Jährigen noch als niedlich schusselig durchgehen mag, wirkt bei der 62-jährigen Meg schlicht deplatziert. Mit weißem Hängekleidchen, wilder Lockenmähne und Springerstiefeln sieht sie aus, als hätte sie sich als ihre eigene Enkelin verkleidet. Über ihre missglückten Gesichts-OPs ist ohnehin schon alles gesagt. Würde ihr Name nicht im Vorspann stehen, man hätte Probleme, sie zu erkennen.

What Happens Later

Auch als Regisseurin macht sie keine allzu gute Figur: Statt die Klaviatur der romantischen Komödie zu spielen, trifft der Film durchweg die falschen Töne. Die geschwätzigen Dauerdialoge nerven kolossal, die immer gleiche Kulisse des Flughafens sorgt auch visuell für Eintönigkeit.

What Happens Later

Wenigstens überzeugt David Duchovny im Walter-Matthau-Gedächtnis-Look. In einer der besseren Szenen läuft auf einem Monitor in der Flughafenhalle ein Werbespot für eine Romcom. Bill zieht kurzerhand den Stecker, schließlich braucht er Strom für sein Handy. Wer nach dieser klaren Ansage (This is NOT a Romcom) eine niedliche Komödie mit Lachen und Weinen erwartet, für die Meg Ryan in der Vergangenheit berühmt war, ist selbst schuld. Doch das Konzept der Anti-Romcom geht nicht auf. Es macht einen Unterschied, ob man zwei Menschen dabei zusieht, wie sie sich verlieben oder zwei Menschen dabei zusieht, wie sie ihre gescheiterte Beziehung aufarbeiten. Letzteres ist ziemlich langweilig. 

INFOS ZUM FILM

Originaltitel „What happens later“
USA 2023
104 min
Regie Meg Ryan

alle Bilder © Universal Pictures Germany

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It's raining men

IT‘S RAINING MEN

It's raining men

IT‘S RAINING MEN

Der Titel klingt schlimmer, als es ist. Caroline Vignals Komödie erzählt von einer abenteuerlustigen Frau zwischen Beziehungskrise und heimlichen Dates

Ab 09. Mai 2024 im Kino

It's raining men

Die Luft ist raus. Nach 16 Jahren Ehe und zwei Kindern schlafen Iris (Laure Calamy) und ihr Mann zwar noch im gleichen Bett, aber außer „Gute Nacht“-Sagen läuft seit 4 Jahren nichts mehr. Kein Wunder, dass sie Sachbücher mit so vielsagenden Titeln wie „Die erkaltete Frau“ liest, während er in die Tasten seines Laptops haut. Romantik geht anders. Doch als sich Iris bei einer Dating-App für Verheiratete anmeldet, hat das ungeahnte Folgen. Gerade noch frustriert und underfucked weiß die Mittvierzigerin bald nicht mehr wohin mit der ganzen sexuellen Energie.

It's raining men

Klingt harmlos, bleibt es auch bis zum Schluss. Die leichte französische Komödie verzichtet zum Glück aufs Moralisieren, erwartbare Eifersüchteleien werden schnell abgehakt. Man könnte sich fragen, was das Ganze soll, denn auch das Ende ist so vorhersehbar, wie man das von einem familienfreundlichen Film erwartet. Egal, der Weg ist das Ziel. Laure Calamy als lustige und in den richtigen Augenblicken verletzliche Frau im Tinderdschungel ist ein Glücksgriff. Dazu frischt Regisseurin Caroline Vignal ihre Inszenierung mit putzigen Ideen auf. Eine spontane Musicaleinlage und eine sehr hübsche Szene, in der potenzielle Bettgenossen direkt aus der App livehaftig in der U-Bahn auftauchen, um sich und ihre Vorzüge anzupreisen, machen IRIS ET LES HOMMES zu einem kurzweiligen Vergnügen. Dass sogar der doofe deutsche Verleihtitel IT‘S RAINING MEN irgendwie Sinn ergibt, ist dabei die größte Überraschung.

INFOS ZUM FILM

Originaltitel „Iris et les hommes“
Frankreich 2023
98 min
Regie Caroline Vignal

It's raining men

alle Bilder © X Verleih

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Sieger Sein

SIEGER SEIN

Sieger Sein

SIEGER SEIN

Prädikat "Besonders wertvoll" - Begründet oder ein weiterer Beweis für die Wahllosigkeit der Filmbewertungsstelle?

Ab 11. April 2024 im Kino

Die Jury sagt: „Ein wunderbar frisch-frecher Film, der die Diversität feiert und auf Augenhöhe der Zielgruppe erzählt.“ So stellen sich Erwachsene eben die Welt der Jugendlichen vor. Voll fetzig. Aber auch cringe. Safe.

Lief auf der Berlinale

Mona ist mit ihrer kurdischen Familie aus Syrien geflüchtet und landet im Berliner Wedding, dem Bezirk, der seit 30 Jahren kommt. In ihrer neuen Schule ist sie „voll das Opfer“, bis sie beim Fussballspielen beweisen kann, was in ihr steckt.

Sieger sein

Erstaunlich, dass es sich bei SIEGER SEIN um einen Debütfilm handelt. Denn es wimmelt nur so von Klischees. Regisseurin Soleen Yusef will es allen recht machen: Der jungen Zielgruppe ebenso, wie den vereulten Redakteuren der Öffentlich-Rechtlichen. Besonders nervig sind dabei die didaktischen Ansätze. Ein bisschen Zuwendung und schon hebt der gerade noch respektlose Rotzlöffel im Unterricht brav die Hand und fragt mit großen Augen „Was ist Diktatur?“ Erklärung folgt, wieder was gelernt – Bruda, isch schwöre!

INFOS ZUM FILM

Deutschland 2024
119 min
Regie Soleen Yusef

Sieger sein

alle Bilder © DCM

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Morgen ist auch noch ein Tag

MORGEN IST AUCH NOCH EIN TAG

Morgen ist auch noch ein Tag

MORGEN IST AUCH NOCH EIN TAG

In Italien war MORGEN IST AUCH NOCH EIN TAG ein gigantischer Erfolg und schlug mit mehr als 5 Millionen Besuchern sogar BARBIE und OPPENHEIMER an der Kinokasse.

Ab 04. April 2024 im Kino

Paola Cortellesi ist in ihrer Heimat vor allem als Moderatorin und Fernsehkomikerin bekannt. Mit MORGEN IST AUCH NOCH EIN TAG hat sie den Sprung in ein völlig neues Genre gewagt. Ihr Debüt als Filmemacherin ist eine fulminante One-Woman-Show: Cortellesi ist Regisseurin, Autorin und Hauptdarstellerin in Personalunion. Das hätte auch schief gehen können – ist es aber nicht.

Sinnbild einer ganzen Frauengeneration

Der Film, angesiedelt in den Arbeitervierteln Roms 1946, erzählt von der gepeinigten Delia (Paola Cortellesi), die sich schon vor dem Aufstehen eine Backpfeife von ihrem brutalen Ehemann Ivano (Valerio Mastandrea) einfängt. Jeder Tag verläuft gleich: Frühstück machen, tausend kleine Arbeiten verrichten, ein wenig Geld verdienen, nur um trotzdem weiter Prügel einzustecken. Die Rollen waren seinerzeit klar verteilt: Männer hatten das Sagen, Frauen mussten parieren. Delia erträgt das alles vor allem, um ihre 20-jährige Tochter vor dem gleichen Schicksal zu bewahren.

Paola Cortellesi hat mit ihrem ersten Film ein kleines Meisterwerk geschaffen: Momente der Leichtigkeit und Ernsthaftigkeit bleiben bis zum Ende in perfekter Balance. C’È ANCORA DOMANI (Originaltitel) zeigt die Ungerechtigkeit eines patriarchalischen Systems, Delia wird dabei zum Sinnbild einer ganzen Frauengeneration. Der Querschnitt durch das Alltagsleben vor achtzig Jahren schlägt keinen belehrenden Ton an und überrascht stattdessen mit Wärme, Humor und ungewöhnlichen Inszenierungsideen.

Die Gesichter der Schauspieler, die Ausstattung, die Kulissen – der Schwarz-Weiß-Film könnte tatsächlich aus den 1940er-Jahren stammen, wären da nicht die irritierenden, aber ausgesprochen wirkungsvoll eingesetzten modernen Musikstücke. Auch die Szenen des prügelnden Ehemanns werden hier zu einem künstlerischen Ausdruckstanz von makabrer Eleganz, das ist erschütternd und vermeidet gleichzeitig ein Abgleiten in unnötige Gewalt und Voyeurismus. Regisseurin Cortellesis weiß offensichtlich genau, was sie tut. MORGEN IST AUCH NOCH EIN TAG ist einer der schönsten (und überraschendsten) italienischen Filme der letzten Jahre.

INFOS ZUM FILM

Originaltitel „C’è ancora domani“
Italien 2023
118 min
Regie Paola Cortellesi

alle Bilder © TOBIS Film

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KLEINE SCHMUTZIGE BRIEFE

KLEINE SCHMUTZIGE BRIEFE

“You funny ass old whore. Tricky old fuck. Sad stinky bitch!” Was sich wie Social-Media-Hasskommentare liest, sind in Wahrheit analoge Beleidigungen per Briefpost im England der 1920er-Jahre.

Ab 28. März 2024 im Kino

In der malerischen britischen Küstenstadt Littlehampton erhält die fromme Christin Edith Swan (Olivia Colman) seit Wochen Briefe voller anzüglicher Beleidigungen. Wer könnte der Absender sein? Alles deutet auf die zugezogene Rose Gooding (Jessie Buckley) hin, die zusammen mit ihrer Tochter und ihrem schwarzen Freund nebenan wohnt. Rose hat ein loses Mundwerk und benimmt sich auch sonst nicht besonders ladylike. Doch die junge indische Polizistin Gladys Moss (Anjana Vasan) glaubt nicht, dass Rose die Schmähbriefe geschrieben hat und ermittelt auf eigene Faust.

Niedlich, schrullig, britisch

Regisseurin Thea Sharrock interessiert sich in ihrer Komödie weniger für den Kriminalfall (wer der Absender der Briefe ist, ahnt man relativ schnell), sondern mehr für den feministischen Aspekt der Geschichte. Ihre Heldinnen sind Frauen, die sich nicht länger wegen ihrer Herkunft, ihrer Art zu Leben oder ihrer Hautfarbe beurteilen lassen wollen.

Das Beste sind (to nobody’s surprise) die beiden Hauptdarstellerinnen Olivia Colman (kann einfach nie schlecht sein) und Jessie Buckley. Ungeachtet der expliziten Sprache ist KLEINE SCHMUTZIGE BRIEFE eine eher harmlose Angelegenheit und tut niemandem weh. Die kleine (und wahre!) Geschichte ist leichte Kost, die unflätigen Ausdrücke (vor allem in der englischen Originalversion) sind das einzig wirklich Komische. Ein Film aus der Reihe: Niedlich, schrullig, britisch.

INFOS ZUM FILM

Originaltitel „Wicked Little Letters“
GB 2023
101 min
Regie Thea Sharrock

alle Bilder © STUDIOCANAL

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CLUB ZERO

CLUB ZERO

Das große Nichtfressen: Jessica Hausners satirischer Film über Hungerwahn zwecks Selbstoptimierung schießt am Ziel vorbei. Am Ende bleibt die Frage: Was will uns die Regisseurin genau sagen?

Ab 28. März 2024 im Kino

Vielleicht, dass Hungern genauso schlecht ist wie zu viel Essen. Und Bulimie auch keine Lösung ist. Das wusste man allerdings schon vorher.

Artifizielle Bildsprache und gestelzte Dialoge

Die junge Lehrerin Frau Novak (Mia Wasikowska aus ALICE IM WUNDERLAND) lehrt an einem Internat bewusste Ernährung, indem sie zum Verzicht auffordert. Die Schüler begeistern sich, fühlen sich wichtig und glauben, durch Hungern die Welt retten zu können. Doch auf dem Weg zur Selbstkasteiung folgt bald der nächste, nur konsequente Schritt: Wenn schon sehr leichte Küche, warum dann nicht gleich ganz ohne? Muss der Mensch überhaupt essen, um zu überleben? Der Titel CLUB ZERO lässt erahnen, wohin die Reise geht.

Die wohl hässlichsten Schuluniformen seit Menschengedenken, 70er-Jahre-Betonarchitektur, dazu eine Mia Wasikowska im spröden Sandra-Hüller-Modus. Die Kamera zoomt langsam in die Totale oder verdichtet. Die artifizielle Bildsprache passt zu den (gewollt?) gestelzten Dialogen. Zu den Themen Körperbild, Essstörungen und westlicher Überkonsum hat der Film dabei wenig Neues beizutragen. Die Botschaft ist nach spätestens der Hälfte angekommen. Zudem gibt es gegen Ende eine ausgesprochen unappetitliche Szene auszuhalten, die den Begriff „Wiederkäuer“ neu definiert. Nicht umsonst gibt es eine Triggerwarnung vor dem Film. Überraschender Nebeneffekt: Nachdem man fast zwei Stunden Wohlstandskids beim Fasten zuschauen musste, verspürt man großen Hunger auf eine Currywurst mit Pommes.

INFOS ZUM FILM

Originaltitel „Club Zero“
Österreich / Großbritannien / Deutschland / Frankreich / Dänemark / Katar 2023
110 min
Regie Jessica Hausner

alle Bilder © Neue Visionen Filmverleih GmbH

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DREAM SCENARIO

DREAM SCENARIO

Ein guter Film mit Nicoals Cage? Das ist seit Jahren ein Widerspruch in sich selbst. DREAM SCENARIO ist das künstlerische Comeback des auf Schundfilme abonnierten Oscargewinners.

Ab 21. März 2024 im Kino

DREAM SCENARIO wirft einen originellen Blick auf Massen-Paranoia und schnellen Ruhm. Das Psycho-Comedy-Drama wurde von Ari Aster produziert; das sagt vielleicht schon alles. Unter der Regie des Norwegers Kristoffer Borgli (SICK OF MYSELF) erzählt der wunderbar schräge Film die Geschichte des unscheinbaren Biologieprofessors Paul Matthews, der plötzlich in den Träumen wildfremder Menschen auftaucht. Er wird im wahrsten Sinne des Wortes über Nacht berühmt, seine Studenten, Fernsehsender und Werbeagenturen umschwärmen ihn. Doch als Paul in immer blutrünstigeren Albträumen in Erscheinung tritt, schlägt die anfängliche Begeisterung in Angst und Hass um.

Durchweg neu und überraschend

Wie reagiert die Gesellschaft auf einen ganz normalen Mann, der sich ohne sein Zutun vom Traumhelden zum unfreiwilligen Freddy Krueger wandelt? Nicolas Cage, der overacting zu seinem Markenzeichen gemacht hat, spielt die Rolle des unscheinbaren Mr. Nobody für seine Verhältnisse geradezu introvertiert. Fans des grandios durchgedrehten Schauspielers kommen trotzdem auf ihre Kosten – in einigen Szenen grimassiert sich Cage auch hier um Kopf und Kragen.

DREAM SCENARIO ist ein Vexierspiel, das die Grenzen zwischen Traum und Wirklichkeit verwischt. Regisseur Kristoffer Borgli hält die clevere Geschichte souverän am Laufen, spielt mit den Erwartungen der Zuschauer und verwebt dabei Elemente aus TWILIGHT ZONE mit Sozialkritik und einem Schuss BLACK MIRROR. Trotz ein paar Längen hier und da fühlt sich der Film durchweg frisch und überraschend an.

INFOS ZUM FILM

Originaltitel „Dream Scenario“
USA 2024
101 min
Regie Kristoffer Borgli

alle Bilder © DCM

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OH LA LA – WER AHNT DENN SOWAS?

OH LA LA – WER AHNT DENN SOWAS?

Der Titel lässt es vermuten: OH LA LA – WER AHNT DENN SOWAS? ist eine leichte Komödie aus Frankreich.

Ab 21. März 2024 im Kino

Samstag Abend, im Fernsehen läuft nur Schrott, beim Zappen bleibt man in irgendeinem Dritten bei der Wiederholung eines alten Louis-de-Funès-Films hängen und muss lachen. „Nein! Doch! Ohh!“ Auf ähnlich hohem Witze-Niveau bewegt sich die französische Komödie COCORICO (Originaltitel). Die Geschichte um falschen Vaterlands-Stolz ist zumindest Anfangs ziemlich komisch.

Konventionell, aber sehr komisch

Die Winzer-Familie Bouvier-Sauvage ist nicht nur stolz auf ihre Nationalität, sondern mindestens genauso auf ihre aristokratische Vergangenheit. Als die einzige Tochter ankündigt, den Sohn eines einfachen Peugeot-Händlers zu heiraten, hält sich die Begeisterung in Grenzen. Beim ersten Treffen der Schwiegereltern wird schnell klar, dass hier Welten aufeinanderprallen. Zu allem Überfluss überrascht das künftige Brautpaar die Eltern mit DNA-Tests, die mehr über die Abstammung der Anwesenden verraten, als ihnen lieb ist.

Die Seitenhiebe auf die ach so stolze „Grande Nation“ und das Spiel mit Klischees sind ausgesprochen lustig. Doch das gute Timing und den Wortwitz kann OH LA LA – WER AHNT DENN SOWAS? nicht halten. Man kann dem Film sozusagen beim Sprung über den Shark zuschauen. Die zunächst konventionelle, aber sehr komische Boulevard-Komödie kippt in der zweiten Hälfte in albernen Klamauk um.

Christian Clavier, seit MONSIEUR CLAUDE auf die Rolle des liebenswert-snobistischen Familienvaters abonniert, gibt an der Seite von Didier Bourdon, Sylvie Testud und Marianne Denicourt dem Affen mehr Zucker, als es guttut. Komödien wie OH LA LA – WER AHNT DENN SOWAS werden jedes Jahr gefühlt dutzendfach in Frankreich produziert. Bleibt abzuwarten, was als nächstes kommt: Die unvermeidliche Fortsetzung (das Ende deutet auf eine hin) oder ein deutsches Remake im Kaiserstuhl.

INFOS ZUM FILM

Originaltitel „Cocorico“
Frankreich 2023
92 min
Regie Julien Hervé

alle Bilder © WELTKINO

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