The Beast

THE BEAST

The Beast

THE BEAST

Hier kommt ein durch und durch verkopftes Filmprojekt aus Frankreich, das vor allem intellektuell Hochbegabte begeistern wird.

Ab 10. Oktober 2024 im Kino

Aufgepasst Dummies, darum geht’s:
In 20 Jahren, also in naher Zukunft, haben die Menschen die Möglichkeit, ihre Gefühle zu löschen. Eine praktische Erfindung, besonders für Gabrielle (gespielt von Léa Seydoux, Frankreichs Expertin für komplexe Charakterrollen), die eine schwere emotionale Last mit sich herumträgt. Egal ob im Paris der Belle Époque oder im Los Angeles des 21. Jahrhunderts: Immer wieder begegnet die junge Frau verschiedenen Inkarnationen von Louis (gespielt von George MacKay) und erlebt mit ihm eine epochenübergreifende Liebesgeschichte. Wem dieser Inhalt irgendwie bekannt vorkommt – hier des Rätsels Lösung: Der Film basiert auf der Kurzgeschichte THE BEAST IN THE JUNGLE von Henry James. Die diente schon als Vorlage für den letztes Jahr in die Kinos gekommenen DAS TIER IM DSCHUNGEL, bei dem die Handlung allerdings in einen Nachtclub verlegt wurde.

The Beast

THE BEAST ist ein avantgardistisches Science-Fiction-Drama, das für den Durchschnittszuschauer schwer zugänglich sein dürfte. Bertrand Bonellos Film ist Kunst. Während die internationale Kritik von einem „modernen Klassiker“ und „Meisterwerk“ spricht, bleibt die Frage, wen die theaterhafte Inszenierung ansprechen soll. THE BEAST ist das Gegenteil eines strukturierten, flüssig erzählten Films. Bei all der Künstlichkeit meint man fast, die Crew außerhalb des Bildausschnitts zu erahnen. Das Ganze hat den Charme einer unfertigen Generalprobe, bei der der letzte Feinschliff fehlt.

The Beast

Zugegeben, Seydoux und MacKay (bekannt aus 1917) liefern schauspielerisch überzeugende Leistungen und machen THE BEAST wenigstens in dieser Hinsicht sehenswert. Doch das wahre Highlight des Films ist der Abspann: Anstelle einer endlos langen Liste von Namen erscheint lediglich ein QR-Code. Das ist mal wirklich innovativ.

INFOS ZUM FILM

Originaltitel „La Bête“
Frankreich / Kanada 2023
146 min
Regie Bertrand Bonello

The Beast

alle Bilder © Grandfilm

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ALL OF US STRANGERS

ALL OF US STRANGERS

Zeitreise mal anders. Nicht im DeLorean auf brennenden Reifen zurück in die Zukunft, sondern als melancholischer Traum auf den Spuren der eigenen Kindheit.

Ab 08. Februar 2024 im Kino

Adam ist einsam. Seine Eltern verlor er bei einem Autounfall, als er gerade mal zwölf Jahre alt war. Nun lebt der Drehbuchautor in einem gesichtslosen Hochhaus am Rande Londons. Auf dem Plattenspieler die großen Queer-Pop-Hits der 1980er-Jahre. Eines Abends klingelt sein Nachbar Harry an der Tür. Zwischen den beiden Männern entwickelt sich rasch eine Beziehung, doch gleichzeitig wird Adam von Erinnerungen an die Vergangenheit heimgesucht. Immer wieder findet er sich in der Vorstadt wieder, in der er aufgewachsen ist. Im Haus seiner Kindheit leben seine Eltern noch genauso, wie vor 30 Jahren, nichts hat sich hier verändert. Das Wiedersehen jenseits von Zeit und Raum löst nicht nur bei Adam schmerzhafte Erinnerungen aus.

Der irreale Zustand zwischen Traum und Aufwachen

ALL OF US STRANGERS ist eine melancholische Meditation über Verlust und Einsamkeit, die sich wie der irreale Zustand zwischen Traum und Aufwachen anfühlt. Wunderbar unkitschig und herzzerreißend traurig, dazu mit umwerfenden Leistungen von allen Schauspielern. Neben Andrew Scott (dem Pfarrer aus FLEABAG) und Paul Mescal glänzen Jamie Bell und Claire Foy als (un)-tote Eltern. Wer bei den Gesprächen zwischen Vater und Sohn nicht mit den Tränen kämpft, hat kein Herz.

Für seine Studie über Vergebung und die Macht der Liebe findet der Film eine ungewöhnliche Erzählform, Kamera und Soundtrack sind herausragend. ALL OF US STRANGERS ist eine der schönsten Lebens- und Liebesgeschichten des Jahres.

INFOS ZUM FILM

Originaltitel „All of us Strangers“
GB 2023
105 min
Regie Andrew Haigh

alle Bilder © Walt Disney Studio Motion Pictures GmbH

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LOLA

LOLA

Ab 28. Dezember 2023 im Kino

Was wäre, wenn? LOLA ist ein kluges Gedankenspiel über Machtmissbrauch und seine fatalen Konsequenzen.

Eine interessante Überlegung: Ließe sich das Schicksal der Menschheit verändern, wenn man Nachrichten aus der Zukunft sehen könnte? Thom und Mars haben eine Maschine erfunden, kurz „Lola“ genannt, mit der sie genau das können. Es ist das Jahr 1941, der Zweite Weltkrieg tobt und Hitlers Truppen rücken nach England vor. Mithilfe ihrer Maschine, mit der sie Radio und Fernsehschnipsel aus der Zukunft empfangen können, wissen die beiden Schwestern immer schon einen Tag vorher, was der GröFaZ plant und können die Zivilbevölkerung vorwarnen. Bald werden die beiden „Wahrsagerinnen“ nationale Berühmtheiten, obwohl niemand weiß, wer sie in Wirklichkeit sind. Doch das Wissen über die Angriffspläne von morgen weckt das Interesse des Militärs – und so was geht ja bekanntlich nie gut aus.

Wäre David Bowie in einer alternativen Zeit Zahnarzt geworden?

Sie haben David Bowie gelöscht! Kann passieren, wenn sich durch zunächst kleine, dann immer gewaltigere Eingriffe der Ablauf des Weltgeschehens ändert und die uns bekannte Timeline aus dem Ruder läuft. Wäre David Bowie in einer alternativen Zeit Zahnarzt geworden und hätte nie von Major Tom gesungen? Die Idee ist nicht neu, aber hier besonders faszinierend weitergedacht: Wie sehr ändert sich der Lauf der Welt, wenn zum Beispiel Musik aus der Zukunft schon 1940 populär gemacht wird?

Für seinen klugen Experimental-Film LOLA hat Regisseur Andrew Legge die Form des „Found-Footage“-Formats gewählt. Das ist zwar voll 2000er, funktioniert hier aber hervorragend. Statt verwackelter Videobilder gibt es der damaligen Zeit entsprechend verwackelte Filmbilder in schwarz-weiß und verrauschtem Ton. LOLA ist ein beeindruckendes Spielfilmdebüt, nur 80 Minuten lang und könnte als Blaupause für eine Miniserie oder einen großen Spielfilm dienen. Clever gemacht und sehr interessant.

INFOS ZUM FILM

Originaltitel „Lola“
Irland / UK 2023
80 min
Regie Andrew Legge

alle Bilder © Neue Visionen

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PRESS PLAY AND LOVE AGAIN

Kinostart 16. Juni 2022

Eine berühmte Anekdote: Billy Wilder erzählte einmal, er habe im Schlaf immer die besten Drehbuchideen. Eines Nachts machte er sich nach einem besonders lebhaften Traum Notizen. Als er am nächsten Morgen den Zettel las, stand da: Boy meets girl.
So ähnlich muss auch das Drehbuch zu „Press Play and Love again“ entstanden sein.

Laura verliebt sich in Harrison. Harrison macht Laura ein Mixtape. Harrison stirbt (sorry, SPOILER). Laura hört sich ein paar Jahre später die Musikkassette an und wird wie durch Zauberhand in die Vergangenheit zurückgeschleudert. Zukunfts-Laura versucht Vergangenheits-Harrison zu retten.

Multiversum ist gerade das neue Schwarz. Warum nicht eine banale Lovestory mit Zeitreise und verschiedenen Schicksalsvarianten kreuzen? Kann man machen, sollte nur abgedrehter umgesetzt werden. „Everything Everywhere All at Once“ und „Doctor Strange in the Multiverse of Madness“ zeigen gerade, wie es richtig geht. Greg Björkmans Film ist seichte Konfektionsware, erinnert in seinen besten Momenten an eine laue Black-Mirror-Episode. Zu vorhersehbar spult sich die Geschichte ab, die beiden Hauptdarsteller Clara Rugaard und Lewis Pullman sind blass und langweilig. Dass der Film von der ersten bis zur letzten Minute mit klimpriger Musik zugekleistert ist, macht das Ganze auch nicht besser. Einzig die Location entschädigt: Die hawaiianische Insel Oahu sieht gut aus, da könnte man auch mal hin.

INFOS ZUM FILM

Originaltitel „Press Play“
USA 2022
85 min
Regie Greg Björkman

alle Bilder © splendid film

DARK

Für einige wenige ist „Dark“ typisch deutsch und total komplizierter Scheiß. Der Handlung könne man vor allem deshalb kaum folgen, weil sich die jungen und die älteren Darsteller der Rollen wenig ähnlich sähen und man immer überlegen müsse, wer wer ist. Außerdem hätten die Filmemacher wohl kein Geld für Farbe, alles sei ein trüber grauer Brei.
Für die anderen ist „Dark“ die beste Serie aller Zeiten – zumindest auf Netflix. Das finden 80 % der Zuschauer und haben die deutsche Sci-Fi-Mystery-Serie gerade auf Platz eins bei Rotten Tomatoes gewählt. Noch vor „Stranger Things“, „The Crown“, „Black Mirror“ und anderen internationalen Netflix-Eigenproduktionen.

Wer mit Zeitreisegeschichten nix anfangen kann, sollte die Finger von „Dark“ lassen. Den immer komplizierter werdenden Handlungssträngen, die vom Eingreifen in die Vergangenheit und Zukunft erzählen, ist nur mit höchster Konzentration zu folgen. Lässt man sich aber darauf ein, wird man mit einem ausgesprochen befriedigenden Seherlebnis belohnt. Bis jetzt sind die Staffeln 1 und 2 verfügbar, in diesem Jahr wird das epische Werk mit der dritten und finalen Staffel abgeschlossen.  

Hier noch mal kurz angerissen, worum es geht:
(MILDE SPOILER) 

Die Geschichte beginnt in der fiktiven deutschen Kleinstadt Winden am 21. Juni 2019 mit dem Suizid von Michael Kahnwald. Er hinterlässt einen Brief mit dem Hinweis, ihn nicht vor dem 4. November um 22:13 Uhr zu öffnen. Michaels Sohn Jonas (Louis Hofmann, der ausnahmsweise bis zum Ende der 2. Staffel noch nicht die Hosen runter gelassen hat) kehrt nach einem Aufenthalt in der Psychiatrie an seine Schule zurück. Als er sich mit seinen Freunden Martha, Bartosz, Magnus und dessen jüngererm Bruder Mikkel in den Wald zu den „Windener Höhlen“ aufmacht, werden sie Zeuge von unerklärlichen Phänomenen. Auf ihrer Flucht aus dem Wald verläuft sich Mikkel und geht verloren. Bei der anschließenden Suchaktion der Polizei wird in der Nähe der Höhlen die Leiche eines anderen, unbekannten Jungen gefunden.
„Dark“ ist eine Familiensaga mit übernatürlichen Elementen und spielt anfangs in der Gegenwart. Nach und nach werden das Doppelleben und die brüchige Beziehung zwischen vier Familien aufgedeckt. Es geht um einen geheimnisvollen Bergstollen, Atomkraft und Familiendramen in der Vergangenheit und Zukunft. Im Verlauf der achtzehn knapp einstündigen Folgen vollzieht die Handlung eine übernatürliche Wende der Ereignisse, die von 1921 über 1953, 1986, 2020  bis ins Jahr 2053 reichen.

FAZIT

Herzlichen Glückwunsch!

Deutschland 2017 – 2020
2 Staffeln, je 9 Folgen
Regie Baran bo Odar
Staffel 1 + 2 auf NETFLIX