FLY

FLY

Woran erkennt man Tänzer?
Tänzer erkennt man daran, dass sie nicht wie andere Menschen einfach so über die Straße laufen, sondern – genau – immer tanzen. Jeder Schritt ein Cha-Cha-Cha. Wer das nicht glaubt, sollte sich die ersten 5 Minuten von Katja von Garniers „Fly“ anschauen.

Üblicherweise trifft in deutschen Tanzfilmen ein junges Mädchen, vorzugsweise eine Ballerina, auf eine Gruppe Streetdancer. Anfangs sind die toughen Buben und Mädels extra unfreundlich, dann fallen nach und nach die Masken und am Ende sind alle Freunde. „Fly“ variiert dieses Thema, hier sitzen alle Beteiligten zusammen im Knast. Die politisch korrekt besetzte Multikultigruppe ist Teil eines Resozialisierungsprogramms. Es folgen Battles mit gegnerischen Dancecrews, ein paar Schwierigkeiten, die mittels gruppendynamischer Bewegung weggetanzt werden und zum Happy End haben sich alle lieb.

Die Berliner Streetdancegruppe Flying Steps mischt mittlerweile kräftig im Filmgeschäft mit. Zuletzt waren sie für die Choreografie des scheußlichen Machwerks „Into the Beat – Dein Herz tanzt“ verantwortlich, einem Zwitter aus 80er-Jahre-ZDF-Vorabendserie und schlecht kopierter US-Konfektionsware. Aus Fehlern wird man klug: Diesmal wurde mit Katja von Garnier eine fähige Regisseurin engagiert. Und die bringt (zum Glück) gleich eine Handvoll Schauspieler mit, die ihr Handwerk ebenfalls verstehen und das Laienspiel der (echten) Tänzer auffangen können. Die drei Bandits Katja Riemann, Nicolette Krebitz und Jasmin Tabatabai bewahren den Film vor allzu großer Fremdscham.

Soundtrack, Choreografie, Kamera und Schnitt kaschieren die sehr vorhersehbare Geschichte. Am interessantesten an solchen Filmen ist ja ohnehin die Frage, in welcher Location die nächste, total spontane, aber trotzdem perfekt durchchoreografierte Tanznummer stattfindet. Höhepunkte diesmal: ein Berliner Bürgeramt.

INFOS ZUM FILM

Deutschland 2019
110 min
Regie Katja von Garnier
Kinostart 14. Oktober 2021

alle Bilder © STUDIOCANAL

INTO THE BEAT – DEIN HERZ TANZT

„Hey Sweety, Du musst Deinen eigenen Style fahren. Wow, crazy!“
Ja, so reden sie, die jungen Leute von heute. Besonders, wenn sie aus der Tanzszene kommen. Katya steht kurz vor der Erfüllung ihres Lebenstraums: In sieben Tagen findet das Vortanzen für die New York Ballet Academy statt, sie hofft auf ein Stipendium. Doch dann verliebt sie sich Hals über Kopf in den Hip-Hop-Tänzer Marlon aka Alien – neues Glück, neue Pläne: Zusammen wollen sie sich einen Platz bei der weltberühmten Steetdance-Gruppe Tiger-Crew ertanzen.

Bei „Into the Beat“ trifft Klischee auf Klischee auf Klischee. Klar, dass im Jahr 2020 einer jungen Balletteuse bei ihrer ersten Begegnung mit modernem Tanz die Augen übergehen, weil, so etwas hat sie noch nie gesehen! Die Rolle des Internets bei Jugendlichen wird offenbar überschätzt. Selbstverständlich entwickelt sie innerhalb weniger Tage meisterliches Können, denn wer Dornröschen tanzen kann, der kann auch Breakdance. Klassische Tänzer erkennt man in diesem Film übrigens an ihrer intriganten Humorlosigkeit, während Hip-Hopper den ganzen Tag super drauf sind und Hoodies tragen. Eine echt crazy Family eben. „Hey, Du checkst das nicht!“ Hört man den jugendlichen Gesprächen zu, setzt unvermittelt Fremdscham ein. Noch schlimmer die Erwachsenen: Ein Kalenderspruch reiht sich da an den nächsten, als hätten sie alle die Vera-Drombusch-Dialogschule besucht.

Für einen modernen Tanzfilm überraschend uninspiriert gedreht und inszeniert. Das ist meilenweit von US-Vorbildern wie „Step Up“ entfernt.

FAZIT

Ach so! Das ist ein KiKA-Film! Deshalb erinnert „Into The Beat“ an eine modernisierte Version der biederen ZDF-Weihnachtsserie „Anna“.

Deutschland 2020
98 min
Regie Stefan Westerwelle
Kinostart 16. Juli 2020