NEBENAN

NEBENAN

Daniel Brühl ist ein arroganter, unsympathischer Angeber, der glaubt, weil er fließend spanisch, englisch und deutsch spricht, etwas Besonderes zu sein. Seine Hollywoodkarriere und sein Mitwirken in Marvel-Filmen sind seinem Ego schon gar nicht bekommen.

Dass Brühl in seinem Regiedebüt mit genau dieser gängigen Kritiker- und Zuschauermeinung über sich selbst gekonnt spielt und eine Art Über-Version seines schmallippigen Arschloch-Alter-Egos erschaffen hat, spricht für seinen ausgeprägten Sinn für Humor. Das Drehbuch zur Selbstreflexion stammt von Bestsellerautor Daniel Kehlmann, die Idee von Brühl.

Der Schauspieler Daniel hat alles, was es braucht: Erfolg, Geld und ein schickes Penthouse im Prenzlauer Berg. Auf dem Weg zum Flughafen – ein wichtiges Vorsprechen in London für eine Rolle in einem Superheldenfilm steht an – macht er kurz Halt in seiner Stammkneipe. Nur schnell einen Kaffee und superimportant phone calls mit England und den USA erledigen. Am Tresen sitzt Bruno und starrt. Daniel denkt, es handele sich um einen Fan und bietet ein Autogramm an. Die beiden kommen ins Gespräch und Daniel muss schnell feststellen, dass Bruno ein bisschen zu gut über ihn Bescheid weiß. Er analysiert und bewertet nicht nur alle Filme des Schauspielers, sondern kennt sich auch erschreckend gut in Daniels Privatleben aus.

Brühl inszeniert sein cleveres Kiezkneipen-Kammerspiel souverän, ohne unnötigen Schnickschnack und durchweg spannend. Um seine Hauptfigur hat er ein ausgezeichnetes Ensemble geschart: Besonders Peter Kurth glänzt, spielt seine Wandlung vom morgendlichen Stützbiertrinker zum bedrohlichen Schicksalsgott glaubhaft und facettenreich.

FAZIT

Überraschend gut, viel besser als von der Berlinale-Kritik behauptet.

INFOS ZUM FILM

Deutschland 2021
91 min
Regie Daniel Brühl
Kinostart 15. Juli 2021

alle Bilder © Warner Bros. Pictures Germany 

In den Gängen

SCHÖN DEPRIMIEREND

Christian spricht nicht viel. Da ist sein neuer Job in der Getränkeabteilung eines Großmarkts genau das Richtige für ihn. Den ganzen Tag mit dem Gabelstapler durch die Gänge fahren und der attraktiven, aber unerreichbaren Kollegin Marion hinterher schmachten – dazu bedarf es nicht vieler Worte. Einen Freund findet er in seinem Kollegen Bruno, der schnell zum Vertrauten und Ersatzvater wird.

MACHART

Es ist eine Freude, dem starken Schauspielerensemble um Franz Rogowski, Sandra Hüller und Peter Kurth zuzuschauen. Und neben „Transit“ liefert „In den Gängen“ einen weiteren Beweis für die schauspielerische Kraft von Rogowski.

FAZIT

Der leise Film behandelt unaufdringlich und sehr authentisch die Themen Alltag im Osten und Einsamkeit. Klar, eigentlich ist die Geschichte deprimierend, die präzise eingefangene Stimmung und der leise Humor machen den Film aber extrem sehenswert.

Deutschland, 2018
Regie Thomas Stuber
125 min