OLD

OLD

Spoiler-Tourette:
„The Sixth Sense“ – Bruce Willis war die ganze Zeit tot!
„Unbreakable“ – Mr. Glass ist der Bösewicht!
„The Village“ – Die Handlung spielt in der Gegenwart!

In der Tradition, den großen Twist am Ende eines M. Night Shyamalan-Films nicht zu verraten, besteht der Verleih auf einem Spoiler-Verbot. Also gut: Stillschweigen. Wenigstens das sei verraten: Shyamalan hat im Laufe seiner Karriere ein paar gute, viele schlechte und einige miserable Filme gemacht. „Old“ gehört zweifelsohne zur letzteren Kategorie.

Ein Ehepaar (Gael García Bernal, Vicky Krieps) will sich mit seinen beiden Kindern, 6 und 11 Jahre alt, an einem paradiesischen Strand erholen. Doch der feuchte Südsee-Bacardi-Werbetraum birgt ein dunkles Geheimnis: Einmal dort angelangt, kann man den Strand nicht mehr verlassen und – noch schlimmer – wird dort trotz SPF 50 rasend schnell alt. Der Albtraum aller Eltern: Gerade hat die Sechsjährige noch Sandburgen gebaut, schon eine Stunde später ist sie ein schwangerer Teenager. Die Uhr tickt, denn am Ende eines Tages ist ein Menschenleben rum und es wartet Gevatter Tod.

Und jetzt alle erschrocken schauen! „Old“ offenbart die beiden großen Schwächen Shyamalans: Selbst aus halbwegs guten Darstellern kann er unbegabtes Laienspiel herauskitzeln (zur Erinnerung: Mark Wahlberg in „The Happening“) und seine Dialoge sind oft derart unbeholfen und angestrengt wichtigtuend, dass sie höchstens für ein paar unfreiwillige Lacher taugen.

Die eigentlich interessante Idee vom zeitfressenden Strand (die Vorlage liefert die Graphic Novel „Sandcastle“) wird in der Verfilmung zu einer missglückten Mischung aus Twilight Zone und Fantasy Island. Fehlt nur Hervé Villechaize, der als Tattoo um die Ecke biegt.
Kleiner Spoiler: Die Auflösung am Ende ist viel weniger aufregend, als sich Shyamalan das vorgestellt hat.
Einen halben Punkt extra gibt es für den trashigen Unterhaltungswert.

INFOS ZUM FILM

Originaltitel „Old“
USA 2020
108 min
Regie M. Night Shyamalan
Kinostart 29. Juli 2021

alle Bilder © Universal Pictures International Germany

Bird Box

Bird Box erzählt von einer – wieder mal – dystopischen Zukunft: Eine unbekannte Macht treibt alle Menschen, die sie zu Gesicht bekommen, in den spontanen Selbstmord. Diese Macht ist überall, niemand kann ihr entkommen. Nur Innenräume mit zugeklebten Fenstern bieten Schutz, oder einfach die Augen zu machen. Das ist zwar nicht unbedingt logisch, aber Logik ist sowieso nicht die Stärke von Bird Box.

Zu Beginn des Films besteigt Malorie, gespielt von Sandra Bullock, die immer mehr Michael Jackson in seiner ausoperierten Endphase ähnelt, mit zwei Kindern ein Boot (alle mit verbunden Augen, um sich vor dem Anblick der todbringenden Macht zu schützen). Die kleine Truppe paddelt blind einen Fluss herunter, denn Malorie hatte zuvor über Funk erfahren, dass es ein paar Tagesreisen entfernt einen sicheren Zufluchtsort gebe. Mit an Bord ist ein Pappkarton mit zwei Sittichen darin, eine Bird Box eben (wie sich herausstellt, sind Vögel so eine Art Frühwarnsystem für die unheimliche Macht).

Die Szenen mit den drei unfreiwillig Blinden auf dem engen Boot bilden die Rahmenhandlung des Films und sind von Regisseurin Susanne Bier gekonnt umgesetzt. Das ist schön klaustrophobisch, beklemmend und unterschwellig bedrohlich. Wenn nur der Rest des Films genauso spannend wäre.

Die Parallelhandlung, fünf Jahre vorher: Malorie ist hochschwanger. Von einer Vorsorgeuntersuchung kommend, bricht um sie herum plötzlich das absolute Chaos aus: Menschen verlieren von einer Sekunde auf die andere den Verstand und begehen Massenselbstmord (wer M. Night Shyamalans The Happening gesehen hat, dem wird das bekannt vorkommen). Malorie kann sich in ein Haus retten, wo sich bereits ein stereotyper Hollywood-Cast versammelt hat: ein zynischer Alter (gewohnt souverän: John Malkovich), ein Drogendealer, ein gutmütiger Schwarzer, noch eine Schwangere, usw. Nach ein paar Tagen mit den erwartbaren zwischenmenschlichen Spannungen und lahm anbahnenden Liebesgeschichten stößt ein weiterer, zunächst harmlos wirkender Mann zu der Gruppe der Überlebenden. Vor allem Malories Sittiche reagieren nervös auf den Neuankömmling. Nicht lange darauf eskaliert die Situation, das vorhersehbare Unheil nimmt seinen Lauf…

Wer kennt das nicht: Man läuft sehenden Auges mit nackten Füßen gegen den Bettpfosten und reißt sich dabei beinahe den kleinen Zeh ab. Mit verbundenen Augen würde man wahrscheinlich schon im Rollstuhl sitzen. Folglich sind die „Verbundene-Augen-Challenges“, die durch den Hype um Bird Box ausgelöst wurden (80 Mio Abrufe in den ersten vier Wochen bei Netflix), nicht empfehlenswert – Netflix warnte sogar auf Twitter vor den Verletzungsrisiken.

FAZIT

A Quiet Place ist der bessere Film über eingeschränkte Sinnesorgane. Zu Tode riechen wäre dann die nächste naheliegende Filmidee. Bird Box ist für einen Horrorthriller über lange Strecken überraschend langweilig. Nur am Ende wird’s dann doch nochmal richtig gruselig: Da sieht der Film plötzlich wie ein kitschiger Zeugen-Jehova-Werbespot aus.

USA, 2018
124 min
Regie Susanne Bier
Netflix