The Beast

THE BEAST

The Beast

THE BEAST

Hier kommt ein durch und durch verkopftes Filmprojekt aus Frankreich, das vor allem intellektuell Hochbegabte begeistern wird.

Ab 10. Oktober 2024 im Kino

Aufgepasst Dummies, darum geht’s:
In 20 Jahren, also in naher Zukunft, haben die Menschen die Möglichkeit, ihre Gefühle zu löschen. Eine praktische Erfindung, besonders für Gabrielle (gespielt von Léa Seydoux, Frankreichs Expertin für komplexe Charakterrollen), die eine schwere emotionale Last mit sich herumträgt. Egal ob im Paris der Belle Époque oder im Los Angeles des 21. Jahrhunderts: Immer wieder begegnet die junge Frau verschiedenen Inkarnationen von Louis (gespielt von George MacKay) und erlebt mit ihm eine epochenübergreifende Liebesgeschichte. Wem dieser Inhalt irgendwie bekannt vorkommt – hier des Rätsels Lösung: Der Film basiert auf der Kurzgeschichte THE BEAST IN THE JUNGLE von Henry James. Die diente schon als Vorlage für den letztes Jahr in die Kinos gekommenen DAS TIER IM DSCHUNGEL, bei dem die Handlung allerdings in einen Nachtclub verlegt wurde.

The Beast

THE BEAST ist ein avantgardistisches Science-Fiction-Drama, das für den Durchschnittszuschauer schwer zugänglich sein dürfte. Bertrand Bonellos Film ist Kunst. Während die internationale Kritik von einem „modernen Klassiker“ und „Meisterwerk“ spricht, bleibt die Frage, wen die theaterhafte Inszenierung ansprechen soll. THE BEAST ist das Gegenteil eines strukturierten, flüssig erzählten Films. Bei all der Künstlichkeit meint man fast, die Crew außerhalb des Bildausschnitts zu erahnen. Das Ganze hat den Charme einer unfertigen Generalprobe, bei der der letzte Feinschliff fehlt.

The Beast

Zugegeben, Seydoux und MacKay (bekannt aus 1917) liefern schauspielerisch überzeugende Leistungen und machen THE BEAST wenigstens in dieser Hinsicht sehenswert. Doch das wahre Highlight des Films ist der Abspann: Anstelle einer endlos langen Liste von Namen erscheint lediglich ein QR-Code. Das ist mal wirklich innovativ.

INFOS ZUM FILM

Originaltitel „La Bête“
Frankreich / Kanada 2023
146 min
Regie Bertrand Bonello

The Beast

alle Bilder © Grandfilm

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Megalopolis

MEGALOPOLIS

Megalopolis

MEGALOPOLIS

In MEGALOPOLIS feiert das antike Rom seine Wiedergeburt im modernen New York. Ist Coppolas Monumentalfilm ein Kunstwerk oder der Flop des Jahres?

Ab 26. September 2024 im Kino

In einer futuristischen Metropole soll das Alte dem Schönen und Neuen weichen. Architekt Cesar, gespielt von Adam Driver, träumt von einer Stadt, in der Menschen auf Wasserpfaden transportiert werden, jeder Erwachsene seinen eigenen Garten hat und die Häuser aus Blütenkelchen bestehen. Biene Maja gefällt das. Doch wie immer gibt es Neider und Hater: Cesars Gegenspieler, der korrupte Bürgermeister Franklyn Cicero (Giancarlo Esposito), will am status quo festhalten und versucht den jungen Träumer auszubremsen. Und wie sich das seit William Shakespeare gehört, steht zwischen den beiden Männern eine Julia (Nathalie Emmanuel), die Tochter des Bürgermeisters, deren Liebe zu Cesar und Loyalität zu ihrem Vater die Situation weiter verkompliziert.

Megalopolis

Weil MEGALOPOLIS als visionärer Science-Fiction-Film vermarktet wird, hat Cesar neben dem Bauen schöner Häuser noch ein weiteres Talent – er kann die Zeit anhalten. Warum das so ist, bleibt das Geheimnis des Drehbuchs. Unfreiwillig komisch, aber mit tiefstem Ernst deklamiert Adam Driver dazu den Satz „Time! Stop!“, was sie dann auch tut. Überhaupt Adam Driver: Wenn er im Verlauf der Geschichte blutspuckend und wie ein verrücktes Kind Grimassen schneidend overacted, hätte man schon gerne gewusst, wo genau die Regie während dieser Aufnahmen war – wohl kaum am Set.

Megalopolis

Interessant ist vor allem die Entstehungsgeschichte von MEGALOPOLIS. Für Coppola ist der Film eine Herzensangelegenheit. Ursprünglich in den frühen 1980er-Jahren geschrieben, verkaufte der Regisseur in den 2010er-Jahren Teile seines Weinbaugebiets, um das Budget von rund 100 Millionen US-Dollar aufzubringen. Wer weiß, was für ein Film MEGALOPOLIS vor 40 Jahren geworden wäre. Seit der ersten Idee hat sich die Tricktechnik um Lichtjahre weiterentwickelt, trotzdem wirken die Bilder unglaublich künstlich. Als hätte sich Ben Hur in das von Baz Luhrmann inszenierte Showreel eines Architekturbüros verirrt. Aber das ist wohl Absicht, denn Coppola hatte schon in früheren Werken eine Schwäche fürs Artifizielle.

Man muss dem mittlerweile 85-Jährigen zugutehalten, dass er mit seinen Visionen nicht zum Arzt geht, sondern sie ohne Rücksicht auf Erfolg verwirklicht. Egal, ob das Publikum es versteht oder nicht – sein Film ist ein Spektakel, aber keins, das die Massen in die Kinos locken wird. Einen gewissen Unterhaltungswert kann man diesem rauschhaften Fiasko mit Ausschweifungen ins Geniale nicht absprechen. Wenn man sich einfach fallen lässt und das komplett überholte Frauenbild ignoriert, ist das schräge „Römisches Imperium trifft THE DARK KNIGHT trifft SUCCESSION“-Mashup sogar auf eine unerklärliche Weise interessant. Während der Pressevorführung wollte jedenfalls keiner den Saal verlassen.

INFOS ZUM FILM

Originaltitel „Megalopolis“
USA 2024
138 min
Regie Francis Ford Coppola

Megalopolis

alle Bilder © Constantin Film

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38. Fantasy Filmfest

38. FANTASY FILMFEST

38. Fantasy Filmfest

38. FANTASY FILMFEST

Das Fantasy Filmfest steht vor der Tür, und alle Liebhaber des düsteren Kinos wissen, was das bedeutet: There will be blood.

Das Fantasy Filmfest findet auch in diesem Jahr wieder in sieben deutschen Städten statt. Wie gewohnt bietet es ein einzigartiges Programm, von packenden Thrillern über Science-Fiction bis zu blutigen Horrorfilmen. Fantasy bedeutet hier nicht tapfere Ritter und feuerspeiende Drachen, sondern Zombies, albtraumhafte Schrecken und Geschichten, die einen noch lange nach dem Abspann verfolgen. 

Ab September in Berlin, Frankfurt, Hamburg, Köln, München, Nürnberg und Stuttgart

Schon der Eröffnungsfilm, das US-Remake des ausgezeichneten dänischen Horrothrillers SPEAK NO EVIL, verspricht spannend zu werden. THE SUBSTANCE mit Demi Moore, THE WASP, HANDLING THE UNDEAD, A PLACE CALLED SILENCE, und viele mehr – Das umfangreiche Programm ist wie immer handverlesen und garantiert nichts für schwache Nerven. Ein Filmfest für alle, die Horror nicht nur als Genre sehen, sondern als Kunstform. Framerate berichtet ab dem 8. September. 

Der Vorverkauf für Einzeltickets startet am 26. August

Alle Infos, Tickets und mehr hier

alle Bilder © Fantasy Filmfest

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Alien: Romulus

ALIEN: ROMULUS

Alien: Romulus

ALIEN: ROMULUS

Alien-Fans können sich freuen: Mit ROMULUS kehrt der Horror in den Weltraum zurück.

Ab 15. August 2024 im Kino

Alien: Romulus

Für ALIEN: ROMULUS müsste fast ein neues Genre erfunden werden. Oder wie nennt man einen Film, der in einer Reihe nach dem Original, aber vor der Fortsetzung spielt? „Pequel“ vielleicht? Für alle, die die letzten 45 Jahre unter einem Stein gelebt haben (ja, ALIEN kam tatsächlich 1979 in die Kinos), hier eine kurze Zusammenfassung:

ALIEN (1979): In Ridley Scotts Sci-Fi-Horror-Klassiker empfängt die Crew des Raumfrachters Nostromo ein Notsignal von einem fremden Planeten. Dort entdeckt sie ein Ei, aus dem ein tödlicher Xenomorph schlüpft. Die Kreatur dezimiert die gesamte Besatzung, bis nur noch Ellen Ripley übrig bleibt. ALIEN überzeugt noch heute durch seine unheimliche Atmosphäre und das ikonische Creature-Design von H.R. Giger.

ALIENS (1986): In James Camerons Fortsetzung erwacht Ripley nach 57 Jahren aus dem Kälteschlaf und wird mit einer Gruppe Marines auf eine Rettungsmission geschickt. Diesmal muss sie gegen eine ganze Horde Aliens kämpfen, inklusive Alien-Queen. Manche halten die Fortsetzung für besser als das Original.

Und nun bringt ROMULUS die Geschichte zwischen diesen beiden Filmen, jedoch ohne Ellen Ripley, auf die Leinwand. Vergessen wir die missglückten Fortsetzungen ALIEN 3 und ALIEN – DIE WIEDERGEBURT und auch Ridley Scotts Prequels PROMETHEUS und COVENANT, die ohnehin keiner verstanden hat. ROMULUS – und das ist die wirklich gute Nachricht – kehrt zu den Wurzeln zurück: Der Film ist ein spannendes Mashup aus den ersten beiden Teilen  und hat ein paar wirklich böse Überraschungen in petto.

Alien: Romulus

Die Computerbildschirme sehen aus wie in den 70er-Jahren, das vertraute Sounddesign ist wieder da, und sogar der Vorspann könnte direkt aus dem Original stammen – alles schön analog. Passend dazu sieht das Monster (oder besser: die Monster) wieder schrecklich echt aus, auf künstlich wirkende CGI-Effekte wird weitgehend verzichtet.

Alien: Romulus

Unter den drei ernstzunehmenden Alien-Filmen reiht sich ROMULUS als der drittbeste nach ALIEN und ALIENS ein. Auf Regisseur Fede Álvarez ist Verlass. Wie schon in seinem gelungenen EVIL DEAD-Reboot (2023) findet er die perfekte Balance zwischen Fanservice und frischen Ideen. Ihm gelingt es, das totgeglaubte Franchise mit einer packenden Story und tollen Effekten wieder aufregend zu machen. Ein Muss für Fans.

INFOS ZUM FILM

Originaltitel „Alien: Romulus“
USA 2024
119 min
Regie Fede Alvarez

Alien: Romulus

alle Bilder © Walt Disney Company Germany

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DUNE: PART TWO

DUNE: PART TWO

Jetzt mit noch mehr Sandwürmern! Denis Villeneuves galaktische Fortsetzung ist feistes Überwältigungskino.

Ab 29. Februar 2024 im Kino

Dune: Part Two

Knie nieder, der Messias ist da! Die Geschichte um Glaubenskriege und politische Machtspiele geht in die nächste Runde. Aus dem zarten Jüngling Paul Atreides ist in Part Two des Kinoerfolgs DUNE (2021) der große Führer ganzer Völker geworden. Bis es allerdings so weit ist, stiert Timothée Chalament mit langen Wimpern vielsagend in die Ferne oder wirft Zendaya schmachtende Blicke zu.

Jedes Einzelbild ein Kunstwerk

Regisseur Denis Villeneuve hat aus dem (einzigen) Fehler seines ersten Teils ganz eigene Rückschlüsse gezogen: Statt einer unendlich langen Einführung, gefolgt von einer mitreißenden zweiten Hälfte, wechseln sich diesmal epochale Kämpfe mit tiefschürfenden Dialogszenen ab. Die Fortsetzung ist das filmische Äquivalent zu einem Hochseedampfer: grandios und majestätisch, aber bis die riesige Maschine immer wieder Fahrt aufnimmt, kann es dauern.

Dune: Part Two

Auch wenn es zwischendurch mal zäh ist, der Film sieht natürlich wahnsinnig gut aus. Jedes Einzelbild ist ein Kunstwerk. Höchstes Niveau auch schauspielerisch: Timothée Chalamet, Zendaya, Rebecca Ferguson, Charlotte Rampling, Florence Pugh, Christopher Walken, Austin Butler, Josh Brolin und Javier Bardem – was soll da schon schief gehen? Etwas mehr Leichtigkeit hätte das Wüstenspektakel allerdings vertragen, Villeneuve nimmt den Kampf um den galaktischen Spice sehr ernst. Humor hat da nichts verloren.

Dune: Part Two

DUNE: PART TWO ist genau der Film, den Teil eins versprochen hat: Nicht besser und nicht schlechter. Natürlich sollte man sich das im Kino anschauen, allein schon wegen der cinemascopehaften Bilder von Greig Fraser und Hans Zimmers gewohnt bombastischen BRRRAAAAMMM-Soundtracks.

Dune: Part Two

Dass die komplizierte Handlung (nicht umsonst gilt Frank Herberts Vorlage als das unverfilmbarste Buch aller Zeiten) und die verschachtelten Storylines über verfeindete Herrschaftshäuser nicht im Chaos enden, ist der souveränen Regie von Villeneuve zu verdanken. Der französisch-kanadische Filmemacher liefert erneut eine beeindruckende Melange aus STAR WARS, Shakespeare-Tragödie und GAME OF THRONES. Im Kern jedoch ist DUNE eine auf biblische Proportionen aufgeblasene Jugendromanze, verpackt in eine visuell prächtige Space Opera.

INFOS ZUM FILM

Originaltitel „Dune: Part Two“
USA 2024
165 min
Regie Denis Villeneuve

alle Bilder © Warner Bros. Entertainment Inc.

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BABY TO GO

BABY TO GO

Ab 11. Januar 2024 im Kino

Familienplanung von übermorgen. BABY TO GO ist eine ironische Zukunftsvision mit hübschem Technik-Schnickschnack und Werbeästhetik.

Gleichberechtigung 5.0: Männer können auch im neuen Jahr nicht schwanger werden, da kann die Wissenschaft noch so lange forschen. Und Frauen wollen es nicht mehr. Die Hormone, die Hitzewallungen, die Schwangerschaftsstreifen! Stattdessen lässt sich der Nachwuchs in einem schicken Designer-Pod im Labor züchten. Kinderkriegen wird so einfach wie die Pflege eines Tamagotchis.

BLACK-MIRROR-Episode auf 111 Minuten gedehnt

BABY TO GO erzählt von Rachel (Emilia Clarke) und Alvy (Chiwetel Ejiofor), die sich nach langem Zögern entschließen, Eltern von einem Plastikei zu werden. Regisseurin Sophie Barthes nutzt für ihre Science-Fiction-Sozialsatire die visuellen Mittel einer Apple-Werbung. Slicke Technik (der Frühstückstoast kommt aus dem 3D-Drucker), sanfte Pastelltöne – die Welt der Zukunft sieht gut aus.

Doch gutes Aussehen alleine reicht nicht. BABY TO GO ist eine etwas zahnlose BLACK-MIRROR-Episode auf 111 Minuten gedehnt. Das hätte sich komprimierter und wirkungsvoller locker in der Hälfte der Zeit erzählen lassen. Trotz all der hübschen Bildideen zieht es sich zwischendurch wie eine Apple-Präsentation von Tim Cook.

Zuschauer, die zwischen 10 und 14 € für ein Kinoticket berappen, erwarten eine gewisse Quantität an Film. Deshalb gibt es hierzulande auch keinen Markt für Kurzfilme. Eine knackigere Version von BABY TO GO wäre besser bei einem Streamer oder als Hälfte eines Doublefeatures aufgehoben.

INFOS ZUM FILM

Originaltitel „The Pod Generation“
GB 2022
111 min
Regie Sophie Barthes

alle Bilder © Splendid Film

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REBEL MOON – TEIL 1: KIND DES FEUERS

REBEL MOON – TEIL 1: KIND DES FEUERS

Ab 22. Dezember 2023 bei NETFLIX

ChatGPT: Produziere einen Science-Fiction-Film für NETFLIX

Einer der schlechtesten Filme des Jahres erscheint kurz vor Weihnachten bei NETFLIX. Regisseur Zack Snyder ist noch nie mit besonderem Talent aufgefallen – entweder sind seine Werke nur okay (300, DAWN OF THE DEAD) oder wahnsinnig schlecht (SUCKER PUNCH, THE JUSTICE LEAGUE, BATMAN v SUPERMAN). Einen neuen Tiefpunkt erreicht er nun mit REBEL MOON, einer klischeetriefenden Sci-Fi-Saga, die wie die unfreiwillige Persiflage auf einen Michael-Bay-Film aus den frühen 2000er-Jahren wirkt. Superslowmo, Speedramps, heroische Kameraeinstellungen von unten und martialischer Soundtrack – wem so was gefällt, der sollte sich lieber noch mal TRANSFORMERS anschauen. Immer noch besser als dieser zusammengeklaute Dreck.

Zudem sieht REBEL MOON – TEIL 1: KIND DES FEUERS (Teil 2 erscheint im April) auf der großen Leinwand gelinde gesagt billig aus. Kein Wunder, schließlich wurde er für den Streaminganbieter NETFLIX produziert und da gehört er auch hin. Die Bilder inklusive der Schauspieler wirken so künstlich videospielhaft, man könnte meinen, der Film sei komplett im Computer entstanden. Deshalb (wenn überhaupt): am besten auf dem Handy schauen. Nachdem die Kritiken in den USA verheerend schlecht ausgefallen sind, behauptet Regisseur Snyder doch tatsächlich (schon wieder), erst ein um eine Stunde längerer „Director’s Cut“ würde seine wahre Vision zeigen. Lachhaft, denn auch so ist REBEL MOON schon 135 Minuten zu lang.

INFOS ZUM FILM

Originaltitel „Rebel Moon – Part 1: A Child of Fire“
USA 2023
135 min
Regie Zack Snyder

alle Bilder © NETFLIX

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THE MARVELS

THE MARVELS

Ab 08. November 2023 im Kino

Eine Fortsetzung, nach der niemand gefragt hat, allgemeine Superhelden-fatigue, keine Promo dank Streik: Die Voraussetzungen sind denkbar schlecht - wird THE MARVELS der erste große Flop der Marvel-Studios?

An der Kinokasse dürfte es das neue MCU-Abenteuer nicht leicht haben. Mittlerweile muss man als Zuschauer eine Menge Vorkenntnis mitbringen, um der zusehens verworrenen Figurenkonstellation aus diversen Multiversen folgen zu können. Achtung Fachchinesisch: Captain Marvel, Ms. Marvel und Captain Rambeau retten gemeinsam das Universum. Die Drei kennen Eingeweihte aus den TV-Serien WANDAVISION, SECRET INVASION, MS MARVEL und natürlich dem ersten Teil des Kinofilms CAPTAIN MARVEL.

Schaut sich so weg

Body-Swap-Komödie, Science-Fiction-Abenteuer und Superheldinnenfilm. THE MARVELS ist ein durchwachsenes Vergnügen. Schaurig-schlecht: ein Musicalplanet, auf dem die Bewohner den ganzen Tag schmalzige Lieder singen und sich dabei in Kostüme aus dem Fundus einer zweitklassigen Las-Vegas-Show kleiden. Das ist Disney at it‘s worst. Und leider nicht mal originell, sondern nur cringe. Sehr schön dagegen: eine unvergessliche Katzenszene, die bei Ailurophobikern nacktes Grauen auslösen wird. Und natürlich die Post-Credit-Szene, die auf ein von Fans heiß ersehntes neXt Chapter im MCU verweist.

Brie Larson hat mal einen Oscar gewonnen. Für THE ROOM, die wenigsten erinnern sich. Höchstwahrscheinlich ist sie also eine ganz gute Schauspielerin. Bei ihren Marvel-Auftritten versteckt sie das gekonnt und sieht aus, als hätte sie sich ans Set eines Films verlaufen, der sie nicht im geringsten interessiert. Zu ihrem und unserem Glück stehen ihr diesmal mit Teyonah Parris und Iman Vellani zwei spielfreudigere Partnerinnen zur Seite.

Lobenswerterweise setzen die Marvel-Studios weiterhin auf junge Talente und Frauenpower. Viele der Schlüsselpositionen wie Kamera und Musik sind weiblich besetzt. Das Drehbuch haben Megan McDonnell und Elissa Karasik gemeinsam mit der erst 33-jährigen Regisseurin Nia DaCosta geschrieben.

THE MARVELS ist ein typischer MCU-Superheldenfilm, wie sie in den letzten Jahren haufenweise in die Kinos geschwemmt wurden, nur eben etwas weiblicher und vielleicht ein bisschen lustiger. Eine gute Nachricht: Der Film dauert erträgliche 105 Minuten. Das schaut sich so weg. Technisch State of the Art, immer noch besser als vieles, was DC produziert, aber leider auch nichts weltbewegend Neues. Die goldenen Zeiten von IRON MAN und THE AVENGERS sind wohl endgültig vorbei.

INFOS ZUM FILM

Originaltitel „The Marvels“
USA 2023
105 min
Regie Nia DaCosta

alle Bilder © Walt Disney Studios Motion Pictures Germany

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THE CREATOR

THE CREATOR

Ab 28. September 2023 im Kino

Wird Gareth Edwards demnächst wegen Diebstahls geistigen Eigentums vor Gericht gestellt? THE CREATOR ist ein einziger Ideen-Quilt aus schon gesehenen Film-Flicken.

TERMINATOR 2 – ALIENS – STAR WARS – AVATAR – EX MACHINA – CHAPPIE – BLADE RUNNER – WALL•E – ELYSIUM – THE MANDALORIAN – A.I. – WESTWORLD

Ein lustiges Trinkspiel: Für jede Idee, die Gareth Edwards von einem anderen Film geklaut hat, muss man einen Schnaps trinken. Am Ende von THE CREATOR wäre man sternhagelvoll.

Wenigstens drückt der Regisseur visuell dem Best-of-Science-Fiction seinen Stempel auf. Fans des seit GODZILLA und ROGUE ONE: A STAR WARS STORY kultivierten „düster-realistisch meets Apple-in-200-Jahren“-Looks kommen auf ihre Kosten. Und es gibt ein paar wirklich gute Szenen, wie die, in der ein Toter kurzfristig ins Leben zurückgeholt wird, um ihm noch ein paar Informationen abzupressen, bevor seine Synapsen endgültig erloschen sind. Aber sonst? Die Story vom Ex-Soldaten, der gegen eine durchgedrehte (oder vielleicht doch nicht durchgedrehte?) KI kämpft und sich dabei um ein kleines Roboter-Mädchen kümmern muss, fängt fulminant an. Aber nach dem ersten Kapitel geht es stetig bergab.

Die Geschichte lässt kalt

Das sieht zwar cool aus – aber wie oft soll man sich als Zuschauer für Bombenexplosionen und riesige Laserscanner begeistern? Auf Dauer ermüdet selbst Nietzsche die Wiederholung des immer Gleichen. Nicht jeder kann alles können. Edwards ist meisterhaft im Schaffen von realistisch wirkenden Zukunftswelten. Doch Emotionen sind nicht so sein Ding. Da können sich die Schauspieler noch so sehr bemühen, die Tränen in Strömen fließen und die Hans-Zimmer-Streicher im Soundtrack alles geben – die Geschichte lässt kalt. Je länger der Film dauert, desto mainstreamiger und uninteressanter wird er. Das letzte Drittel könnte glatt von Michael Bay inszeniert sein, und das ist nicht als Kompliment gemeint. Am Ende steht die Erkenntnis: Roboter sind die besseren Menschen. Halleluja.

Neues Feindbild: First reactions von Influencern. Da wird THE CREATOR als „ein Meisterwerk“ und als „neuer Klassiker“ gelobt, als der „beste Science-Fiction-Film in diesem Jahr“. Besser nicht hinhören. THE CREATOR ist ein gut aussehender, aber überlanger und schamlos zusammengeklauter Science-Fiction-Film, der kaum Eindruck hinterlässt.

INFOS ZUM FILM

Originaltitel „The Creator“
USA 2023
133 min
Regie Gareth Edwards

alle Bilder © Walt Disney Studios Motion Pictures Germany

THE ORDINARIES

THE ORDINARIES

Kinostart 30. März 2023

Das ganze Leben ist ein Film: Menschen sind entweder Hauptfiguren, Nebenfiguren oder – geächtete – Outtakes. In diesem bizarren Paralleluniversum hat Paula die wichtigste Prüfung ihres Lebens vor sich: Sie muss beweisen, dass auch sie das Zeug zur Hauptfigur hat. Als Klassenbeste in Cliffhanger, Zeitlupe und panischem Schreien bringt sie eigentlich beste Voraussetzungen mit. Um noch emotionaler spielen zu können, sucht sie nach „Flashbacks“ von ihrem Vater, der vor vielen Jahren bei einem Massaker ermordet wurde. Doch sein Name ist aus allen Datenbanken gelöscht. War ihr Vater wirklich eine strahlende Hauptfigur, die den Heldentod starb?

Science-Fiction-Comedy-Musical-Drama

Eine verwöhnte, ignorante Oberschicht und das einfache Volk, das in eingezäunten DDR-Gettos haust – das Setting erinnert an Terry Gilliams Dystopieklassiker BRAZIL, wild gemixt mit der künstlichen 50er-Jahre-Welt der TRUMAN SHOW. Nur dass die Ordinaries-Protagonisten nicht irgendwann aus der Kulisse treten und sich in der Realität wiederfinden.

Mehr Mut zum Schnitt! Denn die etwas dünne Story ermüdet auf Dauer mit Wiederholungen. Regisseurin Sophie Linnenbaum hat eine Kurzfilmidee auf 120 Minuten gestreckt. Dafür punktet das Science-Fiction-Comedy-Musical-Drama mit Ausstattung, skurrilen visuellen Einfällen und originellen Details. So gibt es zum Beispiel „Fehlbesetzungen“ wie das Hausmädchen, dass von einem verlebten Mann gespielt wird. Oder Paulas Mutter, die als Nebenfigur nur über einen begrenzten Wortschatz verfügt: „Ich habe mir Sorgen gemacht. Ich bin stolz auf dich“ lauten ihre monoton heruntergebeteten Drehbuchphrasen.

THE ORDINARIES ist (über)-ambitioniertes, teils clever gemachtes Genrekino aus Deutschland. Auszeichnungen gab es bereits reichlich: unter anderem den First Steps Award und diverse Publikumspreise. Ein nicht durchweg überzeugendes Spielfilmdebüt, das trotz Längen neugierig auf die nächsten Arbeiten der Regisseurin macht.

INFOS ZUM FILM

Deutschland 2022
120 min
Regie Sophie Linnenbaum

alle Bilder © notsold und Port au Prince Pictures

ANT-MAN AND THE WASP: QUANTUMANIA

ANT-MAN AND THE WASP: QUANTUMANIA

Kinostart 15. Februar 2023

Neues von der Konditorenzunft: Es gibt Hochzeitstorten, mehrstöckig, reich verziert mit Zuckerguss und Marzipan, die sehen gut aus, schmecken aber nicht. Zu süß, zu mächtig, nach einem Stück ist man pappsatt. Und dann gibt es einen ehrlichen Apfelkuchen. Guter Boden, etwas Eiermasse, Äpfel. Fertig. Lecker. Noch ein Stück bitte. Backwerk und Marvel haben mehr gemeinsam, als man denkt.

Computergenerierte Märchenwelt

Thanos ist seit AVENGERS ENDGAME Geschichte. Zeit für einen neuen Bösewicht im MCU. Der heißt Kang der Eroberer und sitzt seit Jahren unfreiwillig im Quantenreich fest. Nun will er raus, um weiter zu „erobern“, was in seinem speziellen Fall bedeutet, Multiversen zu zerstören und Milliarden Leben zu vernichten. Scott Lang alias Ant-Man (Paul Rudd) macht mit Freundin Hope Van Dyne (Evangeline Lilly), Tochter Cassie und den Schwiegereltern (Michelle Pfeiffer und Michael Douglas) einen Familienausflug in die subatomare Welt, um das Schlimmste zu verhindern.

Agierten die Marvel-Superhelden in Phase I noch in halbwegs realen Settings, so ist davon in der mittlerweile fünften Phase nicht mehr viel übrig. Außer den ersten paar Minuten spielt der neue ANT-MAN in einer komplett computergenerierten Märchenwelt. Könnte auch irgendwo im Weltenraum sein. Erweitertes Crossover: STAR WARS und MARVEL gehören zum allmächtigen Disney-Konzern. Das merkt man spätestens daran, dass sich QUANTUMANIA schamlos im KRIEG DER STERNE-Universum bedienen darf. Die Fantasygeschöpfe erinnern mit ihren Kostümierungen an alte Kantinen-Bekannte vom Planeten Tatooine.

ANT-MAN AND THE WASP: QUANTUMANIA ist ein eher belangloser Beitrag zum immer weiter expandierenden MCU, der lärmt und blinkt und dabei – wie eine Hochzeitstorte – zwar ganz nett aussieht, aber von allem viel zu viel hat. Da sehnt man sich nach der vergleichsweise simplen Apfelkuchen-Welt der IRON-MAN-Anfänge zurück.

INFOS ZUM FILM

Originaltitel „Ant-Man and the Wasp: Quantumania“
USA 2023
125 min
Regie Peyton Reed

alle Bilder © Walt Disney Studios Motion Pictures Germany

LIGHTYEAR

Kinostart 16. Juni 2022

Dass wir in düsteren Zeiten leben, zeigt folgende Meldung: In Saudi-Arabien wird „Lightyear“ verboten, weil er einen Kuss zwischen zwei Frauen zeigt. Herr im Himmel!

Jetzt wird’s kompliziert: „Lightyear“ ist weder Prequel oder Sequel, sondern ein Film im Film. In „Toy Story“ besitzt der Junge Andy ein Spielzeug namens Buzz Lightyear. Diese Actionfigur basiert auf dem Kinofilm „Lightyear“, der in der fiktiven Toy-Story-Welt ein Kassenschlager war. Franchise auf Metaebene sozusagen.

Man muss das alles nicht verstehen und auch die Pixar-Trilogie muss man nicht kennen, um an „Lightyear“ großen Spaß zu haben. Für Nerds gibt es unzählige Zitate und Querverweise auf beinahe alle Science-Fiction-Klassiker der Filmgeschichte, von Alien über Kampfstern Galactica, bis zu 2001, Star Wars und Trek. Doch auch ohne Hintergrundwissen bietet die Geschichte vom zeitreisenden Space Ranger und seiner Trümmertruppe den Zuschauern jede Menge Spannung, Herz und Humor.
Kein neuer Pixar-Klassiker, aber sehr gut gemachte Unterhaltung. Diese Woche der mit Abstand empfehlenswerteste Filmstart.

INFOS ZUM FILM

Originaltitel „Lightyear“
USA 2022
105 min
Regie Angus MacLane

alle Bilder © Walt Disney Motion Pictures Germany

MATRIX RESURRECTIONS

MATRIX RESURRECTIONS

Kinostart 23. Dezember 2021

2003 sagten Keanu Reeves und die Zuschauer gemeinsam leise Servus. Die Regisseurinnen Lana und Lilly (damals noch Larry und Andy) Wachowski hatten es schlicht übertrieben. Ihre beiden Fortsetzungen des wegweisenden Science-Fiction-Thrillers „Matrix“ von 1999 waren so enervierend und langweilig geraten, dass kaum noch jemand Lust hatte, sich den Mumpitz weiter anzuschauen.

Etwa zur gleichen Zeit ging es den Machern einer anderen Serie ganz ähnlich: Seit dem legendär schlechten PlayStation-1-Wellenritt von James Bond in „Stirb an einem anderen Tag“ (hier geht’s zum Ausschnitt) war auch hier eine Grundsanierung überfällig, wollte man sich bei den Fans nicht weiter zum Gespött machen. Nach einer Erfrischungspause von vier Jahren und einer Neubesetzung begann mit „Casino Royale“ die künstlerisch erfolgreichste und umsatzstärkste Zeit für 007.

Gelingt dem Matrix-Universum mit seiner Mischung aus Bekanntem und Neuem eine ähnlich erfolgreiche Auferstehung wie der Bond-Reihe? Immerhin ist seit dem letzten Kapitel genug Zeit ins Land gegangen, ein brauchbares Script zu schreiben. Kleiner Spoiler: Offensichtlich hätten es noch ein paar Jahre mehr sein dürfen. „Resurrections“ fängt grandios an, scheitert im Mittelteil und berappelt sich halbwegs zum Finale. Selbstreferenzielle Witze auf Kosten der oft kritisierten Unverständlichkeit der Geschichte gibt es reichlich. Alles ist meta und die Macher können nicht widerstehen, unentwegt zu betonen, dass sie sich dessen bewusst sind. Doch auch das kann auf Dauer fad sein. Von den 148 Minuten könnte man locker auf ein Drittel verzichten. Wie schon in den letzten beiden Teilen nerven zu lange Dialogszenen mit pseudopsychologischem Geschwurbel aus dem Küchenkalender.

Neben Inhalt zählt bei Matrix-Filmen natürlich in erster Linie der Look. Die berühmten Bullet Time Effekte waren Ende der 90er-Jahre bahnbrechend, tauchten aber danach zu oft und zu schlecht kopiert in unzähligen Musikvideos und Werbespots auf. Das immerhin hat „Resurrections“ auf der Habenseite: Die Effekte sind größtenteils State of the Art, ein paar Szenen sehen wirklich atemberaubend aus.

FAZIT

Das war nicht schwer: „Resurrections“ ist besser als „Reloaded“ und „Revolutions“. Die visionäre Kraft des Originals bleibt unerreicht.

INFOS ZUM FILM

Originaltitel „The Matrix Resurrections“
USA 2021
148 min
Regie Lana Wachowski 

alle Bilder © Warner Bros. Entertainment Inc.

FAZIT

FAZIT

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DUNE

DUNE

Wer Visionen hat, sollte zum Arzt gehen. Wenn an Altkanzler Schmidts Ratschlag etwas dran ist, kann man nur hoffen, dass „Dune“ privat versichert ist. Der Film ist eine einzige Vision. Die meisten der angeteasten Zukunftsträume werden wohl erst im zweiten Teil von Denis Villeneuves Neuverfilmung des unverfilmbarsten Romans aller Zeiten eingelöst.

Wäre „Dune“ eine TV-Serie, die man guten Freunden ans Herz legen möchte, dann würde man sie wahrscheinlich mit den Worten „Du musst die ersten drei Folgen durchhalten, dann wird es gut…“ empfehlen. „Dune“ ist eine Einleitung, ein Vorspiel zu etwas Größerem. Regisseur Villeneuve lässt sich viel Zeit, seine Welten und Charaktere zu entfalten. Bis es richtig losgeht, ist schon mehr als die Hälfte des 155-Minuten-Werks vergangen.

Auch wenn es zwischendurch mal zäh wird, „Dune“ sieht wahnsinnig gut aus. Jedes Einzelbild könnte man sich ausgedruckt an die Wand hängen. Hübsch anzusehen ist auch die Besetzung: Timothée Chalamet hat nicht nur beneidenswert lange Wimpern und eine makellose Haut, er ist zum Glück auch ein ausgezeichneter Schauspieler und verleiht der Rolle des jungen Helden Paul Atreides die notwendige Tiefe und Glaubwürdigkeit. Überhaupt ist das alles schauspielerisch auf höchstem Niveau. Oscar Isaac, Rebecca Ferguson, Charlotte Rampling, Josh Brolin, Javier Bardem – was soll da schon schief gehen? Und sogar der ewige Bro Jason „Aquaman“ Momoa funktioniert hier als sympathischer Comic Relief und Han Solo-Ersatz. Von dessen Leichtigkeit hätte der Film mehr vertragen können, denn Villeneuve nimmt die epische Geschichte vom Kampf um den Spice sehr ernst. Humor hat da nichts verloren. „Dune“ ist mehr machiavellisches Shakespeare-Drama als Star-Wars-Entertainment.

Die 4 Sterne wären locker 5 geworden, ginge es allein um die handwerkliche Umsetzung. Kamera, Sound, Visual Effects, Ausstattung – das ist alles vom Feinsten. Für solche Filme wurde Kino erfunden. Also unbedingt auf der großen Leinwand anschauen! Das Spektakel ist ein visuelles Fest (und klingt auch toll), bleibt aber emotional leicht unterkühlt. So gesehen ist noch Luft nach oben. Da „Dune“ endet, als es gerade erst richtig losgeht, besteht die Hoffnung, dass der nächste Teil schneller zur Sache kommt und die Geschichte packender wird. Bei Star Wars war die Fortsetzung des Originals ja auch der bessere Film.

INFOS ZUM FILM

Originaltitel „Dune“
USA 2021
155 min
Regie Denis Villeneuve 
Kinostart 16. September 2021

alle Bilder © Warner Bros. Entertainment Inc.

REMINISCENCE

REMINISCENCE

Hier mal eine freshe Filmidee: Ein cooler Privatdetektiv nimmt sich einer verführerischen Dame in Not an und gerät bei der Lösung des Falls selbst in Gefahr. „Blade Runner“, „Chinatown“, „Falsches Spiel mit Roger Rabbit“, „Tote tragen keine Karos“ – schon oft wurde diese klassische Filmidee variiert und persifliert. Neu an „Reminiscence“ ist nur das Setting in der nahen Zukunft: Miami steht nach dem Anstieg des Meeresspiegels unter Wasser. Wohl dem, der eine Dachterrasse hat.

Weil früher alles besser war, können zahlende Kunden bei Nick Bannister (Hugh Jackman) noch einmal die schönsten Momente aus ihrer Vergangenheit erleben. Erinnern unter Hypnose im Wassertank. Weil anderen Leuten beim Träumen zuschauen langweilig ist, kann Nick die Erinnerungen seiner Kundschaft in einer Art Holodeck sichtbar machen. Das ist zwar komplett sinnfrei, sieht aber hübsch aus. Als eines Tages Mae (Rebecca Ferguson) auftaucht und behauptet, sie habe ihren Schlüssel verloren und müsse deshalb in die Vergangenheit eintauchen, um ihn wiederzufinden (kein Witz – das ist tatsächlich die Story), ahnt Nick nicht, dass er bald Teil einer komplexen Verschwörungsgeschichte wird.

Philip Marlowe meets Inception: Regisseurin Lisa Joy, die auch das Drehbuch geschrieben hat, verbindet in „Reminiscence“ die Genres Film Noir und Science-Fiction, kann daraus aber keine Funken schlagen. Der aktuelle umweltpolitische Bezug spielt für den Fortgang der Handlung keine Rolle, ist nur ein visuelles Gimmick. Ein paar hübsche CGI-Flüge über die halb im Meer versunkene Stadt – das war’s aber auch schon. Inhaltlich bleibt die einzig originelle Idee des Films damit ungenutzt. Schauspielerisch und technisch auf gewohnt hohem US-Niveau enttäuscht „Reminiscence“ mit der sich selbst viel zu ernst nehmenden Interpretation einer allzu bekannten Geschichte.

INFOS ZUM FILM

Originaltitel „Reminiscence“
USA 2021
116 min
Regie Lisa Joy
Kinostart 26. August 2021

alle Bilder © Warner Bros. Pictures

CHAOS WALKING

Science-Fiction

„Chaos Walking“ ist ein wandelndes Chaos, indeed. Die Idee mag im Roman noch funktioniert haben, auf der Leinwand nervt sie schon nach wenigen Minuten: Noch so banale Gedanken oder Überlegungen manifestieren sich als bunte Partikelwolke um die Köpf der Menschen und jeder kann die Gedanken des anderen hören und sehen.

Todd Hewitt (Spiderman Tom Holland) lebt auf einem fernen Planeten in einer Gesellschaft, in der es keine Frauen mehr gibt. Die sind alle tot, scheinbar von bösartigen Aliens ermordet. Eines Tages crasht das Raumschiff von Viola (Daisy Ridley) auf dem Planeten. Schlecht für sie, denn Frauen können ihre Gedanken verbergen und werden daher als Bedrohung angesehen. Die Männer reagieren ausgesprochen feindselig auf die Fremde. Bald wird Viola vom oberfiesen Bürgermeister der Stadt (Mads Mikkelsen, wie immer gut) zur Jagd freigegeben. Der spontanverliebte Todd will seiner Angebeteten helfen.

Nein, das Herstellungsjahr weiter unten ist kein Tippfehler, „Chaos Walking“ wurde tatsächlich schon 2017 gedreht. Zwei Jahre später gab es noch mal einen Nachdreh, wohl um zu retten, was zu retten ist. Der Kinostart wurde etliche Male verschoben, teils Corona-bedingt, tatsächlich aber, weil das Studio erkannt hat, dass der Film nichts taugt. Die Zutaten zum Desaster: Bösewichter mit nicht nachvollziehbarer Motivation, Charaktere, die kommen und gehen, ohne für die Geschichte eine Rolle zu spielen, dystopische Klischees zuhauf und planetengroße Löcher im Drehbuch. „Chaos Walking“ ist leider nicht einmal ein unterhaltsames B-Movie.

INFOS ZUM FILM

Originaltitel „Chaos Walking“
USA 2017
108 min
Regie Doug Liman
Kinostart 17. Juni 2021

alle Bilder © STUDIOCANAL

TENET

Christopher Nolan ist einer der wenigen modernen Regisseure, der – abgesehen von seiner Batman-Trilogie – keine Franchise-Filme produziert, sondern verschiedenste Genres neu interpretiert und damit oft einzigartige Kinoerlebnisse kreiert. So entsteht im besten Fall intelligentes Überwältigungskino, das (neudeutsch) einen Brainfuck auszulösen vermag.

Das Thema „Zeit“ fasziniert Nolan dabei schon seit seinem frühen Erfolg „Memento“. In späteren Werken wie „Inception“ und „Interstellar“ spielt er immer wieder mit temporären Anomalien. Selbst „Dunkirk“, auf den ersten Blick ein straighter Kriegsfilm, entpuppt sich als Kunstwerk der Verschachtelung: Die gleiche Geschichte wird in drei parallelen Zeitsträngen erzählt: als eine Woche auf dem Land, als ein Tag auf der See und zu einer Stunde komprimiert in der Luft.

Der britische Regisseur gilt als einer der größten Geheimniskrämer der Filmgeschichte. So viel Getue um den Inhalt gab es zuletzt bei Trumps Steuererklärung. Wenn das Geheimnis Teil des Events ist, darf man dann überhaupt etwas über die Story verraten? Ja, denn die versteht man bei „Tenet“ ohnehin nicht. Ein Geheimagent (John David Washington) soll die Menschheit vor dem Untergang bewahren. In bester James-Bond-Manier jagt er einen russischen Bösewicht (Kenneth Branagh), der einen Weg gefunden hat, die Zeit zu manipulieren. Play – Pause – Rewind. Die erzählte Geschichte läuft ab einem gewissen Punkt gleichzeitig vorwärts und rückwärts ab. Zeit-Inversion nennt sich das. Nette Idee, doch Nolan wäre nicht Nolan, wenn er die Sache nicht noch verkomplizieren würde. Um das alles halbwegs zu erklären, wird unendlich viel geredet. Dazwischen überschlagen sich Autos rückwärts und Kugeln fliegen in Waffen zurück.

150 Minuten lang visuellen und akustischen Lärm auf höchstem Niveau zu veranstalten und dabei zu langweilen, auch das ist eine Kunst. „Tenet“ ist laut und geschwätzig. Das Gimmick, vor- und rückwärts laufende Szenen miteinander zu kombinieren, hat sich schnell verbraucht. Der Geschichte zu folgen, ist nahezu unmöglich, Mitgefühl mit den Figuren und damit Spannung kann da erst gar nicht aufkommen.

FAZIT

Gut aussehendes Science-Fiction-Drama, das sich möglicherweise nach wiederholtem Anschauen auch inhaltlich erschließt. Lässt kalt.

Originaltitel „Tenet“
USA 2020
150 min
Regie Christopher Nolan
Kinostart 26. August 2020

MY ZOE

Das Feel-Bad-Movie of the Year kommt dieses Jahr von Schauspielerin und Regisseurin Julie Delpy.

Die Französin Isabelle (Julie Delpy) arbeitet als Genetikerin in Berlin, irgendwann in naher Zukunft.  Von ihrem Ex-Mann James lebt sie in herzlicher Abneigung getrennt. Die meiste Zeit streiten sich die beiden um das Sorgerecht für ihre Tochter Zoe. Eines Tages geschieht die Katastrophe: das Mädchen verletzt sich am Kopf, fällt ins Koma, stirbt. Isabelle bittet einen Reproduktionsmediziner um Hilfe. Eine folgenschwere Entscheidung.

Klonen mal ganz anders. Kein Science-Fiction-Actionkracher a la „The Island“ oder „Gemini Man“, sondern ein stiller, zurückhaltend inszenierter Arthouse-Film zum Thema. Regisseurin Julie Delpy versteht es, den universellen Albtraum aller Eltern – den Verlust ihres Kindes – glaubhaft und eindringlich darzustellen. Doch im Fortgang der Geschichte geht es ihr mehr um die Beantwortung der ethischen und moralischen Frage: Ist das Klonen eines geliebten Menschen nach dessen Tod richtig? Das ist zwar ein interessantes Gedankenspiel, doch die Handlung und das Handeln der Figuren wird immer abstrakter und unglaubwürdiger, die Distanz des Zuschauers wächst.

FAZIT

Aufwühlend in der ersten, zu konstruiert und der zweiten Hälfte. Zwiespältig.

Originaltitel „My Zoe
England / Deutschland / Frankreich 2019
102 min
Regie Julie Delpy
Kinostart 14. November 2019