DER SPION

DER SPION

Chruschtschow ist auf Krawall gebürstet: Der sowjetische Präsident plant, Atomwaffen auf Kuba zu stationieren, um so dem Erzfeind USA auf die Pelle zu rücken. Vor dem Hintergrund der Krise von 1962 erzählt „Der Spion“ die wahre Geschichte des britischen Geschäftsmannes Greville Wynne (Benedict Cumberbatch), der sich auf Geheiß des britischen MI-6 und einer CIA-Agentin (Rachel Brosnahan) auf eine gefährliche Mission in Moskau einlässt. Dort soll ihm der sowjetische Offizier Oleg Penkovsky (Merab Ninidze) brisante Informationen liefern, die eine nukleare Konfrontation verhindern könnten.

Die Codes erklären sich von selbst: Der Osten ist grau, der Westen bunt. Im Osten sind die Menschen mürrisch, im Westen warmherzig. Die gelernten Klischees machen „Der Spion“ zu just another spy movie, immerhin zu einem gut aussehenden. Mit seinen ästhetischen 60er-Jahre Settings und der stimmigen Ausstattung (inklusive dauerrauchenden Protagonisten) erscheint Dominic Cookes Film wie eine Coffee Table Book-Version aller bekannten Kalte-Kriegs-Spionagefilme. Leider ist bei all der Ästhetik die Spannung auf der Strecke geblieben.

Obwohl die Besetzung top ist, bleiben die Figuren eindimensional. Greville Wayne ist angeblich ein harter Trinker, der auch einem Seitensprung nicht abgeneigt ist, doch Cumberbatch spielt den behauptet wilden Playboy-Spion als einen äußerst normalen Familienvater ohne besondere Eigenschaften. Rachel Brosnahan (als CIA-Agentin) ist zwar immer gerne gesehen, schafft es aber nicht, ihre Marvelous Mrs. Maisel abzulegen. Es ist fast irritierend, dass sie während des gesamten Films keinen einzigen zotigen One-Liner raushaut.

Zu oft verliert sich der Agententhriller in Montagesequenzen, die Oleg Penkovsky beim Abfotografieren von geheimen Dokumenten, der Übergabe der Mikrofilme an seinen britischen Mittelsmann und die anschließend besorgte Auswertung der Bilder im Westen zeigen. Das ist nur leidlich spannend, das hat man schon zu oft gesehen. Richtig interessant wird es erst im letzten Drittel, bis dahin bleibt der Film eine blasse Version von Spielbergs „Bridge of Spies“.

INFOS ZUM FILM

Originaltitel „The Courier“
GB 2020
110 min
Regie Dominic Cooke
Kinostart 01. Juli 2021

alle Bilder © TELEPOOL

FOLLOW ME

Nein, „Follow me“ ist leider kein Biopic über die Dali-Muse Amanda Lear und ihren größten Hit von 1978, sondern nur ein mittelmäßiger Horror-Thriller aus den USA.
Nach „Escape Room“ von 2017 und „Escape Room“ von 2019, kommt nun ein weiterer Film zum Thema „Rätselräume“ ins Kino. Der Ablauf wie gehabt: Ein paar Freiwillige – diesmal die nervigste Spezies Mensch überhaupt: Influencer – müssen diverse Rätsel lösen, um sich aus gefährlichen Situationen zu befreien. Regisseur Will Wernick bedient sich dabei einer ungewöhnlichen Herangehensweise: Alle Protagonisten sind ausnahmslos unsympathisch – das erschwert das Mitleiden.

Der vermeintlich coole Social-Media-Star Cole macht sich mit vier Freunden auf den Weg nach Russland und schon der Flug dorthin erweist sich als Belastungsprobe für den Zuschauer. So viel dummes Gepose in die Selfiekamera hat man zuletzt im Mauerpark beim Schulausflug einer achten Klasse aus Mannheim gesehen. In Moskau angekommen, erwartet die Freunde dann das ultimative, perfekt auf sie zugeschnittene Escape-Room-Spiel. Natürlich wird aus anfänglichem Spaß bald blutiger Ernst. Hier nimmt die konstruierte Geschichte endlich ein bisschen Fahrt auf, doch am (von David Finchers „The Game“ geklauten) Ende bleiben viele, viele Fragen offen.

FAZIT

Gebremster Torture-Porn im Stil von „Saw“ und „Hostel“ – trotz aller Logikfehler stellenweise spannend.

Originaltitel „Follow Me“
USA 2019
92 min
Regie Will Wernick
Kinostart 20. August 2020