ROCKETMAN

Die Geschichte geht ungefähr so: Regisseur Bryan Singer nervt bei den Dreharbeiten zum Queen-Film „Bohemian Rhapsody“ so sehr, dass ihn das Studio mitten in der Produktion rausschmeißt. Auftritt Dexter Fletcher. Der Ersatzmann bringt „Bohemian Rhapsody“ nicht nur ohne Zickereien zu Ende – der Film wird ein riesiger Kassenhit und beschert Hauptdarsteller Rami Malek seinen ersten Oscar. Nach diesem Erfolg darf Fletcher ein schon lange geplantes Wunschprojekt realisieren: Die Verfilmung von Elton Johns Lebensgeschichte – „Rocketman“.

Derselbe Regisseur, die gleichen Stärken.
Wie im Queen-Biopic wird auch hier ein ausgezeichnetes Ensemble von einem tollen Hauptdarsteller angeführt. Taron Egerton verkörpert Elton John mit Haut und (ausgedünntem) Haar. Der Schauspieler geht komplett in seiner Rolle auf. Besonders beeindruckend, dass Egerton nicht nur die Lippen zum Playback bewegt, sondern alle Songs selbst singt. Und dabei erstaunlich gut klingt. Stimme, Aussehen, Bewegung – alles auf den Punkt.

Derselbe Regisseur, die gleichen Schwächen.
„Rocketman“ ist in weiten Teilen Malen nach Zahlen. Schade, dass der Film nicht mehr wagt. Denn ein paar, fast surreale Szenen, wie zum Beispiel das buchstäbliche gemeinsame Abheben des Sängers mit seinem Publikum haben echte Größe. Warum nicht mehr davon? Schräger und noch mehr Mut zum Camp, dann hätte das richtig gut werden können. Die theaterhafte Inszenierung der 60er und 70er-Jahre hat schon aus „Bohemian Rhapsody“ ein zu braves, familientaugliches Mainstream-Musical gemacht.

FAZIT

Die Musik ist mitreißend, die Songs weltberühmt, die Schauspieler top und die Frisuren sehen so unecht wie Faschingsperücken aus. Also alles genau wie beim Queen Film. Wer den mochte, wird auch hier seinen Spaß haben.

Originaltitel „Rocketman“
USA 2019
121 min
Regie Dexter Fletcher
Kinostart 30. Mai 2019

Bohemian Rhapsody

Bohemian Rhapsody erzählt die Geschichte vom Aufstieg der legendären Band Queen und ihres Frontmanns Freddie Mercury. Den Rahmen der Handlung bildet der furiose Auftritt beim Live Aid Konzert 1985 im Wembley Stadion vor fast 2 Milliarden Fernsehzuschauern.

Ein paar witzige Dialoge und gelungene Momente hat Bohemian Rhapsody schon. Beispielsweise das „Making of“ des überkreativen Titelsongs. Oder die dreist-charmante Bewerbung Mercurys (zu diesem Zeitpunkt noch Farrokh Bulsara) bei seinen künftigen Mitstreitern.
Rami Malek, ausgestattet mit einem zu großen Überbiss, macht seine Sache als Freddie gut. Brian May sieht genauso aus, wie Brian May damals aussah. Und auch Roger Taylor und andere Wegbegleiter (u.a. Bob Geldof) sind spitting images der Originale. Generell lag den Produzenten wohl sehr viel an der möglichst fotografisch genauen Kopie der Vorbilder. Trotzdem wirkt der Film seltsam künstlich, beinahe wie eine Theateraufführung. Perfekt ausgeleuchtete Sets, jede Menge Perücken (als solche unschwer erkennbar) und 1:1 Kopien der berühmten Bühnenoutfits gaukeln einen Zeitkolorit vor, den die Bildsprache dann wieder und wieder mit modernen Mätzchen zunichtemacht. Fährt ein Tourbus durch die amerikanische Weite, reicht es nicht, das einfach zu zeigen, nein, die Kamera fliegt von einer Außentotale durch die Windschutzscheibe ins Innere des Busses. Das mag ein netter, optischer Gag sein – hier ist es einfach nur oberflächliche Spielerei und stört. Die 80er-Jahre Schwulenclubs von München sind zwar „verrucht“ rot ausgeleuchtet, aber eben nur Kulissen, die so aseptisch wirken, als könne man dort vom Boden essen.
So hangelt sich der Film etwas holprig von Szene zu Szene. Vieles wird nur behauptet, wie das schlechte Verhältnis Freddie Mercurys zu seinem Vater, ohne dass der Zuschauer je Näheres dazu erfährt. Zur Oberflächlichkeit der Story passt der unangenehm glatte Look des Films. Geht es hier nicht um Rock ’n‘ Roll? Das hätte ruhig um einiges schmutziger und realer sein können. Stattdessen saust die Kamera über die CGI-Massen im Wembley Stadion und man hat den Eindruck, eine Schlachtszene in „Herr der Ringe“ zu sehen.

Zum Finale konzentriert sich der Film dann ganz auf die Replikation des berühmten Live Aid-Auftritts von 1985. Das gehört zu den besten Szenen, denn trotz aller Künstlichkeit der Bilder, sind die Songs immer noch so stark, dass man einfach mitgerissen wird.

FAZIT

Solide, aber mutlos. „Bohemian Rhapsody“ ist kein Film für echte Fans geworden, mehr eine Show im Stil der Stage Entertainment Produktionen. Ein Surrogat, wie fürs Musicaltheater gemacht.

USA, 2018
Regie Bryan Singer
134 min
Kinostart 31. Oktober 2018