MADE IN ITALY

MADE IN ITALY

Die Zutaten für ein gelungenes Feel-Good Movie stimmen: italienisches Dolce Vita, laue Sommerabende und zuckersüße Romantik. Dass „Made in Italy“ trotzdem nur ein flaches Durchschnittsfilmchen geworden ist, liegt vor allem an der uninspirierten Regie von James D’Arcy. Keine Einstellung, keine Wendung der Geschichte – nichts, was man nicht schon woanders in origineller gesehen hätte.

Liam Neeson spielt den grummeligen Maler Robert, der sich nach dem Unfalltod seiner Frau vom gemeinsamen Sohn Jack entfremdet hat (fehlbesetzt, trotz Verwandtschaft ersten Grades: Neeson-Sohn Micheál Richardson).
Der Junior braucht dringend Geld, deshalb soll der seit Jahren brachliegende Familienbesitz in der Toskana veräußert werden. Natürlich ist das fantastische Haus in zunächst lachhaft desolatem Zustand (die Eingangstür fällt aus dem Rahmen, hahaha), und natürlich hat ein Trupp gut gelaunter italienischer Handwerker das ganze Anwesen subito pronti in einen feuchten SPD-Vorsitzenden-Traum verwandelt. Und weil „Made In Italy“ ein einziges Klischee ist, werden Vater und Sohn am Ende auch wieder dicke Freunde. Bauen macht eben glücklich, wußte schon Tine Wittler.
Was sonst noch fehlt:
Abendliches Pasta-Essen mit Rotwein im Kerzenlicht: ✅
Romantische Verwicklungen mit Happy End: ✅ ✅

Schade, dass „Made in Italy“ nicht mal ein befriedigender vorher/nachher-Heimwerker-Porno geworden ist. Die biedere Erzählweise erinnert an eine ZDF-Rosamunde-Pilcher-Verfilmung mit besserer Besetzung. Liam Neeson, für seine üblichen Actionrollen mittlerweile zu alt, schaltet in milden Charmemodus. Warum der irische Star diese Rolle angenommen hat? Sicher nicht wegen des hohen Anspruchs – der Amerikaner würde sagen: „He phoned it in“.  Vielleicht sah er in der Geschichte die Möglichkeit zur Katharsis (Natasha Richardson, seine Frau und die Mutter von Micheál kam – wie die Filmmutter – bei einem Unfall ums Leben). Vielleicht lockten aber auch schlicht das goldene Licht und die leckere Pasta in Italien. Wer könnte es ihm verdenken?

FAZIT

Immerhin möchte man trotz der mauen Story umgehend die Koffer packen – blöd nur, dass das gerade nicht geht.

INFOS ZUM FILM

Originaltitel „Made In Italy“
USA 2020
95 min
Regie James D’Arcy
Ab 20. Mai 2021 als digitale Heimkino-Premiere und ab 25. Juni 2021 als DVD, Blu-ray und Download erhältlich

alle Bilder © LEONINE

DER MENSCHLICHE FAKTOR

Fünf bis sechs Filme am Tag sind eben doch zu viel. Deshalb hier ein kleiner Berlinale-Nachklapp: der sehenswerte PANORAMA-Beitrag „Der menschliche Faktor“ von Ronny Trocker.
Jan und Nina leiten eine Werbeagentur in Hamburg. Die Geschäfte könnten besser laufen, deshalb nimmt Jan, ohne es mit seiner Frau abzusprechen, einen Neukunden an. Doppelt schlimm: Er missachtet nicht nur die „no politics“-Regel der Agentur, es handelt sich auch noch um eine populistische Partei – die AfD lässt grüßen. Nina ist sauer. Um die Wogen zu glätten, fahren die beiden mit ihren Kindern übers Wochenende in ihr Ferienhaus an der belgischen Küste. Doch mit der Erholung ist es schnell vorbei, als ein mysteriöser Einbruch das Familiengefüge empfindlich stört. Keiner kann eine genaue Täterbeschreibung geben – die Kinder haben nichts gesehen, Jan war einkaufen und Nina hat nur Schritte gehört.

„Der menschliche Faktor“ ist ein subtiler Psychothriller, der seine Figuren langsam in ein feines Netz aus Manipulation, wachsendem Misstrauen und subjektiver Wahrnehmung spinnt. Klingt verkopft, ist aber spannend. Der Einbruch wird aus verschiedenen ineinanderfließenden Perspektiven gezeigt. Was gerade noch klar schien, ist durch die Sicht eines anderen Familienmitglieds plötzlich wieder infrage gestellt. So behauptet der achtjährige Sohn Max, der Vater habe sich während des Vorfalls versteckt. Und die vagen Aussagen von Nina lassen bei der Polizei Zweifel aufkommen, ob es den Einbruch überhaupt gegeben hat.

Ronny Trocker ist ein fesselndes Familiendrama mit hervorragender Besetzung gelungen: Mark Waschke (immer gut) überzeugt als verunsichertes Alphatier Jan und die wunderbare Schweizerin Sabine Timoteo als Nina möchte man sowieso gerne öfters sehen. Falls sich auch irgendwer fragt: Woher kenne ich Sabine Timoteo noch mal? Die hat in der Andreas Steinhöfel-Romanverfilmung „Die Mitte der Welt“ die Mutter gespielt.

FAZIT

„Der menschliche Faktor“ feierte im Sommer 2020 seine Premiere beim Sundance Film Festival. Da es sich um eine Koproduktion des „Kleines Fernsehspiel“ handelt, stehen die Chancen gut, dass er demnächst im ZDF zu sehen sein wird. Wahrscheinlich um 23.30 Uhr – für einen 20.15 Uhr-Sendeplatz ist er einfach zu gut.

INFOS ZUM FILM

Deutschland / Italien / Dänemark 2021
102 min
Regie Ronny Trocker
Demnächst im Kino oder Fernsehen

alle Bilder © Klemens Hufnagl / zischlermann filmproduktion

ES IST ZU DEINEM BESTEN

Alles zu deinem Besten, Liebes! Von Generation zu Generation meinen es die Eltern stets gut mit den Kindern, auch wenn die schon längst erwachsen sind. Die Väter Arthur, Kalle und Yus (gespielt von Heiner Lauterbach, Jürgen Vogel und Hilmi Sözer) bilden da keine Ausnahme. Ihre Töchter sind zwar keine kleinen Mädchen mehr, doch wenn der neue Freund so gar nicht den väterlichen Vorstellungen entspricht, ist Ärger vorprogrammiert. Als Klub der „Super-Schwäger“ planen die drei, die unliebsamen Schwiegersöhne in spe aus dem Weg zu räumen. Keine gute Idee, wie sich bald herausstellt.

Ja, der Film könnte auch „Väter der Klamotte“ heißen.

Ja, Trailer, Plakat und Inhaltsangabe lassen das Schlimmste vermuten.

Ja, der Film ist visuell so aufregend wie ein ZDF-Fernsehfilm.

Aber:

„Es ist zu deinem Besten“ ist tatsächlich lustig.

Und besonders Heiner Lauterbach beweist wieder mal (wie schon in „Enkel für Anfänger“), dass er einen ausgeprägten Sinn für trockenen Witz hat.

Die Vorlage liefert der spanische Erfolgsfilm „Es por tu bien“ – haben die Deutschen also alles wieder nur abgekupfert? Na und (bei Königin)? Warum sollte man Geschichten, die in anderen Ländern schon das Publikum ins Kino gezogen haben, nicht für den hiesigen Markt copy/pasten? Hat schon hervorragend und sehr erfolgreich bei „Das perfekte Geheimnis“ geklappt.

FAZIT

Eine Komödie ohne Aussage und tieferen Sinn, manchmal platt, aber oft sehr lustig.

Deutschland 2019
90 min
Regie Marc Rothemund
Kinostart 08. Oktober 2020

INTO THE BEAT – DEIN HERZ TANZT

„Hey Sweety, Du musst Deinen eigenen Style fahren. Wow, crazy!“
Ja, so reden sie, die jungen Leute von heute. Besonders, wenn sie aus der Tanzszene kommen. Katya steht kurz vor der Erfüllung ihres Lebenstraums: In sieben Tagen findet das Vortanzen für die New York Ballet Academy statt, sie hofft auf ein Stipendium. Doch dann verliebt sie sich Hals über Kopf in den Hip-Hop-Tänzer Marlon aka Alien – neues Glück, neue Pläne: Zusammen wollen sie sich einen Platz bei der weltberühmten Steetdance-Gruppe Tiger-Crew ertanzen.

Bei „Into the Beat“ trifft Klischee auf Klischee auf Klischee. Klar, dass im Jahr 2020 einer jungen Balletteuse bei ihrer ersten Begegnung mit modernem Tanz die Augen übergehen, weil, so etwas hat sie noch nie gesehen! Die Rolle des Internets bei Jugendlichen wird offenbar überschätzt. Selbstverständlich entwickelt sie innerhalb weniger Tage meisterliches Können, denn wer Dornröschen tanzen kann, der kann auch Breakdance. Klassische Tänzer erkennt man in diesem Film übrigens an ihrer intriganten Humorlosigkeit, während Hip-Hopper den ganzen Tag super drauf sind und Hoodies tragen. Eine echt crazy Family eben. „Hey, Du checkst das nicht!“ Hört man den jugendlichen Gesprächen zu, setzt unvermittelt Fremdscham ein. Noch schlimmer die Erwachsenen: Ein Kalenderspruch reiht sich da an den nächsten, als hätten sie alle die Vera-Drombusch-Dialogschule besucht.

Für einen modernen Tanzfilm überraschend uninspiriert gedreht und inszeniert. Das ist meilenweit von US-Vorbildern wie „Step Up“ entfernt.

FAZIT

Ach so! Das ist ein KiKA-Film! Deshalb erinnert „Into The Beat“ an eine modernisierte Version der biederen ZDF-Weihnachtsserie „Anna“.

Deutschland 2020
98 min
Regie Stefan Westerwelle
Kinostart 16. Juli 2020