Von Vätern und Müttern

VON VÄTERN UND MÜTTERN

Von Vätern und Müttern

VON VÄTERN UND MÜTTERN

Eine harmlose Satire aus Dänemark über unmögliche Eltern auf Klassenfahrt.

Ab 23. Mai 2024 im Kino

Von Vätern und Müttern

In VON VÄTERN UND MÜTTERN macht die 6. Klasse einer Privatschule einen Hüttenausflug. Mit dabei sind nicht nur Schüler, Lehrer und der gurugleiche Schulleiter, sondern auch die Eltern. Der Titel legt es nahe: Die Kinder spielen eine eher untergeordnete Rolle, Regisseurin Paprika Steen interessiert sich mehr für die absurden Hahnen- und Hühnerkämpfe der überengagierten Väter und Mütter.

Von Vätern und Müttern

Piv (Katrine Greis-Rosenthal) und Ulrik (Jacob Lohmann) kriechen Schuldirektor Adrian ordentlich in den Arsch, schließlich ist es schon der vierte Schulwechsel für Tochter Hanna. Das Mädchen selbst ist nicht begeistert, wird aber aufgenommen, und vier Wochen später ist es Zeit für den jährlichen Hüttenausflug. Dort kommt es (ganz nach alter „Paukerfilm“-Tradition) zu den üblichen Streitereien, Intrigen und Besäufnissen, nur dass hier die Kinder Statisten im Hintergrund bleiben und stattdessen die Eltern über die Stränge schlagen. Cringe.

Von Vätern und Müttern

Sie sind alle dabei: Die Streberin, der Klassenclown, die Verführerin, der Besserwisser und der unterdrückte Homosexuelle. Ein Figurenkabinett, das so auch in FACK JU GÖHTE auftauchen könnte. Oder im Pilotfilm zu einer neuen Vorabendserie. Die vielen Charaktere bleiben unausgereift, was wohl der kurzen Laufzeit von 97 Minuten geschuldet ist. Es mangelt an zündenden Momenten, der Film bleibt zu harmlos, kommt nicht richtig in Schwung. Erst gegen Ende, wenn die Masken fallen und es zu handfesten Streitereien kommt, gewinnt die Geschichte an Fahrt.

Von Vätern und Müttern

Themen wie Missbrauchskultur, Untreue und Beziehungskrisen werden angerissen, doch eine schärfere Satire über manische Helikoptereltern wäre sicher unterhaltsamer gewesen. Langweilig ist das zwar nicht, aber richtig originell eben auch nicht. Guter Humor lebt von Fallhöhe, und daran mangelt es den Vätern und Müttern. Der Film wird mit „nach dem Vorbild von DAS FEST und DER RAUSCH“ beworben. Doch von deren Genialität ist VON VÄTERN UND MÜTTERN meilenweit entfernt. Paprika Steens Film bietet harmlose Unterhaltung, ohne tiefere Spuren zu hinterlassen.

INFOS ZUM FILM

Originaltitel „Fædre & mødre“
Dänemark 2022
97 min
Regie Paprika Steen

Von Vätern und Müttern

alle Bilder © mindjazz pictures

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What Happens Later

WHAT HAPPENS LATER

What Happens Later

WHAT HAPPENS LATER

30 Jahre nach SLEEPLESS IN SEATTLE kehrt Meg Ryan zu dem Genre zurück, mit dem sie seinerzeit weltberühmt wurde.

Ab 16. Mai 2024 im Kino

What Happens Later

Das Ex-Paar Bill (David Duchovny) und Willa (Meg Ryan) läuft sich zufällig an einem Flughafen in the middle of nowhere über den Weg. Wegen eines Schneesturms sind die beiden gezwungen, die Nacht in der Abflughalle miteinander zu verbringen.

Trifft die falschen Töne

Meg Ryan, die Queen of Romcom, nimmt 25 Jahre nach ihrem letzten großen Erfolg E-M@IL FÜR DICH die Sache selbst in die Hand: In dreifacher Funktion als Drehbuchautorin, Regisseurin und Hauptdarstellerin hat sie das Theaterstück SHOOTING STAR von Steven Dietz adaptiert.

What Happens Later

Eine Komödie mit Americas Sweetheart Meg Ryan – was kann da schon schief gehen? Überraschenderweise fast alles. Was bei einer 22-Jährigen noch als niedlich schusselig durchgehen mag, wirkt bei der 62-jährigen Meg schlicht deplatziert. Mit weißem Hängekleidchen, wilder Lockenmähne und Springerstiefeln sieht sie aus, als hätte sie sich als ihre eigene Enkelin verkleidet. Über ihre missglückten Gesichts-OPs ist ohnehin schon alles gesagt. Würde ihr Name nicht im Vorspann stehen, man hätte Probleme, sie zu erkennen.

What Happens Later

Auch als Regisseurin macht sie keine allzu gute Figur: Statt die Klaviatur der romantischen Komödie zu spielen, trifft der Film durchweg die falschen Töne. Die geschwätzigen Dauerdialoge nerven kolossal, die immer gleiche Kulisse des Flughafens sorgt auch visuell für Eintönigkeit.

What Happens Later

Wenigstens überzeugt David Duchovny im Walter-Matthau-Gedächtnis-Look. In einer der besseren Szenen läuft auf einem Monitor in der Flughafenhalle ein Werbespot für eine Romcom. Bill zieht kurzerhand den Stecker, schließlich braucht er Strom für sein Handy. Wer nach dieser klaren Ansage (This is NOT a Romcom) eine niedliche Komödie mit Lachen und Weinen erwartet, für die Meg Ryan in der Vergangenheit berühmt war, ist selbst schuld. Doch das Konzept der Anti-Romcom geht nicht auf. Es macht einen Unterschied, ob man zwei Menschen dabei zusieht, wie sie sich verlieben oder zwei Menschen dabei zusieht, wie sie ihre gescheiterte Beziehung aufarbeiten. Letzteres ist ziemlich langweilig. 

INFOS ZUM FILM

Originaltitel „What happens later“
USA 2023
104 min
Regie Meg Ryan

alle Bilder © Universal Pictures Germany

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It's raining men

IT‘S RAINING MEN

It's raining men

IT‘S RAINING MEN

Der Titel klingt schlimmer, als es ist. Caroline Vignals Komödie erzählt von einer abenteuerlustigen Frau zwischen Beziehungskrise und heimlichen Dates

Ab 09. Mai 2024 im Kino

It's raining men

Die Luft ist raus. Nach 16 Jahren Ehe und zwei Kindern schlafen Iris (Laure Calamy) und ihr Mann zwar noch im gleichen Bett, aber außer „Gute Nacht“-Sagen läuft seit 4 Jahren nichts mehr. Kein Wunder, dass sie Sachbücher mit so vielsagenden Titeln wie „Die erkaltete Frau“ liest, während er in die Tasten seines Laptops haut. Romantik geht anders. Doch als sich Iris bei einer Dating-App für Verheiratete anmeldet, hat das ungeahnte Folgen. Gerade noch frustriert und underfucked weiß die Mittvierzigerin bald nicht mehr wohin mit der ganzen sexuellen Energie.

It's raining men

Klingt harmlos, bleibt es auch bis zum Schluss. Die leichte französische Komödie verzichtet zum Glück aufs Moralisieren, erwartbare Eifersüchteleien werden schnell abgehakt. Man könnte sich fragen, was das Ganze soll, denn auch das Ende ist so vorhersehbar, wie man das von einem familienfreundlichen Film erwartet. Egal, der Weg ist das Ziel. Laure Calamy als lustige und in den richtigen Augenblicken verletzliche Frau im Tinderdschungel ist ein Glücksgriff. Dazu frischt Regisseurin Caroline Vignal ihre Inszenierung mit putzigen Ideen auf. Eine spontane Musicaleinlage und eine sehr hübsche Szene, in der potenzielle Bettgenossen direkt aus der App livehaftig in der U-Bahn auftauchen, um sich und ihre Vorzüge anzupreisen, machen IRIS ET LES HOMMES zu einem kurzweiligen Vergnügen. Dass sogar der doofe deutsche Verleihtitel IT‘S RAINING MEN irgendwie Sinn ergibt, ist dabei die größte Überraschung.

INFOS ZUM FILM

Originaltitel „Iris et les hommes“
Frankreich 2023
98 min
Regie Caroline Vignal

It's raining men

alle Bilder © X Verleih

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Sieger Sein

SIEGER SEIN

Sieger Sein

SIEGER SEIN

Prädikat "Besonders wertvoll" - Begründet oder ein weiterer Beweis für die Wahllosigkeit der Filmbewertungsstelle?

Ab 11. April 2024 im Kino

Die Jury sagt: „Ein wunderbar frisch-frecher Film, der die Diversität feiert und auf Augenhöhe der Zielgruppe erzählt.“ So stellen sich Erwachsene eben die Welt der Jugendlichen vor. Voll fetzig. Aber auch cringe. Safe.

Lief auf der Berlinale

Mona ist mit ihrer kurdischen Familie aus Syrien geflüchtet und landet im Berliner Wedding, dem Bezirk, der seit 30 Jahren kommt. In ihrer neuen Schule ist sie „voll das Opfer“, bis sie beim Fussballspielen beweisen kann, was in ihr steckt.

Sieger sein

Erstaunlich, dass es sich bei SIEGER SEIN um einen Debütfilm handelt. Denn es wimmelt nur so von Klischees. Regisseurin Soleen Yusef will es allen recht machen: Der jungen Zielgruppe ebenso, wie den vereulten Redakteuren der Öffentlich-Rechtlichen. Besonders nervig sind dabei die didaktischen Ansätze. Ein bisschen Zuwendung und schon hebt der gerade noch respektlose Rotzlöffel im Unterricht brav die Hand und fragt mit großen Augen „Was ist Diktatur?“ Erklärung folgt, wieder was gelernt – Bruda, isch schwöre!

INFOS ZUM FILM

Deutschland 2024
119 min
Regie Soleen Yusef

Sieger sein

alle Bilder © DCM

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Morgen ist auch noch ein Tag

MORGEN IST AUCH NOCH EIN TAG

Morgen ist auch noch ein Tag

MORGEN IST AUCH NOCH EIN TAG

In Italien war MORGEN IST AUCH NOCH EIN TAG ein gigantischer Erfolg und schlug mit mehr als 5 Millionen Besuchern sogar BARBIE und OPPENHEIMER an der Kinokasse.

Ab 04. April 2024 im Kino

Paola Cortellesi ist in ihrer Heimat vor allem als Moderatorin und Fernsehkomikerin bekannt. Mit MORGEN IST AUCH NOCH EIN TAG hat sie den Sprung in ein völlig neues Genre gewagt. Ihr Debüt als Filmemacherin ist eine fulminante One-Woman-Show: Cortellesi ist Regisseurin, Autorin und Hauptdarstellerin in Personalunion. Das hätte auch schief gehen können – ist es aber nicht.

Sinnbild einer ganzen Frauengeneration

Der Film, angesiedelt in den Arbeitervierteln Roms 1946, erzählt von der gepeinigten Delia (Paola Cortellesi), die sich schon vor dem Aufstehen eine Backpfeife von ihrem brutalen Ehemann Ivano (Valerio Mastandrea) einfängt. Jeder Tag verläuft gleich: Frühstück machen, tausend kleine Arbeiten verrichten, ein wenig Geld verdienen, nur um trotzdem weiter Prügel einzustecken. Die Rollen waren seinerzeit klar verteilt: Männer hatten das Sagen, Frauen mussten parieren. Delia erträgt das alles vor allem, um ihre 20-jährige Tochter vor dem gleichen Schicksal zu bewahren.

Paola Cortellesi hat mit ihrem ersten Film ein kleines Meisterwerk geschaffen: Momente der Leichtigkeit und Ernsthaftigkeit bleiben bis zum Ende in perfekter Balance. C’È ANCORA DOMANI (Originaltitel) zeigt die Ungerechtigkeit eines patriarchalischen Systems, Delia wird dabei zum Sinnbild einer ganzen Frauengeneration. Der Querschnitt durch das Alltagsleben vor achtzig Jahren schlägt keinen belehrenden Ton an und überrascht stattdessen mit Wärme, Humor und ungewöhnlichen Inszenierungsideen.

Die Gesichter der Schauspieler, die Ausstattung, die Kulissen – der Schwarz-Weiß-Film könnte tatsächlich aus den 1940er-Jahren stammen, wären da nicht die irritierenden, aber ausgesprochen wirkungsvoll eingesetzten modernen Musikstücke. Auch die Szenen des prügelnden Ehemanns werden hier zu einem künstlerischen Ausdruckstanz von makabrer Eleganz, das ist erschütternd und vermeidet gleichzeitig ein Abgleiten in unnötige Gewalt und Voyeurismus. Regisseurin Cortellesis weiß offensichtlich genau, was sie tut. MORGEN IST AUCH NOCH EIN TAG ist einer der schönsten (und überraschendsten) italienischen Filme der letzten Jahre.

INFOS ZUM FILM

Originaltitel „C’è ancora domani“
Italien 2023
118 min
Regie Paola Cortellesi

alle Bilder © TOBIS Film

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KLEINE SCHMUTZIGE BRIEFE

KLEINE SCHMUTZIGE BRIEFE

“You funny ass old whore. Tricky old fuck. Sad stinky bitch!” Was sich wie Social-Media-Hasskommentare liest, sind in Wahrheit analoge Beleidigungen per Briefpost im England der 1920er-Jahre.

Ab 28. März 2024 im Kino

In der malerischen britischen Küstenstadt Littlehampton erhält die fromme Christin Edith Swan (Olivia Colman) seit Wochen Briefe voller anzüglicher Beleidigungen. Wer könnte der Absender sein? Alles deutet auf die zugezogene Rose Gooding (Jessie Buckley) hin, die zusammen mit ihrer Tochter und ihrem schwarzen Freund nebenan wohnt. Rose hat ein loses Mundwerk und benimmt sich auch sonst nicht besonders ladylike. Doch die junge indische Polizistin Gladys Moss (Anjana Vasan) glaubt nicht, dass Rose die Schmähbriefe geschrieben hat und ermittelt auf eigene Faust.

Niedlich, schrullig, britisch

Regisseurin Thea Sharrock interessiert sich in ihrer Komödie weniger für den Kriminalfall (wer der Absender der Briefe ist, ahnt man relativ schnell), sondern mehr für den feministischen Aspekt der Geschichte. Ihre Heldinnen sind Frauen, die sich nicht länger wegen ihrer Herkunft, ihrer Art zu Leben oder ihrer Hautfarbe beurteilen lassen wollen.

Das Beste sind (to nobody’s surprise) die beiden Hauptdarstellerinnen Olivia Colman (kann einfach nie schlecht sein) und Jessie Buckley. Ungeachtet der expliziten Sprache ist KLEINE SCHMUTZIGE BRIEFE eine eher harmlose Angelegenheit und tut niemandem weh. Die kleine (und wahre!) Geschichte ist leichte Kost, die unflätigen Ausdrücke (vor allem in der englischen Originalversion) sind das einzig wirklich Komische. Ein Film aus der Reihe: Niedlich, schrullig, britisch.

INFOS ZUM FILM

Originaltitel „Wicked Little Letters“
GB 2023
101 min
Regie Thea Sharrock

alle Bilder © STUDIOCANAL

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CLUB ZERO

CLUB ZERO

Das große Nichtfressen: Jessica Hausners satirischer Film über Hungerwahn zwecks Selbstoptimierung schießt am Ziel vorbei. Am Ende bleibt die Frage: Was will uns die Regisseurin genau sagen?

Ab 28. März 2024 im Kino

Vielleicht, dass Hungern genauso schlecht ist wie zu viel Essen. Und Bulimie auch keine Lösung ist. Das wusste man allerdings schon vorher.

Artifizielle Bildsprache und gestelzte Dialoge

Die junge Lehrerin Frau Novak (Mia Wasikowska aus ALICE IM WUNDERLAND) lehrt an einem Internat bewusste Ernährung, indem sie zum Verzicht auffordert. Die Schüler begeistern sich, fühlen sich wichtig und glauben, durch Hungern die Welt retten zu können. Doch auf dem Weg zur Selbstkasteiung folgt bald der nächste, nur konsequente Schritt: Wenn schon sehr leichte Küche, warum dann nicht gleich ganz ohne? Muss der Mensch überhaupt essen, um zu überleben? Der Titel CLUB ZERO lässt erahnen, wohin die Reise geht.

Die wohl hässlichsten Schuluniformen seit Menschengedenken, 70er-Jahre-Betonarchitektur, dazu eine Mia Wasikowska im spröden Sandra-Hüller-Modus. Die Kamera zoomt langsam in die Totale oder verdichtet. Die artifizielle Bildsprache passt zu den (gewollt?) gestelzten Dialogen. Zu den Themen Körperbild, Essstörungen und westlicher Überkonsum hat der Film dabei wenig Neues beizutragen. Die Botschaft ist nach spätestens der Hälfte angekommen. Zudem gibt es gegen Ende eine ausgesprochen unappetitliche Szene auszuhalten, die den Begriff „Wiederkäuer“ neu definiert. Nicht umsonst gibt es eine Triggerwarnung vor dem Film. Überraschender Nebeneffekt: Nachdem man fast zwei Stunden Wohlstandskids beim Fasten zuschauen musste, verspürt man großen Hunger auf eine Currywurst mit Pommes.

INFOS ZUM FILM

Originaltitel „Club Zero“
Österreich / Großbritannien / Deutschland / Frankreich / Dänemark / Katar 2023
110 min
Regie Jessica Hausner

alle Bilder © Neue Visionen Filmverleih GmbH

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DREAM SCENARIO

DREAM SCENARIO

Ein guter Film mit Nicoals Cage? Das ist seit Jahren ein Widerspruch in sich selbst. DREAM SCENARIO ist das künstlerische Comeback des auf Schundfilme abonnierten Oscargewinners.

Ab 21. März 2024 im Kino

DREAM SCENARIO wirft einen originellen Blick auf Massen-Paranoia und schnellen Ruhm. Das Psycho-Comedy-Drama wurde von Ari Aster produziert; das sagt vielleicht schon alles. Unter der Regie des Norwegers Kristoffer Borgli (SICK OF MYSELF) erzählt der wunderbar schräge Film die Geschichte des unscheinbaren Biologieprofessors Paul Matthews, der plötzlich in den Träumen wildfremder Menschen auftaucht. Er wird im wahrsten Sinne des Wortes über Nacht berühmt, seine Studenten, Fernsehsender und Werbeagenturen umschwärmen ihn. Doch als Paul in immer blutrünstigeren Albträumen in Erscheinung tritt, schlägt die anfängliche Begeisterung in Angst und Hass um.

Durchweg neu und überraschend

Wie reagiert die Gesellschaft auf einen ganz normalen Mann, der sich ohne sein Zutun vom Traumhelden zum unfreiwilligen Freddy Krueger wandelt? Nicolas Cage, der overacting zu seinem Markenzeichen gemacht hat, spielt die Rolle des unscheinbaren Mr. Nobody für seine Verhältnisse geradezu introvertiert. Fans des grandios durchgedrehten Schauspielers kommen trotzdem auf ihre Kosten – in einigen Szenen grimassiert sich Cage auch hier um Kopf und Kragen.

DREAM SCENARIO ist ein Vexierspiel, das die Grenzen zwischen Traum und Wirklichkeit verwischt. Regisseur Kristoffer Borgli hält die clevere Geschichte souverän am Laufen, spielt mit den Erwartungen der Zuschauer und verwebt dabei Elemente aus TWILIGHT ZONE mit Sozialkritik und einem Schuss BLACK MIRROR. Trotz ein paar Längen hier und da fühlt sich der Film durchweg frisch und überraschend an.

INFOS ZUM FILM

Originaltitel „Dream Scenario“
USA 2024
101 min
Regie Kristoffer Borgli

alle Bilder © DCM

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OH LA LA – WER AHNT DENN SOWAS?

OH LA LA – WER AHNT DENN SOWAS?

Der Titel lässt es vermuten: OH LA LA – WER AHNT DENN SOWAS? ist eine leichte Komödie aus Frankreich.

Ab 21. März 2024 im Kino

Samstag Abend, im Fernsehen läuft nur Schrott, beim Zappen bleibt man in irgendeinem Dritten bei der Wiederholung eines alten Louis-de-Funès-Films hängen und muss lachen. „Nein! Doch! Ohh!“ Auf ähnlich hohem Witze-Niveau bewegt sich die französische Komödie COCORICO (Originaltitel). Die Geschichte um falschen Vaterlands-Stolz ist zumindest Anfangs ziemlich komisch.

Konventionell, aber sehr komisch

Die Winzer-Familie Bouvier-Sauvage ist nicht nur stolz auf ihre Nationalität, sondern mindestens genauso auf ihre aristokratische Vergangenheit. Als die einzige Tochter ankündigt, den Sohn eines einfachen Peugeot-Händlers zu heiraten, hält sich die Begeisterung in Grenzen. Beim ersten Treffen der Schwiegereltern wird schnell klar, dass hier Welten aufeinanderprallen. Zu allem Überfluss überrascht das künftige Brautpaar die Eltern mit DNA-Tests, die mehr über die Abstammung der Anwesenden verraten, als ihnen lieb ist.

Die Seitenhiebe auf die ach so stolze „Grande Nation“ und das Spiel mit Klischees sind ausgesprochen lustig. Doch das gute Timing und den Wortwitz kann OH LA LA – WER AHNT DENN SOWAS? nicht halten. Man kann dem Film sozusagen beim Sprung über den Shark zuschauen. Die zunächst konventionelle, aber sehr komische Boulevard-Komödie kippt in der zweiten Hälfte in albernen Klamauk um.

Christian Clavier, seit MONSIEUR CLAUDE auf die Rolle des liebenswert-snobistischen Familienvaters abonniert, gibt an der Seite von Didier Bourdon, Sylvie Testud und Marianne Denicourt dem Affen mehr Zucker, als es guttut. Komödien wie OH LA LA – WER AHNT DENN SOWAS werden jedes Jahr gefühlt dutzendfach in Frankreich produziert. Bleibt abzuwarten, was als nächstes kommt: Die unvermeidliche Fortsetzung (das Ende deutet auf eine hin) oder ein deutsches Remake im Kaiserstuhl.

INFOS ZUM FILM

Originaltitel „Cocorico“
Frankreich 2023
92 min
Regie Julien Hervé

alle Bilder © WELTKINO

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THE PERSIAN VERSION

THE PERSIAN VERSION

Ein zwiespältiger Film über eine Mutter-Tochter-Beziehung: Die erste Hälfte nervt, die zweite erzählt die interessante Geschichte einer jungen Frau im Iran.

Ab 14. März 2024 im Kino

THE PERSIAN VERSION beginnt mit der Einblendung „Basierend auf einer wahren Geschichte … mehr oder weniger“ und setzt damit gleich zu Anfang seine erste „Achtung, witzig!“-Marke. Im MIttelpunkt der dramatischen Komödie steht zunächst die iranische Amerikanerin Leila, eine junge Faru, die noch immer gegen ihre Eltern rebelliert. Als einziges Mädchen von neun Geschwistern fühlt sie sich seit Kindesbein benachteiligt, schon in der Schule war sie „zu iranisch für eine Amerikanerin“ und „zu amerikanisch für eine Iranerin“. Davon abgesehen ist sie vor allem eins: zu viel. Die Filmemacherin ist lesbisch, chaotisch und gerade von einer vermeintlichen Transe geschwängert worden, die sich als heterosexueller Schauspieler entpuppt. Besonders Leilas Mutter stößt das selbstbestimmte Leben ihrer Tochter auf. Ich hab’s im Magen.

Mehr Filmhochschule als Filmkunst

Dies ist Maryam Keshavarz‘ dritter Film und ihre erste Komödie. Es gibt viele gute Ansätze und mindestens genauso viele schlechte Umsetzungen. In der ersten Hälfte nervt die Lebens-Erinnerungs-Clip-Sammlung mit bemühter Originalität. Schnelle Schnitte, Freezeframes und das Durchbrechen der vierten Wand sind legitime filmische Mittel. Aber man sollte wissen, wann, wie oft und aus welchem Grund man sie einsetzt. Hier hat man den Eindruck, als habe eine Filmemacherin im kreativen Drogenrausch krampfig versucht, ihr Werk aufzupeppen. Das Ergebnis ist mehr Filmhochschule als Filmkunst.

Nach gut der Hälfte wechselt THE PERSIAN VERSION plötzlich die Richtung. Die Kamera zoomt nicht mehr in das überdrehte Leben der Tochter, sondern fokussiert sich auf die Mutter. Endlich wird es interessant. Ein Film im Film mit einem dramaturgischen Bogen und nachvollziehbarer Erzählstruktur – als hätte jemand das Steuer eines entgleisten Zuges endlich in die richtige Richtung gelenkt. Schade, dass es bis dahin eine gefühlte Ewigkeit dauert. Vielleicht hätte man die erste Hälfte besser verschlafen.

INFOS ZUM FILM

Originaltitel „The Persian Version“
USA 2023
107 min
Regie Maryam Keshavarz

alle Bilder © Sony Pictures

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DRIVE-AWAY DOLLS

DRIVE-AWAY DOLLS

Never change a winning team. Ethan Coen hat es trotzdem getan und einen Film ohne seinen Bruder Joel gedreht. Keine gute Idee.

Ab 07. März 2024 im Kino

DRIVE-AWAY DOLLS ist eine herbe Enttäuschung. Und der Beweis, dass Ethan ohne seinen Bruder Joel keinen brauchbaren Film zustande bringt. Die unlustige Komödie erzählt von zwei Lesben auf einem lahmen Roadtrip, der die Geduld der Zuschauer schier grenzenlos strapaziert.

Versagt inhaltlich und inszenatorisch

Das holprige Drehbuch stammt von Coen und seiner Frau Tricia Cooke. Die beiden hatten wohl eine Geschichte voller Abenteuer und witziger Verwechslungen im Sinn, doch herausgekommen ist das Gegenteil. Die Handlung wird durch einen lächerlichen Zufall ausgelöst, als den unsympathischen Freundinnen Jamie und Marian, gespielt von Margaret Qualley und Geraldine Viswanathan, versehentlich ein Mietwagen mit hochbrisantem Inhalt übergeben wird. Von da an stolpern die beiden von einer haarsträubenden Situation in die nächste, ohne dass dabei Spannung oder Komik aufkommen.

Angestrengte Versuche, Witz und Esprit durch belangloses Geschwätz zu erzeugen, torkeln ins Leere. Man fragt sich, wie ein derart talentiertes Ensemble einen so schlechten Film zustande bringt. Die Gastauftritte von Pedro Pascal und Matt Damon können es auch nicht retten. Sie beweisen höchstens, dass selbst Schauspieler mit Starpower Schwierigkeiten haben, dem desaströsen Drehbuch etwas Positives abzugewinnen.

DRIVE-AWAY DOLLS versagt inhaltlich und inszenatorisch auf ganzer Linie. Das überzogene Schauspiel, die flache Handlung und das dümmliche Drehbuch machen DRIVE-AWAY DOLLS zu einer uninspirierten Komödie, die weder als charmanter Roadtrip noch als cleverer Coen-Brothers-Film funktioniert.

INFOS ZUM FILM

Originaltitel „Drive-Away Dolls“
USA 2024
83 min
Regie Ethan Coen

alle Bilder © Universal Pictures International Germany

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ARGYLLE

ARGYLLE

Eine globale Spionageorganisation. Ein Agent mit Katzenallergie. Und eine Schriftstellerin, die eigentlich nur ihre Ruhe haben will. Regisseur Matthew Vaughn schickt eine ganze Schar von Top-Stars auf eine knallbunte Jagd rund um die Welt.

Ab 01. Februar 2024 im Kino

Der nächste James Bond-Film lässt auf sich warten – bislang ist noch nicht mal ein neuer Darsteller gefunden, geschweige denn ein Start für die Dreharbeiten bekannt. In der spionagefreien Zeit also Gelegenheit, das Agentenfilmgenre neu zu definieren.

ARGYLLE ist keine Konkurrenz für Bond

Bryce Dallas Howard spielt die Autorin Elly Conway, die es sich am liebsten zu Hause gemütlich macht. Abends schreibt sie in Gesellschaft ihres Katers Alfie Spionage-Romane. Deren Hauptfigur ist Argylle (Henry Cavill), ein smoother James-Bond-Verschnitt mit Maßanzügen und furchtbarer Frisur. Doch eines Tages beginnen sich Fiktion und Realität zu überschneiden. Elly trifft scheinbar zufällig auf den echten Spion Aidan (Sam Rockwell). Bald findet sie sich inmitten einer lebensgefährlichen Mission wieder.

Um es gleich vorwegzunehmen: ARGYLLE ist keine Konkurrenz für 007. Gegen Matthew Vaughns Actiongroteske sind die Bond-Filme der Roger-Moore-Ära philosophisches Arthouse-Kino. Es ist wie bei einem aus dem Ruder gelaufenen Kindergeburtstag: Mehr und mehr und dann noch zehnmal mehr. Am Ende fühlt man sich wie nach einer Karussellfahrt mit fünf kandierten Äpfeln im Bauch.

ARGYLLE ist zu cheesy, die Action zu albern und die CGI-Effekte zu schlecht. Es gibt so viele Wendungen und Überraschungen, dass man kaum hinterherkommt. Der Untertitel könnte auch TWIST – DER FILM lauten. Auf etwas anstrengende Weise macht das eine zeitlang Spaß, aber mit 139 Minuten ist das Ganze entschieden zu lang.

Zum Cast gehören neben Howard, Rockwell und Cavill unter anderem John Cena, Sängerin Dua Lipa, Bryan Cranston, Catherine O’Hara, Samuel L. Jackson. Diese geballte Starpower lässt Kater Alfie allerdings kalt – Berühmtheiten kennt er von zu Hause. Denn im wahren Leben hört er auf den Namen Chip und gehört Regisseur Matthew Vaughns Frau, Supermodel Claudia Schiffer.

INFOS ZUM FILM

Originaltitel „Argylle“
GB / USA 2024
139 min
Regie Matthew Vaughn

Argylle

alle Bilder © Universal Pictures International Germany

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EINE MILLION MINUTEN

EINE MILLION MINUTEN

Zufall oder Absicht? EINE MILLION MINUTEN zeigt auffallende Parallelen zu WOCHENENDREBELLEN - ist aber der bessere Film.

Ab 01. Februar 2024 im Kino

Die Geschichte kommt einem bekannt vor: Vater ist viel unterwegs, macht Karriere. Mutter kümmert sich um Kinder und Haushalt, ist frustriert. Opa wird von Joachim Król gespielt. Eines der Kinder hat eine leichte Behinderung. Nix Garstiges, irgendwas, was man fast nicht sieht. ADHS oder so. Und weil keine Therapie anschlägt und das Kind es sich abends beim Zubettgehen so sehr wünscht, fasst die Familie einen verrückten Plan: Sie fahren gemeinsam durch sämtliche Fußballstadien Deutschlands. Nein, das war der andere Film. Sie machen eine Weltreise für 1.000.000 Minuten (entspricht knapp zwei Jahren). Und weil Kinder nicht nur im Prenzlberg an der Macht sind, dürfen sie den Verlauf der Tour bestimmen. Kurz mit dem kleinen Finger auf den Globus getippt – und los geht’s. Doch dass man, egal wohin man reist, seine Probleme immer wie einen schweren Koffer mit sich trägt, ist eine Binsenweisheit.

Das Leben ist der beste Autor

Ohne jeden Zynismus kann man sagen, dass hier die Probleme von extrem privilegierten Menschen thematisiert werden. So hält sich das Mitleid in Grenzen, wenn die Familie bei ihrem Selbstfindungstrip in fantastischen Häusern mit direktem Meerzugang residiert und das größte Problem eine instabile Internetverbindung ist. Darauf ein kühles Bier am Strand.

Dass EINE MILLION MINUTEN um Klassen besser als sein Doppelgänger WOCHENENDREBELLEN ist, hat mehrere Gründe: Zum einen sieht er besser aus. Kameramann Andreas Berger hat den Film fürs Kino gedreht und vermeidet kleinliches TV-Format. Zum anderen beweist Regisseur Christopher Doll bei der Besetzung der Hauptrollen mit Karoline Herfurth und Tom Schilling ein glückliches Händchen. Den beiden ist es zu verdanken, dass EINE MILLION MINUTEN keine banale deutsche Komödie mit Herz-Schmerz-Elementen geworden ist. Ganz im Gegenteil. Abgesehen von den etwas nervigen „Bilder einer glücklichen Familie mit gefälliger Popmusik unterlegt“-Sequenzen hat der Film viele erstaunlich ernste und berührende Momente.

Das Leben ist eben doch der beste Autor: Wie WOCHENENDREBELLEN basiert auch EINE MILLION MINUTEN auf einer wahren Geschichte. Die Buchvorlage stammt von Wolf Küper, der mit seiner Familie nach Stationen in Australien, Neuseeland und Asien inzwischen in Kapstadt lebt. Christopher Doll liefert mit der Verfilmung eine emotionale und wohltuend untypisch deutsche Tragikomödie ab – sehenswert.

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Deutschland 2024
123 min
Regie Christopher Doll

alle Bilder © Warner Bros. Pictures Germany

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THE HOLDOVERS

THE HOLDOVERS

Ab 25. Januar 2024 im Kino

Ein schlecht gelaunter Professor, ein rebellischer Teenager und eine trauernde Köchin bilden eine Zwangsgemeinschaft zu Weihnachten. Alexander Payns neuer Film kommt auf den Tag genau einen Monat zu spät in die Kinos. Aber weil THE HOLDOVERS ein moderner Klassiker ist, kann man sich den auch im Januar noch gut anschauen.

Schnee rieselt, der Baum ist geschmückt, es weihnachtet sehr. Doch im Elite-Internat Barton Academy ist zum Jahresende 1970 die Stimmung alles andere als festlich. Der bösartige, von Schülern wie Kollegen gehasste Lehrer Paul Hunham (Paul Giamatti) hat die undankbare Aufgabe, sich über die Feiertage um die „Überbleibsel“ (The Holdovers) zu kümmern, also jene Schüler, die nicht zu ihren Familien fahren konnten oder durften. In diesem Jahr bleibt am Ende nur der hochintelligente Einzelgänger Angus (Dominic Sessa) in seiner Obhut. Zusammen mit Kantinenköchin Mary (Da’Vine Joy Randolph) bildet die Zwangsgemeinschaft eine Art Ersatz-Familie, wenn auch auf begrenzte Zeit.

Das Leben ist hart

THE HOLDOVERS könnte ebenso gut aus der HAROLD AND MAUDE-Zeit stammen. Regisseur Alexander Payn erzeugt ein perfektes 70er-Jahre-Feeling ohne Klischees oder einen aufdringlichen Zeitgeist-Soundtrack. Es fängt schon beim altmodischen Universal-Logo an, geht über die hässlichen, aber sehr authentischen Titel-Einblendungen, bis hin zur perfekten Ausstattung samt Kostüme. Einen Glücksgriff hat Payne mit seinem bislang unbekannten Hauptdarsteller Dominic Sessa getan. Der steht hier zum allerersten Mal vor einer Kamera. Unglaublich. Dass er nebenbei auch noch wie die jugendliche Version von Donald Sutherland aussieht, macht die Reise in die 70er noch überzeugender. (Fragt sich, wieso die Macher vom TRIBUTE VON PANEM-Prequel den nicht auf dem Schirm hatten). Daneben der immer hervorragende, hier oscarreif spielende Paul Giamatti. Regisseur und Schauspieler verbindet eine lange Geschichte. Schon vor 20 Jahren stand Giamatti in SIDEWAYS für Payn vor der Kamera. Die in diesem Jahr mit dem Golden Globe für die beste Nebenrolle ausgezeichnete Da’Vine Joy Randolph vervollständigt das Trio als patente und großherzige Köchin, die mehr Tragik in sich trägt, als es auf den ersten Blick scheint.

Das Leben ist hart und THE HOLDOVERS macht daraus keinen Hehl. Die Weihnachtsgeschichte vom mürrischen Giftzwerg, der sich zum emphatischen Menschen wandelt, ist oft rührend, aber nie rührselig. Payne ist ein moderner Klassiker geglückt – bewegend, toll gespielt und mit viel authentischer 70er-Jahre-Atmosphäre. Unbedingt ansehen. 

INFOS ZUM FILM

Originaltitel „The Holdovers“
USA 2023
133 min
Regie Alexander Payn

alle Bilder © Universal Pictures International Germany

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MEAN GIRLS – DER GIRLS CLUB

MEAN GIRLS – DER GIRLS CLUB

Ab 25. Januar 2024 im Kino

Zweimal Musical, zweimal pink: Kann die Neuverfilmung von MEAN GIRLS dem Blockbuster BARBIE das Wasser reichen?

Klingt komplizierter als es ist: MEAN GIRLS war vor gut zwanzig Jahren DER Kultfilm zum Thema High-School-Terror. Die Dynamiken von populären Schülern, Mobbern und Außenseitern wurde zur Blaupause für eine ganze Reihe von Filmen und Fernsehserien rund um die Hierarchien an US-Schulen. 2017 feierte eine Musical-Version des auf dem Ratgeberbuch „Queen Bees and Wannabes“ basierenden Films ihre Premiere am Broadway. Buch, Film, Musical – alles große Erfolge. Mit MEAN GIRLS – DER GIRLS CLUB kommt nun die Verfilmung des Broadwaymusicals in die Kinos.

Bunt, lustig und wild

Die neue Schülerin Cady freundet sich mit den elitären „Plastics“ an, einer Gruppe eingebildeter rich girls, angeführt von der hinterhältigen Regina. Als sich Cady in Reginas Ex-Freund Aaron verliebt, gerät sie ins Fadenkreuz der selbsternannten Highschool-Queen.

Der von Samantha Payne und Arturo Perez Jr. inszenierte Film hat seine besten Momente, wenn er sich mit voller Wucht in die überdrehte Musicalwelt stürzt: dann wird es bunt, lustig und wild. Das Komponisten- und Texterteam, bestehend aus Jeff Richmond und Nell Benjamin, hat dazu jede Menge catchy Songs geschrieben, die über ein paar inhaltliche Schwächen hinwegtrösten.

Glaubt man Teilen der US-Presse, stinkt der neue Film gegen das Original und die Broadway-Version ab. Als unbedarfter Zuschauer, der weder das eine noch das andere kennt, kann man dagegen großen Spaß haben. Das vor allem in den Nebenrollen prominent besetzte Musical (u.a. Tina Fey, John Hamm) ist schön böse, hat Drive und bietet jede Menge Ohrwürmer. Man kann sich das Ganze als eine Art GLEE mit besseren Gags vorstellen. Wem Musicals per se auf die Nerven gehen: Achtung, hier wird sehr viel gesungen. Ob MEAN GIRLS allerdings trotz gleichen Farbschemas den Erfolg von BARBIE wiederholen kann, ist zu bezweifeln. Spaßig-charmante Unterhaltung ist es allemal.

INFOS ZUM FILM

Originaltitel „Mean Girls“
USA 2024
105 min
Regie Samantha Payne und Arturo Perez Jr.

alle Bilder © Paramount Pictures Germany

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THE PALACE

THE PALACE

Ab 18. Januar 2024 im Kino

Selten waren sich die Kritiker so einig: THE PALACE ist Roman Polanskis schlechtester Film. Ein filmisches Desaster im Schatten der Alpen.

Wie es THE PALACE geschafft hat, seine Weltpremiere auf den diesjährigen Internationalen Filmfestspielen von Venedig zu feiern, ist das größte Rätsel. Hat sich das vorher niemand angeschaut? Die Möchtegern-Satire wäre gerne so bissig wie Ruben Östlunds TRIANGLE OF SADNESS, ist aber komplett zahnlos und dumm. Die Szenen wirken wie eine Aneinanderreihung von schlecht improvisierten Sketchen, oft unappetitlich und ohne roten Faden oder Sinn.

Nichts daran ist lustig

Die Handlung des Films könnte kaum belangloser sein. Schauplatz ist „The Palace“, ein plüschiges Luxushotel in den Schweizer Alpen. Hier versammelt sich im Dezember 1999 der Jetset, um gemeinsam ins Jahr 2000 zu feiern. Die Angst geht um, dass das Millennium-Problem die Welt zerstören wird, aber der unerschütterliche Hotelmanager Hansueli Kopf (Oliver Masucci) besteht darauf, dass alles gut wird. Sein einziges Ziel: Die protzigen Gäste mögen sich „nach Herzenslust mit Kaviar vollstopfen“ und Champagner trinken, „bis es ihnen aus den Ohren sprudelt.“

Man fragt sich, ob Masucci die Rolle aus Bewunderung für die Legende Polanski oder wegen einer verlorenen Wette angenommen hat. Die vulgäre Klientel wird von Fanny Ardant, John Cleese, einem monströs aussehenden Mickey Rourke und dem Deutschen Milan Peschel „gespielt“. Wer sich für kleine Hunde mit Durchfall, betrunkene Russen, kotzende Frauen und grotesk geliftete Altstars begeistert, kommt hier voll auf seine Kosten.

Nichts daran ist lustig: Wirklich im Ernst – gar nichts. Vom flachen Inhalt und der erbärmlichen Inszenierung abgesehen, sieht der Film auch noch schäbig aus. Roman Polanski, einst gefeierter Regisseur von Meisterwerken wie CHINATOWN und DER PIANIST, hat nun das wohl dunkelste Kapitel seiner Karriere geschrieben. Dass man Kunst und Künstler trennen soll, erweist sich hier als hohle Phrase, denn im Alter von 90 Jahren hat sich Polanski mit seinem vielleicht letzten Film endgültig selbst ins Aus geschossen.

INFOS ZUM FILM

Originaltitel „The Palace“
Italien / Polen / Schweiz / Frankreich 2023
97 min
Regie Roman Polanski

alle Bilder © Weltkino Filmverleih

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BABY TO GO

BABY TO GO

Ab 11. Januar 2024 im Kino

Familienplanung von übermorgen. BABY TO GO ist eine ironische Zukunftsvision mit hübschem Technik-Schnickschnack und Werbeästhetik.

Gleichberechtigung 5.0: Männer können auch im neuen Jahr nicht schwanger werden, da kann die Wissenschaft noch so lange forschen. Und Frauen wollen es nicht mehr. Die Hormone, die Hitzewallungen, die Schwangerschaftsstreifen! Stattdessen lässt sich der Nachwuchs in einem schicken Designer-Pod im Labor züchten. Kinderkriegen wird so einfach wie die Pflege eines Tamagotchis.

BLACK-MIRROR-Episode auf 111 Minuten gedehnt

BABY TO GO erzählt von Rachel (Emilia Clarke) und Alvy (Chiwetel Ejiofor), die sich nach langem Zögern entschließen, Eltern von einem Plastikei zu werden. Regisseurin Sophie Barthes nutzt für ihre Science-Fiction-Sozialsatire die visuellen Mittel einer Apple-Werbung. Slicke Technik (der Frühstückstoast kommt aus dem 3D-Drucker), sanfte Pastelltöne – die Welt der Zukunft sieht gut aus.

Doch gutes Aussehen alleine reicht nicht. BABY TO GO ist eine etwas zahnlose BLACK-MIRROR-Episode auf 111 Minuten gedehnt. Das hätte sich komprimierter und wirkungsvoller locker in der Hälfte der Zeit erzählen lassen. Trotz all der hübschen Bildideen zieht es sich zwischendurch wie eine Apple-Präsentation von Tim Cook.

Zuschauer, die zwischen 10 und 14 € für ein Kinoticket berappen, erwarten eine gewisse Quantität an Film. Deshalb gibt es hierzulande auch keinen Markt für Kurzfilme. Eine knackigere Version von BABY TO GO wäre besser bei einem Streamer oder als Hälfte eines Doublefeatures aufgehoben.

INFOS ZUM FILM

Originaltitel „The Pod Generation“
GB 2022
111 min
Regie Sophie Barthes

alle Bilder © Splendid Film

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ROLE PLAY

ROLE PLAY

Ab 04. Januar 2024 im Kino

Happy 2024! Fangen wir das neue Jahr mit einem kleinen Quiz an: Was haben folgende Schlagzeilen mit dem Actionfilm ROLE PLAY zu tun? „Studio Babelsberg: Eben noch Hollywood, jetzt Flaute“ - „Steht das Filmstudio Babelsberg vor dem Aus?“

Die Antwort: Ganz einfach, die Babelsberger haben ROLE PLAY co-produziert und stehen jetzt vor der Insolvenz. Ob das eine mit dem anderen zu tun hat, ist nicht erwiesen, aber gut möglich. Schon bei der Auswahl seiner letzten Projekte zeigte das Studio ein feines Gespür für Kassenschlager: BAGHEAD, RETRIBUTION und DIE LETZTE FAHRT DER DEMETER waren echte Rohrkrepierer.

So spannend sind wie das Warten auf die U-Bahn

Vor genau 30 Jahren kam TRUE LIES mit Arnold Schwarzenegger in die Kinos. Für ROLE PLAY gilt: anderer Film, gleiche Geschichte, gleiche Ideenarmut. Emma (Kaley Cuoco) führt mit ihrem Mann Dave (David Oyelowo) eine halbwegs glückliche Ehe, inklusive zwei nerviger Kinder. Beruflich ist sie viel unterwegs, angeblich zu langweiligen Seminaren. In Wahrheit ist sie eine hochbezahlte Auftragskillerin, die weltweit unangenehme Zeitgenossen ausschaltet. Die Familie hat von Muttis Doppelleben keine Ahnung – bis eines Tages … den Rest kann man sich denken.

Auch wenn die Undercover-Killer-Geschichte noch halbwegs interessant klingt – die Umsetzung ist es nicht. Statt packender Action gibt es endlose Dialoge, die so spannend sind wie das Warten auf die U-Bahn. Wenn dann doch mal was passiert, erinnert es eher an eine schlechte Kindergarten-Aufführung als an einen Actionfilm. Komödie? War wohl die Intention, ist aber eher unfreiwillig komisch. Was den eigentlich immer brillanten Bill Nighy dazu bewogen hat, hier eine Nebenrolle zu übernehmen, bleibt sein Geheimnis.

TV-Regisseur Thomas Vincent versucht verzweifelt, auf der KILLING EVE-Welle zu surfen, scheitert jedoch kläglich. Die öde Geschichte, die sich fürchterlich clever vorkommt, spielt irgendwann auch mal in Berlin – Studio Babelsberg sei Dank. Die einzige Erkenntnis, die man am Ende gewinnt: Die Hauptstadt ist dreckig und hässlich wie nie, es gibt Technoclubs an jeder Ecke, und wenn man nur will, kann man sogar den schlimmsten Feierabendverkehr in Kreuzberg umfahren.

INFOS ZUM FILM

Originaltitel „Role Play“
USA / Deutschland / Frankreich 2024
100 min
Regie Thomas Vincent

alle Bilder © STUDIOCANAL

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GIRL YOU KNOW IT’S TRUE

GIRL YOU KNOW IT’S TRUE

Ab 21. Dezember 2023 im Kino

Sie verkauften 14 Millionen Alben, wurden zu Stars - gesungen haben andere. Ist die Geschichte von Milli Vanilli knapp 30 Jahre später noch relevant genug, um daraus einen Kinofilm zu machen?

Der kometenhafte Aufstieg und der krasse Absturz der beiden Backgroundtänzer Robert Pilatus und Fabrice Morvan, besser bekannt als Milli Vanilli, ist 1993 der größte Skandal, den die Musikgeschichte bis dato erlebt hat. Vergleichbar in etwa, wenn heute rauskäme, dass Taylor Swift seit Jahren die Lippen zum Playback einer anderen Sängerin bewegt. Milli Vanilli sind internationale Stars aus München. Nummer eins Hits weltweit, vergöttert in Amerika und Gewinner des Grammys als Best New Artists. Doch dann lässt Produzent Frank Farian bei einer Pressekonferenz die Bombe platzen: Rob und Fab haben nicht einen Ton auf ihrem millionenfach verkauften Album selbst gesungen. Alles Lug und Trug. Ihre Platten werden öffentlich von enttäuschten Fans mit Bulldozern zermalmt.

Eine alberne deutsche Klamotte auf RTL-Niveau?

Wenn Menschen, die es gut mit einem meinen, hören, dass man sich bei strömendem Regen zur Pressevorführung eines Milli Vanilli-Biopics mit Matthias Schweighöfer (!) aufmacht, erntet man Mitleid. Warum tust Du dir das an? Die eigene Lust ist auch nicht gerade groß, schließlich sieht der Trailer verboten schlecht aus. Eine alberne deutsche Klamotte auf RTL-Niveau über zwei Fake-Musiker – wer braucht das? Und dann die große Überraschung: Nicht nur nervt Schweighöfer nicht, der Film ist richtig gut. Unterhaltsam, witzig und vor allem auf den Punkt besetzt. Tijan Njie und Elan Ben Ali sehen den Originalen unfassbar ähnlich und können auch noch spielen.

Die Rahmenhandlung zeigt die beiden auf dem Höhepunkt ihrer Karriere. In einem luxuriösen Hotelzimmer auf die Couch gefläzt, erzählen sie ihre Geschichte. Dabei durchbricht Regisseur Verhoeven, wie auch später bei anderen Szenen, die vierte Wand. Die Darsteller sprechen direkt zu den Zuschauern. Nur eine von vielen guten Ideen, die den Film auch visuell interessant machen. Schön widerlich ist die Ausstattung. Wer dabei war, erinnert sich: so geschmacklos sah Ende der 80er-Jahren die Mode wirklich aus. Neben der eigentlichen Skandalgeschichte gibt es Wissenswertes über die Abgründe des Musikbusiness (der große Hit „Girl you know it’s true“ war geklaut – Farian selbst nennt es eine Neuinterpretation) und die familiären Hintergründe der beiden gefallenen Stars.

Wie so oft, findet auch GIRL YOU KNOW IT’S TRUE kein Ende. Es gibt da eine bestimmte Szene mit einem Walkman, die das perfekte Schlussbild für diesen unerwartet guten Film gewesen wäre. Aber das ist nur ein kleines Manko – die unglaublich wahre Geschichte von Milli Vanilli ist eine echt gelungene Überraschung zu Weihnachten.

INFOS ZUM FILM

Deutschland 2023
124 min
Regie Simon Verhoeven

alle Bilder © LEONINE Studios

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Fast perfekte Weihnachten

FAST PERFEKTE WEIHNACHTEN

Fast perfekte Weihnachten

FAST PERFEKTE WEIHNACHTEN

Ab 07. Dezember 2023 im Kino

Locker-leichte französische Komödie um ein Weihnachtsfest mit Hindernissen.

Perfekte Tischdeko, perfekter Baum, perfektes Fest. Weihnachten ist Vincent Barand heilig. Doch die Kinder sind erwachsen, haben andere Pläne oder müssen arbeiten. Die Feiertage alleine mit seiner Frau verbringen? Ausgeschlossen. „Weihnachten soll nicht romantisch sein, es ist das Fest der Familie.“ Vincent beschließt, sich im örtlichen Altenheim zwei einsame Bewohnerinnen auszuleihen. Doch Monique und ihre beste Freundin, die hemdsärmelige Jeanne, machen es sich bei ihren Gastgebern sehr schnell etwas zu gemütlich. Die stille Nacht, heilige Nacht droht im Chaos zu enden.

Am stärksten ist die Komödie in ihren melancholischen Momenten

FAST PERFEKTE WEIHNACHTEN ist eine französische Komödie, die alles andere als perfekt ist. Dazu kippt die Story zu oft in Klamottige. Das ist schade, denn in den ruhigeren Szenen zeigt sich, was die hervorragende Besetzung drauf hat. Highlight des Films ist Emmanuelle Devos als Ehefrau Beatrice, der Christi Geburt herzlich egal ist und die gerne auf die nervige Gesellschaft der Seniorinnen verzichten würde. Franck Dubosc spielt den peniblen Weihnachtsenthusiasten angenehm zurückgenommen, sein Vincent wird nie zur Karikatur. Die Seniorinnen Danièle Lebrun und Danielle Fichaud sind okay, werden aber vom Drehbuch gezwungen, viele alberne Dinge tun. Besonders am Ende soll es mit aller Gewalt zu Herzen gehen, doch das wirkt dann komplett übertrieben und unglaubwürdig.

„Früher war mehr Lametta!“ – Weihnachten bedeutet für rund 14 Prozent der Deutschen puren Stress. Da kann ein bisschen Lachen bestimmt nicht schaden. Am stärksten ist die Komödie allerdings in ihren melancholischen Momenten, die Regisseur Clément Michel ohne Kitsch inszeniert. FAST PERFEKTE WEIHNACHTEN schaut sich gut weg, hinterlässt aber keinen bleibenden Eindruck.

INFOS ZUM FILM

Originaltitel „Noël Joyeux“
Frankreich 2023
97 min
Regie Clément Michel

alle Bilder © Splendid Film

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WONKA

WONKA

Ab 07. Dezember 2023 im Kino

Zauberhaftes Musical über Roald Dahls Schokoladenmagier in jungen Jahren.

WONKA ist das filmische Äquivalent zu einem Besuch im Hamburger Miniatur Wunderland. Ständig gibt es etwas zu entdecken, beim ersten Schauen verpasst man wahrscheinlich viele der liebevollen Details, die Regisseur Paul King (PADDINGTON 1 + 2) und sein Team in den Film gepackt haben.

Großes, zuckersüßes Unterhaltungskino

Die Geschichte vom Chocolatier, der sich gegen ein Schokoladenkartell behaupten muss, wurde schon dreimal verfilmt. Zuletzt übernahm Johnny Depp mit gruselig weiß geschminktem Gesicht die Titelrolle. Im Prequel das genaue Gegenteil: Timothée Chalamet schaut gewohnt niedlich unter seiner Lockenfrisur hervor und strahlt als Willy Wonka die genau richtige Mischung aus jugendlicher Unschuld und Cleverness aus. Kritiker hatten befürchtet, er sei mit dem Erbe Gene Wilders (der die Rolle in der ersten Verfilmung von 1971 spielte) überfordert, doch Chalamet macht seine Sache hervorragend und kann sogar einigermaßen singen.

Eine ganze Schar toller Schauspieler ist in Nebenrollen dabei, unter anderem Oscargewinnerin Olivia Colman als verbrecherische Hotelbesitzerin Mrs. Scrubbit. Dass der 1,80 m große Hugh Grant in der Rolle des zwergwüchsigen Oompa Loompa besetzt ist, hat im Netz für viel Diskussion gesorgt. Aber welcher nur 50 cm große Schauspieler hat denn bitte den umwerfend zynischen Charme von Grant? Das Internet ist manchmal wirklich dumm.

Egal ob Musical-Fan oder Nicht-Fan (okay, es wird vielleicht ein bisschen zu viel gesungen): Die grandiose Neuverfilmung des Roald-Dahl-Kinderbuch-Klassikers ist fantastisch ausgestattetes, zuckersüßes Unterhaltungskino. Das perfekte Anti-Grau – genau richtig gegen Winterdepressionen. 

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Originaltitel „Wonka“
USA / GB 2023
117 min
Regie Paul King

alle Bilder © Warner Bros. Pictures Germany

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REIF FÜR DIE INSEL

REIF FÜR DIE INSEL

Ab 30. November 2023 im Kino

LES CYCLADES ist eine französische Komödie mit drei tollen Schauspielerinnen und einem dämlichen deutschen Titel.

Als junge Mädchen sind sie unzertrennlich, doch nach einem Streit verlieren sich Blandine und Magalie aus den Augen. Erst zwanzig Jahre später kommt es zu einem von Balndines Sohn arrangierten Wiedersehen. Die grundverschiedenen Frauen beschließen, auf die griechische Insel Amorgos zu fahren, ein Traum, den sie sich als Fans von Luc Bessons IM RAUSCH DER TIEFE schon als Teenager erfüllen wollten.

Es fängt erstmal ungut an

Für REIF FÜR DIE INSEL muss man Geduld mitbringen. Es fängt erstmal ungut an. Die Musik, die Kamera, die Inszenierung – fast glaubt man sich in einer Traumschiff-Folge auf Französisch verirrt zu haben. Auch die neu erwachte Freundschaft zwischen der völlig überdrehten, von ihren Freunden nicht zu Unrecht „Tinnitus“ genannten Magalie und der nach einer Scheidung verbitterten Blandine wirkt klischeehaft und nicht besonders glaubwürdig. Wären da nicht die herausragenden Schauspielerinnen: Olivia Côte und Laure Calamy bringen trotz alberner Drehbucheinfälle eine Wahrhaftigkeit in ihre Rollen, die Marc Fitoussis Komödie bald zu einer bewegenden Geschichte über Freundschaft macht.

REIF FÜR DIE INSEL ist ein Slowburner. Spätestens mit dem Auftritt von Kristin Scott Thomas als Alt-Hippie mit großem Herzen wird aus der sonnigen Komödie ein überraschend tiefgründiger Film. Getragen von einem fabelhaften Schauspielerinnen-Trio, wechselt die weibliche Buddy-Komödie zwischen sanfter Melancholie und charmanter Leichtigkeit. Hoffentlich funktioniert das auch in der Synchronfassung – der deutsche Peter-Cornelius-Titel lässt schon mal das Schlimmste vermuten.

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Originaltitel „Les Cyclades“
Frankreich 2023
110 min
Regie Marc Fitoussi

alle Bilder © Happy Entertainment

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NAPOLEON

NAPOLEON

NAPOLEON

NAPOLEON

Ab 23. November 2023 im Kino

Kino, wie es sein soll: episch, spannend, lustig und lehrreich. Ridley Scotts neues Meisterwerk zeigt den französischen Kaiser, wie man ihn noch nie zuvor gesehen hat.

Stolze 85 Jahre alt ist Ridley Scott und er kann’s noch immer. Mit NAPOLEON ist dem britischen Regisseur erneut ein großer Wurf gelungen. Dass das alles toll aussieht und die Schlachtszenen bombastisch sind, versteht sich fast von selbst. Schließlich hat der Mann mit ALIEN, BLADE RUNNER und GLADIATOR ganze Genres neu erfunden oder zumindest jahrzehntelang geltende Maßstäbe gesetzt.

Trotz der blutigen Schlachtszenen fast eine Komödie

Joaquin Phoenix ist die perfekte Besetzung und spielt den französischen Feldherrn und Kaiser als souveränes, rücksichtsloses Genie – zumindest wenn es um Kriegsführung geht. Im Privaten ist seine Hoheit dagegen das Gegenteil eines Genies. Unbeholfen, albern und dabei schwer in Josefine verliebt (fabelhaft: Vanessa Kirby). Von der Liebe seines Lebens, die ihm 15 Jahre (nicht immer) treu zur Seite steht, lässt sich Napoleon wegen ausgebliebener Nachkommen scheiden.

Überraschung: NAPOLEON ist trotz der blutigen Schlachtszenen fast eine Komödie. Mindestens aber ein historisches Drama mit komischen Elementen. Kleine Missgeschicke, absurde Dialoge und ein sich oft gar nicht kaiserlich verhaltender Kaiser sorgen für Lacher. Überhaupt ist Scott eine ausgesprochen kurzweilige (bei 157 Minuten Laufzeit) und lehrreiche Geschichtsstunde gelungen. Höhepunkt ist die Schlacht von Austerlitz, in der die französische Armee die Streitkräfte Russlands und Österreichs dank Napoleons strategischem Geschick auf dem Schlachtfeld auslöscht. Selten genug in Historienfilmen: Man versteht die Zusammenhänge und geht klüger aus dem Kino.

Ridley Scotts vielleicht nicht 100 % historisch korrekte Version des Lebens von Napoleon Bonaparte hätte noch reichlich weitere Lobeshymnen verdient. Zum Beispiel, dass Joaquin Phoenix auf einen falschen (französischen) Akzent verzichtet – Scotts HOUSE OF GUCCI wurde wegen übertriebenen Englisch-Italienisch-Kauderwelschs zur unfreiwilligen Komödie. Aber vor allem ist NAPOLEON für die große Leinwand gemacht. Apple hat den Film zwar finanziert und früher oder später wird er auf Apple TV+ laufen – aber vorher sollte man sich NAPOLEON unbedingt im Kino anschauen.

INFOS ZUM FILM

Originaltitel „Napoleon“
USA / England 2023
157 min
Regie Ridley Scott

alle Bilder © Sony Pictures

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DIE UNWAHRSCHEINLICHE PILGERREISE DES HAROLD FRY

DIE UNWAHRSCHEINLICHE PILGERREISE DES HAROLD FRY

Ab 26. Oktober 2023 im Kino

Ein alter Brite macht sich auf die Reise quer durchs Land, trifft dabei auf viele freundliche Menschen und findet sich am Ende selbst.

Wem das bekannt vorkommt, der hat vielleicht im vergangenen Jahr DER ENGLÄNDER, DER IN DEN BUS STIEG UND BIS ANS ENDE DER WELT FUHR gesehen. Gleiche Geschichte, gleiches Setting, fast gleicher Film. Nur eben per pedes und nicht im Bus.

Kluge Ratschläge, Gästezimmer und Blasenpflaster

Harold Fry (Jim Broadbent) erfährt eines Tages, dass seine alte Freundin Queenie im Sterben liegt. Er schreibt ihr einen Brief, verlässt sein Haus, geht zum Postamt und hört nicht auf zu gehen. Er läuft einfach weiter, bis zu dem 450 Meilen entfernten Hospiz. Den Pensionär auf Sinnessuche spielt der ausgezeichnete Jim Broadbent, seine Gattin Maureen ist mit der aus Downton Abbey bekannten Penelope Wilton besetzt. Die Besetzung ist fabelhaft (Nick Caves Sohn Earl spielt den gepeinigten Sohn des Ehepaars) und im Gegensatz zum busfahrenden Engländer sieht DIE UNWAHRSCHEINLICHE PILGERREISE DES HAROLD FRY auch noch richtig gut aus. Kamerafrau Kate McCullough arbeitet viel mit Unschärfen und hübschem Morgenlicht.

Allerdings nervt das Gutmenschentum – auf seiner Reise durch England begegnet Harold ausschließlich warmherzigen Mitmenschen, die ihm mit klugen Ratschlägen, Gästezimmern und Blasenpflastern zur Seite stehen. Sei’s drum, Sinn und Zweck solcher Filme ist es ja, dass man mit einem positiven Gefühl aus dem Kino geht. Nur am Ende wird’s richtig peinlich: Da fällt ein göttliches Licht auf all diejenigen, die Harold zuvor auf seiner Reise getroffen, beziehungsweise „erleuchtet“ hat. Die plumpe Spiritualität ist unnötig und hinterlässt einen schalen Geschmack.

INFOS ZUM FILM

Originaltitel „The Unlikely Pilgrimage of Harold Fry“
GB 2023
108 min
Regie Hettie Macdonald

alle Bilder © Constantin Film

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