MARIA MONTESSORI

MARIA MONTESSORI

MARIA MONTESSORI klingt nach Bildungsbürger-Arthouse-Kino, ist aber ein sehenswerter Film über die Freundschaft zweier Frauen, die - jede auf ihre Art - den gesellschaftlichen Konventionen des beginnenden 20. Jahrhunderts trotzen und ihrer Zeit weit voraus sind.

Ab 07. März 2024 im Kino

In Frankreich nennen Historiker feministische, gebildete und unabhängige Frauen um 1900 „La nouvelle femme“ (so auch der Originaltitel des Films). Damit sind Frauen gemeint, die es auf hohe Positionen geschafft und zu akademischen Würden gebracht haben und die sich ihren Platz in der Gesellschaft durch ihr Wissen erarbeitet haben.

Eine neue Form der Pädagogik

Die Kurtisane Lili d’Alengy (Leïla Bekhti) befindet sich zu dieser Zeit auf dem Höhepunkt ihres Ruhms. Um ihren Ruf zu wahren und ihre lernbeeinträchtigte Tochter Tina zu verstecken, flüchtet die Pariser Halbweltdame nach Rom. Dort sucht sie Hilfe bei der Ärztin Maria Montessori (Jasmine Trinca), die gemeinsam mit ihrem Lebenspartner Giuseppe Montesano eine Schule für „Idioten“ (wie es seinerzeit hieß) führt. Die beiden entwickeln in ihrem Institut Lernmethoden, die später Geschichte schreiben. 

Gut, die Inhaltsangabe klingt etwas dröge – so was musste man sich früher im Geschichtsunterricht anschauen. Aber Regisseurin Léa Todorov hat mit MARIA MONTESSORI einen überraschend unterhaltsamen und berührenden Film gedreht. Bemerkenswerterweise arbeitet sie sich dabei nicht brav an der Historie ab, sondern fokussiert ihren Blick auf eine kurze, aber entscheidende Zeit im Leben der beiden Freundinnen Maria und Lili. Das macht den Film persönlicher und interessanter als das übliche Oberlehrer-Biopic. Empfehlenswert.

INFOS ZUM FILM

Originaltitel „La nouvelle femme“
Frankreich / Italien 2023
100 min
Regie Léa Todorov

alle Bilder © Neue Visionen Filmverleih

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EINGESCHLOSSENE GESELLSCHAFT

EINGESCHLOSSENE GESELLSCHAFT

Kinostart 14. April 2022

Sönke Wortmann ist Deutschlands fleißigster Komödienregisseur. Nach „Der Vorname“, „Contra“ und demnächst „Der Nachname“ kommt jetzt „Eingeschlossene Gesellschaft“ in die Kinos. Bei der eingeschlossenen Gesellschaft handelt es sich um sechs Lehrer, die von einem genervten Vater unter Waffengewalt gezwungen werden, die seiner Meinung nach ungerechte Benotung seines Sohns zu überdenken. Dem Junior fehlt genau ein Punkt, um sich fürs Abi zu qualifizieren.

Solcherart Ensemblefilme leben von Klischees. Das war bei den Schülern in „Fack ju Göhte“ so und ist bei den Lehrern nicht anders. Florian David Fitz spielt den dauerjugendlichen Sportlehrer, Anke Engelke die verbitterte Hexe, Justus von Dohnanyi den überkorrekten, humorlosen Pauker, Nilam Farooq die junge, selbstbewußte Referendarin und so weiter. Die Figurenzeichnung hat sich da seit Opas Kino aus den 1960er-Jahren nicht groß weiterentwickelt. Fragt sich nur: Gibt es so was heutzutage wirklich noch? Und wenn ja, wo? Möglicherweise hat Sönke Wortmann (Jahrgang 1957) seine eigenen traumatischen Schulerinnerungen aufgearbeitet. 

Ein bisschen zu simpel auch die Rollenverteilung: Die Jungen sind modern, die Älteren sind verknöcherte Despoten, die nicht mal wissen, dass es HipHop und nicht HipHip oder HopHop heißt. Na ja. Trotzdem findet der Film immer wieder den richtigen Ton. Denn er stellt die richtigen Fragen: Wer entscheidet da eigentlich über die Zukunft unserer Kinder? Sind Lehrer nicht genauso fehlbar wie der Rest der Menschheit? So entwickelt sich die Geschichte zwischendurch fast zum brechtschen Drama, wenn über Wohl und Wehe eines Schülers gerichtet wird. „Eingeschlossene Gesellschaft“: eine gelungene Mischung aus Ulk und Ernsthaftigkeit.

INFOS ZUM FILM

Deutschland 2022
101 min
Regie Sönke Wortmann

alle Bilder © Leonine

NARZISS UND GOLDMUND

Was für Unwissende wie eine hippe Bar in Berlin Neukölln klingt, ist natürlich ein Klassiker der deutschen Literatur – Hermann Hesses berühmteste Erzählung aus dem Jahr 1930.

Die Geschichte spielt in der Klosterschule Mariabronn im Mittelalter und handelt von der Freundschaft zwischen den Schülern Narziß (im Buch immer noch mit ß) und Goldmund. Narziß ist streng gläubig, lebt in Askese und fühlt sich mehr als freundschaftlich zu Goldmund hingezogen. Der ist das genaue Gegenteil, ein Freigeist und Künstler, der der klösterlichen Enge bald entfliehen will.

Gregorianische Choräle, wollüstige Huren, zahnlose Wegelagerer und holde Jungfern, die mit blumengeschmücktem Haar über die Wiese laufen – Stefan Ruzowitzkys Verfilmung strotzt vor ausgelutschten Mittelalter-Klischees. Damit sich auch die heutige Jugend angesprochen fühlt, wird zwischendurch seltsam modern gesprochen: „Echt?“, fragt der kindliche Goldmund einmal. Besonders Kida Khor Ramadans Auftritte sorgen für unfreiwillige Lacher, wenn der „4 Blocks“-Schauspieler seine Dialoge in kaum unterdrücktem Gettodeutsch spricht. Die Anpassung an eine zeitgemäße Sprache bleibt inkonsequent, ist deshalb umso störender.

Lob für die beiden Hauptdarsteller, die tapfer gegen die schwache Inszenierung anspielen. Sabin Tambrea, bekannt als depressiver Ehemann aus „Ku’damm 56/59“, taucht glaubhaft in die düstere Welt der Tonsuren und Selbstgeißelung ein – ihm nimmt man uneingeschränkt den von unterdrückten Gefühlen gepeinigten Narziß ab. Jannis Niewöhner zieht so oft es geht sein Hemd (und manchmal auch die Hose) aus und empfiehlt sich mit gestähltem Body, blondierten Haaren und angeklebtem Bart als deutsche Antwort auf Charlie Hunnam. Mit seiner lebendigen Ausstrahlung und Körperlichkeit verleiht er dem Abenteurer Goldmund die nötige Portion Wildheit.

FAZIT

Ob man mit dieser Verfilmung zukünftigen Schülergenerationen einen Gefallen tut? Besser noch mal das Buch lesen.

Deutschland 2020
118 min
Regie Stefan Ruzowitzky
Kinostart 12. März 2020